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Inhalt

Vorwort

Morgendämmerung

Zeitsprung

Zwischen Sonntag und Montag

Aussicht auf Besserung

Christsein leben

Aussichten

Weckerklingeln

Halbschlaf

Dankeschön

Tausend Gründe

Ein Danke-Tag

Aussichten

Aufstehen

Verschlafen

Können ist keine Kunst

Machthaber

Aussichten

Kaffeeduft und Schwarzbrot

Meine Losung

Gottesbegegnungen im Alltag

Aussichten

Anfahrt

Automatisch

Bibel und Business

Die Arbeit mit Gottes Augen sehen

Gott sichtbar machen

Aussichten

Arbeitsbeginn

Es gibt viel zu tun …

Wichtig oder nur dringend?

Die Arbeit einteilen

Die Aufgaben gewichten

Gottes Zeitplan

Irunurun – Ich laufe, du läufst

Meine Zeit

Aussichten

Meeting

Unter Strom

Überall Konflikte

Sturm zieht auf

Im Gespräch bleiben

Motive entdecken

Der Mensch im Mittelpunkt

Werte-voller Umgang

Aussichten

Mitarbeitergespräch

Hinter der Fassade

Führungsqualitäten

Führungskräfte führen

Führung färbt ab

Einfluss durch Offenheit

Transforming Mentoring

Aussichten

Quartalszahlen

Die Fieberkurve

Geld, Gold und Götze

Unabhängigkeiten

Sorgenfrei

Gut versorgt

Aussichten

Misserfolg

Vor dem Scherbenhaufen

Der richtige Umgang mit Fehlern

Aussichten

Afterwork

Zerreißprobe

Netzwerk

Familie vor

Vitamin B und Beruf

Balanceakt

Wildgänse

Aussichten

Tagesschau

Im Fernsehsessel

Eine Welt, meine Welt

Christlich wirtschaften

Konsum und private Einkaufspolitik

Aussichten

Tagebuch

Ende offen

Rückblickend lernen

Rückschau in die Zukunft

Aussichten

Nachtruhe

Zuletzt

Standby oder Abschalten?

Ausgebrannt

Aussichten

Literatur

Vereinigungen/Institutionen

Anmerkungen

VORWORT

Ich sitze in meinem Büro und genieße die Aussicht. Aus meinem Bürofenster geht der Blick auf den Bonner Petersberg, den Ort der Afghanistan-Friedenskonferenz, den Sitz der Alliierten Hohen Kommission, die dort nach all den Schrecken des Zweiten Weltkrieges den Wiederaufbau unseres Landes vorbereitete. Ich bin dankbar für die bislang längste Zeit des Friedens auf deutschem Boden. Diese Aussicht gefällt mir.

Was sehen Sie, wenn Sie aus dem Fenster Ihres Büros schauen? Blicken Sie auf Häuserfassaden, Parkplätze oder gar eine schmutzige Montagehalle? Vielleicht kommt Ihr Blick aber auch gar nicht bis zum Fenster, weil Sie wie eingemauert hinter Stapeln von Unterlagen und Werkstoffen sitzen? Weil die Zeit knapp ist und das dringliche Geschäft keine Unterbrechung duldet? Solche Alltagsaussichten sind eher trübe.

Im Büro selbst fällt mein Blick auf ein Plakat von Tiki Küstenmacher, auf dem drei Steine klopfende Männer abgebildet sind. Äußerlich ist kein Unterschied zu erkennen, aber die Sprechblasen weisen gewaltige Unterschiede auf:

»Ich behaue einen Stein.«

»Ich arbeite an einem Spitzbogenfenster.«

»Ich baue eine Kathedrale.«

Welchen Sinn, welche Perspektive und Vision sehe ich in meiner Tätigkeit? Ist es mein Job, ist es mein Beruf oder ist es meine Berufung?

Egal, ob uns der Blick aus unserem Büro gefällt oder nicht, wir benötigen in jedem Fall für den Büroalltag eine gute Perspektive, die über die Tätigkeit an sich hinausgeht.

Denn für Christen kann die Arbeit nicht der einzige Faktor im Leben sein. Da gibt es noch den Glauben an Gott, der unser Leben beeinflusst und verändert. Christsein ist ja keine Gedankenspielerei, sondern ein Lebensstil. Wir sind Christen – oder sind es nicht. Doch wenn wir es sind, sind wir es überall und zu jeder Zeit. Wer das trennt, wird zu einer »gespaltenen Persönlichkeit«.

Mit dieser spannenden Herausforderung beschäftigt sich das vorliegende Buch. Es geht der Frage nach, welche Rolle unser Christsein im Alltag – im Büro, im Betrieb, in der Familie – spielt. Es geht um den Glauben, den wir am Montag und an allen anderen Tagen der Woche leben. Spielt Jesus überhaupt eine Rolle am Schreibtisch oder an der Werkbank?

Anhand von klassischen Alltagssituationen fasst Timo Plutschinski hervorragend zusammen, wie wir als Christen unseren Büroalltag prägen und gestalten können. Manches wird Ihnen dabei sicherlich bekannt vorkommen, denn in diesem Buch stecken viele bewährte Anregungen aus der Arbeitswelt. Gleichzeitig erscheint das Bekannte aber auch in einem anderen, neuen Licht. Weil Christen noch einige gute Gründe mehr haben, morgens aufzustehen. Weil Christen sich in ihren Entscheidungen über Zeit und Geld nicht nur dem Arbeitgeber verantwortlich wissen. Weil Christen anders mit ihren Kolleginnen und Kollegen umgehen. Und weil Christen Leistung schätzen, aber es sich leisten dürfen, ihren Wert nicht nur vom Erfolg abhängig machen zu müssen.

In diesem Buch finden Sie eine Fülle von Anregungen und Ideen, wie der Glaube im Büroalltag zum Tragen kommen kann. Es regt an zum persönlichen Nachdenken und zum weiterführenden Gespräch unter Kollegen.

Ich lade Sie ein: Folgen Sie Jesus ins Büro. Das sind beste Aussichten.

Ihr
Norman Rentrop

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Zeitsprung

Bedächtig tastet sich die Morgendämmerung in die Dunkelheit vor. Ein neuer Tag bricht an: einmalig, noch nie da gewesen und voller Überraschungen. Werde ich diesen Tag mögen? Oder würde ich ihn viel lieber auslassen, überspringen, aus dem Kalender streichen?

Das Wochenende war schön. Endlich mal wieder Zeit, um zu Hause einige Dinge zu erledigen, die schon so lange liegen geblieben sind.

Und am Sonntag die Begegnungen in der Gemeinde. Anschließend noch ein gemeinsames Mittagessen mit einer befreundeten Familie.

Doch das Wochenende ist jetzt rum. Was kommt, ist Montag.

Ganz ehrlich: Sonntage liebe ich, aber Montage …

Zwischen Sonntag und Montag

Der Sonntag hat es gut, denn er ist ein Tag, den viele Menschen mögen.

Die einen lieben ihn, weil er nach Ausschlafen, Abenteuer und Ausflug klingt.

Die anderen freuen sich auf den Sonntag, weil es für sie der Tag der Gemeinde ist. Hier feiern sie Gottesdienste, hören Predigten und singen christliche Lieder. Sie freuen sich über die ermutigenden Zusagen aus der Bibel, die ihnen zugesprochen werden, und fassen neues Vertrauen zu Gott. Außerdem trifft man am Sonntag in der Gemeinde Menschen, die zum eigenen Glauben passen.

Meine Gemeinde am Sonntag – hier fühle ich mich verstanden; hier bin ich wie zu Hause – meistens zumindest.

Ganz anders an den übrigen Tagen der Woche. Der Rest ist Alltag, ist der tägliche Kampf mit den kleinen und großen Widrigkeiten des Lebens. Und Arbeit.

Das Leben im Betrieb oder Büro folgt seinen ganz eigenen Regeln und Jedes Büro ist ein »Büro
mit Aussicht« – ein Ort mit
Aussicht auf bessere Zeiten.
Gesetzmäßigkeiten. Hier sind anscheinend völlig andere Qualitäten gefordert als in meiner sonntäglichen Glaubenswelt. Wen wundert es da noch, dass von der Frömmigkeit am Sonntag bereits am Montag nicht mehr viel zu sehen ist? Ein unangenehmes Telefonat, ein spannungsgeladenes Teammeeting, eine rote Zahl auf dem Zwischenbericht – es braucht nicht viel, und die guten Vorsätze des Sonntags schmelzen in der Hitze des Montagmorgens dahin.

Glaube und Arbeitswelt – anscheinend lassen sich diese beiden Dinge nicht oder nur äußerst schwer unter einen Hut bringen. Die Gegensätze könnten wohl kaum größer sein. So angenehm und auferbauend der Sonntag in der Gemeinde ist, so mühsam und belastend erleben viele Menschen ihren Alltag im Büro.

Prüfen Sie sich doch einmal selbst! Was sind die ersten Gedanken, die Ihnen bei dem Wort »Schreibtisch« in den Sinn kommen?

Vielleicht geht es Ihnen ja so wie vielen anderen:

  Stapelweise unbearbeitete Projekte und Aufgaben

  80-Stunden-Woche, und das schon seit einiger Zeit

  Rückgang der Kundschaft und der Umsätze

  Versetzung in eine andere Abteilung

  Überforderung angesichts ständig steigender Anforderungen und Erwartungen

  Kündigung eines Kollegen

  Überraschender Besuch des Vorstandes

  Schwierige Verhandlungen

  Halbierung der Abteilung

  Respektloser Umgangsstil und zweideutige Bemerkungen

Aussicht auf Besserung

Doch ist dieser – zugegeben frustrierende – Einblick nicht die einzige Perspektive. Jedes Büro ist ein »Büro mit Aussicht« – ein Ort mit Aussicht auf bessere Zeiten, auf veränderte Beziehungen, auf einen gelasseneren Umgang mit den Aufgaben und Herausforderungen. Dafür braucht man manchmal eine neue Einsicht. Oft genügt es aber auch, wenn schon lange bewährte Einsichten neu ins Blickfeld gerückt werden. Eine ganz entscheidende Rolle wird dabei der Glaube des Einzelnen spielen, denn der Glaube gehört ebenso in den Berufsalltag wie in den Sonntag.

Der Glaube hat die Fähigkeit, den Berufsalltag zum Besseren zu verändern. Damit wird nicht gesagt, dass die Herausforderungen, die heute an Mitarbeiter und Führungskräfte in Büros und Betrieben gestellt werden, mit Leichtigkeit zu meistern sind. Es gibt innere und äußere Notwendigkeiten, denen wir uns nicht einfach so entziehen können. Doch muss deshalb alles so bleiben, wie es ist?

Sicher, der Druck ist enorm. Der Beruf nimmt einen voll in Anspruch. Er fordert Nachtsitzungen, die Zeit nach Feierabend, manches Wochenende. Er beansprucht Mobilität, die ständige Erreichbarkeit, die Bereitschaft, ins Ausland zu gehen, und permanente Weiterbildungen. Er nimmt die Gedanken gefangen, indem er ständig Problemlösungen einfordert, sodass man abends nicht mehr abschalten kann, und Machtkämpfe und Intrigen lanciert, die uns bis in die Träume begleiten.

Dieser Druck lastet mehr oder weniger auf jedem, und zwar unabhängig davon, ob er Christ ist oder nicht. Doch scheinen Menschen, für die der christliche Glaube eine wichtige Rolle spielt, bessere Voraussetzungen mitzubringen, um mit diesen Belastungen umzugehen.

Das Magazin »Capital«1 untersuchte einmal, durch welche besonderen Qualitäten sich religiöse Menschen auszeichnen. Dabei kam heraus, dass der Glaube die beste – und vielleicht einzige – Antwort auf die belastenden und zerstörerischen Zustände in unserer Arbeits- und Lebenswirklichkeit ist. Wer sonst kann Missstände liebevoll entlarven und mit freundlicher Beharrlichkeit verändern, wenn nicht wir Christen?

Sie werden von Gott geliebt und binden sich an ihn als Autorität. Deshalb begegnen sie anderen Menschen mit Wertschätzung. Christen werden von Gott getragen, haben deshalb einen größeren Selbstwert und strahlen mehr Ruhe aus.

Christsein leben

Das wird allerdings nur dort geschehen, wo Menschen ihren Glauben und ihr Gottvertrauen vom Sonntag mit in die Woche nehmen. Die am Sonntag erkannten Wahrheiten müssen am Montag und an allen anderen Tagen ausgelebt werden.

Christsein zeigt sich durch Handeln, nicht durch Worte. Wer das beherzigt, wird merken, dass er etwas bewegen kann, eine Veränderung bewirkt. Den Unterschied macht letztlich nicht die gemeindliche Wochenendbeschäftigung (einschließlich der Hauskreis-Insel unter der Woche), sondern die daraus resultierenden großen und kleinen alltäglichen Taten.

Schon im 16. Jahrhundert formulierte Franz von Sales diese bedeutsame Erkenntnis: »Es ist […] eine Ketzerei, eine Trennlinie zu ziehen zwischen Frömmigkeit und Turnplatz, Frömmigkeit und Kaufladen, Frömmigkeit und Hof, Frömmigkeit und Haushaltung.«2

Beim Christsein geht es ja nicht darum, einen bestimmten Glaubenssatz zu »Es ist […] eine Ketzerei, eine Trennlinie
zu ziehen zwischen Frömmigkeit und
Turnplatz, Frömmigkeit und Kaufladen,
Frömmigkeit und Hof, Frömmigkeit
und Haushaltung.« (Franz von Sales)
akzeptieren oder gewisse Wahrheiten zu mögen. Es ist vielmehr eine Haltung, eine Lebenseinstellung, eine Existenzweise. Christsein ist ein – verändertes – Sein. Das wird zwangsläufig im Alltag sichtbar und erlebbar sein. Gerade darin liegt die weltverändernde Kraft des Glaubens. Statt guter Lebensratschläge entsteht ein guter Lebensraum, in dem Gottes Wollen und Wirken spürbar und sichtbar ist. Auch im Betrieb, auch am Schreibtisch. Das merken Teamkollegen, Vorgesetzte, Kunden und die neue Auszubildende.

Dieses Zusammenspiel von Glauben und Arbeitswelt wird nicht von allen Menschen begrüßt. Aus unterschiedlichen Beweggründen soll die Religion draußen bleiben aus dem Geschäft. Der Glaube wird in die Kirche verbannt, weil im Betrieb ja nur das »wirkliche« Leben zählt. Wer so denkt – und entsprechend handelt –, hat das Leben und das Christsein nicht verstanden. Die Philosophie »Sonntags-Christ und Alltags-Heide« ist Lebensunsinn. Sie macht Christen krank und beraubt alle um ihre Chancen auf Besserung.

Die Einheit von Sonntagsglaube und Alltagsarbeit wird erst begreifbar, wenn sie greifbar wird. Wenn Christen ihren Glauben in ihren Betrieben und Büros ausleben. Das, was Christen in ihrem Alltag leben, wird in jedem Fall die Meinung und das Denken der Nichtchristen über den Gott der Bibel und den Glauben an ihn prägen.

Zum Glück bietet der Berufsalltag unzählige Möglichkeiten, Gottes liebendes Wesen, seine Weisheit und seine Wahrheit zu präsentieren – davon handelt dieses Buch. Deshalb gibt es auch für Ihren Betrieb und Ihr Büro Hoffnung, dass der kommende Tag ein guter Tag wird.

Aussichten

Was »wissen« meine Kolleginnen und Kollegen im Büro über mein Christsein? Welche Überzeugungen und Werte lassen sich an dem ablesen, was Sie tun, was Sie lassen oder was Sie sagen?

Was würde Jesus tun, wenn er in meinem Büro arbeiten würde? Vielleicht ist es hilfreich, dazu eine Tabelle anzulegen. Beschreiben Sie auf der einen Seite die Situation in Ihrem Büro: Aktivitäten, Beziehungen, Personen, Ärgernisse … Anschließend können Sie überlegen, wie Jesus vielleicht auf die jeweilige Situation reagieren würde.

Worauf können Sie sich freuen, wenn es für Sie in den Montag und ins Büro geht? Versuchen Sie, Ihre Antworten ruhig schriftlich zu fixieren. Sie werden erstaunt sein, welche Auswirkungen es hat.

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Halbschlaf

Viel zu bald und ganz entschieden zu penetrant klingelt er, mein Wecker neben dem Bett. Sollte die Nacht etwa schon rum sein? Ich habe doch kaum geschlafen. Und jetzt ist schon wieder Morgen. Montagmorgen. Und es ist der Auftakt einer anstrengenden Woche.

Noch im Halbschlaf drängt sich bereits mein Büroalltag ins Bewusstsein. Heute ist wieder Team-Meeting und die Quartalszahlen müssen diskutiert werden. Dazu gesellt sich eine wenig angenehme Erinnerung: Die Auseinandersetzung mit dem Abteilungsleiter am Freitag steht mir schon wieder vor Augen. Das kann ja heiter werden heute.

Irgendwie ist in den letzten Wochen alles immer mehr geworden. Warum fühle ich mich schon vor dem Aufstehen gestresst? Woher kommt es, dass ich schon beim Aufwachen das Gefühl habe, dass ich ein von Sachzwängen Getriebener bin, dass ich mein Leben nicht im Griff habe? Ist das vielleicht normal? Muss ich mich einfach nur daran gewöhnen?

Mir kommt eine Liedzeile in den Sinn: »Guten Morgen, liebe Sorgen, seid ihr auch schon alle da?« Doch halt: Nein, ich will mich nicht an das morgendliche Sorgen gewöhnen. Die ersten Gedanken des Tages sollen nicht den Umständen und Herausforderungen gehören, die mir Kopfzerbrechen bereiten. Ich will nicht sorgenvoll in diese neue Woche starten! Und so liege ich auf dem Rücken im Bett und lenke meine Gedanken bewusst in eine ganz andere Richtung. Ich denke darüber nach, dass es mir im Grunde doch recht gut geht. Eigentlich habe ich viel Grund zur Dankbarkeit: Ich lebe in einem sicheren Land, habe eine nette Familie, bin gesund, meine Arbeit sichert unser Auskommen, … Was will ich eigentlich mehr?

Wieso fange ich dann trotzdem immer wieder an, mir Sorgen zu machen? Warum nur haben die Gedanken der Sorge so einen Einfluss?

Am liebsten würde ich mich gerade noch einmal rumdrehen und ins Land der Träume zurückkehren. Was könnte mich jetzt wohl auf die Beine bringen?

Dankeschön

Lieben Sie gutes Essen und gemütliche Stunden mit Ihren Freunden? Angenommen, Sie haben Gäste eingeladen. Die Wohnung wurde Kritik liegt uns – mal auf der
Zunge, mal schwer im Magen.
ordentlich aufgeräumt und geputzt. Sie haben sich wirklich große Mühe gegeben. Danach verbrachten Sie Stunden damit, um feine Leckereien einzukaufen und ein besonders aufwendiges Essen zuzubereiten. Dann klingelt es an der Tür und Ihre Gäste treffen ein. Doch was ist das? Kaum angekommen, beginnen sie auch schon damit, sich kritisch über alles Mögliche zu äußern: die Uhrzeit, das verpasste Fernsehprogramm, Ihre Möbel, die Musik. Sie machen kein Geheimnis daraus, was ihnen missfällt, und überschütten Sie mit ihrer Kritik und ihren Lästereien. Und das geht beim Essen so weiter: die Kartoffeln sind zu hart, der Spargel zu holzig, es gibt zu wenig Soße, der Nachtisch ist zu süß und der Kaffee zu schwach.

Was denken Sie: Welche Gedanken würden Ihnen wohl in einer solchen Situation durch den Kopf gehen? Was würden Sie jetzt am liebsten mit Ihren Gästen tun? Rauswerfen?

Kritik liegt uns – mal auf der Zunge, mal schwer im Magen. Wir Menschen haben von Natur aus einen Blick für das Störende, das Unvollkommene, das Verkehrte. Wir entlarven den Fehler des Kollegen und regen uns auf über alles, was uns in die Quere kommt. Wir hören vorschnell das Negative und behalten Niederlagen besonders lange im Gedächtnis. Wieso eigentlich? Wieso fällt es uns so schwer, das Gute zu entdecken?

Die Folge ist jedenfalls: Wir haben das Danken verlernt. Wir sind unfähig geworden, das Dankenswerte zu denken.

Da ist es schon ein wenig erstaunlich, dass wir bislang noch nicht aus unserer Erde herausgeworfen wurden, wir, die wir Gäste sind auf einem wunderschönen Planeten.

Haben wir denn schon die Vorzüge entdeckt, die wir in unserer Generation genießen können?

Noch nie zuvor in der gesamten Geschichte der Menschheit hat es so viele Menschen gegeben, die ihre Lebensumstände zu einem so großen Teil selbst mitbestimmen und gestalten konnten.

Noch nie zuvor konnten so viele Menschen selbst aussuchen, womit sie ihren Lebensunterhalt verdienen wollen.

Noch nie zuvor gab es eine so gute ärztliche Versorgung für so viele Menschen in schwierigen Lebenssituationen.

Noch nie zuvor haben so viele Menschen eine eigene Toilette, fließendes Wasser und Strom gehabt.

Und trotzdem scheint es so, dass noch nie zuvor so viele Menschen undankbar waren. Wir sind blind für das Gute, das wir genießen dürfen.

Das macht auch die folgende sehr bekannte kleine »Statistik«3 deutlich:

Stellen wir uns einmal vor, die Welt wäre ein Dorf, in dem 100 Menschen leben. Wenn die Dorfbevölkerung nun ein ungefähres Abbild der tatsächlichen Verhältnisse auf unserer Erde wäre, würden wir in diesem Dorf folgende Zustände antreffen:

In unserem Dorf leben …

  57 Asiaten

  21 Europäer

  14 Amerikaner (Nord-, Zentral- und Südamerikaner)

  8 Afrikaner

Es gibt …

  52 Frauen und 48 Männer

  30 Weiße und 70 Menschen mit anderer Hautfarbe

  30 Christen und 70 Nichtchristen

  6 Personen besäßen 59 % des gesamten Reichtums und alle 6 kämen aus den USA

  80 Personen lebten in maroden Häusern

  70 Personen wären Analphabeten

  50 Personen würden an Unterernährung leiden

  1 Person wäre dabei, zu sterben

  1 Person wäre dabei, geboren zu werden

  1 Person besäße einen Computer

  1 Person hätte einen Universitätsabschluss

Wenn Sie heute Morgen aufgestanden sind und eher gesund als krank waren, haben Sie ein besseres Los gezogen als die Millionen Menschen, die die nächste Woche nicht mehr erleben werden.

Wenn Sie noch nie in der Gefahr einer Schlacht, in der Einsamkeit der Gefangenschaft, im Todeskampf der Folterung oder im Schraubstock des Hungers waren, geht es Ihnen besser als 500 Millionen Menschen.

Wenn Sie zur Kirche gehen können, ohne Angst haben zu müssen, bedroht, gefoltert oder getötet zu werden, haben Sie mehr Glück als 3 Milliarden Menschen.

Wenn Sie Essen im Kühlschrank, Kleider am Leib, ein Dach über dem Kopf und einen Platz zum Schlafen haben, sind Sie reicher als 75% der Menschen dieser Erde.

Wenn Sie Geld auf der Bank, in Ihrem Portemonnaie und im Sparschwein haben, gehören Sie zu den privilegiertesten 8% dieser Welt.

Wenn Ihre Eltern noch leben und immer noch verheiratet sind, sind Sie schon wahrlich eine Rarität.

Auch wenn diese Zahlen nicht verifizierbar sind und grob geschätzt sein mögen, relativieren sich auf diesem Hintergrund doch viele der morgendlichen trüben Gedanken. Unsere Sicht auf unser Leben und unsere Lebensumstände verändert sich. Wenn wir uns bewusst daran erinnern, wofür wir dankbar sein können, stellt sich über kurz oder lang ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit und der Freude ein. Das bedeutet: Dankbar sein bessert die Stimmung merklich und schafft einen anderen Blick auf die Themen des Alltags. Dankbarkeit eröffnet uns somit einen völlig neuen Zugang zu unserem Leben. Wo vorher die Frustration lähmte, stellt sich der Dankbare mit einer gewissen Zuversicht und Gelassenheit den alltäglichen Herausforderungen.

Tausend Gründe