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Lord Cameron
– 3 –

Eine große Liebe bahnt sich an

Fraser und Florence sind ein Traumpaar!

Friederike von Buchner

Impressum:

Epub-Version © 2019 KELTER MEDIA GmbH & Co. KG, Sonninstraße 24 - 28, 20097 Hamburg. Geschäftsführer: Patrick Melchert

Originalausgabe: © KELTER MEDIA GmbH & Co.KG, Hamburg.

Internet: https://ebooks.kelter.de/

E-mail: info@keltermedia.de

Dargestellte Personen auf den Titelbildern stehen mit dem Roman in keinem Zusammenhang.

ISBN: 978-3-74094-953-2

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Lord Cameron und Florence frühstückten auf der Terrasse von Mac­Gregor Manor.

»Tee oder Kaffee, Miss Florence?«, fragte Brandon.

Florence rieb sich die Augen.

»Einen Kaffee als Dopingmittel, nach der langen Nacht, bitte!«

Brandon, Lord Camerons Butler, schenkte ihr den großen Becher halb voll Kaffee und gab kaltes Wasser hinzu.

»Bitte, Miss Florence, Ihr Kaffee-Lau!«

»Brandon, Sie sind ein Schatz, vielen Dank!«

Florence trank den Becher in einem Zug leer. Sie dachte an ihre Studienzeit in Dublin. Nach durchgefeierten Nächten putschten sich die Mitglieder der Wohngemeinschaft am Morgen mit lauwarmem Kaffee auf, den sie schnell tranken, bevor sie sich eine gute Tasse Tee mit Milch nahmen.

»Brandon, bitte noch einen!«, sagte Florence.

Nachdem der Butler ihr eingeschenkt hatte, warf sie ihm einen dankbaren Blick zu und trank aus.

»So, jetzt bin ich wach«, sagte Florence.

Sie stellte den großen Becher zur Seite und zog die Teetasse näher an ihren Teller. Brandon kannte das Ritual schon, seit Florence mit Lord Cameron frühstückte.

Sie nahm ein Natronbrötchen, bestrich es dünn mit Salzbutter und gab einen Klecks Konfitüre darauf.

»Wo steckt Fraser?«, fragte Florence und sah ihren Vater an. »Ich habe ihn heute Morgen nicht gesehen.«

»Maggy hat schon früh angerufen. Fraser nahm das Gespräch entgegen. Deine Kisten stehen drüben im Weg. Er ist mit Sam hinübergefahren und holt sie ab. Ich hoffe, das ist dir recht«, antwortete Lord Cameron.

»Danke, das ist perfekt. In dem ganzen Trubel gestern hatte ich einfach nicht mehr daran gedacht. Gut, dass du mir etwas zum Anziehen von Lady Lindsey gegeben hast, nach dem unfreiwilligen Bad im See. Übrigens, sie muss eine sehr elegante Erscheinung gewesen sein, nach den Kleidungsstücken in ihrem Zimmer zu urteilen.«

Der Lord lächelte.

»Das war sie«, antwortete ihr Vater, »Lindsey war sehr elegant. Sie ragte aus der amerikanischen High Society heraus. Heute würde man sagen, sie hat die Trends der Mode mitbestimmt. Trug Lindsey etwas Neues, dann machten es ihr alle Frauen nach. Sie fand das lustig, denn sie schwamm oft gegen den Strom dessen, was schick und schicklich war. Dabei hatte sie großen Spaß, sehr zum Ärger ihres strengen Vaters.«

»Das klingt, als hättest du Lindsey gemocht«, bemerkte Florence.

»Ja, ich mochte sie, wie man ganz liebe Freunde mag. Sie war ehrlich und gradlinig. Wir machten uns nichts vor. Wir litten beide unter den Fehlern unserer Väter. Das schweißt zusammen. Übrigens, sie kannte dich.«

»Wirklich?«, stieß Florence erstaunt hervor.

»Ja, wie ich dir schon gestern Abend erklärte, war sie gelegentlich hier zu Besuch, wenn sie auf dem Weg nach Amerika war, zu dem Vater ihrer Söhne, Bob Baker. Sie war mit deiner Mutter befreundet. Angel und Lindsey verstanden sich gut und verbrachten dann viel Zeit miteinander.«

»Ich kann mich nicht an sie erinnern«, sagte Florence.

»Du warst noch sehr klein. Sie mochte dich und beneidete deine Mutter um ihre Tochter. Lindsey hätte gern ein Mädchen gehabt. Es war ihr nicht vergönnt. Vielleicht hätten sie und Bob noch ein Kind bekommen, aber dann kam der tödliche Autounfall. Jetzt sind sie hinter dem Regenbogen vereint.«

»Wie alt waren damals Luke und Jake?«, fragte Florence.

Sie war froh, dass ihr Vater erzählte. Bisher hatte er immer abgelenkt, wenn sie nach ihnen fragte.

»Luke und Jake waren noch keine zehn Jahre alt.«

»Es muss schlimm für sie gewesen sein.«

»Das denke ich auch, Florence. Sie gingen in Amerika in ein Internat.«

»Mochtest du sie? Waren sie in den Ferien in Schottland?«

»Ich hatte wenig mit ihnen zu tun. Laut Ehevertrag gehörten sie nicht zur Familie. Das hat deine Großmutter so ausgehandelt. Sie trugen beide den Mädchennamen ihrer Mutter, Archer. Das wussten aber nur wenige. Die meisten nahmen an, sie seien die jungen Lords. Ihr Großvater erzog sie. Er wollte, dass aus ihnen trotz allem echte Archers würden. Mir traute er nicht, weil mein Vater ein Spieler war. Und er traute Bob Baker nicht, dem Vater der Jungen. Der alte Jacob Archer hatte sich der Illusion hingegeben, Lindsey und ich würden eigene Kinder haben, echte Lords oder Ladys eben. Doch Lindsey und ich waren uns einig. Sie liebte Bob und ich liebte deine Mutter Angel. Und ansonsten waren wir gute Freunde. Lindsey war an meiner Seite, wenn ich repräsentierte. Sie machte das gut. Doch jetzt ist es genug zu dem Thema. Nur noch ein Wort …«

Lord Cameron trank einen Schluck Tee, bevor er weitersprach.

»Du kannst dir aus Lindseys Kleiderschrank nehmen, was dir gefällt.«

»Danke, das werde ich. Die Strickkleider sind zeitlos und die Hippie-Flower-Power-Gewänder sind wieder in Mode. An fast allen Sachen hängen noch die Preisschilder. Sie hat sie wohl nie getragen, vermute ich«, sagte Florence.

»Das trifft zu. Sie hatte jemand beauftragt, die Schränke jedes Mal neu zu füllen, bevor sie kam. Aber da sie nie lange blieb, lebte sie doch aus dem Koffer«, erzählte der Lord.

Von ferne war leise das Klingeln des Telefons zu hören. Es dauerte nicht lange, dann brachte Brandon auf einem Tablett den drahtlosen Apparat.

»Ein Gespräch für Sie, Miss Florence«, sagte er.

»Danke, Brandon!«

»Florence McNeil«, meldete sie sich.

»Hallo Florence, hier ist Vanessa Ward.«

Florence stieß einen Freudenschrei aus.

»Das ist eine Überraschung, Vanessa. Ob du es glaubst oder nicht, ich schwöre dir, dass ich dich heute anrufen wollte. Jetzt bist du mir zuvorgekommen.«

»Ich musste dich erst mal suchen. Deine Festnetznummer ist außer Betrieb und deine Handynummer hatte ich nicht. Also rief ich in der Tierklinik an und habe erfahren, dass du gekündigt hast.«

»Ja, das habe ich.«

»Dann fuhr ich zu deiner alten Adresse in Dublin und erkundigte mich bei deiner ehemaligen Vermieterin. Sie gab mir die Nummer und die Adresse deiner Eltern. Dein Bruder David war am Telefon und gab mir diese Nummer. Was machst du bei dem Earl? Arbeitest du für ihn?«

»Oh, da hat David geplaudert. Vanessa, ich sitze mit Lord Cameron beim Frühstück. Ich möchte nicht so lange reden. Ich rufe dich an.«

»Besser erst heute Abend. Ich bin in Galway und es wird spät werden, bis ich zurück in Dublin bin.«

»Du bist in Galway? Super! Dann besuche mich auf dem Rückweg. Der Ort heißt Culraid. Frage dich einfach durch nach dem Anwesen des Earl. Es heißt MacGregor Manor und liegt etwas abseits.«

»Das mache ich. Ich freue mich, dich zu sehen.«

»Ich dich auch, Vanessa. Bis dann!«

»Bis dann, Florence!«

Sie verabschiedeten sich und legten auf.

Florence sah den Lord an.

»Glaubst du an Zufälle?«, fragte sie.

Sie wartete seine Antwort nicht ab, sondern erzählte freudestrahlend, dass Vanessa sie besuchen würde.

»Ist das nicht toll? Dann kann ich persönlich mit ihr über irische Wolfshunde sprechen und die anderen Hunde, die wir anschaffen wollen«, erklärte Florence. »Ihr Vater hat gute Verbindungen zu Züchtern, das weiß ich. Doktor Ward ist aufsichtsführender Tierarzt bei internationalen Hundeausstellungen.«

Brandon kam herein und meldete, dass Fraser und Sam mit den Kisten angekommen seien.

»Sie tragen sie gerade hinauf. Nancy kümmert sich darum. Sie lässt fragen, ob Sie beim Auspacken dabei sein möchten, Miss Florence?«

»Lauf nur, Florence!«, sagte der Lord. »Ich frühstücke allein zu Ende. Pack aus und richte dich gemütlich ein! Wenn du noch etwas brauchst, lasse es Nancy wissen.«

»Danke, das werde ich«, sagte Florence. »Ich beeile mich, damit wir mit der Durchsicht der Akten weitermachen können. Außerdem möchte ich, das heißt, ich sollte mich mal wieder kurz drüben sehen lassen. Aber es wird ein ausgefüllter Tag werden. Dazu kommt, dass ich heute in der Praxis Abendsprechstunde habe. Vielleicht besuche ich Glaise Manor, wenn die Sprechstunde beendet ist.«

Sie stand auf, gab ihrem Vater einen flüchtigen Kuss auf die Wange und rannte davon.

Der Lord sah ihr nach und lächelte.

Dann schaute er Brandon an, auf dessen Gesicht Zufriedenheit lag. Nur wer Brandon so gut kannte wie der Earl, konnte die minimalen ­Veränderungen seines Gesichtsausdrucks erkennen und deuten.

»Brandon, was ist? Was geht Ihnen im Kopf herum?«

Der Butler räusperte sich.

»Mylord, ich erlaube mir zu sagen, dass Sie besser aussehen, seit Miss Florence hier ist. Ihre Anwesenheit tut Ihnen sehr gut, Mylord.«

»Ich fühle mich auch viel besser, das gebe ich zu. Ich war niedergedrückt und kraftlos. Es stimmt, seit Florence hier ist und wir uns ausgesprochen habe, genieße ich jede Stunde.«

»Möge der Himmel noch viele gemeinsame Tage für Sie bereithalten, Mylord«, sagte der Butler ergriffen, mit viel Anteilnahme in der Stimme.

»Danke für deinen Segensspruch, Brandon. Das wünsche ich mir auch«, antwortete Lord Cameron.

Er hatte zu Ende gegessen und tupfte sich mit der Serviette den Mund ab. Dann stand er auf und verließ die Terrasse.

Lord Cameron ging die breite Treppe hinauf. Oben am Treppenabsatz blieb er stehen und winkte Florence herbei, die am Ende des Flurs vor einer Kiste kniete. Sie stand sofort auf und kam zu ihm.

»Was gibt es, Papa?«, flüsterte sie.

Sie liebte es, Lord Cameron mit Papa anzusprechen, wenn sie sicher war, dass sie niemand hören konnte. Dem Earl wurde es jedes Mal warm ums Herz.

»Florence, du solltest nur das Nötigste in deinem Zimmer unterbringen. Die Schränke in den ehemaligen Wohnräumen deiner Großmutter hat Nancy auf meinen Wunsch hin bereits geräumt. Du wirst sie bald bewohnen, wenn wir deine Herkunft bekanntmachen. Wenn es nach mir ginge, könntest du sie bereits jetzt nutzen. Aber ich habe auch Verständnis, dass du damit warten möchtest. Du könntest aber einen Teil dort unterbringen«, schlug er ihr vor. »Oder beauftrage Nancy damit. Sie weiß über deine Herkunft Bescheid. Sie war nicht nur Hausdame deiner Großmutter, sondern auch ihre engste Vertraute. Deine Großmutter betrachtete Nancy als Freundin.«

»Ich werde darüber nachdenken«, antwortete sie und fügte hinzu: »Alle hier im Haus sehen mich seltsam an. Ist dir das auch aufgefallen?«

»Seltsam ist nicht das richtige Wort. Sie haben dich ins Herz geschlossen und möchten dich gern mit Lady Florence ansprechen.«

»Alle wissen es?«

»Sagen wir, fast alle wissen es, einige werden es vermuten, wie alle im Dorf, die die Geschichte von mir und deiner Mutter kennen.«

»Weiß es Fraser?«, fragte Florence leise.

»Ich habe es ihm nicht gesagt. Dass sein Onkel Ryan oder seine Tante Glenda ihm etwas gesagt haben, denke ich nicht. Ryan nimmt es mit der ärztlichen Schweigepflicht sehr genau. Allerdings sind wir befreundet. Es könnte sein, dass Andeutungen gemacht wurden. Dazu kommt, dass Fraser selbst Arzt ist. Ich habe ihm gesagt, dass ich eine Stammzellentherapie nicht mehr ablehne. Er hat nur genickt und keine weiteren Fragen gestellt. Dich beschäftigt das sehr?«

»Ja, so ist es. Ich liebe Fraser und hoffe, er will mich, auch wenn ich Lady Florence bin.«

Der Lord streichelte ihr die Wange.

Er sah sie so liebevoll an, wie nur ein liebender Vater sein einziges Kind ansehen konnte.

»Mache dir keine Sorgen, meine Tochter! Die Liebe wird es richten. Außerdem bin ich für dich da. Du kannst dich auf mich verlassen«, sagte er und blinzelte ihr zu.

Florence umarmte ihn.

»Papa, ich bedauere, dass ich nicht viel früher mit dir gesprochen habe.«

»Gräme dich nicht, Florence! Jetzt machst du hier weiter. Wir sehen uns dann später. Du findest mich und Fraser im Arbeitszimmer. Lass Dir Zeit und schaue nach Travis, Maggy, David und Amy«, legte er ihr ans Herz.

Er streichelte ihr noch einmal die Wange. Dann eilte Florence zurück zu Nancy.

Nancy war noch dabei, die Sachen einzuräumen, die Florence auf dem Bett angehäuft hatte.

Florence schloss hinter sich die Tür.

»Nancy, lassen Sie bitte die Arbeit für einen Augenblick liegen und setzen Sie sich zu mir. Bitte!«

Sie setzten sich an das kleine Tischchen mit den beiden Stühlen, das vor dem Fenster stand.

Florence sah Nancy an.

»Sie haben lange für Lady Alice gearbeitet und waren ihre Vertraute, richtig?«

»Ja, das war ich. Lady Alice war sehr einsam. Sie hat nicht nur sehr viel für mich getan, sie hat mir ihre Freundschaft geschenkt.«

»Das ist mir bekannt«, antwortete Florence.

Sie richtete den Blick aus dem Fenster. Draußen lag der Park im schönsten Sonnenschein. Er sah schon wieder gepflegt aus. Sam und die Helfer hatten unermüdlich gearbeitet.

»Nancy, Sie wissen, wie die Fäden zwischen Onkel Cameron und mir verlaufen?«