Impressum

Dr. Christian Benedict

Mit Minna Tunberger

Schlaf ist die beste Medizin

Schlau, schlank und gesund über Nacht – Schlafexperte Dr. Christian Benedict erklärt, wie es geht!

eISBN: 978-3-95910-231-5

Eden Books

Ein Verlag der Edel Germany GmbH

Copyright © 2019 Edel Germany GmbH, Neumühlen 17, 22763 Hamburg

www.edenbooks.de | www.edel.com

1. Auflage 2019

Die AutorInnen haben dieses Buch nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. Dennoch können inhaltliche Fehler nicht komplett ausgeschlossen werden. Der Verlag und die AutorInnen übernehmen hierfür keine Haftung. Dieses Buch ist keine Handlungsempfehlung für den Umgang mit Schlafproblemen und ersetzt niemals einen Arztbesuch.

© Texts by Dr. Christian Benedict and Minna Tunberger, 2018

© Illustrations by Sara Petterson / SaraMara, 2018

Titel der Originalausgabe: Sömn, sömn, sömn

First published by Bonnier Fakta, Stockholm, Sweden

Published in the German language by arrangement with Bonnier Rights, Stockholm, Sweden

Übersetzung: Melanie Schirdewahn, Tatort Tekst | www.tatort-tekst.de

Projektkoordination: Svenja Monert und Juliane Noßack

Lektorat der deutschen Übersetzung: Kristina Langenbuch Gerez

Lektorat des Originaltextes: Thomas Lundvall

Covergestaltung: Katja Vogt

Coverfoto und Autorenfoto: © Stefan Tell

Illustrationen auf dem Cover: Schaf: START-ART / Shutterstock; Schlafmaske: Vera Serg / Shutterstock; Mond: Baranovska Oksana / Shutterstock; Wecker und »ZZZZZ«: Havroshechka / Shutterstock

E-Book-Konvertierung: Datagrafix GSP GmbH, Berlin | www.datagrafix.com

Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

INHALT

Schlafen liegt im Trend

Teil 1 Das machen wir im Schlaf

1.   Was ist Schlaf? Und warum schlafen wir?

2.   Reise durch die vier Schlafphasen

3.   Die innere Uhr

4.   Die digitale Revolution – der größte Schlafräuber

Teil 2 Schlaf wirkt Wunder

5.   Schlaf dich schlau

6.   Träume als Kreativitäts-Booster

7.   Gefühle verstehen und psychischen Problemen vorbeugen

8.   Schlaf als Schutz vor Demenz

Teil 3 Schlaf ist die beste Medizin

9.   Schlank und schön im Schlaf

10. Das Immunsystem stärken

11.  Möglicher Schutz vor Altersdiabetes

12.  Ein starkes Herz

Seien Sie nett zu sich selbst!

Glossar

Quellenangaben

Danksagung

DIE INNERE UHR

In der Wissenschaft hat ein Thema in jüngster Vergangenheit unglaublich viel Aufmerksamkeit erregt: unsere innere Uhr. Im Jahr 2017 gewannen drei Forscher für die Entschlüsselung dieses Phänomens den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin. Sie fanden heraus, wie unsere innere Uhr tickt, die unter anderem kontrolliert, wann wir wach sind und wann wir schlafen. Was fast wie Zauberei klingt, ist eigentlich ganz einfach: Im Zuge der Evolution hat sich unser Körper in seinem Rhythmus an den Tag-Nacht-Rhythmus der Natur angepasst. Es war nun einmal vorteilhafter, tagsüber aktiv zu sein, wenn es draußen hell und warm war, um Nahrung zu beschaffen oder sich vor Feinden zu schützen. Auf diesen Tag-Nacht-Rhythmus wurde unsere innere Uhr geeicht. Sie gibt uns vor, dass wir nachts, wenn es draußen kalt und dunkel ist, schlafen und tagsüber wach sind. Im folgenden Kapitel erfahren Sie mehr über diese fantastische innere Uhr, die unseren Schlaf-wach-Rhythmus steuert.

SO TICKEN UNSERE INNEREN UHREN

Die schwedische Kinder-Comicfigur Bamse, ein niedlicher kleiner Bär mit blauer Mütze und blauem Overall, hat einen guten Freund, den Herrn Schildkröte. Dieser trägt ständig seine sogenannte Essen-und-schlafen-Uhr mit sich herum und hält sich sklavisch an deren Signale. Wenn sie klingelt, gibt es keine Kompromisse, dann ist Zeit für ein Nickerchen oder eine Mahlzeit – alle anderen sozialen Aktivitäten oder Aufgaben werden erst einmal hintangestellt. Wenn man als Kind die Bamse-Comics las, fand man dieses Verhalten äußerst seltsam. Jetzt betrachtet man den kleinen Kerl aber mit ganz anderen Augen. Denn er hört – anders als die meisten von uns – auf seine innere Uhr, diesen eingebauten inneren Taktgeber, der unseren Tagesablauf regelt. Und wenn wir es Herrn Schildkröte gleichtun würden, hätten wir alle einen besseren Schlaf, mehr Energie und wären gesünder.

Zahlreiche Wissenschaftler haben ihr Leben der Erforschung der inneren Uhren gewidmet. Einer der bekanntesten ist der ungarisch-schweizerische Schlafforscher Alexander Borbély, der das Phänomen bereits 1982 in einem Modell der Schlafschuld und der inneren Uhr beschrieb. Wenn man morgens ausgeschlafen aufwacht, sind die Akkus geladen und man hat noch keinerlei Schlafschuld. Während des Tages baut man langsam eine Schlafschuld auf, die sich mit jeder wachen Stunde vergrößert. Zeitgleich mit dem Anhäufen von Schlafschuld meldet sich aber auch unsere innere Uhr, die uns dazu anhält, wach zu bleiben und das Bedürfnis nach Schlaf zurückzudrängen. Deshalb fühlt man sich auch später am Tag noch energiegeladen, obwohl man schon eine beträchtliche Schlafschuld aufgebaut hat und eigentlich müde sein müsste. Sogar Menschen, die in der Nacht schlecht geschlafen haben und den Tag deshalb mit einer Schlafschuld beginnen, fühlen sich tagsüber frischer. Denn die innere Uhr sagt dem Körper: Du bist wach.

SCHLAFVERHALTEN BEI NATURVÖLKERN

Eine Studie der University of California, Los Angeles (UCLA) ergab, dass Naturvölker wie die Hadza in Tansania, die San in Namibia und die Tsimane in Bolivien im Durchschnitt nur fünf bis sieben Stunden pro Nacht schlafen – viel weniger als die üblicherweise empfohlenen sieben bis neun Stunden. Trotzdem fühlen sie sich nach dem Aufwachen ausgeruht und kennen auch keinen Mittagsschlaf. Wissenschaftler nehmen an, dass diese Volksgruppen im Schlaf seltener aufwachen und leichter in den Tief- und Traumschlaf gleiten. Sie haben ganz einfach einen effektiveren, hochwertigeren Schlaf und sind deshalb morgens bereits nach kürzerer Zeit ausgeschlafen. Das liegt vermutlich daran, dass sie sich viel bei Tageslicht im Freien bewegen und täglich lange Strecken zu Fuß gehen. Unseren höheren Schlafbedarf können wir vielleicht mit der Non-Stop-Berieselung durch Tablets, Smartphones, Computer und Co., der wir uns in unserer hochtechnisierten Welt ausgesetzt sehen, erklären. Viel wichtiger erscheint in diesem Zusammenhang aber unser moderner Lebensstil, der für viele Menschen langes Stillsitzen in geschlossenen und künstlich beleuchteten Räumen bedeutet.

RAUS INS LICHT!

Das Tageslicht ist der zentrale Ausgangspunkt für unseren Schlaf-wach-Rhythmus. Damit unser Körper weiß, wann es hell wird und somit Zeit zum Aufstehen ist und wann es dunkel und damit Zeit fürs Bett wird, reagieren unsere Augen morgens und abends besonders empfindlich auf Tageslicht. Wenn am Morgen das Tageslicht auf die Ganglienzellen der Netzhaut trifft, werden Signale an den Nucleus suprachiasmaticus (SCN) im Gehirn gesendet. Dieser wird auch als master clock (Hauptuhr) bezeichnet und ist die einzige unserer vielen inneren Uhren, die in der Lage ist, Lichtsignale zu empfangen und zu übermitteln. Diese Hauptuhr hat die Aufgabe, den anderen inneren Uhren (jede Zelle hat eine!) mitzuteilen: »Ein neuer Tag ist angebrochen! Seid auf Zack und stellt sicher, dass dieser Körper effizient arbeitet, damit Stoffwechsel, Leber, Nieren und alle anderen Organe nach der Nachtruhe wieder richtig funktionieren!« Unsere Hauptuhr sendet auch Signale an Hirnbereiche, die das Wachsein steuern, und fordert sie auf: »Seid wach und aufmerksam!« Aus diesem Grund ist es auch möglich, die ganze Nacht lang aufzubleiben – und somit eine große Schlafschuld anzuhäufen –, ohne deshalb am nächsten Tag vollkommen lahmgelegt zu sein. Jeder hat wahrscheinlich schon einmal die Nacht durchgemacht und sich am nächsten Tag gewundert, dass man tatsächlich einigermaßen frisch ist und nicht permanent einschläft. Der Grund dafür ist das Tageslicht, das unsere Hauptuhr dazu bringt, die Uhr einzuschalten, die für das Wachsein am Morgen zuständig ist. Die Hauptuhr nutzt aber noch weitere Tricks: Sie sorgt für die Ausschüttung von Hormonen wie Melatonin, Cortisol und Adrenalin, sie senkt nachts die Körpertemperatur und hebt sie am Morgen wieder an. Sie ist wie der Dirigent eines Orchesters, der sagt: »Jetzt ist es Zeit, aktiv zu sein und die Sinfonie des Tages zu spielen!« Oder, sobald es Abend wird: »Die Sinfonie ist jetzt beendet, und wir ruhen uns aus.«

SO STARK IST DAS LICHT

An einem sonnigen Tag hat das Licht 100.000 Lux (Einheit zur Messung der Beleuchtungsstärke).

Im Schatten hat das Licht an einem sonnigen Tag immer noch 20.000 Lux.

An einem sehr wolkigen Tag werden 1.000 – 2.000 Lux erreicht.

Innenbeleuchtung liefert etwa 300 Lux.

Lichttherapie-Lampen erzeugen bis zu 10.000 Lux.

Am Abend reagieren unsere Augen ähnlich empfindlich auf Licht wie morgens. Der Körper braucht eine dunkle Umgebung, damit er einschlafen kann und Gehirn und Körper sich erholen können. Das Problem: Heutzutage ist es nach Sonnenuntergang nicht mehr stockdunkel, und es kehrt auch keine Stille mehr ein. Dunkelheit und Stille sind aber die Signale für den Körper, dass es Zeit zum Schlafen ist. Seit mehr als hundert Jahren gibt es Lampen, durch die wir die Schlafenszeit immer weiter hinauszögern können. Und seit dem Bruchteil einer Sekunde unserer Menschheitsgeschichte gibt es Computer und Smartphones, durch die wir rund um die Uhr erreichbar sind und die unser Verhalten stark verändert haben.

Wer tagsüber nicht die Möglichkeit hat, ins Freie zu gehen, sollte sich nah ans Fenster setzen!

Heutzutage, wo man sich den Abend mit Lampen erhellt und bis spät vor dem Bildschirm des Computers oder Smartphones hockt, ist es für den Körper schwierig, zu erkennen, wann Schlafenszeit ist. Noch schwieriger wird es, wenn man den ganzen Tag im Haus geblieben ist und keinem Tageslicht ausgesetzt war. Denn dann ist der Körper verwirrt und weiß nicht mehr, ob Tag oder Nacht ist – die Lichtbalance ist gestört. Der Körper beginnt dann nur zögerlich mit der Bildung des Schlafhormons Melatonin. War man hingegen tagsüber draußen, erhält die innere Uhr, die die Müdigkeit steuert, das Signal, dass es nun Zeit ist, müde zu werden und zu Bett zu gehen. Etwa zwei bis drei Stunden bevor man sich abends für gewöhnlich schlafen legt, wird Melatonin ausgeschüttet. Wer also rechtzeitig einschlafen und einen stabilen Schlaf-wach-Rhythmus entwickeln möchte, sollte sich tagsüber viel im Freien aufhalten – und das am besten schon morgens, wenn die Netzhaut der Augen besonders empfänglich für Licht ist.

Um den Körper gut in den Tag starten zu lassen, ist Tageslicht besser geeignet als jede andere Form von Licht. Denn wir brauchen eine sehr große Lichtmenge! An einem sonnigen Tag reicht es vollkommen aus, sich dreißig Minuten im Freien aufzuhalten. Bei wolkenverhangenem Himmel sind die Sonnenstrahlen schwächer, und man muss schon etwa eine Stunde draußen bleiben, um die gleiche Lichtmenge zu tanken. Wenn man sich den ganzen Tag im Freien bewegt hat und sich abends erschöpft fühlt, sagt man häufig: »Frische Luft macht müde.« Eigentlich ist es aber das viele Tageslicht, das uns am Ende des Tages müde macht.

Wer tagsüber nicht die Möglichkeit hat, ins Freie zu gehen, sollte sich nah ans Fenster setzen. Kürzlich haben Christian Benedict und seine Kollegen im Magazin Sleep Medicine einen Übersichtsartikel über Krankenhauspatienten veröffentlicht. Die darin beschriebenen Studien ergaben, dass Patienten, die weniger als einen Meter vom Fenster entfernt lagen, besser schliefen als diejenigen, die mehr als einen Meter entfernt waren. Erstere schliefen nachts eine ganze Stunde länger, wurden schneller wieder gesund und konnten das Krankenhaus schneller wieder verlassen. Das zeigt, wie immens wichtig das Tageslicht ist, um unseren Schlaf-wach-Rhythmus richtig einzupegeln und dadurch auch unsere Gesundheit zu stärken. Wenn man keinen Zugang zu Tageslicht hat, ist es hilfreich, Tageslichtlampen zu installieren. Durch den Einsatz solcher Lampen auf Intensivstationen im Krankenhaus konnten die Patienten über eine halbe Stunde länger schlafen. Auch für Schulen wäre es wichtig, in den Klassenräumen für optimalere Lichtverhältnisse zu sorgen. Zwar ist es wahrscheinlich nicht möglich, die Tische überall so anzuordnen, dass alle Kinder am Fenster sitzen können, doch man könnte vielleicht eine rotierende Sitzordnung einführen oder den Schultag mit einer Freiluftaktivität beginnen. Und auch in Schulen könnten Tageslichtlampen installiert werden, damit die Schüler einen stabileren Schlaf-wach-Rhythmus entwickeln, früher ins Bett gehen, besser schlafen und dann auch bessere Leistungen in der Schule bringen (mehr über Schlaf, Gedächtnis und Lernen in Kapitel 8).

DIE MÄCHTIGE MASTER-CLOCK

Der Nucleus suprachiasmaticus (oft als SCN abgekürzt) sitzt direkt über der Sehnervkreuzung (Chiasma opticum) und ist so etwas wie der Motor unseres Schlaf-wach-Rhythmus. Der SCN regelt verschiedene Körperfunktionen – unter anderem wann man wach ist und wann man schläft. Deshalb verortet man dort auch die wichtigste innere Uhr unseres Körpers, die master clock. Die lichtempfindlichen Nervenzellen in der Netzhaut des Auges, die sogenannten Ganglienzellen, wandeln externe Lichtsignale in ein chemisches Signal um, das über den Sehnerv an den SCN weitergeleitet wird. Mithilfe von Nervensignalen, Veränderungen der Körpertemperatur und der Ausschüttung von Hormonen (zum Beispiel Melatonin am Abend, Cortisol am Morgen) informiert der SCN alle anderen inneren Uhren in unserem Körper über die aktuelle Tageszeit.

RUNTER MIT DER TEMPERATUR

Abends, kurz vor unserer gewöhnlichen Schlafenszeit, meldet die Hauptuhr dem Körper: »Jetzt ist es Zeit, die Temperatur zu senken.« Die sinkende Körpertemperatur ist wiederum das Zeichen für unsere inneren Uhren in allen Zellen des Körpers, dass die Nacht angebrochen und damit Schlafenszeit ist. Am niedrigsten ist unsere Körpertemperatur in den letzten Stunden der Nacht, etwa zwischen drei und fünf Uhr morgens, zu einer Zeit, in der wir viel träumen. Dann liegt sie meist bei rund 36 °C. Vor dem Aufwachen steigt die Körpertemperatur wieder auf etwa 37 °C. Der Körper fällt also kurzfristig in eine Art »Winterschlaf«, um im Schlaf Energie zu sparen und allen Organen Ruhe und Erholung zu verschaffen. Magen und Darm dürfen eine Pause einlegen und müssen nicht ganz so viel Essen verdauen wie tagsüber, das Herz kann es ruhiger angehen lassen, weil es kaum belastet wird und nicht so viel Sauerstoff pumpen muss. Der gesamte Stoffwechsel verlangsamt sich. Ganz anders ist es beim Gehirn: Es braucht in der Nacht fast genauso viel Energie wie am Tag (Ausnahme ist der Tiefschlaf; hier sinkt der Energieverbrauch des Gehirns um etwa zehn Prozent). Weil man im Schlaf aber nichts isst und somit keine Energie tankt, müssen die anderen Körperteile Energie sparen. Und das wird durch das Absenken der Körpertemperatur erreicht.

Für einen ausgeglichenen Schlaf ist es daher wichtig, die Temperatur im Schlafzimmer zwischen 17 und 19 °C zu halten. In Studien konnte man einen Zusammenhang zwischen dieser Raumtemperatur und einem erholsameren Schlaf beobachten.

Kein Wunder, dass Schichtarbeiter oft Schwierigkeiten haben, den verpassten Nachtschlaf tagsüber nachzuholen und dann auch ohne Unterbrechung zu schlafen. Insbesondere wenn sie vor dem Schlafengehen schon Tageslicht getankt haben, ist ihre innere Uhr auf Wachsein programmiert. Und auch die Körpertemperatur steigt morgens an und signalisiert den Uhren im Körper: »Die Nacht ist vorüber, jetzt müssen wir aktiv sein!« Es ist schwierig, gut zu schlafen, wenn der gesamte Körper wach sein möchte. Wie Studien zeigten, haben Menschen, die nachts arbeiten, einen geringeren Anteil an Traumschlaf und neigen zu einem viel stärker fragmentierten Schlaf.

Doch wie sorgt man abends am besten für einen guten Schlaf? Das Problem in unseren Breitengraden ist, dass in der Heizperiode im Winter fast rund um die Uhr dieselbe Temperatur herrscht – auch das Schlafzimmer heizen viele auf 20 °C auf. Das ist jedoch zu warm für einen optimalen Schlaf. Deshalb sollte man die Heizung im Schlafzimmer vor dem Schlafengehen herunterregeln. Aber auch eine ausreichende Sauerstoffzufuhr während der Nacht sorgt für einen guten Schlaf. Wie verschiedene Studien ergaben, schläft man bei geöffnetem Fenster besser. Es zeigte sich aber auch, dass schon eine offene Schlafzimmertür die Luftzirkulation deutlich verbessern kann.

Wäre es in diesem Zusammenhang nicht fantastisch, wenn uns die moderne Technik zu einem guten Schlaf-wach-Rhythmus verhelfen könnte? Genial wäre zum Beispiel ein intelligenter Heizungsthermostat, der das natürliche Wärmesystem unseres Körpers erfasst und die Heizungswärme dann im Einklang mit unserer Körpertemperatur nachts schrittweise absenkt und morgens wieder ansteigen lässt. Oder eine smarte App respektive Uhr, die alles, was den eigenen Schlaf beeinflusst oder beeinträchtigt, kontrolliert und aufzeichnet. Zum Beispiel die Licht- und Hitzeeinwirkung während des Tages und die Beleuchtungs- und Temperaturbedingungen am Abend und in der Nacht. Mit solchen Hilfsmitteln könnte man seine Lebensweise besser an den Schlaf-wach-Rhythmus anpassen.

HEISS DUSCHEN UND SCHNELLER EINSCHLAFEN

Vor dem Schlafengehen die Körpertemperatur durch eine heiße Dusche oder ein Bad zu erhöhen, ist grundsätzlich eine gute Idee (man kann auch einfach nur die Hände oder Füße fünf Minuten mit heißem Wasser erwärmen), denn dies kann schlaffördernd wirken und ist ein natürlicher Weg, um schneller einzuschlafen. Moment – steht das nicht im Widerspruch zum letzten Absatz? Dort hieß es doch noch, man solle die Zimmertemperatur beim Schlafengehen mit der sinkenden Körpertemperatur in Einklang bringen! Es ist allerdings so: Wenn die Haut erwärmt wird, dehnen sich unsere Blutgefäße aus, was wiederum die Abgabe von Wärme und somit die Abkühlung des Körpers fördert (die Voraussetzung für einen guten Schlaf). Studien ergaben zudem, dass ein Anstieg der Hauttemperatur an Händen und Füßen kurz vor dem Zubettgehen dem Gehirn signalisiert, dass es nun Zeit ist, die Körpertemperatur zu senken und sich auf den Schlaf vorzubereiten.

Frühstücken wie ein Kaiser, mittagessen wie ein König und abendessen wie ein Bettler

HÖREN SIE AUF IHRE INNERE ESSENSUHR

Dass selbstgekochtes Essen gesünder ist als Fertigprodukte und viel Gemüse auf dem Teller gesundheitsfördernd wirkt, weiß inzwischen wohl fast jeder. Dass es aber auch eine Rolle spielt, zu welcher Tageszeit man isst, ist vielen noch neu. Wissenschaftler haben festgestellt, dass regelmäßige Mahlzeiten den inneren Uhren dabei helfen, im Takt zu ticken, und dem Körper anzeigen, wann es Zeit zum Schlafen und wann es Zeit zum Wachsein ist. Man kann seinen Schlaf-wach-Rhythmus also positiv beeinflussen, indem man sich bei den Mahlzeiten nach seiner inneren Essensuhr richtet. Die alte Faustregel »Frühstücken wie ein Kaiser, mittagessen wie ein König und abendessen wie ein Bettler« ist dabei gar nicht so falsch. Wenn man morgens aufwacht, klingelt unsere innere Essensuhr ganz besonders laut. Schließlich möchte der Körper, dass seine Energiespeicher aufgefüllt werden, denn nur dann erhält er die nötige Energie, um hellwach, aktiv und produktiv zu sein. Nimmt man dagegen erst spät am Tag übergroße, schwere Mahlzeiten zu sich, muss der Darm eine Nachtschicht fahren, obwohl er sich doch eigentlich für den kommenden Tag erholen wollte. Nimmt man Essen zu sich, obwohl die Essensuhr gar keinen Hunger signalisiert hat, sorgt das bei ihr für Verwirrung. Wenn man zudem einen empfindlichen Magen hat, kann das horizontale Liegen im Bett zu Sodbrennen und dieses wiederum zu einem schlechteren Schlaf führen. Wie Studien zeigten, schlafen Menschen, die zwischen sieben Uhr morgens und 17 bis 19 Uhr abends regelmäßig zu festen Zeiten essen, besser als diejenigen, die einfach essen, wenn ihnen danach ist.

Unsere Essgewohnheiten haben sich im Vergleich zu früheren Zeiten aufgrund von gesellschaftlichen und technischen Umwälzungen stark verändert. Während in der letzten Generation noch das Mittagessen die Hauptmahlzeit war und man zeitig zu Bett ging, ist heute oft das Abendessen die Hauptmahlzeit, die darüber hinaus bei vielen auch erst nach 19 Uhr auf dem Tisch steht. Dazu kommen lange Abende mit Chips, Erfrischungsgetränken und Popcorn vor dem Fernseher, am Tablet, Smartphone oder Computer. Für unseren Körper wäre es definitiv besser, wenn wir zu unserem natürlichen Tagesrhythmus zurückkehren und hochkalorische Mahlzeiten früher am Tag genießen würden!

Wer aufgrund von Schichtarbeit oder aus anderen Gründen spätabends essen muss, sollte zumindest auf eine ausgewogene Mahlzeit achten. Fleisch und fetthaltige Lebensmittel bleiben länger im Magen, was dazu führt, dass der Körper länger wach bleibt. Auch wenn man viele Zwiebeln und Ballaststoffe zu sich nimmt, kann das die Nachtruhe stören, denn diese blähen heftig und halten den Darm auf Trab.

Untersuchungen haben gezeigt, dass der übermäßige Verzehr von gesättigtem Fett, das man zum Beispiel in Butter, rotem Fleisch und Käse findet, uns schlechter einschlafen lässt und für einen fragmentierteren Schlaf sorgt. Mehrfach und einfach ungesättigte Fettsäuren scheinen hingegen leichter verdaulich zu sein. Dies könnte eine Erklärung dafür sein, dass Menschen im Mittelmeerraum, die viele dieser Fettsäuren zu sich nehmen und erst sehr spät zu Abend essen, dennoch gut schlafen können.

Es gibt aber auch Lebensmittel, die möglicherweise schlaffördernd wirken. Haben Sie als Kind vor dem Schlafengehen oder wenn Sie nicht einschlafen konnten, von Ihren Eltern auch ein Glas warme Milch bekommen? Das war gar nicht so dumm! Denn Milch und Milchprodukte enthalten die Aminosäure Tryptophan, die die Bildung des Schlafhormons Melatonin fördert und uns beim Einschlafen hilft. Wenn Sie darüber hinaus noch Milch bekommen haben, die frisch am selben Abend gemolken wurde, enthielt diese vermutlich Melatonin. Denn auch Kühe schütten abends Melatonin aus und geben es über die Milch an ihre Kälber ab. Dasselbe gilt für die Muttermilch von uns Menschen, die am Abend mehr Melatonin enthält und dem Kind dadurch möglicherweise zu einem besseren Schlaf verhilft. Ein Glas Milch kann somit tatsächlich zu einem besseren Schlaf beitragen. Allerdings gibt es auch viele Menschen, die den Milchzucker nicht verdauen können oder bestimmte Milcheiweiße nicht vertragen. Dies kann dann zu Völlegefühl, Durchfall und Blähungen führen und damit auch den Schlaf in Mitleidenschaft ziehen.

Es gibt auch eine Frucht, die viel Melatonin enthält und dadurch schlaffördernd wirkt, nämlich die Sauerkirsche. Wie Studien zeigten, ist die Melatoninkonzentration im Kirschsaft höher als in frischen Kirschen. Wenn Sie Probleme mit dem Einschlafen haben und keine Milch mögen oder vertragen, können Sie sich vor dem Schlafengehen also auch ein Glas Sauerkirschsaft gönnen.

KAFFEE – FREUND ODER FEIND?

Kaffee wirkt nicht nur stark antioxidativ, er hilft durch das in ihm enthaltene Koffein auch gegen Müdigkeit und Erschöpfung. Früher erklärte man dies damit, dass das Koffein den Effekt schlaffördernder Stoffe (zum Beispiel von Adenosin) im Gehirn hemmt. Eine aktuelle Untersuchung zeigt aber, dass Kaffee auch unsere innere Uhr beeinflusst. Wenn man ein paar Stunden vor der normalen Schlafenszeit Koffein zu sich nimmt, verschiebt sich die innere Uhr, die für Müdigkeit zuständig ist, merklich.

In der Studie schluckten die Teilnehmer drei Stunden vor dem angedachten Schlafengehen Koffeintabletten, die dem Koffeingehalt eines starken Espressos entsprachen. Um den Melatoninspiegel zu messen (der abends ansteigt, sobald es dunkel wird, und damit dem Körper signalisiert, dass Zubettgehzeit ist), entnahmen die Wissenschaftler den Probanden alle dreißig Minuten eine Speichelprobe. Es stellte sich heraus, dass die Koffeintabletten den Zeitpunkt, zu dem Probanden für gewöhnlich ihren Melatonin-Höchststand aufwiesen, um etwa vierzig Minuten verschoben hatten.

In weiteren separaten Studien wurden die Versuchspersonen vor dem Zubettgehen drei Stunden lang hellem Licht ausgesetzt (entsprechend der Lichtmenge eines Tages). Das Ergebnis: Die Lichteinwirkung verzögerte den Melatonin-Peak um etwa 85 Minuten. Kombinierte man das Licht noch mit Koffein, trat hingegen keine nennenswerte weitere Verschiebung der Melatoninausschüttung ein als bei ausschließlicher Bestrahlung mit Licht. Die Forscher vermuten, dass die Melatoninausschüttung durch die Lichtbestrahlung bereits maximal verschoben wurde.

Man kann den Schlaf-wach-Rhythmus also nicht nur durch starkes Licht am Abend verschieben und durch helles Licht am Morgen stabilisieren, er kann auch durch den Genuss von Tee und Kaffee beeinflusst werden. Nimmt man morgens koffeinhaltige Getränke zu sich, wird man dadurch nicht nur wach und munter, man setzt damit vermutlich auch seine inneren Uhren in Gang. Das Koffein in der morgendlichen Tasse Kaffee scheint dem Körper zum Beispiel dabei zu helfen, den Tagesrhythmus der Leber in Gang zu setzen – ein Organ, das für den gesamten Stoffwechsel des Körpers eine sehr wichtige Rolle spielt. Morgens ein oder zwei Tassen Kaffee zu trinken, ist also eine richtig gute Sache. Genießt man den Kaffee oder ein anderes koffeinhaltiges Getränk aber am späten Nachmittag, begreift der Körper nicht, dass sich bald der Abend und damit auch die Nacht nähern, und hält sich deshalb lange wach.

Kaffee kann also sowohl Freund als auch Feind sein. Morgens ist er Ihr bester Kumpel, abends hingegen ein Schlafräuber und Uhrenversteller. Es sei denn, Sie steigen in ein Flugzeug Richtung Westen – denn dann können Sie mit einer Tasse Kaffee am späten Abend unter Umständen den Jetlag am Zielort abschwächen.

SPORT UND SEIN TIMING

Körperliche Aktivität stärkt nicht nur Herz und Muskeln, sie beugt auch einer Vielzahl von Krankheiten vor, stabilisiert den Schlaf-wach-Rhythmus und sorgt für einen besseren Schlaf. Entscheidend ist aber, dann Sport zu treiben, wenn es dem Rhythmus unseres Körpers am besten entspricht!

Ist es draußen hell, erteilt die master clock allen anderen Uhren des Körpers den Befehl: »Auf geht’s! Zeit, den Körper hochzufahren und Nahrung ranzuschaffen!«. Wird es abends dunkel und geht auf die Schlafenszeit zu, fährt der Körper langsam in den Energiesparmodus, senkt die Körpertemperatur und ermüdet. Der innere Rhythmus stellt sich auf Entspannung ein und signalisiert dem Gehirn und den Organen im Körper: »Ab ins Bett, es ist Zeit zu schlafen, da Geist und Körper sich von der Wachheit erholen müssen!«

Wenn Sie Ihren Schlaf-wach-Rhythmus optimal unterstützen wollen, sollten Sie vormittags Sport treiben. Denn dann kann man jede Menge Licht tanken, was einen wiederum abends zur rechten Zeit schläfrig macht. Eine neue Studie konnte außerdem zeigen, dass Ausdauersport am Morgen zwischen sieben und acht Uhr oder am Nachmittag zwischen 15 und 17 Uhr unabhängig vom Licht die innere Uhr in Richtung eines Morgenmenschen verstellt. Im Gegensatz dazu wird der innere Rhythmus nach hinten verschoben, wenn man am Abend zwischen 19 und 22 Uhr seine Laufrunde absolviert. Beim Sport schüttet der Körper die Stresshormone Adrenalin und Cortisol aus, außerdem das Glückshormon Dopamin. Diese Hormone machen uns wacher und konzentrierter, erschweren allerdings das Einschlafen. Daher ist es ratsam, körperlich schweißtreibende Trainingseinheiten spätestens drei, vier Stunden vor der Schlafenszeit abgeschlossen zu haben.

Interessanterweise leiden viele Profisportler unter Schlafstörungen. Ein Grund dafür könnte sein, dass Sportveranstaltungen, die eine große mediale Aufmerksamkeit erhalten, wie z. B. Fußball, häufig abends stattfinden. Darüber hinaus steigt der Stresspegel in den Tagen vor einem Wettkampf an und erschwert somit das Ein- und Durchschlafen. Hier hat sich das sogenannte Schlaf-Banking als hilfreich erwiesen, bei dem die Sportler in den Tagen oder Wochen vor dem Wettkampf besonderen Wert auf einen längeren Schlaf als sonst legen. Etwas Ähnliches kann auch vor Prüfungen, wichtigen Meetings oder beruflichen Herausforderungen hilfreich sein.

MACHEN SIE EIN MITTAGSCHLÄFCHEN!

So mancher fühlt sich nach dem Mittagessen schläfrig und würde am liebsten ein kleines Nickerchen einlegen. Man fällt in ein regelrechtes Mittagsloch – und das ist auch ganz normal! Dieses Tief entsteht aber nicht nur, wie viele glauben, weil nun verdaut werden muss und dies müde macht. Hinzu kommt, dass unser Körper generell tagsüber eine kurze Rast einlegt, in der die innere Leituhr einen ruhigeren Takt vorgibt. In dieser Zeit fällt es vielen schwerer, sich zu konzentrieren und wach zu halten. Das Zeitfenster für diese Pause liegt häufig zwischen 13 und 15 Uhr. Kein Wunder also, dass viele in dieser Zeit Mittagsschlaf halten. Es ist auch wirklich wunderbar, sich auf seinem Schreibtischstuhl nach hinten zu lehnen und ein Weilchen zu schlummern, wenn einen die Müdigkeit übermannt. Viele Forscher glauben, dass der Mittagsschlaf ein ganz natürlicher Bestandteil unseres Schlaf-wach-Rhythmus ist und dass der Körper eigentlich darauf ausgelegt ist, zweimal am Tag zu schlafen. Sie gehen davon aus, dass man nicht den einen langen Schlaf am Stück in der Nacht (den sogenannten monophasischen Schlaf) braucht, sondern nach dem Mittagessen ein bis zu zwei Stunden langes Nickerchen halten und dann in der Nacht noch einige Stunden schlafen sollte.