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Über dieses Buch:

Es ist ein langer, heißer Sommer – und Jan ahnt, dass er ihn niemals vergessen wird. Er ist noch jung, gerade erst dabei, ein Mann zu werden. Um ihn herum toben und johlen die anderen Jungen, die ihre Ferien in einem bretonischen Schullandheim verbringen. Jan dagegen ist ganz still. Für einen kurzen, köstlichen Moment hat er gesehen, wie sich der lange Rock der Betreuerin gehoben hat. Und der Anblick von Mademoiselle Mandorles schlanken Fesseln, die in schillernde Nylons gehüllt sind, weckt ein ungeahntes Verlangen in ihm …

NYLONS: Erotische Phantasien und fesselnde Geschichten über die sinnlichste Art, verwöhnt zu werden.

Über die Autorin:

Nora Schwarz wurde 1982 in Heilbronn geboren. Sie studierte in Stuttgart Germanistik und Kunstgeschichte – und verdiente sich in dieser Zeit ihren Lebensunterhalt als Domina. Über die Erfahrungen im Sado-Maso-Studio schrieb sie den Bestseller Lessons in Lack. Inzwischen arbeitet Nora Schwarz als freie Museumsführerin in modernen Kunstgalerien und als Autorin.

Nora Schwarz veröffentlicht bei venusbooks auch die folgenden erotischen Phantasien:

NYLONS: Gewagtes Spiel

NYLONS: Harte Zeiten

NYLONS: Der Schwan

NYLONS: Erziehung eines Diebes

NYLONS: Das französische Mädchen

Die Autorin im Internet: www.nora-schwarz.de

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eBook-Neuausgabe Februar 2015

Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Copyright © der Originalausgabe 2013 dotbooks GmbH, München

Copyright © der Lizenzausgabe 2015 venusbooks GmbH, München

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Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Redaktion: Sabine Thiele

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design, München, unter Verwendung eines Motivs von Terence Mendoza, shutterstock.com

ISBN 978-3-95885-087-3

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Nora Schwarz

NYLONS: Mademoiselle hat ein Geheimnis

Erotische Phantasien



venusbooks

Kapitel 1

Es war ein langer Weg nach Spanien. Eine weite Strecke für eine Flucht, wie sie Jan im Sinn hatte. Nur möglichst viel Platz zwischen sich und seine Kinder bringen, die darauf bestanden hatten, nach dem Tod ihrer Mutter einen gemeinsamen Urlaub mit ihm zu verbringen. Eine Idee, die allein dem aktionistischen Pflichtgefühl seiner Kinder entsprang, die wohl ein schlechtes Gewissen hatten. Urlaub mit zwei Töchtern, die höchstens drei Mal im Jahr anriefen? Zusammen mit Enkelkindern, denen er zu Weihnachten auf Bestellung ihrer Mütter Dinge schenken sollte, deren Namen er nicht mal aussprechen konnte und von denen er kein Bild im Kopf hatte? Und dann auch noch nach Mallorca?

Da war das regnerische, nächtliche Niemandsland am französischen Atlantik eine geradezu liebliche Alternative. Jan hatte beim Verlassen der Autobahn zwar fest mit einem Hotel gerechnet, aber irgendwie schien die Gegend hinter den Dünen nur aus endlosen Campingplätzen und Feriensiedlungen zu bestehen, unterbrochen von endlosen Pinienwäldern.

Jan hatte zehn Stunden Fahrt hinter sich sowie die Beerdigung von Irene, seiner Frau, die gerade einmal zwei Tage her war. Vor ihm lag Südeuropa. Spanien hatte er immer sehen wollen, es aber nie geschafft. Sein Leben war irgendwie nicht damit einverstanden gewesen, dass er ausbüxte. Jetzt war er 60 und wehrte sich gegen den Gedanken, zu alt zu sein.

Die monotone Landschaft bekam langsam etwas Bedrohliches. Schwarzer Pinienwald, freie Flächen, dazwischen die endlose, schnurgerade Straße.

Ein Schild tauchte aus der Regenwand auf. Messanges stand darauf. Irgendwie kam ihm der Name vage bekannt vor. Er fuhr weiter durch den dunklen Korridor aus Wald und Regen, bis zur Ortseinfahrt zu diesem Messanges, das auch wieder nur einer dieser winzigen Orte mit gigantischem Campingplatz zu sein schien. Aber dann entdeckte er ein weiteres Schild, auf dem Colonie de Vacances stand. Wieder regte sich eine Erinnerung in ihm, diesmal stärker. Woher kannte er diesen Namen? Doch was noch viel wichtiger war – er las außerdem ganz deutlich Hotel. Jan schnaufte erleichtert und folgte der Beschilderung.

Das Hotel erwies sich als schlichter weißer Steinbau in einem Garten mit schwach beleuchtetem Pool, in dem ein kleiner Reinigungsroboter von einer blauen Wand zur nächsten wanderte. Es war 3:06 Uhr nachts, und natürlich hatte das Hotel geschlossen. Es sah auch sehr klein aus. Und sehr teuer. Aber Jan hatte eindeutig genug. Er zerrte eine der Poolliegen unter einen kleinen überdachten Bereich und beschloss, den Morgen abzuwarten. Er war ausgelaugt von der langen Fahrt, und so kurz vor der spanischen Grenze war es sicher in Ordnung, vielleicht ein, zwei Tage Pause einzulegen. Es schüttete wie aus Eimern, aber es war nicht kalt. Jan machte es sich auf der Liege bequem und hoffte, dass die Rezeption früh öffnete. Da fiel sein Blick auf die steinerne Art-déco-Inschrift über dem Hoteleingang. Colonie de Vacances. Und im selben Moment begriff er, wo er war.

Das konnte doch nicht möglich sein …

Er schnellte auf der Poolliege nach oben. War das denn tatsächlich … sein altes Landschulheim? Die Colonie de Vacances, in die ihn seine Eltern gesteckt hatten? Wann war das gewesen? Er dachte zurück. Es musste der Sommer 1957 gewesen sein. Man hatte das alte Ferienheim in ein Hotel umgewandelt. Und er landete auf seiner nächtlichen Odyssee ausgerechnet hier. Unfassbar!

Jan beschloss, dass das noch mehr ein Grund zum Bleiben war.

Er dachte an den gestrigen Tag zurück. An die Beerdigung seiner Frau. Ihn durchzuckte immer wieder das seltsame Gefühl, dass er hätte traurig sein sollen, am Boden zerstört, verzweifelt. Wie es sich gehörte, wenn man den Menschen verliert, mit dem man sein halbes Leben verbracht hat. Aber so war es eben nicht. Nebeneinanderher gelebt traf es wohl besser. Das war nicht sonderlich schlimm, denn Jan hatte mit Irene die Erfahrung gemacht, dass es durchaus harmonisch und angenehm sein konnte, sich mit jemandem in einem gleichförmigen Dasein einzurichten. Ein berechenbares Leben zu führen, ohne drastische Einschnitte. Weder Geliebter noch bester Freund zu sein, sondern eben einfach nur Mitbewohner und Begleiter. Nicht mehr und nicht weniger. Natürlich fühlte Jan den Verlust. Er vermisste Irene. Aber irgendwie drang dieses Gefühl nicht bis auf den Grund seiner Seele. In einem Urlaub mit seinen Töchtern hätten diese ihn wahrscheinlich so lange bedrängt, bis sie wussten, was er niemanden wissen lassen wollte. Dass er Irene nicht geliebt hatte. Nicht richtig jedenfalls.

Das Rauschen des Regens tat irgendwann seine Wirkung.

Er schlief auf der Liege ein.

Mit den ersten Sonnenstrahlen wachte er auf. Verblüfft registrierte er, dass er alles andere als zerschlagen war. Die erwartete Schwäche war ebenso wenig da wie die schweren Regenwolken der Nacht. Es war in jeder Hinsicht ein vollkommen neuer Tag.

Kapitel 2

Die Rezeption entpuppte sich als Holztisch im ehemaligen Speisesaal. Dahinter war der Frühstücksraum angeschlossen, in dem eine dicke Französin Brotkörbe richtete und ein kleines Büfett mit Eiern und Obst bestückte. Durch eine weit geöffnete Tür sah er eine Holzterrasse, auf der schon Hotelgäste saßen. Jan bekam das letzte freie Zimmer. Es überstieg sein Budget eines deutschen Rentners bei weitem, aber er war nicht in der Stimmung, auf den Preis zu achten. In einem eigenartigen Hochgefühl unterschrieb er ein Formular, doch er musste noch eine Stunde warten, bis das Zimmer bezugsfertig war.

Sein Französisch war vollkommen eingerostet, und er versuchte es auf Englisch, denn er wollte der jungen Frau hinter der Rezeption unbedingt etwas mitteilen:

„I was here, long time ago“, sagte er. Sie sah ihn etwas verständnislos an.

„Yes, yes, Nineteenfiftyseven.“

Die Frau nickte höflich. Jan war sich nicht sicher, ob sie ihn verstand.

Er ging nach draußen und ließ sich Frühstück bringen. Die Tische standen auf einer kleinen Holzterrasse mitten im sandigen Pinienwald. Der kühle Wind brachte das Rauschen des Meeres mit. Ihn fröstelte, und seine Vorfreude auf etwas Unbestimmtes wurde plötzlich kleiner. Undeutliche Bilder aus diesem lange vergangenen Sommer tauchten in seiner Erinnerung auf …

Die dicke Französin, die ihm den Kaffee einschenkte, schien seine gedrückte Stimmung zu bemerken, denn als sie das nächste Mal an seinen Tisch kam, hatte sie etwas in der Hand. Eine gerahmte Schwarzweißfotografie.

„À l’époque c’était une Colonie de Vacances“, sagte sie lächelnd, und Jan, der seit Jahrzehnten kein französisches Wort mehr mit seinem Mund gebildet hatte, versuchte es erneut.

„Je sais“, sagte er, und es fühlte sich wunderbar an.

Die Frau stellte das Bild kurzerhand auf den Stuhl neben ihm und meinte aufmunternd: „Regardez!“

Jan nahm den Rahmen und betrachtete das Bild. Und da sah er sie.

Obwohl er saß, wurden ihm augenblicklich die Knie weich, so weich wie der Haferbrei, den sie damals den Jungen zum Frühstück serviert hatten.

Seine Erinnerungen an den Sommer in Messanges waren durchaus deutlich und klar, er hatte sie nur lange Zeit verdrängt. Jetzt, beim Anblick des Bildes, kehrten sie schlagartig zurück. Mit überwältigender Eindringlichkeit.

Es war ein Foto, das alle Kinder des Sommers ’57 beim Frühstück zeigte. Hagere, freudlose Gesichter, im Mittelgang zwischen den Tischreihen drei Lehrerinnen mit großen Töpfen, die den Frühstücksbrei austeilten. Alle Jungen blickten misstrauisch in die Kamera. Nur einer nicht. Einer starrte die Lehrerin an, die neben ihm stand. Und dieser Junge war er.

Er hob das Bild näher ans Gesicht. Wie dünn er damals gewesen war. Das kurzgeschorene Haar, die grauen, gestreiften Kittel. Wie Sträflinge sahen sie alle aus. Die Lehrerinnen waren nicht besser dran. Sie strahlten etwas Abgekämpftes aus, sogar die Jüngste von ihnen. Die Gesichter müde und ernst und aus heutiger Sicht ohne jeden Reiz.

Dann war er plötzlich da, der Name der Frau, die im Mittelgang zwischen den Jungen stand und nicht zu bemerken schien, dass einer von ihnen nur Augen für sie hatte. Im gleichen Moment meinte er auch die längst vergessenen Gerüche wieder wahrzunehmen. Angebrannter Haferbrei, Salzwasser, nasse Schuhe, Holz. Auf einmal befand er sich wieder mitten im Sommer 1957. Mit den ungeliebten Spielkameraden, dem vollgestopften Schlafsaal, dem Heimweh und …

… Mademoiselle.

Mademoiselle Eva Mandorle.

Sie war Betreuungslehrerin und nur 5 Jahre älter als die Jungen. Jan war damals 15 gewesen. Sie bediente bei Tisch, sah nach, ob die Kinder abends alle in ihren Betten lagen, und hatte die Aufsicht über den Schlafsaal. Sie war eine schöne, aber gleichzeitig etwas unscheinbare Frau. Wie eine Blume, die nur ein wenig aufgeblüht war, weil der Nährboden nichts hergab. Sie trug das dichte, schokoladenbraune Haar in geflochtenen Zöpfen um den Kopf gewunden. Bei anderen Frauen mochte das bieder wirken, aber bei Mademoiselle Mandorle sah es einfach nur sehr anmutig und exotisch aus. Sie hatte moosgrüne, stille Augen und einen breiten Mund, der jedoch viel zu selten lächelte.