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Über den Autor

Robert E. Peary (1856 bis 1920) entstammte einer alten Holzhändlerfamilie und begab sich schon früh auf die Suche nach dem Unbekannten und opferte jede freie Minute für seine Expeditionstrips in unerforschte Gebiete. Ein Forschertraum erfüllte sich bereits zu Jugendzeiten: Er entdeckte Eagle Island in der Casco Bay an der Küste von Maine. Nachdem er 1877 vom College abging, erfüllte er sich seinen Wunsch und kaufte Eagle Island von seinen Ersparnissen, um sich anschließend ganz der Erforschung Grönlands und des Pols zu widmen. Im April des Jahres 1909 erreichte Peary nach einer gefährlichen Expedition durchs ewige Eis endlich sein großes Ziel: „The Pole at last!!!” notierte Robert E. Peary am Morgen des 6. April in sein Tagebuch. Wie kein anderer war Peary geradezu besessen, den Nordpol als Erster zu erreichen. Dank Unterstützung konnte er sich seinen langgehegten Traum erfüllen und die amerikanische Flagge am nördlichsten Punkt der Erde aufstellen. Die Welt feierte ihn als den ersten Menschen am Nordpol.

Zum Buch

100. Jahrestag der Entdeckung des Nordpols

Fürchterliche Schneestürme, zu Bergen getürmtes Eis, arktische Kälte mit Temperaturen bis zu-50 Grad, plötzlich aufreißende Wasserarme, hastig zusammengebaute Iglus als Unterkünfte und Schutz gegen die Naturgewalten – all dies bildet den äußeren Rahmen zur sechsten Arktisreise des amerikanischen Marine-Ingenieurs Robert Edwin Peary 1908/1909. Er war bereits fünfmal im hohen Norden gewesen, hatte Grönland erforscht und war schon einmal bei dem Versuch gescheitert, auf unsicherem Eis zum Nordpol zu gelangen. Dieses Mal sollte er sein Lebensziel erreichen: Auf einer waghalsigen Fahrt durch die Passage zwischen Grönland und der 850 km langen Ellesmere-Insel kämpft sich Peary’s kleines Schiff „Roosevelt“ nach Norden, stets auf der Fluent vor treibenden Eisbergen, die es zu zerschlagen drohen. Ende Februar 1909 bricht er zum Marsch durch die mörderische Eiswiiste auf, und am 6. April stehen er und seine Begleiter als erste Menschen am nordlichsten Punkt der Erde.

ALTE ABENTEUERLICHE REISEBERICHTE

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Robert Edwin Peary

DIE ENTDECKUNG DES NORDPOLS

1908 – 1909

Herausgegeben von Detlef Brennecke

Mit 31 Abbildungen

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN: 978-3-8438-0074-7

www.marixverlag.de

INHALT

Vorwort des Herausgebers

Homo Ludens

Traumwandrer

»Ich habe den Wunsch, mir einen Namen zu machen«

»Inveniam viam aut faciam« – oder: Wie man sich in Erfolgszwang bringt

Das Basta eines Süchtigen

Das Werk, »für das mich Gott der Allmächtige auserwählt hat«

Was ist Die Eroberung des Nordpols?

Robert E. Peary:Die Entdeckung des Nordpols

Der Plan

Vorbereitungen

Die Abfahrt

Zum Kap York

Willkommen bei den Eskimos

Eine arktische Oase

Seltsame Bräuche eines seltsamen Volkes

Auf Rekrutierung

Eine Walross-Jagd

Wir klopfen an das Tor des Pols

Wir haben das Eis dicht neben uns

Die Eisschlacht beginnt

Endlich Kap Sheridan

Im Winterquartier

Die Herbstarbeit

Die lange Nacht

Die »Roosevelt« in höchster Gefahr

Weihnachten auf der »Roosevelt«

Wie eine Schlittenreise über das arktische Eis aussieht

Marschtabellen und Ausrüstung

Aufbruch zum Pol

Das erste offene Wasser

Die Eskimos verlieren den Mut

Borups fernster Nordpunkt

Marvins Abschied

Wir brechen alle Rekorde

Bartlett erreicht 87° 47’

Der letzte Gewaltmarsch beginnt

Nur einen Tag vom Pol entfernt

Am Pol

Abschied vom Pol

Zurück zum Land

Die letzten Tage am Kap Sheridan

Anhang

Weiterführende Literatur

Empfehlungen für Leser, die mehr über Robert Edwin Peary wissen wollen

Editorische Notiz

Lebensdaten

VORWORT DES HERAUSGEBERS

»Ich habe schließlich doch gewonnen!«

Robert Edwin Peary – als Erster in Utopia?

HOMO LUDENS

Es gibt viele Gründe für Entdeckungsreisen ...

Um sich die Gewalt über sein Reich am Fuße des Olymps zu sichern, ging der Fürstensohn Iason einst auf die Mutprobe ein, das Goldene Vlies heimzuholen. Er ließ daher ein Schiff bauen, »Argo, die allbesungne«, und segelte mit erlauchter Besatzung – darunter Heraides, Orpheus und Theseus – zu den schaurigen Stätten der Barbaren: nach Lemnos, wo die Frauen in radikaler Emanzipation ihre Männer totgeschlagen hatten; nach Phrygien, wo sechsarmige Riesen tobten; und schließlich nach Kolchis, vor dessen Hafen zwei felsige Inseln bisher jeden Ankömmling zwischen sich zerschmettert hatten.

Was im antiken Mythos dem Erhalt von Macht diente, kehrte im wirklichen Leben – nur geringfügig verändert – als deren Erweiterung wieder: Das Ausfindig-Machen geriet in den Sog des Eroberns. Und so begab sich Alexander der Große von 327 bis 325 vor der Zeitenwende auf eine Kampagne nach Indien. Er wollte die Grenzen der griechischen Einflusssphäre um ein überschaubares Maß von Parasangen an den Rand der Oikumene vorschieben. Hatte nicht bereits sein Lehrer Aristoteles in den Meteorologika (um 341 v. Chr.) erklärt, der Okeanos sei vom Hindukusch aus mit bloßem Auge erkennbar? Dass dem nicht so ist, gehörte zu den ersten erdkundlichen Befunden jenes Feldzugs; zu den letzten zählte die Überzeugung, tatsächlich ans Ende der bewohnten Welt gelangt zu sein: Als Alexander im Delta des Indus in See stach, um zu prüfen, »ob« – wie es im Alexanderzug (2. Jh. n. Chr.) des Flavius Arrianus heißt – »irgendein Land in der Nähe auftauchte«, sah er lediglich die Fläche des Wassers und das Gewölbe des Himmels.

Während Belehrung über die Fremde bei den Operationen des Makedonenherrschers nur eine nebensächliche Kriegsbeute war, hatte sie nach Auffassung von Mohammed zur Wanderschaft ins Unbekannte der eigentliche Antrieb zu sein. »Suchet Wissen und Wissenschaft«, lehrte der Prophet, »und wenn es in China wäre.« Diese Maxime erzog die Karawanenführer – unter ihnen Ibn Chordadhbeh, al-Biru-ni, al-Idrisi und Ibn Battuta – zu Augenzeugen par excellence. Fridtjof Nansen, einer der gelehrtesten Abenteurer überhaupt, rühmte in seinem Handbuch über die Erforschung des Nordens, Nebelheim (1911), neidlos: »Die arabischen Geografen haben besonders Sinn für das Sammeln konkreter Aufklärungen über Länder und Verhältnisse und über die Sitten und Gebräuche der Völker, und sie können darin als Muster gelten.«

Ein Pionier ganz anderer Art war Christoph Kolumbus. Ihm ging es nicht um Wissen-, sondern um Wirtschaftlichkeit. Da er es wie Alexander der Große für wahr hielt, dass Indien den Abschluss des eurasischen Kontinents gen Morgen bildete, und da er es – wie sogar der französische Bischof Pierre d’Ailly in seiner Ymago Mundi (1410) – als gegeben annahm, dass unser Planet kugelförmig sei, folgerte der Genueser, dass zwischen Europa und Indien nur mehr der Atlantik liege – wobei zu »las Indias« seit Marco Polos Il Milione (1298/99) auch »Cathay« gezählt wurde, China, und das diesem vorgelagerte »Zipangu«, Japan. So verfiel der Admiral darauf, »den Osten vom Westen her zu suchen«, sprich: eine Route zu eröffnen, über die der Handel mit jenen pittoresken Provenienzen von Gewürzen und Geweben bequemer zu treiben wäre als über die Seidenstraße.

Addiert man zum Aspekt der Gewinnsucht die These diverser Biografen des Kolumbus, er habe ursprünglich den Großkhan christianisieren wollen, im Grunde einen späten Kreuzzug zu den Wilden geplant, gar hinterm Horizont ein neues Jerusalem gewittert, dann hat man summa summarum eine gute Hand voll einleuchtender Anlässe zum Aufbruch »in terram incognitam«: mancherlei Heilsbringerei, überdies Besitzgier, Wissensdurst und Machthunger sowie auch einen Befähigungsnachweis.

Freilich, welches dieser Motive wurde an Absonderlichkeit überboten von jenem, das in nichts anderem bestand als im Gang durchs bisher nie Betretene ... im Vorstoß dorthin, wo kein Ort ist ... in der Erstürmung des Nordpols?

Dieser Reckentat rühmte sich ein Mann, der in Utopia biwakiert haben wollte. Damit wäre er auf einer Position gewesen, die es nur als Abstraktum gibt: als mathematische Hypothese. Denn der obere Schnittpunkt aller Meridiane des Globus befindet sich auf einer Kappe aus schwimmendem Eis, das von einem Tiefdruckwirbel über der Arktis unaufhörlich in Bewegung gehalten wird und demzufolge jedwedes Da-Sein relativiert.

Das Rennen mit einem oder mehreren Konkurrenten zu einem solchen Ziel war das Nutzlose schlechthin, ein Egotrip und Zeitvertreib – einzig aufs Siegen erpicht. Der holländische Kulturhistoriker Johan Huizinga schrieb diesbezüglich in seiner Monografie Homo Ludens (1938): »Die Hauptsache ist, ›gewonnen zu haben‹.« Und dann fügte er zur Bekräftigung des Gesagten hinzu: »Das reinste Beispiel für einen Triumph, der sich in nichts Sichtbares oder Genießbares umsetzt und nur im Gewinnen selbst besteht, bietet das Schachspiel.«

Wen wundert’s deshalb, dass der Bericht über Die Eroberung des Nordpols mit den Sätzen anfängt: »Man könnte wohl die Erreichung des Nordpols mit dem Gewinnen eines Schachspiels vergleichen, in dem alle die verschiedenen Züge, welche zu dem günstigen Schluss führten, lange, ehe das gegenwärtige Spiel begann, im Voraus überlegt worden waren. Es war für mich ein altes Spiel, ein Spiel, das ich dreiundzwanzig Jahre mit wechselndem Glück gespielt hatte.« Der Name des ausdauernden Teilnehmers: Robert Edwin Peary.

TRAUMWANDRER*

Die Partie, von der die Rede war, hatte de facto im Altertum begonnen und wurde seit dieser Zeit zwischen Menschen und Elementen um ein Inferno ausgetragen. Viele haben es beschrieben.

»Gleich über uns lagert der arktische Pol
Und selten besucht ihn der strahlmilde Sol,
Zu grimmig ist dieser Erd-Flecken.
Saturnus, angeblich, steht dort auf der Wacht
Und hütet den Schatz, den in finsterer Nacht
Die Sterblichen nimmer entdecken.
Du wirst es kaum glauben, und doch ist es wahr:
Man findet im Nord-Land nicht einmal im Jahr
Den Tag, wie er südwärts normal ist!
Im Winter, da gibt es hier nirgendwo Licht,
Im Sommer, da gibt es hier Dunkelheit nicht,
Sodass jeder Tag eine Qual ist.«

Was der Norweger Petter Dass am Ende des 17. Jahrhunderts in seinem Gedichtzyklus Die Trompete des Nordlandes über jene Zone zusammengereimt (und teilweise dem griechischen Philosophen und Historiker Plutarch entnommen) hatte, stellte im Wesentlichen das dar, was man seit der explorativen Epoche Alexanders des Großen hierüber wusste.

Nachdem sich Pytheas, der Grieche aus Massalia, um 330 vor Christus an der Küste Norwegens bis zum Polarkreis hinaufgetastet hatte, lenkten die Europäer unermüdlich ihre Schiffe zu den hohen Breiten des Erdballs und fabulierten alsdann vom Regime des Saturn über ein Gefilde, in dem jede Erscheinung gemäß dem Weihemonat jenes Gottes – Dezember – frostig, feucht und feindselig ist.

Zu diesem grausigen Dunstkreis des Orcus zog es Wagehälse mit einer solchen anhaltenden Heftigkeit, dass sich im 13. Jahrhundert nach Christus der Verfasser des altnorwegischen Königsspiegels aufgerufen sah, den Wikingern diesen Drang unter Hinweis auf eine Reihe von Triebkräften der Erdensöhne zu erklären (von Bedürfnissen nebenbei, die selbstverständlich denen ähneln, mit deren Aufzählung dereinst das Vorwort des Herausgebers zu einem Text von Robert Edwin Peary einsetzen sollte ...): »Das Erste ist die Lust an Kampf und Ruhm, denn das ist menschliche Art, dorthin sich zu begeben, wo große Gefahr zu erwarten ist, und sich dadurch berühmt zu machen. Das Zweite ist die Wissbegierde, denn das liegt gleichfalls in der Natur des Menschen, die Dinge zu erkunden und zu untersuchen, von denen ihm erzählt wird, und zu erfahren, ob sie so sind, wie ihm gesagt wurde, oder nicht. Das Dritte ist die Aussicht des Gewinns, denn überall suchen die Menschen nach Gut, wenn sie hören, dass sich irgendwo Aussicht auf Gewinn darbietet, mag auch anderseits große Gefahr damit verbunden sein.«

Dieses Syndrom von Faktoren wurde achterlastig ... bis Profitjägerei das A und O bei Expeditionen ins Namenlose war und ihre Leiter dem Nordpol in einer verschlungenen Folge von Begebenheiten immer näher rückten. Im selben Augenblick nämlich, in dem der spanische Conquistador Vasco Nunez de Balboa am 25. September 1513 im Westen der Neuen Welt noch einen Ozean gesichtet hatte, war klar, dass sich der Strand, auf den Kolumbus inzwischen seinen Fuß gesetzt haben wollte, jenseits der Südsee erstreckte. Darum rüsteten die Piloten ihre Karavellen, um nach der Nordwestpassage zu fahnden ... mochten andere Skipper ihre Schaluppen wappnen, um nach der Nordostpassage zu forschen (wenn sie nicht gar wie Fernao de Magalhaes im Jahre 1520 um die Südspitze Amerikas segelten)! Während die einen ergo das Ruder nach Steuerbord legten, rissen es die anderen nach Backbord – jeder aus Raffgier darauf bedacht, entweder Sibirien oder die Landmasse des »Mundus Novus« gen Indien zu umfahren.

»So erwachten sie zum Leben«, vermerkte Fridtjof Nansen, »die beiden großen Illusionen, welche jahrhundertelang den Sinn der Entdecker im Zauberbanne hielten. Wert als Handelsstraßen konnten sie nie erhalten, diese schwierigen Durchfahrten durch das Eis. Mehr als Traumbilder wurden sie nicht, aber Traumbilder von größerem Wert als wirkliche Kenntnis: Sie lockten die Entdecker immer weiter in die unbekannte Eiswelt hinein.«

Auf diese Weise wurden sie Vorkämpfer, deren Andenken in der geografischen Nomenklatur bewahrt ist wie zum Beispiel jenes eine in »Barentsburg«, »Barentsinsel«, »Barentssee«.

Willem Barents, seines Zeichens Cheflotse der Vereinigten Niederlande, war angewiesen worden, »die Meere des Nordens zu befahren«, und hatte tapfer schon zweimal, 1594 und 1595, den Circulus Arcticus überschritten, als er sich nunmehr 1596 in Amsterdam zum dritten Mal einschiffte.

Unter dem eher formalen Kommando Jacob van Heemskercks schaffte er zunächst eine Höhe von 79° 49’, ließ nachher jedoch ostwärts schwenken und erspähte daraufhin die Bäreninsel und den Südzipfel von Spitzbergen: 80° 11’! Zuletzt aber, als er im August bei den Oranje-Inseln lavierte, wurde seine Nussschale von treibenden Schollen gestoppt, auf der Stelle umschlossen und wie von Geisterhand zermalmt. Da war er mit seinen Leuten gezwungen, bis zum Winter »ein Haus zu bauen, um uns vor der Kälte und den wilden Tieren zu schützen, uns darin so gut wie möglich einzurichten und uns unter Gottes Schutz zu stellen«.

Diese Frömmigkeit wurde belohnt. Zwar litten die sechzehn unter dem Frost und der bleiernen Nacht, aber sie verstanden es einfallsreich, sich bei Gesundheit zu halten. Sie gingen auf die Robbenpirsch, richteten ein Schwitzbad ein, feierten allerlei Feste und verloren nie die Zuversicht, sodass sie, als die Sonne das Meer erneut verflüssigte, hoffnungsfroh am 14. Juni 1597 mit zwei Jollen unterhalb des »Behouden Huys« ablegten: der Heimat entgegen.

Barents, der sich physisch wie psychisch längst erschöpft hatte, starb am 20. Juni. Seine Mannschaft indessen traf bei der Halbinsel Kola wie durch ein Wunder auf den Segler, der ihre Ausfahrt vor einem Jahr begleitet hatte und jetzt die Geretteten nach Amsterdam zurückbrachte.

Sie hatten etliches bewiesen, vor allem aber eines: dass Überleben im White Out bei planvollem Verhalten möglich ist – wenn sich Fortuna einschaltet...

Dieses Quäntchen Optimismus ermunterte von nun an viele zur Fahndung nach einem nördlichen Schleichweg: 1615 den Engländer William Baffin, 1619 den Dänen Jens Munk und 1773 abermals einen Engländer: Constantine John Phipps. Zum Angriff auf Saturn, den König in dem Turnier, ermutigte es einstweilen nur Henry Hudson, auch er ein Engländer.

Ihm hatte mit der Einfalt der Unbedarften die britische Muscovy Company 1607 auferlegt, »den Pol zu entdecken«, worauf Henry Hudson gehorsamst den Anker lichten ließ und nach Norden segelte, bis er sich auf 80° 23’ am Packeiswall abgewiesen fand. Da drehte er bei und meldete zu Hause die Wahrnehmung einer vulkanischen Insel (die später »Jan Mayen« getauft ward). »You have done well by water ...«

Und weil das alles war, blieb Saturn ohne Niederlage.

Walfänger durchpflügten bis auf weiteres die Gewässer um seine Bastion. Und zwei Dänen pflanzten quer zur allgemeinen Stoßrichtung Wegmarken auf: Der eine, Hans Egede, gründete seit 1724 Siedlungen auf Grönland und ließ in Kopenhagen eine Perlustration (1742) der Gebiete und Bräuche der Eskimos drucken; der andere, Vitus Jonassen Bering, setzte mit einer Abteilung der Großen Nordischen Expedition von Asien zu den Ufern Amerikas über und näherte sich am 18. Juli 1741 Alaska so dicht, »dass man die schönen hart an der See gelegenen Waldungen wie nicht minder die großen Ebenen unter dem Gebirge landeinwärts mit größtem Vergnügen betrachten konnte«.

Niemand vermochte Saturn zu schlagen.

Auch dann nicht, als Daines Barrington 1773 die Royal Society in London überredet hatte, einen Verband in das Ringen um den Nordpol zu entsenden. Denn die »Racehorse« und die »Carcasse« mussten vor demselben Hindernis kapitulieren, vor dem Henry Hudson zurückgewichen war.

VERSCHMÄHTE LIEBHABER

Während demnach rund um den Saum der Arktis navigiert und rekognosziert und trianguliert und kartografiert wurde, verharrte sein Zentrum fernab und unerreichbar – für Poeten wie für Philosophen ein Reservat, mit dessen Erschließung die Selbstzerstörung des Menschen einhergehen würde.

So besang der schwedische Lyriker Esaias Tegner in seiner Ballade Die Polarreise (1817) den Prototyp des Verblendeten, der sich soeben auf den Nordpol zubewegt:

»Endlich kommt der Erde Wipfel.
Siegend auf der Achse Gipfel
Steht er. Horche, welch ein Brausen
Aus der Tiefe! Welch ein Sausen
Macht die Masse, die sich schwer
Schwingt um ihre Achs’ umher!

Nun erschrickt er, und verlegen
Sinnt er nach der Rückkehr Wegen.
Zaubermacht verwirrt den Festen:
Wo ist Osten? Wo ist Westen?
Wo ist Süden? Wo der Nord?
Keine Spur, kein Ausweg dort!

Aus der Tiefe tönt ein Rufen:
›Thor, auf deiner Weisheit Stufen!
Himmelsstrich nicht, wie die andern,
Hat der Punkt, drum Welten wandern.
Auf schließt ihn der Tod allein.
Kamst du dorthin, bleibst du sein.‹

Stündlich wird der Schatten länger,
Stündlich wird der Cirkel enger,
Den die Sonn’ am Himmel malet,
Bis kein Lichtatom mehr strahlet
Doch das Ich des Stolzen friert,
Bis die Welt sich neu gebiert.«

Was als Warnung davor gedacht war, die letzten Geheimnisse der Schöpfung zu entweihen – und was sich am Anfang des 21. Jahrhunderts durchaus als ökologisches Menetekel deuten lässt –, korrespondierte nun für kurze Frist mit dem Zögern von Abenteurern, den Nordpol direkt zu attackieren.

Stattdessen befestigten sie den Belagerungsgürtel um das ebenso abstoßende wie anziehende Nichts: Der Russe Ferdinand Petrowitsch Baron von Wrangel sondierte 1821 sechsundvierzig Tagesmärsche oberhalb der Bäreninsel; die Österreicher Julius Ritter von Payer und Karl Weyprecht entdeckten 1873 Franz-Joseph-Land; und der Amerikaner George Washington De Long sah 1881 als Erster die Neusibirischen Inseln.

Immerhin wurde, während die »Parts Unknown« peu ä peu von den Atlanten verschwanden, – vorrangig von Engländern – das Match fortgesetzt, wer »Farthest North« erklimmt: 1827 kam William Edward Parry von Spitzbergen aus auf 82° 45’; 1875 – ein halbes Jahrhundert später – gelangte George Strong Nares vom Smith-Sund her auf 82° 48’; und 1876 erreichte Albert Hastings Markham via Grönland 83° 20’, was zwei Gefährten des Amerikaners Adolphus Washington Greely auf einer parallelen Route 1882 um ganze sieben Kilometer überboten.

Sie alle aber deklassierte das Experiment, das Fridtjof Nansen am 14. März 1895 begann. Er hatte sich nordwestlich der Neusibirischen Inseln mit der »Fram« vom Eis Huckepack nehmen lassen und war bei dessen Drift auf einer Position von 102° östlicher Länge und 84° nördlicher Breite gemeinsam mit seinem meteorologischen Assistenten Fredrik Hjalmar Johansen aus dem Unternehmen ausgeschert und zum Nordpol aufgebrochen. Doch nach wenigen Kilometern hatten sie ein Geröllfeld vor sich, in dem es kein Vorwärtskommen mehr gab. »Es ist ein wahres Chaos von Eisblöcken, das sich bis an den Horizont ausdehnt. Es hat keinen Sinn, noch weiter vorzudringen, wir opfern die kostbare Zeit und erreichen nichts.«

Geleitet von der Klugheit des Pragmatikers – und nicht von der Hybris des Tegner’schen Wallers im Schnee –, kehrte Nansen bei 86° 04’ dem »Großen Nagel« den Rücken und fand nach einem tolldreisten Marsch, der unter dem guten Stern der Barents-Crew stand, 1896 wohlbehalten nach Norwegen zurück.

Dort war er noch nicht eingetroffen, da tüftelte in Stockholm Salomon August Andree an einem Ballon, der seinen Erfinder samt zwei Kameraden von Spitzbergen aus über den Nordpol tragen sollte. Andree hatte eine Technik ersonnen, seine »Luftkugel«, die normalerweise in derselben Strömung und Geschwindigkeit wie der Wind treiben würde und somit in ihrem Kurs nicht zu beeinflussen war, steuerbar zu machen: Er beschwerte sie mit mehreren Trossen, die – solange man in mäßiger Höhe dahinglitt – über die Erdoberfläche schleiften. Hierdurch wurde das Gerät gebremst, die Brise war wieder spürbar, und der »Adler« konnte mithilfe von aufgespannten Tüchern manövriert werden wie ein Segelboot.

Weil Andree jedoch die Glanzleistung des Norwegers Nansen als nationale Herausforderung ansah, brachte er sich selbst in einen Handlungszwang, der jedes rationale Agieren lähmte. Als er am 11. Juli 1897 von Spitzbergen aufstieg, entwanden sich die unteren zwei Drittel der Seile ihrer Verschraubung und »aus dem halb gefesselten Ballon war«, wie ein Chronist konstatierte, »ein Freiballon geworden«. Anstatt nach diesem Malheur das Projekt unverzüglich abzubrechen, überließ sich Andree in der Thermik der Ehrenmänner-Regel »aber gesagt ist gesagt« drei Tage lang der Willkür des Wetters ... Dann, bei 82° 56’, sank das Gefährt unter dem Ballast des Reifs auf seiner Außenhaut und die Hasardeure schlugen am Boden jener Tatsachen auf, gegen die sie sich bald ebenso vergeblich stemmten wie alle ihre Vorgänger.

»Ich glaube«, ließ der schwedische Autor Per Olof Sundman in seinem Dokumentarroman Ingenieur Andrees Luftfahrt (1967) einen der todgeweihten Schwärmer zwar seufzen, »der Nordpol ist eine schlechte Geliebte«. Doch sind dessen ungeachtet (laut Goethe) nicht »Lust und Liebe die Fittiche zu großen Taten«?

In cerca d’amore, das heißt: aus Sehnsucht nach Aneignung und Hingabe drang Umberto Cagni, ein Mitglied der »Stella-Polaris«-Mission des Herzogs der Abruzzen, am 25. April 1900 von Franz-Joseph-Land her bis auf 86° 34’ vor. Das war noch einmal Rekord! Dann wurde das Endspiel angegangen.

Und während derweil ein neues, dynamisches Säkulum nahte, wartete alle Welt darauf, dass Saturn matt gesetzt wurde.

Am Zug war Robert Edwin Peary.

»ICH HABE DEN WUNSCH, MIR EINEN NAMEN ZU MACHEN«

Robert Edwin Peary wurde am 6. Mai 1856 in Cresson unweit von Pittsburgh im amerikanischen Bundesstaat Pennsylvania als einziges Kind des Küfers Charles Peary und dessen Ehefrau Mary geboren. Die Eltern waren 1858 kaum in das ebenfalls in Pennsylvania liegende Gallitzin umgesiedelt, da starb der Vater im Januar 1859. Seine Witwe kehrte daraufhin mit ihrem noch nicht dreijährigen Sohn in die nordöstlichste Ecke der USA zurück, nach Maine, woher sie stammte. Erst in Cape Elizabeth bei Portland, dann in dieser Hafenstadt selbst sowie im nahen Gorham wuchs Robert Edwin Peary nun heran. Er besuchte die Elementary School, als Nächstes eine private Boarding School und hinterher die High School, die er 1873 verließ, um am Bowdoin College in Brunswick, Maine, zu studieren. Nachdem er dort sein Examen als Zivilingenieur abgelegt hatte, schrieb er seiner Freundin Mary Kilby am 10. Oktober 1877 einen Brief, in dem es hieß: »Ich möchte gerne eine so anziehende Wesensart entwickeln, dass die Leute, wenn ich einmal mit ihnen zusammen war, immerfort Gefallen an mir finden – ob sie wollen oder nicht.«

Er selbst freilich behielt sich vor, seine Gunst nach Gutdünken zu gewähren oder zu entziehen. Und so versprach er Mary Kilby 1878 noch die Ehe, löste das Verlöbnis aber schon im folgenden Jahr wieder auf. »Die Vergangenheit ist tot!«, jubelte er: »Vive la future!«

Er hatte eine Anstellung als Landvermesser beim United States Coast and Geodetic Survey in Washington gefunden, von seinem ersten Gehalt eine der dreihundertfünfundsechzig Inseln in der Casco-Bai vor Portland erworben und im Was-kostet-die-Welt-Überschwang den Entschluss gefasst, sich zu Vorarbeiten für einen Kanal zwischen dem Atlantischen und Pazifischen Ozean nach Nicaragua versetzen zu lassen. Er wollte ein Bahnbrecher werden, ein Wegbereiter ... Southward Ho! »Ich habe den Wunsch«, gestand er seiner Mutter am 16. August 1880, »mir einen Namen zu machen, der überall in Kreisen der Kultur und Bildung als Sesam-öffne-dich wirkt.« Obwohl er trotz des hämmernden Einsatzes von Begriffen wie »glory«, »pride« und »fame« nicht das Plazet Mary Pearys bekam, reiste er – nunmehr in Diensten der United States Navy – Ende 1884 von New York ab, um bis April 1885 das Terrain für den Durchstich im Dschungel zu sondieren. Ein Weltwunder war auf den Messtischblättern zu entwerfen, ein Denkmal des menschlichen Gestaltungswillens. Goethe hatte bereits ein halbes Jahrhundert zuvor darüber sinniert, dass derlei »einem großen Unternehmungsgeiste vorbehalten« sei.

Einen solchen wollte Peary verkörpern. Dass Ereignisse in Mittelamerika dabei zum zweiten Mal Aktivitäten in der Arktis evozierten, gehört zu den Quantensprüngen der Evolution. Denn so wie einst die Nachricht davon, dass Balboa auf der anderen Flanke des Isthmus in ein fremdes Meer hinausgewatet war, letztlich die Suche nach der Nordwestpassage ausgelöst hatte, so pflanzte jetzt die Erinnerung daran, dass Kolumbus durch seine Ankunft in der Karibik Unsterblichkeit erlangt hat, den Keim zur Sehnsucht Pearys nach dem Nordpol, wo gleicher Ruhm zu ernten sei.

Am 28. Dezember 1884 schilderte der Zweiunddreißigjährige seiner Mutter die Vorbeifahrt an San Salvador: »Die Insel blieb im Südwesten zurück, später ging die Sonne prachtvoll dahinter unter. Die lange niedrige Küste mit ihren einzelnen Klippen und Kaps trat deutlich hervor – ein purpurnes Relief vor dem gelben Himmel: die Wiege der Neuen Welt, das Eiland, das als Erstes die Augen von Kolumbus erfreut hat, purpurn gegen den gelben Sonnenuntergang, so wie vor fast vierhundert Jahren, als es lächelnd jenen Mann willkommen hieß, dem in seinem Nimbus alleinig der noch ebenbürtig sein kann, welcher eines Tages dasteht und dreihundertsechzig Längengrade unter seinem ruhenden Fuß hält... Ost und West werden für ihn nicht mehr existieren: für den Entdecker des Nordpols.«

Dieses Dokument, so beiläufig es daherkommt, liefert den Schlüssel für Pearys ganzes Wirken. Hervorgegangen ist es aus dem Traum, ein Heros zu werden – an American Hero –, kein Humboldt und kein Lesseps, kein Weltbaumeister und kein Forscher, sondern ein Held-an-sich, ein Macher – entwachsen aus betörender Rede ... eine Fleisch gewordene Sagengestalt.

Nein, Nicaragua bot trotz seines martialischen Ambientes kein Vorfeld zur Vergötterung! Das Aufmarschrevier lag dort, wohin der Polarstern im Wappen von Maine wie ein Lockmittel weist: im Norden. Also tat Peary zwar fürs Erste seinen Job im Urwald und kehrte sogar im November 1887 für mehrere Monate dahin zurück; doch was ihn seit jenem Abend vor San Salvador bewegte und beherrschte, besessen und verrückt machte, das war der Trieb, das Reich des Saturn aufzusuchen.

Der Grönland-Trip von 1886 auf der »Eagle« wurde ein Testlauf: der Prolog zu einem rätselvollen Abenteuer – und vorausdeutend! Denn nachdem Peary heimgekehrt war und 1887 im Bulletin of the American Geographical Society geschildert hatte, wie er mit dem Dänen Kristian Maigaard oberhalb der Disko-Bai einhundertsechzig Kilometer ins Inlandeis gewandert war, ergab die Überprüfung der Auskünfte des Landvermessers a. D. durch Fridtjof Nansen, dass die relevanten Informationen durchweg nicht stimmten. Im zweiten Band seines Berichts Auf Schneeschuhen durch Grönland (1890) bemängelte er, dass Pearys Längenberechnungen – die sage und schreibe lediglich an einem einzigen Tag gemacht worden waren! – wohl »nur auf einigen Höhenobservationen« beruhten; dass die benutzten Fachausdrücke »nicht ganz deutlich« waren; dass – als Pearys Chronometer stehen geblieben war – die Messungen nicht mit einer Ersatzuhr abgeglichen worden waren; dass ergo die Daten über die zurückgelegte Strecke »nicht als ganz genau betrachtet werden« können. Fazit: »Pearys Angaben in Bezug auf Entfernungen und Höhen sind leider mangelhaft.«

Peary war auf Nansen nicht mehr gut zu sprechen – zumal der Norweger seine Kompetenz bei der Durchquerung Grönlands gewonnen hatte: bei einer Unternehmung, mit der er einem Vorhaben des Amerikaners zuvorgekommen war ... um nicht zu sagen: mit dem er in Pearys Domäne gewildert hatte!

Denn das war nun entschieden: dass Robert Edwin Peary das Podium gefunden hatte, auf dem er das einspielen wollte, was ihn wie nichts im Leben sonst bewegte. An Mary Peary schrieb er am 27. Februar 1887 – als ob sie’s nicht schon oft genug gelesen hätte: »Denke daran, Mutter, ich muss Ruhm erringen.«

Wenig später teilte er der alten Dame im Übrigen mit, dass er seine Zukünftige gefunden hätte, Josephine Diebitsch, eine Professorentochter aus Washington: »Dass sie mich liebt, weiß ich; dass sie mich glücklich machen kann, denke ich schon; außerdem vertraue ich darauf, dass sie mir weniger hinderlich sein wird als jede andere Frau, die ich bisher kannte oder die ich künftig kennen lernen dürfte.«

Das Paar heiratete am 11. August 1888.

»INVENIAM VIAM AUT FACIAM« – ODER: WIE MAN SICH IN ERFOLGSZWANG BRINGT

Und Mrs Peary machte sich nützlich. Denn als ihr Gatte am 6. Juni 1891 zu seiner zweiten Grönland-Reise aufbrach, stand sie ebenso auf der Teilnehmerliste wie der Farbige Matthew Alexander Henson, Pearys Faktotum auf Jahre hinaus, und der New Yorker Arzt Dr. Frederick Albert Cook. Aber mochte an diesem Nachmittag um fünf, als die »Kite« in Brooklyn die Leinen kappte, seine Gemütsverfassung noch so heiter und das vielstimmige »Farewell thee well« noch so ermutigend sein: Zur selbigen Stunde begann ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen Cook und Peary, dessen Ausgang bis heute unbekannt ist.

Wer konnte es ahnen? Verlief doch die Expedition äußerst erfolgreich. Peary und seine Crew errichteten eine Hütte am McCormick-Fjord am oberen Zipfel der Baffin-Bai, »Red Cliff House«; sie befreundeten sich mit einigen Eskimos, die in der Nähe siedelten; und lernten, in der Arktis zu überstehen und sich zu bewegen – vor allem Hunde-Schlitten zu führen. Gut vorbereitet gelang Peary mit dem Norweger Eivind Astrup zwischen dem 3. Mai und dem 6. August 1892 eine mehr als zweitausend Kilometer lange Hin- und-Rücktour bis zu der – von ihnen so getauften – Independence-Bai, einer Bucht im Nordwesten Grönlands, die als solche ein Argument für den Inselcharakter von dessen Landmasse liefert.

Als die Depeschen im September Pearys Heimkunft meldeten, setzte sich in Kristiania – dem heutigen Oslo – Fridtjof Nansen an den Schreibtisch und gratulierte dem Kollegen zu seinem Erfolg. Er selbst sei schließlich »einer von denen, die ein bisschen vom Inlandeis gesehen haben«. Daher könne er die Leistungen Pearys beurteilen und ihn mit Fug und Recht als sein »Bewunderer« grüßen.

Nach diesem Ritterschlag durch einen der prominentesten Polarexperten seiner Zeit fühlte sich Peary umso mehr dazu befähigt, der von ihm selbst an sich ergangenen Berufung zu folgen. Das Marineministerium stellte ihn abermals unter voller Beibehaltung seiner Bezüge von seinen Dienstpflichten frei. Was gleichwohl fehlte, war Geld zur Finanzierung der nächsten Expedition. Die Mitwirkung an George Eastmans etwas verwegen betitelter Werbebroschüre The Kodak at the North Pole (»Die Kodak [-kamera] am Nordpol«, 1892) brachte nicht allzu viel ein. Daher ging Peary zusammen mit Henson ein Engagement als Showstar ein. Windmaschine an! Und Vorhang auf! Eingemummelt in einen dicken Pelz arbeitete sich Peary wie durch einen Schneesturm zur Mitte der Bühne vor, woraufhin Henson unter Peitschenknallen mit einem Hundegespann folgte. Dann legten sich die Huskys vor die Füße des immer ärger ins Schwitzen geratenden Vortragskünstlers, bis sie auf ein verstohlenes Zeichen zum Eisberg- oder Steinerweichen ein gespenstisches Geheul anstimmten. Vorhang zu! Und Windmaschine aus! There’s no business like snowbusiness ...

Denn es lohnte sich: Als Peary am 23. Juni 1893 auf der »Falcon« zu seiner dritten Grönland-Fahrt von Philadelphia abdampfte, war er vorbereitet, zwei Jahre auszubleiben. Trotzdem stand das Ganze vom Anfang bis zum Ende unter einem fatalen Omen – nicht zuletzt, weil Dr. Cook es abgelehnt hatte, sich erneut dem monomanen Habitus des Chefs zu unterwerfen. Er, dessen »Professionalität« noch vor einem Jahr nach Pearys Zeugnis maßgeblich zum Gelingen der zweiten Grönland-Mission beigetragen hatte, fehlte nun in einem Trupp, dem einfach nichts mehr glücken wollte.

Die neuerliche Rekognoszierung der Nordkante von Grönland scheiterte zunächst; und als sie dann 1895 gelang, brachte sie nichts anderes als das Wiedersehen mit etwas Bekanntem. Ein Lichtblick war zwar die Geburt von Pearys Tochter Marie Ahnighito am 11. September 1893 in der »Anniversary Lodge« oberhalb des 77. Breitengrades gewesen – nur: Musste man für dergleichen eine Expedition ins Polarmeer abhalten? »Dieses Satanszeug arktische Forschung«, das Peary jetzt verfluchte, wurde auch dadurch bloß geringfügig aufgewertet, dass er bei seiner Heimkehr im Sommer 1895 zwei vermeintliche Meteoriten präsentieren konnte, die er in Grönland ausgegraben hatte.

Den dritten und massigsten Eisenklumpen zu bergen gelang ihm erst 1897. Da hatte Peary schon zwei weitere Exkursionen nach Grönland unternommen, die so belanglos waren, dass sie sein penibler Biograf Wally Herbert in The Noose of Laureis (»Die Lorbeerschlinge«, 1989) in einem Halbsatz abtut.

Robert Edwin Peary war jetzt einundvierzig Jahre alt, ein Medienstar, zweifellos, »The Hero of Heroes«, als der er vor jedem Auftritt angekündigt wurde – und gestresst. Denn seine Zugkraft schwand: Vier der sechs Eskimos, die er – Menschen, Iglus, Sensationen! – exportiert hatte, waren in New York an Lungenentzündung gestorben, die ›Meteoriten‹ hatte »Jo« dem American Museum of Natural History verkauft, im eigentlichen Sinne entdeckt hatte er nichts (nicht einmal die himmlischen Gesteinsbrocken: die kannte schon John Ross 1818) und keinen Rekord aufgestellt; vom Skandal seines Ehebruchs mit der Eingeborenen Aleqasina war noch nichts verlautet. Kurzum: Das hoch geschätzte Publikum erwartete eine neue Attraktion.

Also gab der Äquilibrist – die Wendung sei erlaubt – dem Affen Zucker, indem er kundtat, dass der Hauptzweck aller seiner Anstrengung die Einnahme des Nordpols sei. Und damit auch jeder, Yankee oder Südstaatler, den Stellenwert ermaß, den er der Sache zuschrieb, verließ er 1898 den Hafen von New York am 4. Juli, dem amerikanischen Nationalfeiertag.

Die Parole für das Bevorstehende hatte er – in Abwandlung auf die eigene Person – der Tragödie Hercules furens (um 50 n. Chr.) des römischen Dramatikers Lucius Annaeus Seneca entnommen: »Inveniam viam aut faciam« ... »Ich werde einen Weg finden oder mir einen bahnen.«

Der Ausspruch sollte in einer Weise bedeutsam werden, die niemand in ihrer Zweideutigkeit voraussehen konnte.

DAS BASTA EINES SÜCHTIGEN

Sein Basisdepot legte Peary diesmal circa vier Breitengrade nördlich von »Red Cliff House« und »Anniversary Lodge« an. Denn nachdem er mit der »Windward« Mitte August am Westufer des Smith-Sunds festgemacht und dort die ersten Monate tatenlos verbracht hatte, war er im Dezember mit seinem »Negerdiener«, seinem treuen Sancho Pansa, und vier Eskimos – »Jo« nannte sie in handfestem Rassismus seine »Huskys« – an der Ostseite der Ellesmere-Insel nach »Fort Conger« marschiert, in jenes Camp, das Adolphus Washington Greely 1881 angelegt hatte. Peary zerstörte es und benutzte die dabei gewonnenen Vorräte zur Bestückung des eigenen Lagers.

Zum einen war er da vierhundertfünfzig Kilometer näher am Pol. Zum anderen hatte er die nervös machende Nachbarschaft Otto Sverdrups, des alten Gefährten Fridtjof Nansens, hinter sich gelassen, der mit der »Fram« im Smith-Sund so dicht bei Pearys Quartier ankerte, dass sich die beiden Teams eines Tages zufällig begegnet waren.

Das Opfer, das Peary für den gewonnenen Abstand sowie den Vorsprung vor einem imaginären Rivalen bringen musste – tatsächlich wollte Sverdrup das Kartenmaterial der Arktis präzisieren –, war hoch: Er hatte sich auf dem Weg nach »Fort Conger« die Füße erfroren und war daher gezwungen, zur »Windward« zurückzukehren. Dort wurden ihm am 13. März 1899 alle Zehen amputiert. Zu Henson sagte er: »Na und – was sind schon ein paar Zehen als Preis dafür, zum Pol zu kommen?«

Aber er kam nicht zum Pol. Weder in diesem Jahr noch im nächsten noch im übernächsten. Und als er es dann am 6. April 1902 energisch wieder versuchte, wieder mit Henson und wieder mit vier Eskimos, geriet er in ein solches Labyrinth von tiefen Waken und verkeilten Schollen, dass er das Ganze am 21. April bei 84° 17’ abbrach. Achtzig Meilen waren sie in sechzehn Tagen gegangen, einhundertfünfzig Kilometer – das heißt: nicht einmal zehn Kilometer pro Tag. Da gab sich der ausgebremste Berserker geschlagen und retirierte im August 1902 nach Hause. »Das Spiel ist aus«, erklärte er.

Es war das Basta eines Süchtigen.

Seinen Einsatz hatte er verloren ... Er war verstümmelt; hatte mit Aleqasina, der Mutter seines im Mai 1900 geborenen Sohnes Anaukak (1906 schenkte sie ihm noch den Sohn Kaie), die stets loyale »Jo« betrogen; sich mit Dr. Dedrick, seinem Schiffsarzt und Lebensretter, überworfen – und nicht einmal ein »Farthest North« erreicht: Verglichen mit Umberto Cagnis 86° 34’ waren seine 84° 17’, unter Brüdern, eine Stümperei.

Dass man das durchaus anders sehen konnte, bewies der virulente Nationalismus in den USA. Er interpretierte Pearys sechsmaliges Anrennen gegen die Stellungen des Saturn als Ausdruck eines Pioniergeists, der alles, aber auch alles daransetzen würde, das Sternenbanner am Pol einzurammen.

Folgerichtig wurde Peary daheim nicht etwa als Maniac von der traurigen Gestalt geschmäht, sondern als Ausbund von vaterländischem Kämpfertum auf den Schild gehoben: Ein 1899 gegründeter Peary Arctic Club trug ihm seine Hilfe an. Er wurde in absentia 1901 zum Kapitänleutnant und 1902 zum Fregattenkapitän der United States Navy ernannt. Und am 5. September 1903 beauftragte ihn sein Dienstherr ganz im Stil der Muscovy Society von 1607 kurz und bündig, den Pol zu erreichen: »Unser Nationalstolz ist an dieser Unternehmung beteiligt, und das Ministerium erwartet, dass Sie deren Zweck erfüllen und einer Armee, die auf leuchtende Großtaten zurückblicken kann, eine weitere Glanzleistung bescheren.«

Damit war Pearys fixe Idee sanktioniert. Das Schiff, das er eiligst bauen ließ, erhielt den Namen »Roosevelt« (oder liebevoll »Teddy«). Und als es am 16. Juli 1905 von Manhattan auslief– mit an Bord waren auf der ersten Etappe seine Frau »Jo«, seine Tochter Marie und sein zweijähriger Sohn Robert Edwin jr. –, dürfte dem Explorer in den Ohren geklungen haben, was der Minister als Sprachrohr des Präsidenten der Vereinigten Staaten seiner Sieges-Order noch angefügt hatte: »Nothing short will suffice« ... »Weniger tut’s nicht.«

Durch persönliche Exaltiertheit und kollektive Hybris hatte sich Peary vor seiner siebten Arktis-Fahrt in einem Dilemma verfangen, dessen Knoten er nur als Bezwinger des Nordpols entzweihauen konnte. »Nothing short will suffice.«

Diese ideologische Disposition muss man kennen, um zu verstehen, was hernach passierte ...

Peary fuhr – er hatte es längst »die amerikanische Route zum Pol« getauft – wieder durch den Smith-Sund, das Kane-Becken und den Kennedy-Kanal, vorbei an »Fort Conger« bis Kap Sheridan im Nordosten der Ellesmere-Insel. Doch weil das Eis stark nach Osten driftete, ging er, um direkt auf den Pol zuzuhalten, zuerst einhundertzehn Kilometer nach Westen zum Point Moss und brach dann am 6. März 1906 nordwärts auf.

Es wird immer zu den offenen Fragen um Robert Edwin Peary gehören, warum er – der seit zwanzig Jahren den arktischen Ozean kannte – auf seinem Zug über das Eis keine Kajaks mit sich führte. So geschah es, dass er ständig gezwungen war, vor kleineren und größeren Wasserrinnen auszuharren, bis sie sich schlössen ... oder dass er Umwege um den »Hudson River« oder gar den »Styx« machen musste – mit einem Wort: dass er nicht wie geplant vorankam. Da ihm zudem ein Fehler bei der Berechnung seines Kurses unterlaufen war – er hatte einen falschen Winkel zwischen dem magnetischen und geografischen Pol zugrunde gelegt –, da überdies der Proviant dahinschwand und zu allem Übel das Wetter immer schlechter wurde, blieb ihm nichts anderes übrig, als das, was einmal ein Triumphzug werden sollte, am 21. April 1906 aufzugeben.

Doch niemand weiß, wo er das tat.

Am letzten Spalt hatte er den Heizer Ryan zurückgeschickt und damit allein Henson und sechs Eskimos bei sich. Die aber waren samt und sonders außerstande, mit einem Sextanten zu hantieren. Daher sahen sie lediglich ein Irgendwo, als Peary verkündete: »Wir haben 87° 06’ nördlicher Breite erreicht, und ich habe endlich den Rekord gebrochen.«

Gestern hatte er noch 86° 30’ festgestellt – siebeneinhalb Kilometer unterhalb von Cagnis Marke. Und heute wollte er über eine Distanz von siebenundsechzig Kilometern ohne jeden Schlenker nach rechts oder links dahingeflogen sein ... über das Packeis, den Schnee und die Priele ... auf 87° 06’ ...

Das Original seines Reisejournals ist verloren. Angaben seiner täglichen Marschleistung gibt es nicht. An exakten Daten seiner Positionen auf den Meridianen mangelt es. An verlässlichen Gewährsleuten fehlt es. Ergebnisse von Lotungen liegen nicht vor. Der Zeitpunkt seiner Heimkehr zum Schiff ist unbekannt. Daher blieb jeder Versuch, sein »Farthest North« zu verifizieren, von vornherein Spekulation.

»Nothing less will suffice.« Mochte Peary auch befürchtet haben, als Versager empfangen zu werden, dann hatte er die Rechnung ohne den Peary Arctic Club, ohne die National Geographic Society und ohne den Präsidenten gemacht. Sie alle ließen den amerikanischen Champion von 87° 06’ hochleben und verliehen ihm Ehrentitel und -medaillen. Und je länger bei den Festakten, Festmahlen und Festreden die Scheinwerfer auf ihn gerichtet waren, desto mehr lichtete sich das Clair-obscur um seine Person, bis er als der immer tatendurstige Überwinder dastand und der SUNDAY HERALD am 16. Dezember 1906 mit der Schlagzeile aufmachen konnte: »Peary versichert, der Pol ist bei Anwendung seiner Methoden erreichbar.«

Und hatte er gerade noch die Beendigung seiner »arktischen Tätigkeit« erwogen, so begann das jetzt alles von neuem: das Geldgeber-Suchen, Bemannung-Ernennen, »Roosevelt«-Rüsten – da platzte am 1. Oktober 1907 die Nachricht herein, dass Dr. Frederick Albert Cook, Pearys alter Arzt und Weggenosse, auf dem Marsch zum Nordpol sei.

DAS WERK, »FÜR DAS MICH GOTT DER ALLMÄCHTIGE AUSERWÄHLT HAT«

Peary war wie gelähmt. Über Nacht musste er befürchten, dass ein Mitbewerber um das Endziel ihm, dessen Name – beinahe – »überall in Kreisen der Kultur und Bildung als Sesam-öffne-dich« wirkte, den Rang ablaufen könnte. Im Nu stünde er im Schatten Dr. Cooks, sein Image würde verblassen und demnächst vergessen sein, zwanzig Jahre Schinderei wären für nichts darangegeben, sein Leben verpfuscht – ja, vom Schöpfer selbst um den Erfolg gebracht. Denn hatte Peary nicht seinem Gönner im White House offenbart: »Ich glaube daran, dass ich diesmal siegen werde; wie ich daran glaube, dass dieses das Werk ist, für das mich Gott der Allmächtige auserwählt hat«?

Dann besann sich Peary auf das, was ihn »bei Anwendung seiner Methoden« auf 87° 06’ gebracht hatte, und fuhr noch einmal hinaus. Am 6. Juli 1908. Vom Pier an der vierundzwanzigsten Straße in New York. »Es war dies für mich die letzte Möglichkeit, den Traum meines Lebens in die Wirklichkeit umzusetzen.«

Er schlug den gewohnten »Imperial Highway« ein. Und als er in Etah, am Ostufer des Smith-Sunds, auf eine Kate stieß, von der die Eskimos erzählten, sie gehöre Dr. Cook, nagelte er einen Zettel an die Tür, und der besagte: »Dr. Cook ist lange tot.« Danach ging es weiter, wie vor drei Jahren, bis er am 5. September Kap Sheridan auf der Ellesmere-Insel erreichte. Die »Roosevelt« wurde winterfest gemacht und anschließend wurde – diesmal noch fünfzig Kilometer hinter Point Moss – bei Kap Columbia Verpflegung gebunkert, am »nördlichsten Ende von Nordamerika«. Dann kam Weihnachten, kam Silvester. Und als die bärtige Runde in Robert Burns’ traditionellem Lied zum Jahresausklang Auld Lang Syne (1797) die Verse sang, mit denen alter Gefährten gedacht wird – »Should auld acquaintance be forgot,/And never brought to mind?« –, dürfte nicht einmal der inbrünstigste Todeswunsch Peary von der Angst befreit haben zu wissen, dass hier oben irgendwo Dr. Cook herumspukte. Deshalb war Eile geboten.

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Im Nebel sind alle Pole weiß ... oder: Das Hauen und Stechen zwischen Peary und Cook um den ersten Nordpolbesuch wird auf dieser französischen Karikatur aus dem Jahre 1909 von Pinguinen verfolgt, die es nur am Südpol gibt

Am 15. Februar 1909 ging es los. Sechsundzwanzig Nordpolstürmer, achtundzwanzig Schlitten und einhundertvierzig Hunde und kein Kajak. Im steten Schrittmachen, Depot-Anlegen und Aufrücken entstand ein Rhythmus des Avancements, aus dem indessen immer öfter Teilnehmer ausscheiden mussten. Entweder hatten sie sich verletzt oder waren erschöpft oder wiesen Erfrierungen auf. Als sie am Ende auf eine Höhe von 87° 47’ geklommen waren und Peary und Henson nur noch vom Kapitän der »Roosevelt« Robert Abram Bartlett und dessen Tross begleitet wurden, schickte Peary den Letzten, der außer ihm Observationen vornehmen konnte – eben Bartlett – zurück. Er wollte die via triumphalis allein betreten (dass der Schwarze sowie die vier Eskimos Etschingwäh, Sieglu, Uquiäh und Utäh für ihn dabei nicht zählten, gab er später unumwunden zu).

Vor ihm lagen zweihundertvierzig Kilometer. Und hatte er bisher im Durchschnitt pro Tag an die zwanzig Kilometer über Packeisblöcke und um Rinnsale herum geschafft – wobei es schon einmal zu einem Maximum von sechsunddreißig Kilometern kommen konnte –, wuchs seine Leistung im selben Augenblick auf über das Doppelte an, als er keinen fachkundigen Zeugen mehr hatte. Und das, obwohl er stellenweise Barrieren von fünfzehn Metern Höhe überklettern musste, mehrfach ins Wasser stürzte, sich am Fuß verletzte, daher zeitweilig auf einen Schlitten gelegt ward und sich am 3. April seinen Weg nur mit Spitzhacken freihauen konnte. Eine Magical MysteryTour!

Sie endete nach Pearys Auskunft am 6. April 1909 damit – dass er ein Nickerchen machte.

Er hatte in der Frühe 89° 57’ gemessen. Dann war er so ermattet, dass er in ein von Henson und den Eskimos gebautes Iglu kroch, um zu schlafen. Noch fehlten fünfeinhalb Kilometer bis zum Ende des Weges. Aber was war das für eine lächerliche Entfernung angesichts der bisherigen Distanzen! »Das Erste, was ich nach dem Erwachen tat, war, folgende Worte in mein Tagebuch zu schreiben: ›Endlich der Pol. Der Preis von drei Jahrhunderten. Mein Traum und Ziel seit zwanzig Jahren. Endlich mein! Ich kann es noch nicht begreifen. Es scheint alles so einfach und selbstverständlich.‹«

Das Einzige, das sich bei Pearys »Eroberung des Nordpols« hieb- und stichfest beweisen lässt, wirklich das Einzige ist: dass der hier gedruckte Wortlaut nicht mit dem ursprünglichen übereinstimmt. Der war länger gewesen und hatte zum Beispiel statt von »Ziel« von »Ehrgeiz« gesprochen. Obendrein war er nicht in das Tagebuch eingetragen, sondern stand auf einem losen Blatt, das zwischen die leeren Seiten vom 6. und 7. April gelegt – aber dort auch nicht herausgerissen – war.

Die sonstigen Umstände seiner Aneignung der »Welttrophäe« liegen nicht nur im Zwielicht, sondern in Stockfinsternis.