Christine Monika Richter

Trient

Das Tor zum Süden

ISBN 9783990401682

Wien – Graz – Klagenfurt

© 2013 by Styria regional Carinthia in der

Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG

Alle Rechte vorbehalten.

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Lektorat: Elisabeth Wagner

Buchgestaltung: Maria Schuster

Umschlaggestaltung: Bruno Wegscheider

Umschlagfoto: Alfred Buellesbach/​Visum/​picturedesk.com

Reproduktion: pixelstorm Wien

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014

Östliches Bergpanorama von Trento

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

WISSENSWERTES ÜBER TRENTO

Tridentum – Trient – Trento: 2000 Jahre Stadtgeschichte

Die Stadt und der Fluss

Die Stadt und die Berge

STADTBESICHTIGUNG AUF EINEN BLICK

Die Besichtigungsvorschläge im Überblick

BESICHTIGUNG DER ALTSTADT MIT DEN HAUPTSEHENSWÜRDIGKEITEN

Route 1: Dom und Umgebung

Route 2: Die Konzilsroute vom Dom zum Schloss Buonconsiglio

Route 3: Schloss Buonconsiglio und Umgebung

Route 4: Die historische Nord-Süd-Reiseroute

Route 5: Rundgang Altstadtviertel Sass

Route 6: Rundgang zur Kirche S. Maria Maggiore und zur Torre Vanga

SPAZIERGÄNGE AM RANDE DER ALTSTADT

Route 7: Von der Piazza Dante zum Ufer der Etsch

Route 8: Von der Piazza Fiera zum Ufer der Fersina

Route 9: Vom Schloss zur Wallfahrtskirche Madonna delle Laste

Route 10: Von der Piazza Fiera zum Monumentalfriedhof von Trento

Domplatz von Trento

WANDERUNGEN AM SONNENHANG ÜBER TRENTO

Route 11: Hangwanderung Grotta – Villazzano

Route 12: Hangwanderung Oltrecastello – Povo

Route 13: Hangwanderung Villamontagna – Cognola

AUSFLÜGE IN DIE UMGEBUNG VON TRENTO

Ausflüge Rovereto und Vallagarina

Ausflüge zu Erinnerungsorten des Ersten Weltkriegs

Ausflüge Valsugana, Bassano del Grappa und Venedig

Ausflüge Valle dei Laghi, Arco und Riva del Garda

Ausflüge Val di Cembra

Ausflüge Val di Non und Altopiano della Paganella

PRAKTISCHE REISETIPPS

Anreise und Mobilität

Hotels und Restaurants

Trento von A bis Z

Museen in Trento

ANHANG

Literatur

Danksagungen

Bildnachweis

Blick von Sardagna auf Trento

Tridentum – Trient – Trento:
2000 Jahre Stadtgeschichte

Die günstige geografische Lage im Etschtal hat von Beginn an die Entwicklung der Stadt bestimmt. Der Weg über den Brennerpass und entlang der Etsch ist bis in die Gegenwart die zentrale Verbindung für den transalpinen Handel und den Reiseverkehr zwischen Mitteleuropa und Italien. Trento mit knapp 120 000 Einwohnern ist die Hauptstadt der Autonomen Provinz Trento, die geografisch dem Gebiet des sogenannten Trentino und historisch weitgehend dem Territorium des ehemaligen Fürstbistums Trient entspricht.

Für den von Norden kommenden Reisenden ist Trento auch insofern das „Tor zum Süden“, als er hier in die erste vollständig italienischsprachige Stadt kommt. Die Sprachgrenze bildete sich im Mittelalter in Höhe der sogenannten „Salurner Klause“ aus, einer Engstelle des Etschtals südlich von Salurn und nördlich von Lavis. Beim Gang durch die Straßen und die Museen von Trento begegnet man vielen historischen Zeugnissen aus der zweitausendjährigen Geschichte der Stadt. Mit dem folgenden Überblick wird versucht, diese Zeugnisse in eine zeitliche Reihenfolge und einen geschichtlichen Zusammenhang zu stellen.

TRIDENTUM ALS RÖMISCHE STADTGRÜNDUNG

Mit der Ausdehnung des Römischen Reiches nach Norden gelangte die Gegend um das heutige Trento etwa ab 100 v. Chr. unter römischen Einfluss. Für das weitere Vordringen über die Alpen wurde ein durch das Etschtal über den Reschenpass führender Zugang in den Donauraum erschlossen. Diese später als Via Claudia Augusta bezeichnete Straße begann an zwei wichtigen strategischen Punkten, am Flusshafen Hostilia (Ostiglia) am Po und am Adriahafen Altinum (Altino). An der Vereinigung der beiden Zubringerrouten entstand ab etwa 50 v. Chr. die befestigte Stadt Tridentum.

Vom römischen Tridentum haben sich viele Zeugnisse erhalten. Hauptausstellungsort für die römischen Funde sind die unterirdischen Ausgrabungsstätten des römischen Tridentum im Stadtzentrum (siehe Route 5). Die Via Claudia Augusta ist in Deutschland, Österreich und Italien für Wanderer und Radfahrer als ausgeschilderte Trasse ausgebaut (www.viaclaudia.org). In Trento verläuft sie für Radfahrer am Ufer der Etsch, für Wanderer am Berghang entlang in das Valsugana hinein (siehe Route 13).

DIE BEDEUTUNG DES NAMENS TRIDENTUM

Lange wurde die naheliegende Ansicht vertreten, der Name Tridentum beziehe sich auf die drei Hügel (lat. dens, dentes, Zacken) der Stadt: Doss Trento, Doss S. Agata und Doss S. Rocco. Diese einfache Erklärung scheint jedoch nicht zuzutreffen. Symbolisch wurde der Name auch mit dem Dreizack (it. tridente) des Neptun in Verbindung gebracht.

Römischer Stein mit Dreizack, Nordfassade des Doms

DIE CHRISTIANISIERUNG VON TRIDENTUM

Seit dem 4. Jahrhundert konnte sich das Christentum auch im Etschtal ausbreiten. Als bedeutendste Persönlichkeit für die Christianisierung des heutigen Trentino gilt der dritte Bischof von Trient, der später heiliggesprochene Vigilius (um 355  400), der Schutzpatron der Stadt. Seine Reliquien befinden sich unter dem Hauptaltar des nach ihm benannten Doms von Trient (siehe Route 1).

TRIDENTUM IM 6. BIS 9. JAHRHUNDERT: LANGOBARDEN, FRANKEN UND OTTO DER GROSSE

Mit dem Niedergang des Römischen Reiches im 5. Jahrhundert drangen germanische Stämme über die Alpen nach Süden vor. Im Laufe des 6. Jahrhunderts konnten die Langobarden ihre Herrschaft in Norditalien festigen, Tridentum wurde ein Herzogtum innerhalb ihres Reichsgebietes. Diese Ära endete im Jahre 774, als das Langobardenreich in das Frankenreich Karls des Großen eingegliedert wurde. Nach dessen Zerfall sicherte sich Otto I. (912  973), König des Ostfrankenreiches und späterer Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, bei seinem Italienzug im Jahre 951 die Langobardenkrone und gelangte damit auch in den Besitz des strategisch wichtigen Tridentum. Aus diesen von Zerstörungen und Plünderungen geprägten Jahrhunderten sind nur wenige Zeugnisse erhalten. Einige Skulpturen sind im Lapidarium des Castello del Buonconsiglio zu sehen (siehe Route 3).

DAS BISTUM TRIENT WIRD FÜRSTBISTUM: GEISTLICHE UND WELTLICHE MACHT

Das Etschtal und Trient waren für die Herrscher des Heiligen Römischen Reiches als Etappe auf dem Weg nach Rom über Jahrhunderte von besonderer Bedeutung. Sie hatten ein Interesse daran, die Stadt in sicheren Händen zu wissen. Mit Urkunden von Heinrich II. und Konrad II. aus den Jahren 1004 beziehungsweise 1027 wurde den Bischöfen von Trient zusätzlich zur geistlichen auch die weltliche Macht übertragen. Diese gehörten damit zu den rund 30 nur dem Kaiser unterstellten Fürstbischöfen mit Sitz und Stimme im Reichstag. Zeichen ihrer Macht waren der Hirtenstab für die geistliche und das Schwert für die weltliche Macht, die man beide in den fürstbischöflichen Wappen sehen kann.

800 JAHRE FÜRSTBISTUM TRIENT IM HEILIGEN RÖMISCHEN REICH

Für die Ausübung der weltlichen Herrschaft waren die Fürstbischöfe auf die Dienste eines machtbewussten und streitbaren Adels angewiesen. Eine weitere Schwierigkeit ergab sich aus ihrer Abhängigkeit von den Grafen von Tirol, die aufgrund von Verträgen die innere und äußere Sicherheit des Fürstbistums zu gewährleisten hatten. Über Jahrhunderte war es die schwierige Aufgabe der Fürstbischöfe, ihre staatsrechtlich abgesicherte weltliche Macht in der Praxis sowohl gegen die Grafen von Tirol als auch gegen den Adel durchzusetzen. Ihre Position konnten sie durch ein enges Verhältnis zu den römischdeutschen Herrschern stärken. Da die Grafschaft Tirol seit 1363 den Habsburgern gehörte und auch die deutschen Kaiser seit dem 15. Jahrhundert nahezu ausschließlich aus dieser Dynastie gewählt wurden, konzentrierten sich die Fürstbischöfe auf die Nähe zum Haus Habsburg. Das erklärt die zahlreichen Darstellungen der Habsburger im Stadtbild von Trento.

Vergoldete Kupferfolie mit der Ermordungsszene von Fürstbischof Adelpret

Fürstbischof Adelpret: Opfer seines kriegerischen Adels

Die mächtigen Adeligen des Fürstbistums waren im Mittelalter nicht immer treue Vasallen ihres Lehnsherrn. Dies bekam beispielsweise Fürstbischof Adelpret (Adelpreto) zu spüren, der im Jahre 1172 bei Arco von Aldrighetto di Castelbarco hinterrücks durch einem Lanzenstich getötet wurde. Der Sarkophag von Adelpret ist in der frühchristlichen Unterkirche des Doms zu sehen. Eine vergoldete Kupferfolie (Original im Diözesanmuseum) zeigt dort die Szene seiner Ermordung durch den Grafen Castelbarco (siehe Route 1).

Fürstbischof Friedrich von Wangen: Stadterneuerung im 13. Jahrhundert

Aus der Reihe der mittelalterlichen Fürstbischöfe ragt Friedrich von Wangen (Federico Vanga) heraus, der seit 1207 regierte. Er schloss sich dem Kreuzzug von 1217 zur Rückeroberung Jerusalems an und fand dabei 1218 bei Akkon den Tod. Sein Name steht für den bedeutenden Ausbau der Stadt. Er war Auftraggeber des 1212 begonnenen Neubaus des Doms in seiner heutigen Form und der Umgestaltung der damaligen Bischofsresidenz am Domplatz. Durch die Anlage einer erweiterten Stadtmauer wurde das Stadtgebiet erheblich vergrößert. Der Befestigungsturm am früheren Etschufer, die Torre Vanga, ist nach ihm benannt (siehe Route 6).

Fürstbischof Nikolaus von Brünn: Trient erhält sein Adlerwappen

Das Adlerwappen von Trient geht auf Fürstbischof Nikolaus von Brünn (Nicolò di Brno) zurück, der von 1338 bis 1347 regierte. Ihm und der Trienter Kirche wurde im Jahre 1339 von König Johann von Böhmen (1296  1346) das Wappen des heiligen Wenzeslaus mit dem einköpfigen schwarzen Adler verliehen. Es fand bald allgemeine Verwendung in Trient und begegnet dem Besucher heute als Wappen der Autonomen Provinz Trento im Stadtbild überall. Als höchste Aus-zeichnung verleiht die Provinz den Orden „L’Aquila di San Venceslao“.

Fürstbischof Georg von Liechtenstein: Ein bedeutender Kunstförderer

Konfliktreich war die Regierungszeit des Georg von Liechtenstein (Giorgio di Liechtenstein) aus dem bedeutenden österreichisch-mährischen Adelsgeschlecht, der von 1390 bis 1419 Fürstbischof war. Im Jahre 1407 kam es zum Aufstand unter der Führung des aus einer angesehenen Trienter Familie stammenden Rodolfo Belenzani. Die gegründete Stadtrepublik (Repubblica trentina) war jedoch nur von kurzer Dauer. Der Aufstand wurde 1409 von Tiroler Truppen niedergeschlagen, Rodolfo Belenzani fand dabei den Tod. Aus heutiger Sicht hat sich Georg von Liechtenstein als bedeutender Kunstförderer verdient gemacht. Der berühmte Monatszyklus im Adlerturm des Schlosses Buonconsiglio wurde von ihm in Auftrag gegeben (siehe Route 3).

Fürstbischof Johannes Hinderbach: Ein Gelehrter auf dem Bischofsstuhl

Johannes Hinderbach (Giovanni Hinderbach) wurde 1465 Fürstbischof und regierte Trient bis 1486. Er entstammte einer angesehenen Gelehrtenfamilie und zeichnete sich durch eine umfassende Bildung aus. Überschattet wird sein Bild durch den Prozess gegen die Juden Trients im Jahre 1475 wegen des angeblichen Ritualmordes an dem kleinen Simon (siehe Route 2). Fürstbischof Hinderbach ist vor allem als Auftraggeber für den Ausbau des Castello del Buonconsiglio in Erinnerung geblieben (siehe Route 3).

Fürstbischof Ulrich von Frundsberg: Die Schlacht bei Calliano im Jahre 1487

Der Nachfolger Hinderbachs war Ulrich von Frundsberg (Udalrico di Frundsberg) aus einem angesehenen Tiroler Adelsgeschlecht, der das Fürstbistum von 1486 bis 1493 regierte. Sein jüngerer Bruder war der bekannte Landsknechtsführer und Kriegsheld Georg von Frundsberg, dessen Nachruhm bis in die heutige Zeit reicht. Die eindrucksvolle Grabplatte des Fürstbischofs mit seinem Halbrelief ist in der frühchristlichen Unterkirche des Doms an zentraler Stelle aufgestellt (siehe Route 1).

Während seiner Regierungszeit ereignete sich im Jahre 1487 die Schlacht bei Calliano, die nicht wegen ihrer militärischen Bedeutung, sondern wegen des Todes des berühmten venezianischen Feldherrn Roberto da Sanseverino in Erinnerung geblieben ist. Von Rovereto aus stießen venezianische Verbände unter Roberto da Sanseverino am linken Etschufer in Richtung Trient vor. Bei Calliano unterhalb des Castel Beseno errichteten sie in der Nacht vom 9. zum 10. August 1487 eine Bootsbrücke, um auf dem westlichen Ufer der Etsch Trient zu erreichen. Als sie dort unerwartet auf Tiroler Truppen trafen und überstürzt den Rückzug antraten, fiel Roberto da Sanseverino ins Wasser, wurde von der Strömung mitgerissen und ertrank. In Würdigung seines Ansehens wurde für ihn im Dom zu Trient ein repräsentatives Grabdenkmal gestaltet. Der in voller Rüstung abgebildete Feldherr hält zum Zeichen seiner Niederlage die Lanze mit der venezianischen Fahne gesenkt. Darüber sind die Wappen der „Siegerpartei“ aufgereiht: Österreich, Tirol, Trento, Fürstbistum und Frundsberg (siehe Route 1).

Fürstbischof Georg von Neideck: Kaiserproklamation Maximilians I. in Trient

Georg von Neideck (Giorgio Neideck) wurde im Jahre 1505 mit Unterstützung Maximilians I. von Habsburg zum Fürstbischof gewählt. Während des Krieges gegen Venedig führte er Tiroler Truppen zum Gardasee und wurde von Maximilian zum Statthalter von Verona bestellt, wo er im Jahre 1514 starb. In seine Regierungszeit fällt die feierliche Zeremonie am 4. Februar 1508, in der sich Maximilian im Dom zu Trient zum „Erwählten Römischen Kaiser“ ausrufen ließ. Das Wappen des Fürstbischofs mit den drei schräg gestellten Muscheln ist in Trento über dem Durchgang des Adlerturms zu sehen (siehe Route 3).

Fürstbischof Bernhard von Cles: Ein Renaissancefürst auf dem Bischofsstuhl

Der 1530 zum Kardinal erhobene Bernhard von Cles (Bernardo Cles oder Clesio) gilt als bedeutendster Fürstbischof von Trient, seine Regierungszeit von 1514 bis 1539 war eine Blütezeit des Fürstbistums. Er entstammte einer bedeutenden Adelsfamilie aus dem Nonstal mit traditionell engen Verbindungen zum Habsburger Herrscherhaus. Bernhard verfolgte das Ziel einer politischen Stärkung des Fürstbistums, und es gelang ihm, Trient als Austragungsort für das geplante Konzil der katholischen Kirche durchzusetzen. Bereits im Hinblick darauf veranlasste er den Ausbau des Doms San Vigilio und der Kirche Santa Maria Maggiore, die später als Tagungsstätten des Konzils dienten. Mit dem Neubau des Magno Palazzo als Erweiterung des Schlosses wollte er eine repräsentative Residenz für die Fürstbischöfe schaffen. Sein Einfluss auf die Adelsfamilien bewirkte, dass diese ihre Paläste ausbauen und mit aufwendigen Wandmalereien versehen ließen, die der Stadt ihr viel bewundertes „Renaissancegesicht“ gaben.

Die Erinnerung an Bernhard von Cles ist in der Altstadt allgegenwärtig. Im Magno Palazzo des Schlosses ist in nahezu jedem Raum sein Wappen mit den zwei aufrechten Löwen (rot und weiß) zusammen mit dem Adler des Fürstbistums Trient zu sehen. Ein sehr häufiges Motiv ist auch sein Emblem der sieben mit einem Band mit der Beschriftung UNITAS umschlungenen Gerten, das sich auf die sieben Brüder Cles beziehen soll.

Konzilssitzung in der Kirche S. Maria Maggiore Gemälde im Schloss Buonconsiglio (Ausschnitt)

DAS KONZIL VON TRIENT VON 1545 BIS 1563

Das Konzil sollte eine Antwort auf die Herausforderung der katholischen Kirche durch Martin Luther und die Reformation erarbeiten. In den Jahren nach der feierlichen Konzilseröffnung am 13. Dezember 1545 bis zur Schließung am 4. Dezember 1563 kamen in Trient in drei Sitzungsperioden führende Geistliche und Diplomaten aus ganz Europa zusammen. Während dieser Zeit rückte Trient in den Mittelpunkt der europäischen Politik. Durch das Konzil und dessen Nachwirken hat die Stadt in der europäischen Geschichte einen bleibenden Platz erhalten.

Die Ära der Fürstbischöfe Madruzzo von 1539 bis 1658

Mit der Nachfolge von Cristoforo Madruzzo (1539  1567) auf Bernhard von Cles begann eine Reihe von insgesamt vier Fürstbischöfen aus diesem Trentiner Adelsgeschlecht. Es folgten Ludovico (1567  1600), Gaudenzio (1600  1629) und schließlich Carlo Emanuele (1629  1658). Mit diesem letzten Fürstbischof der Madruzzo ist eine Liebesgeschichte verknüpft, die den jungen Benito Mussolini zur Abfassung eines sentimentalen historischen Romans anregte (siehe Route 4). In Trento erinnern an die Madruzzo vor allem der trutzige Torrione Madruzziano an der Piazza Fiera (siehe Route 4) und der Palazzo delle Albere am  Etschufer, der heute das Kunstmuseum MART in Trento beherbergt (siehe Route 7).

Trient zur Zeit der Madruzzo, Stadtansicht von Matthäus Merian um 1640: Palazzo delle Albere (rechts unten), Torrione Madruzziano (am Stadttor rechts). (Die Karte ist nach Osten ausgerichtet.)

DAS FÜRSTBISTUM TRIENT IM BAROCKZEITALTER

Nach den Baumaßnahmen des Bernhard von Cles hat erst wieder Fürstbischof Francesco Alberti-Poja (1677  1689) bedeutende Neugestaltungen in der Stadt vornehmen lassen. Am Dom ließ er eine prächtige Kapelle angefügen, die sogenannte Kreuzkapelle (siehe Route 1). Die beiden Teile des Schlosses, das Castelvecchio und den Magno Palazzo, ließ er durch den nach ihm benannten Albertinischen Flügel (Giunta Albertiana) zu dem geschlossenen Baukörper verbinden, wie er heute zu sehen ist (siehe Route 3).

Der Bau des barocken Hauptaltars im Dom in den 1730er-Jahren ging dagegen auf ein von den Bürgern der Stadt Trient abgelegtes Gelübde zurück. Als die Stadt im September 1703 durch die französischen Truppen unter General Vendôme belagert und bombardiert wurde, gelobten sie ihrem Schutzpatron Vigilius, im Fall ihrer Errettung einen neuen Altar im Dom zu errichten. Tatsächlich wurden sie auf glückliche Weise vor Plünderung und Zerstörung bewahrt und erfüllten ihr Gelübde. Um die gewünschte Höhe für den Barockaltar mit seinem prächtigen Baldachin zu gewinnen, musste allerdings die Krypta des Doms zerstört werden (siehe Route 1).

Pietro Vigilio Thun-Hohenstein: Der letzte Fürstbischof von Trient

Nach der Ära der Madruzzo hatten drei Fürstbischöfe der mächtigen Adelsfamilie Thun aus dem Nonstal das Fürstbistum regiert. Der letzte von ihnen, der seit 1776 im Amt befindliche Pietro Vigilio Thun-Hohenstein, war ein milder Mann und lehnte sich als Fürstbischof an das habsburgische Herrscherhaus an. Als sich im September 1796 die napoleonischen Truppen von Süden her dem Fürstbistum näherten, verließ er seine Residenz in Trient und zog sich auf das Stammschloss seiner Familie im Nonstal zurück. Dort starb er im Jahre 1804, ohne noch einmal nach Trient zurückgekehrt zu sein.

Pietro Vigilio Thun-Hohenstein als letzter Fürstbischof in der Folge der Fürstbischöfe von Trient, Bischofssaal des Castello del Buonconsiglio

Faktisch war mit dem Rückzug von Pietro Vigilio Thun im Jahre 1796 die weltliche Macht des Fürstbischofs bereits verloren gegangen, noch ehe das Fürstbistum im Jahre 1803 durch die Säkularisierung im gesamten „Heiligen Römischen Reich“ auch offiziell abgeschafft wurde. Seine Nachfolger im Bischofsamt hatten nur noch kirchliche Funktionen inne.

NAPOLEON IN TIROL UND DIE FOLGEN

Der junge General Napoleon Bonaparte erreichte während seines Italienfeldzugs Trient am 5. September 1796 von Süden her und soll vom Turm der alten Kirche des heutigen Vororts Gardolo aus die Positionen der österreichischen Truppen bei Lavis beobachtet haben. Er entschied sich gegen ein weiteres Vorrücken nach Tirol und zog sich durch das Valsugana nach Oberitalien zurück.

Für Trient folgten während der napoleonischen Kriege einige wechselvolle Jahre zwischen den Hauptkontrahenten Frankreich und Österreich. In den Jahren 1806 bis 1810 gehörte Trient als Teil der Grafschaft Tirol zu dem mit Napoleon verbündeten Königreich Bayern. In dieser Zeit ereignete sich der in ganz Europa viel beachtete Tiroler Freiheitskampf von 1809 mit dem charismatischen Anführer Andreas Hofer (1767  1810). Ab 1810 war Trient bis zum Ende von Napoleons Herrschaft über Europa Teil des von ihm 1805 gegründeten Königreichs Italien (Regno d’Italia). Beim Wiener Kongress 1815 wurde das Gebiet des ehemaligen Fürstbistums Trient als Teil der Grafschaft Tirol Österreich zugesprochen.

Aus der napoleonischen Zeit haben sich im öffentlichen Raum von Trento die gemalten Hausnummern aus dem Jahre 1810 erhalten, die an vielen Häusern der Altstadt noch zu sehen sind.

EIN JAHRHUNDERT TRIENT ALS TEIL DER HABSBURGERMONARCHIE

Das Gebiet des ehemaligen Fürstbistums Trient gehörte von 1815 bis 1918 als Teil der Grafschaft Tirol zum Habsburgerreich. Zur Unterscheidung von den deutschsprachigen Teilen Tirols wurde es häufig als „Welschtirol“ bezeichnet. Wie in anderen europäischen Ländern im 19. Jahrhundert hatte sich auch in Italien eine nationalstaatliche Unabhängigkeits- und Einheitsbewegung gebildet, das sogenannte Risorgimento („Wiedererstehung“). Die Gründung des Königreichs Italien im März 1861 gab der Bewegung des Irredentismus – abgeleitet von „terre irredente“ („unerlöste Gebiete“) – Auftrieb, die den Anschluss aller italienischsprachigen Gebiete an das Königreich Italien zum Ziel hatte. Auch in Trient gewannen die Anhänger dieser Bewegungen an Zustimmung, was aber zu keiner Zeit die bestehenden politischen Verhältnisse gefährdete.

Die Erinnerung an die Vorkämpfer des Risorgimento und des Irredentismus ist in Trento durch zahlreiche Gedenktafeln und Gedenkstätten präsent. Für jeden im Etschtal Reisenden sichtbar ist der Rundtempel des Mausoleums für Cesare Battisti auf dem Doss Trento.

Cesare Battisti – Irredentist und Nationalheld

Büste von Cesare Battisti im Mausoleum (Eraldo Fozzer)

Cesare Battisti wurde am 4. Februar 1875 als Sohn eines Kaufmanns im österreichisch-ungarischen Trient geboren. Als sozialistischer Politiker und Journalist setzte er sich in Trient für die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Arbeiter und für die Ziele des Irredentismus ein. Als Medium für seine politische Arbeit gründete er die Zeitschriften Il Popolo (1900) und Vita Trentina (1903). Im Jahr 1911 wurde er Abgeordneter im Parlament in Wien und 1914 auch im Tiroler Landtag in Innsbruck.

Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs wechselte er nach Italien und warb dort für den Kriegseintritt mit dem Ziel des Anschlusses seiner Heimat an das Königreich Italien. Nach Beginn der Kampfhandlungen meldete er sich als Freiwilliger zum italienischen Heer und diente bei den „Alpini“, wo er sich wiederholt auszeichnete. Bei den schweren Gefechten auf dem Monte Corno im Pasubio-Gebiet wurde Cesare Battisti zusammen mit Fabio Filzi (1884  1916) am 10. Juli 1916 von den Österreichern gefangen genommen und nach Trient gebracht. Im Schloss Buonconsiglio wurden beide vor ein Militärgericht gestellt und wegen Hochverrats zum Tod durch den Strang verurteilt. Das Urteil wurde am Abend des 12. Juli 1916 im Schlossgraben vollstreckt. Die durch Fotos dokumentierten entwürdigenden Umstände des Prozesses und der Hinrichtung wurden auch in Teilen der österreichischen Öffentlichkeit kritisiert und von Karl Kraus in seinem Drama „Die letzten Tage der Menschheit“ thematisiert.

Cesare Battisti wurde nach seinem Tode zum Nationalhelden. In den 1930er-Jahren errichtete man ihm das Mausoleum auf dem Doss Trento. Die Erinnerung an ihn ist in Trento außerdem durch die Gedenkstätte im Schloss Buonconsiglio sowie zahlreiche Gedenktafeln im Stadtbild lebendig.

Büste von Luigi Negrelli im Bahnhof

DER ERSTE WELTKRIEG: TRENTINER SOLDATEN AUF GEGNERISCHEN SEITEN

Während der Habsburgerzeit wurden in der Region zwei große Projekte umgesetzt, die 1858 abgeschlossene Begradigung des Flussbetts der Etsch und die 1859 in Betrieb genommene Eisenbahnlinie über den Brenner. Die ergänzenden Eisenbahnstrecken durch das Brentatal (Valsugana-Bahn) in Richtung Venedig (1896) und die Trento-Malè-Bahn durch das Nonstal nach Malè im Val di Sole (1909) machten Trient zu einem Eisenbahnknotenpunkt.

Mit dem Bau der Eisenbahnstrecken im Habsburgerreich ist der Name des Ingenieurs und Eisenbahnpioniers Luigi Negrelli (1799  1858) eng verbunden. Diese bedeutende Trentiner Persönlichkeit ist auch durch seine Planungen für den Suez-Kanal in die Geschichte eingegangen, die nach seinem Tode von Ferdinand de Lesseps weitergeführt und umgesetzt wurden. Das Andenken an Luigi Negrelli wird durch eine Tafel im Eingangsbereich des Bahnhofs, seine Porträtbüste auf dem Bahnsteig 1 sowie ein Denkmal auf der angrenzenden Piazza Dante gewürdigt (siehe Route 7).

WIRTSCHAFTLICHE GROSSPROJEKTE: ETSCHVERLEGUNG UND EISENBAHNBAU

Nach dem Kriegseintritt Italiens im Mai 1915 wurde das Trentino unmittelbares Kriegsgebiet. Die etwa 60 000 in das österreichisch-ungarische Heer eingezogenen „Welschtiroler“ wurden allerdings überwiegend an der Ostfront eingesetzt, man fürchtete wohl bei einem Einsatz an der Südgrenze ein Überlaufen zum Gegner. Noch während des Ersten Weltkrieges wurde auf dem Monumentalfriedhof von Trento ein Gefallenendenkmal für die „Welschtiroler“ der österreichisch-ungarischen Armee errichtet, das aber nach dem Anschluss Trients an Italien entfernt wurde (siehe Route 10). Das offizielle Gedenken in Trento schloss diese Gefallenen „auf der falschen Seite“ aus, bis im Jahre 2008 auch für sie eine Gedenktafel angebracht wurde (siehe Route 2).

Nach dem Kriegseintritt Italiens kämpften viele von den etwa 700 Irredentisten, die bereits vorher aus dem Trentino in das Königreich Italien übergewechselt waren, auf italienischer Seite. Wenn sie in österreichische Hände fielen, wurden sie als Deserteure und Hochverräter abgeurteilt. Die gefallenen beziehungsweise hingerichteten irredentistischen Kämpfer aus dem Trentino im Ersten Weltkrieg werden auf der zentralen Gedenktafel am Rathaus der Stadt in der Via Belenzani gewürdigt (siehe Route 2). Der prominenteste von ihnen war Cesare Battisti (1875  1916) (siehe Exkurs Seite 16).

DAS ENDE EINES ZEITALTERS: DER 3. NOVEMBER 1918 IN TRENTO

Am 3.