Details

Wenn Herzen zueinander finden


Wenn Herzen zueinander finden

Sabrina - Band 4
1. Auflage

von: Simone Scheffer

1,99 €

Verlag: Novo Books
Format: EPUB, PDF
Veröffentl.: 28.10.2023
ISBN/EAN: 9783961273447
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 91

Dieses eBook erhalten Sie ohne Kopierschutz.

Beschreibungen

Vierblättriges Kleeblatt sucht neue Mama!
Bedingung: Lieb und möglichst hübsch.
Vermögen erwünscht. Pension garantiert.
Nur ernstgemeinte Angebote mit Foto unter
Chiffre AZ 235014

Wenn Kinder füoman mitr sich eine neue Mutti suchen bedeutet das, dass Vati eine neue Frau braucht. Also flugs eine Annonce aufgegeben und schon geht das Chaos los. Und nicht nur Vati verliebt sich.
Ein Liebesroman mit Herz und Humor.
Dr. Siegmund Hartmann schüttelte unwillkürlich den Kopf, als er diese Anzeige in der Provinzzeitung las. Meist überging er die Anzeigen, aber diese war auffällig dick gedruckt und noch dazu umrandet. Sie musste eine schöne Stange Geld gekostet haben.
Die armen Kinder!
Wahrscheinlich hatten sie einen vertrottelten, senilen Vater, der in ihrem Namen dieses Inserat aufgegeben hatte, um so an eine billige Haushälterin zu kommen, die von einer späten Ehe und Witwenpension träumte.
Er seufzte verhalten und griff zu dem schmalen Silberrahmen auf seinem Schreibtisch. Das Foto zeigte ein bildhübsches junges Mädchen mit leichtem gewelltem Blondhaar und strahlenden Augen: Helma.
Vor achtzehn Jahren war sie seine Frau geworden, vor fünf Jahren an einem bösartigen Tumor gestorben. Die Zeit dazwischen war voller Glück, Liebe und Harmonie gewesen — trotz der alltäglichen Sorgen, Kümmernisse und Probleme, die das Leben so mit sich brachte.
Vier Kinder hatte sie ihm geboren, vier prächtige Kinder, zwei Jungen und zwei Mädchen.
Gunther war siebzehn, besuchte ein humanistisches Gymnasium mit Erfolg und wollte Biologe werden. Mädchen interessierten ihn nur am Rande. Dafür gab er sein Taschengeld hauptsächlich für die Bestückung seines Aquariums aus, das wirklich sehenswert war. Außerdem pflegte er den ersten Flaum auf seiner Oberlippe in der Hoffnung, daraus würde alsbald ein schneidiges Menjou-Bärtchen entstehen.
i
Die fünfzehnjährige Brunhild schien vieles gemeinsam mit ihrer berühmten Namensvetterin aus dem altdeutschen Nibelungen- Lied zu haben. Sie war störrisch wie ein junges Füllen, äußerst energisch, was bisweilen in Rechthaberei ausartete, zielstrebig und sehr selbstbewusst. Ihr fast schulterlanges, widerspenstiges Haar trug sie zu einem neckischen Pferdeschwanz hochgebunden — nur weil dies jetzt nicht mehr Mode war.
Über die beiden Jüngsten, den zwölfjährigen Rüdiger und die siebenjährige Kriemhild, machte sich Dr. Hartmann noch nicht allzu viel Gedanken. Sie waren wie andere Kinder auch — liebenswert, strapaziös, eigensinnig, oft lernfaul, aber gutartig. Sie liebten ihr Zuhause, für dessen Wärme nicht zuletzt die alte Alma sorgte, die seine verstorbene Frau quasi mit in die Ehe gebracht hatte.
Ach, Helma, weshalb musstest du uns so früh verlassen?
Er trat zum Balkon. Vor seinen Augen breitete sich ein Wintermärchen aus, wie es auch der beste Wiener Zuckerbäcker nicht schöner auf seine kulinarischen Köstlichkeiten hätte zaubern können.
Dr. Hartmann wunderte sich darüber, dass er so etwas in den langen Jahren hier noch nie beobachtet hatte.
Lag es an ihm oder am hektischen Getriebe des Alltags?
Morgen wurde er zweiundvierzig Jahre alt, doch das war ihm ziemlich gleichgültig. Er hoffte nur, solange halbwegs gesund und aktiv sein zu können, bis die Kinder versorgt waren.
Manchmal, besonders wenn das Wetter umschlug, machte ihm der Kreislauf zu schaffen, und auch sein Magen schien mit Almas köstlicher, fettreicher Hausmannskost nicht immer so ganz einverstanden zu sein. Aber schließlich gab es Ärzte, Apotheker und Arzneien.
Hartmann zog die Balkonvorhänge zu und setzte sich wieder an den Schreibtisch, um Aufsätze zu korrigieren. Als er die Füße ausstreckte, stieß er sanft an Habakuk, der auch ein Erbstück seiner verstorbenen Frau war.
Er hatte Helma den schöngezeichneten Welpen einst geschenkt, und wenn er die Augen schloss, dann konnte er sie mit dem jungen Schäferhund fast greifbar nahe im Garten herumtoben sehen.
Habakuk, von den Kindern Kuckuck gerufen, verdankte seinen sicher etwas ausgefallenen Namen einem Zufall. Da sich das Familiensextett samt Alma auf keinen Hundenamen hatte einigen können, war Helma auf die Idee gekommen, blind auf irgendeinen Namen im Telefonbuch zu deuten. So war es zu dem seltenen Namen Habakuk gekommen.
Alma brachte frisch aufgebrühten Tee mit Kandiszucker und Zitrone herein. Auch ein paar übriggebliebene Plätzchen vom Weihnachtsfest lagen auf einem Teller daneben. Sie bugsierte das Tablett auf den Schreibtisch, verharrte kurz und räusperte sich dann hörbar.
Dr. Hartmann blickte auf. »Danke, Alma.«
Er arbeitete weiter, aber Alma ging nicht. Sie hielt die Arme vor ihrem mächtigen Busen verschränkt und schaute zu ihm herab. Als er dies nicht zu bemerken schien, begann sie zu hüsteln.
»Was ist denn? Bist du etwa krank?«
»Nein. Ich hätte nur ein Anliegen, Herr Doktor. Es ist wegen der Kinder und weil Sie doch morgen Geburtstag haben.«
»Ich sehe zwar keinen Zusammenhang, aber bitte.«
»Also, die Kinder wollen Ihnen schon jetzt ihr Geschenk überreichen, weil . . .«
»Schon gut«, unterbrach er etwas unwirsch ihren Redeschwall. »Sie haben also so etwas wie eine kleine Familienfeier im Sinn, wenn ich Sie recht verstehe, Alma?«
»Genau das, Herr Doktor.« Jetzt strahlte sie über das ganze Gesicht. »Hammelrippchen mit Bohnen, eine Weincreme, und zuvor diese französische Suppe, die Ihnen meine Helma immer . . .«
»Ja, ja. Sie sind eine exzellente Köchin, Alma, unser bestes Stück. Ich verlasse mich da ganz auf Sie.« Er legte den Korrigierstift beiseite. »Hoffentlich haben Sie sich auch nicht meinetwegen zu viel Mühe gemacht. Wann soll es denn losgehen?«
»Gleich. Die Kinder warten schon. Selbst Gunther ist heute nicht in seinen Club gegangen.« Alma drehte etwas verlegen an einem Schürzenende herum. »Die Überraschung ist vielleicht doch nicht so ganz das richtige für Sie, Herr Doktor, aber die Kinder haben dafür lange gespart. Und ich, ja, auch ich halte es für besser.«
»Sie machen mich richtig neugierig, Alma.« Er stand auf. »Ist es ein Zirkuslöwe?«
»Das möchte ich nicht gerade sagen. Eher so ein Wesen, das so ein Raubtier zähmen würde.«
Er stutzte einen Moment, dann sagte er leise: »Alma, was habt ihr da ausgeheckt? Heraus mit der Sprache.«
»Nicht doch, Herr Doktor«, wehrte sie geistesgegenwärtig ab. »Das soll doch eine Überraschung für Sie sein.«
Er goß sich Tee ein, nahm Zitrone und Kandiszucker, knabberte lustlos an einem Keks herum und sagte schließlich: »Dann lassen Sie die Rasselbande einmal aufkreuzen.«

*

Alma wusste genau, dass es irgendwie kritisch war, wenn er Sie zu ihr sagte. Im alltäglichen Gebrauch begnügte er sich immer mit dem vertrauten Du. Sie nickte und ging die Kinder holen.
Gunther, etwas schlaksig, gratulierte als erster. Er brachte ein Buch über Aquariumfische mit, das er kürzlich ausgelesen hatte. Er trennte sich nur ungern von seinem Schatz, aber bei Vater war die Lektüre sicher gut aufgehoben. Den Dank und die anschließende Umarmung ließ er männlich über sich ergehen.
Brunhild hatte sich feingemacht. Selbst den Pferdeschwanz zierte ein Modeschmuck. Sie schleppte einen großen Blumenstrauß, den Alma besorgt hatte. »Alles Gute zum Geburtstag«, sagte sie und küsste ihren Vater auf beide Wangen.
Dann kam Rüdiger und überreichte stolz ein selbst verfertigtes Gemälde, dessen starke Ausdruckskraft Dr. Hartmann sehr beeindruckte. Er konnte zwar beim besten Willen nicht feststellen, was ihm sein Sohn dadurch mitteilen wollte, aber er nahm das Präsent voller Dank entgegen.
Der Clou war Kriemhild. Auf einem etwas verschlissenen Samtkissen — das war Almas Idee gewesen — trug sie ein zuammenge- rolltes Stück Zeitungspapier, das mit einer golden schimmernden Schleife umwickelt war. Sie trippelte zu ihrem Vater, schluckte ein paarmal und holte tief Luft. Dann sagte sie brav:
»Wir wünschen viel Glück, für Euer Geschick. Wir haben gespart, dass Ihr Euch paart.«
Dr. Hartmann blieb die Spucke weg. Hatte er sich da auch nicht verhört? Nein, das war weder Schiller noch Goethe.
»Papi, freust du dich denn gar nicht?« brachte seine Jüngste jetzt wieder in Erinnerung. »Alle hast du geküsst, aber mich noch nicht, wo ich doch das lange Gedicht lernen musste. Und hier ist auch noch das Geschenk, wofür wir alle unser Taschengeld gegeben haben. Sehr, sehr viel.«
Spontan nahm er seiner Kleinen die Papierrolle ab, hob Kriemhild auf den Arm und küsste sie herzhaft.
»Das hast du fabelhaft gemacht, Liebes. Ich danke dir sehr. Euch allen. Alma hat uns ein leckeres Mahl zubereitet. Ich spendiere anschließend Sekt — auch für die junge Generation. Ich habe mich sehr gefreut, wirklich sehr. — Was hast du, Gunther?«
»Du scheinst den Vers, den ich für blöd halte, nicht verstanden zu haben. Lies doch erst einmal, was in der Papierrolle steht.«
»Meine Verse sind nicht blöd, du Untier. Die sind echtes Leben. Du machst ja nur in Fischen, du Kaltblüter«, begehrte Brunhild sofort auf.
Habakuk kroch aus seinem angestammten Platz hervor und folgte Alma durch die halbgeöffnete Tür in die Küche. Dort stand immer frisches Wasser.
Inzwischen hatte der Herr des Hauses das bewusste Papier auseinandergerollt. Er hatte es auch schon gelesen. Einmal, zweimal und noch einmal. Dennoch verstand er es nicht. Das also war das große Geburtstagsgeschenk für ihn, wofür alle Kinder gespart hatten — eine Anzeige für eine neue Mutter. Dieselbe, die er zuvor in der Zeitung gelesen hatte.
Er erinnerte sich nur schwach daran, was er darüber gedacht hatte. Seine Kinder waren es also gewesen, die diese Anzeige aufgegeben hatten. Seine Kinder!
Hatten sie nicht alles, was sie brauchten? Ein Zuhause, die Alma, die ihnen jeden Wunsch von den Augen ablas, Verständnis, Liebe?
»Papa, du scheinst nicht unserer Meinung zu sein«, sagte Gunther jetzt, der sich inzwischen eine Zigarette angezündet hatte. »Betrachte es bitte mehr als einen Aufruf an dich. Wir brauchen die Post auch nicht abzuholen, wenn du es so willst.«
»Ihr könnt mir doch nicht einfach eine neue Frau aufzwingen«, erwiderte Dr. Hartmann. »Habt ihr eure Mutter so schnell vergessen?«
»Eben nicht. Mutter würde dir dasselbe raten. Brunhild und ich werden bald Weggehen zum Studium. Wir beide brauchen keine neue Mutter. Aber du hast noch die Kleinen.«
»Wir sind nicht klein«, widersprach Kriemhild. »Wir sind überhaupt nicht klein. Aber eine Mama brauchen wir schon, wo doch die Alma so alt wird. Und die Gicht hat sie auch. Ist die Gicht ansteckend, Papa?«
»Nein, natürlich nicht. Alma wird hundert Jahre alt«, rief er über die Schulter zurück.
»Das stimmt nicht, Herr Doktor.« Alma trug eine große Suppenschüssel herein, aus der es verheißungsvoll dampfte. »Kommt, Kinder, jetzt wird erst mal gegessen. Habt ihr euch die Hände gewaschen, Rüdiger und Kriemhild?«
Sie hatten natürlich nicht. Und Rüdiger meinte: »Papa, die neue Mama darf aber nicht so streng sein. Ich will nicht immer Hände waschen müssen.«
»Ich auch nicht«, stimmte ihm Kriemhild bei. »Da können wir ja gleich die Alma behalten.«
»Die Alma bleibt doch ohnehin.«
»Dann lass das mit der neuen Mama«, meinte Rüdiger. »Wenn die Alma bleibt, brauchen wir keine neue Mama.«
Nur Siegmund sah, dass seine alte getreue Hausgefährtin sich über die Augen wischte, als sie hinausging.

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