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Über dieses Buch:

Dennis liebt schwere Motorräder und die beiden Rockerbräute Charlie und Blumenkind – aber um deren Gunst zu gewinnen, muss er sich erst vor dem Biker-Chef Massimo beweisen. Und tatsächlich: Kurze Zeit später koksen und ficken die schamlosen Vier, als würde es kein Morgen geben. Das ruft Dennis‘ Mutter auf den Plan. Sie will nicht zulassen, dass ihr geliebter Sohn seine Zukunft für zwei schamlose Fotzen wegwirft. Und wie jede erfahrene Frau weiß sie genau, wie sie Dennis auf den Pfad der Tugend zurücklocken wird. Dabei ist sie doch selbst ein tabuloses Luder, die keine Grenzen kennt …

Maureen Grant veröffentlichte bei venusbooks außerdem den folgenden Roman:

Die Kommandantin – Diese Frau liebt es versaut

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eBook-Neuausgabe Juni 2016

Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Dieses Buch erschien bereits 2004 unter dem Titel Rockerbräute in der Edition Combes

Copyright © der Originalausgabe 2004 Edition Combes im Verlag Frank de la Porte, 96328 Küps

Copyright © der eBook-Neuausgabe 2016 venusbooks GmbH, München

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Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Svyatoslava Vladzimirska

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-96898-018-8

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Maureen Grant

Geiler Liebling – Der Stecher weiß, was sie will

Erotischer Roman

venusbooks

Kapitel 1

Es quält mich. Für einen Jugendlichen wie mich, dem es schon schwerfällt, einen Kugelschreiber oder einen Füllfederhalter zu benutzen, mutet dieses Ding wie ein Relikt aus einer anderen Welt an. Aber in dem Haus, in dem ich seit kurzem lebe, gibt es keinen elektrischen Strom, um einen Computer anzuschließen, und ich bin auf dieses Requisit angewiesen. Es ist eine ganz gewöhnliche weiße Gänsefeder mit einer zugeschnittenen Spitze, die man in ein Tintenfass tunken muss, um damit schreiben zu können. Doch das ist es nicht, was mich wirklich stört. Es sind meine Hände. Es sind meine eigenen Hände, die mich quälen.

Mein Name ist Dennis Turnball. Ich sitze an einem altmodischen Rolladensekretär vor einem Sprossenfenster mit Aussicht auf die Blue Mountains von Pennsylvania und merke, dass meine Hände sich dagegen wehren, die Erinnerung an das Geschehene dem Bogen fein abgeschöpftem Büttenpapier anzuvertrauen, das mir Mrs. Braunegger, die Dame des Hauses, in ihrer grenzenlosen Güte zur Verfügung gestellt hat. Zu vieles ist passiert. Wir, das heißt meine Mutter und ich, haben nicht immer in Brooklyn gewohnt. Als mein Vater noch lebte, besaßen wir ein kleines Haus mit Garage und rasenbedecktem Vorgarten in Tottenville auf Staten Island; mein Vater war Filialleiter eines kleinen Baumarktes an der Main Street unseres Stadtteils und sorgte für uns, wie ein guter amerikanischer Familienvater für seine Familie eben sorgen sollte.

Er stammte – wie meine Mutter – gebürtig aus New Haven, Connecticut, und gehörte einer uralten, angesehenen Familie an, deren Vorfahren noch mit der Mayflower nach Amerika eingewandert waren. Er ist an einem Dienstag in der ersten Dezemberwoche des Jahres 2002 an einem Gehirnschlag gestorben, und ich erinnere mich, dass sich in dem anhaltenden Schneetreiben halb Tottenville auf unserem Friedhof einfand, denn Dad war bei allen unseren Nachbarn sehr beliebt gewesen. Seine Freunde aus dem Bowling-Club kamen, um ihm die letzte Ehre zu erweisen, eine Abordnung der Freiwilligen Feuerwehr, deren Brandmeister er gewesen war, viele seiner Kollegen, Kunden und ehemaligen Schulkameraden und -kameradinnen. Meine Mutter hielt ihr Gesicht hinter einem Netzschleier aus schwarzer Tüllseide verborgen, der von ihrem altmodischen schwarzen Damenhut herunterhing, und sie weinte die ganze Zeit.

So schlimm der frühe Tod meines Vaters auch war; noch schlimmer traf uns im Grunde die Zeit danach. Daddy hatte keine Lebensversicherung mit Mom als Begünstigte abgeschlossen; sein Bankkonto war bis auf knapp 1.300 Dollar leergeräumt, und auf unserem Haus in Tottenville lasteten zwei Hypotheken. Meine Mutter sah sich gezwungen, einen Job anzunehmen und das Haus und unseren 7er BMW an ihre Bank zu verkaufen, um den allergrößten Teil unserer Schulden zu tilgen. Natürlich konnten wir auch nicht in Tottenville wohnen bleiben. Dazu langte Mommys Einkommen beileibe nicht. Mit ihren zweiundvierzig Jahren hatte sie eine schlecht bezahlte Stelle als Kassiererin in einem Supermarkt in Brooklyn gefunden. Das Gehalt und die karge Witwenrente, die sie bezog, reichten so gerade noch, um zwei Mäuler zu stopfen, die monatlichen Raten und die Miete für die neue Wohnung zu bezahlen, aber sehr viel größere Sprünge konnten wir uns nicht mehr erlauben. Jeden Cent, den Mom einsparte, legte sie auf einem gut verzinsten Sparkonto an, damit ich später einmal studieren konnte.

Gewiss, Brooklyn war nicht die Bronx, aber es gab auch in dem Viertel, in dem wir jetzt wohnten, genügend Konfliktstoff, um jeden Augenblick ein Gewitter, einen Sturm, einen Krieg ausbrechen zu lassen. Das soziale Gefälle war beängstigend. Einerseits lebten in Brooklyn die hyperreichen Emporkömmlinge und Finanzjongleure mit ihren maßgeschneiderten Anzügen und Nadelstreifenkostümen, die sich Morgen für Morgen in ihren langgezogenen, chromblitzenden Nobelkarossen über die Brooklyn oder die Manhattan Bridge über den East River quälten, um an der Wallstreet ihren hochdotierten Jobs nachzugehen. Doch es gab auch andere Leute – diejenigen, die auf der Schattenseite des Paradieses geboren worden waren: die Schwarzen vor allem und die Puertoricaner, die Junkies, die illegalen osteuropäischen Einwanderer mit ihren verängstigten Gesichtern, die Stadtstreicher, die bekifften Huren, die Luden und Dealer, die gewalttätigen Jugendbanden. Ich war unter den behutsamen, doch niemals unaufmerksamen Händen meiner puritanischen Mutter zu einem gut erzogenen amerikanischen Jugendlichen herangewachsen, der weder die Highschool noch die Sonntagsschule schwänzte, die Nationalhymne mitsingen konnte und immer seine Hausaufgaben machte. Ich passte in diese Gegend wie eine Nonne in ein Bordell.

Natürlich sorgte Mom sich um mich, denn mit meinen siebzehn Jahren befand ich mich gerade in einem Alter, in dem der Kontakt zur Straße einen bösen Einfluss auf das Leben eines jungen Mannes ausüben kann. Es gab zwei Jugendbanden in unserer Straße, die sich bis aufs Messer bekriegten – die weißen Jungs, die sich ›The Jaws‹ nannten, und die Leute aus der Karibik, die ihre Gang der Einfachheit halber ›Compadres‹ getauft hatten. Selbstverständlich sympathisierte ich mit den Jaws. Als strenggläubige Kongregationalistin hatte mich meine Mutter nicht zu einem Jugendlichen mit Vorurteilen gegen Menschen anderer Rasse oder Hautfarbe erzogen, aber nun merkte sie, dass sie ihren täglichen Kampf gegen den Einfluss der Straße zu verlieren drohte.

Am anderen Ende unserer Straße gab es die William Wendel Wrestling Hall, eine heruntergewirtschaftet aussehende, modrig riechende Turnhalle aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, in der ein Ringerverein, die Brooklyn Alligators, seine Trainingseinheiten absolvierte. Eines Tages sagte meine Mutter zu mir: »Warum gehst du nicht mal in diese Halle und schaust dir die Ringer an? Ein wenig Sport könnte dir nicht schaden, und du würdest die Jungen und Mädchen aus diesem Viertel kennenlernen, die sich nicht zu kriminellen Jungenbanden zusammengeschlossen haben.«

»Ich interessiere mich nicht fürs Ringen, Mommy«, erwiderte ich.

»Vielleicht kommt das Interesse noch«, meinte Mom. »Die Alligators ringen im griechisch-römischen Stil. Das ist eine olympische Sportart. Vielleicht wirst du mal so berühmt wie Ted Seabrooke oder sogar Ed Gallagher.«

Beide Namen sagten mir nichts, doch ich war, wie schon erwähnt, gut erzogen worden, und da ich meine Mutter wie keinen anderen Menschen auf der Welt liebte und ihr niemals eine Bitte ausschlug, beschloss ich, am nächsten Tag die Ringerhalle aufzusuchen und mich beim Manager oder dem Trainer der Alligators vorzustellen.

Zugegeben, ich war kein besonders großer Ringer. Doch die Alligators waren auch kein besonders großer Verein. Mr. Vanish, dem der Club gehörte, war nicht nur dessen Präsident, Manager, Zeugwart und Trainer in Personalunion, sondern besaß auch eine starke soziale Ader. Zur Zeit des Vietnamkrieges hatte er ein riesiges Vermögen in der Rüstungsindustrie verdient (mit dubiosen Waffengeschäften, wie die Leute von Brooklyn hinter vorgehaltener Hand munkelten), und jetzt, mit Vierundsechzig, wollte er mit seinem Vermögen seinen Teil dazu beitragen, dass die Kids von der Straße kamen. Die alltägliche Kleinkriminalität, die Bandenkriege, die illegale Prostitution, die Arbeitslosigkeit, das Leben in halbzerfallenen Häusern und die verwahrlosten Jugendlichen: Mr. Vanish beharrte auf seinem Standpunkt, dass es um Amerika heute besser stünde, wenn sich die Leute mehr um die Jungen und Mädchen kümmern und sie früh in die sozialen Pflichten eines Sportvereins einbinden würden.

Im ersten Monat meiner Mitgliedschaft in diesem Club musste ich für die anderen Jungs in meiner Gewichtsklasse als Sparringspartner herhalten, und die machten sich, wie Jugendliche eben sind, einen Mordsspaß daraus, mich mit perfekten Schulterwürfen oder sonstwie auf die Matte zu befördern. Doch ich hatte Blut geleckt und trainierte hart. Ich wollte den griechisch-römischen Stil genauso perfekt beherrschen wie meine Mannschaftskameraden. Als junger Mann mit einem gesunden Selbstvertrauen hasste ich es, als Fußabtreter benutzt zu werden, und außerdem gab es in der Mädchenmannschaft der Alligators eine langbeinige, kleine Blondine mit einem süßen Stupsnäschen im Gesicht, auf die ich ein Auge geworfen hatte.

Im Film und in den bunten Comic Books ist der Verlierer, der Loser, die interessantere Figur als der jugendliche Liebhaber, weil er unser Mitleid weckt und weil wir uns insgeheim selbst in ihm wiedererkennen.

Doch im wirklichen Leben hat der Underdog bei den Mädchen weniger Chancen als der muskelbepackte Beau, der als Gewinner aus dem Ringraum geht.

Sie hieß Jennifer Winterset (wie der Geburtsort von John Wayne), ging noch auf die Highschool und war nicht ganz ein halbes Jahr jünger als ich, makellos schlank, mit endlos langen, kerzengeraden Beinen, kleinen, doch festen Brüsten und einem schönen ovalen Gesicht, das seine skandinavischen und walisischen Wurzeln nicht verleugnen konnte, aber vor weiblicher Anmut strotzte. Jennifer sah immer frisch gewaschen und geföhnt aus, selbst nach dem härtesten Kampf. Sie war so rein wie ein Gebirgsbach in den Rocky Mountains an der Quelle. Ich fand, dass Jennifer Winterset das hübscheste Mädchen der ganzen Straße war. Sie trug weder Piercing noch ›schmückten‹ schrille Tattoos ihren Rücken oder ihre köstlichen Teenagerschenkel. Am allermeisten freilich faszinierten mich ihre großen, haselnussbraunen Rehaugen, die winzigen, Y-förmigen Grübchen rechts und links in ihren ewig zartgebräunten Wangen – und dann natürlich dieser kleine rosenfarbene Mund mit dieser unnachahmlichen Spur von Sinnlichkeit.

Eines Nachmittags war ich beim Training wieder einmal von einem meiner Mannschaftskameraden geschultert worden und kroch wie das schon sprichwörtliche Häufchen Elend auf allen vieren von der Matte, um meine Wunden zu kühlen. (Diese Wunden waren eher seelischer denn körperlicher Natur.) Jenny saß in ihrem engen, anthrazitgrauen Trainingsanzug auf der anderen Seite der Ringerhalle und schlürfte mit einem langen, weißrot längsgestreiften Plastikhalm eine gelbe Zitronenlimonade aus einem Pappbecher.

»Mickey Cooper hat dich ganz schön verdroschen«, bemerkte sie, dann tauchte sie den Trinkhalm wieder in ihr kleines Puppenmündchen und sog mit eingehöhlten Wangen Schluck um Schluck, ohne einmal abzusetzen.

Ich hatte das eigenartige Gefühl, jeden Knochen in meinem Körper einzeln zu spüren. Unter Jennys mitleidigem Blick setzte ich meinen Kopfschutz ab und schleuderte ihn wütend auf den Boden. Ich spürte den gallenbitteren Geschmack von Blut im Mund, und als ich mit der Hand über meinen Unterlippe fuhr, entdeckte ich einen roten Fleck auf meiner Fingerkuppe.

»Kann man wohl sagen«, ächzte ich und sackte verschwitzt und halb zu Tode erschöpft neben Jenny auf die hölzerne Plankenbank, die den Ringraum an drei Seiten wie eine Galerie umschloss. »Ich werde niemals ein guter Ringer. Mickey ist ein Handtuch im Vergleich zu mir, und er wirft mich auf die Matte, als wäre ich ein Bündel aus Watte! Du machst dich über mich lustig, nicht wahr?«

Jennifer lächelte. »Wenn ich je das Bedürfnis verspüre, mich über dich lustig zu machen, werde ich dich vorher darüber informieren. Du fängst ja gerade erst mit dem Ringen an. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Nächstes Jahr wirst du die ganze Bande der Reihe nach auf die Matte schmettern!«

Ich tupfte mir das Blut mit einem weißen Kleenex aus dem Mundwinkel und wischte mir anschließend den Schweiß aus den Achselhöhlen und von der Brust. So saßen wir eine halbe Stunde schweigend nebeneinander, berührten uns mit Beinen, Hüften und Oberarmen und beobachteten das Geschehen auf den Ringmatten, Jenny am Plastikhalm schlürfend, ich meine Unterlippe tupfend.

Im Training der Alligators ging ein Ringkampf über drei Runden zu jeweils zwei Minuten. Die erste Runde begannen beide Ringer im Stand. Das war eine neutrale Kampfstellung, die keinem von beiden zu einem Vorteil verhalf. Vor der zweiten Runde durfte sich einer der beiden Gegner dafür entscheiden, ob er in der Boden- oder in der Oberlage anfangen wollte, und zu Beginn der dritten Runde ging dieses Recht dann an den anderen Ringer über. Ich merkte, dass Jenny sich nicht gegen unseren Körperkontakt wehrte. Sie ließ es zu, dass wir uns mit Beinen, Hüften und Oberarmen berührten! Meinen Handflächen begannen zu schwitzen, aber es gelang mir, meine Schüchternheit gegenüber den Mädchen zu überwinden und mit klopfendem Herzen Jennifer eine Frage zu stellen.

»Würdest du … würdest du heute Abend mit mir ins Kino gehen?«, kam es scheu über meine inzwischen verschorfte Unterlippe.

»Warum das?«

»Einfach nur so«, antwortete ich mit einem Schulterzucken. »Du bist das hübscheste Mädchen, das mir in meinem Leben je begegnet ist, und du schaust dir ganz bestimmt einen lustigen Film mit Meg Ryan oder Julia Roberts an.«

»Wir kennen uns kaum.«

»Das kann sich doch ändern«, behauptete ich. »Ich verspreche dir, dass ich nicht an dir herumfummeln werde. Nach dieser Niederlage würde es einfach mein Selbstwertgefühl steigern, mit einem Mädchen wie dir auszugehen.«

»Aber ich werde vorher meine Mutter anrufen, damit sie weiß, wo ich mich aufhalte.«

»Einverstanden«, meinte ich.

»Ich suche den Film aus.«

»Einverstanden«, wiederholte ich.

Jennifer zerknüllte ihren weißen Pappbecher und warf ihn gekonnt in einen Drahtgitterabfallkorb.

***

Gegen Abend fanden wir in der Nähe der prachtvollen Grand Army Plaza ein Kino, in dem eine altmodische Liebeskomödie mit Meg Ryan und Tom Hanks lief. Es war so ein Kino mit Aircondition, in dem es auch Getränke und kleine Imbisse zu kaufen gab und in dem geraucht werden durfte. Jenny und ich rauchten beide nicht; dafür lud ich sie von meinem knapp bemessenen Taschengeld zu einem Glas Pepsi-Cola und einem riesenhaften Hot Dog mit Senf und Tomatenketchup ein.

Der Film erwies sich nicht so richtig nach meinem Geschmack. Mit meinen siebzehn Jahren war ich mehr auf Science Fiction und rasante Actionfilme mit Andy Garcia oder Tom Cruise fixiert. Doch Jennifer schien ganz gerührt. Hin und wieder sah ich es im Dunkel des Vorführraums in ihren Augen nass funkeln. Dazu schnupfte sie unablässig. Wie schön Jenny war! Wie phantastisch sie duftete! Ich reichte ihr ein Papiertaschentuch.

An diesem lauen Abend im zweiten Julidrittel des Jahres 2003 trug Jennifer so einen hyperkurzen Sweat-Minirock, der vorne so gerade noch den Zwickel ihres weißen Baumwollhöschens (und hinten ihren süßen Popo) bedeckte. Trotz der Dunkelheit sah ich in den staubgeschwängerten, mal breit-, mal spitzwinkligen Scheinwerferkegeln der Filmprojektoren ihre kleinen, spitzen Wonnebrüstchen, die von innen zwei kleine Kuppen in ihr Shirt stemmten.

Ich würde sie gerne einmal nackt sehen, dachte ich. Ganz bestimmt rasiert sie ihre Achselhöhlen und ihr süßes Schlitzchen. Meine Mutter rasierte schon seit vielen Jahren ihre Achseln nicht mehr, und ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie sehr ich als kleiner Junge von den beiden schwarzen Pelzen unter ihren dicken, sommersprossigen Armen fasziniert gewesen war, wenn sie an den heißen Tagen des Sommers leichte, halb durchscheinende Kleider ohne Ärmel, sondern mit Spaghettiträgern getragen hatte. Ja, um ehrlich zu sein, es prickelt heute noch ganz leicht in meinen Hoden, wenn ich mir die alten, geruhsamen Tage von Tottenville ins Gedächtnis rufe.

Erneut wandte ich meinen Kopf fast unmerklich zur Seite und betrachtete Jenny, die gebannt und mit funkelnden Augen das Geschehen auf der Leinwand verfolgte, ein weiteres Mal. Meg Ryan tippte gerade eine E-Mail an Tom Hanks in ihr schwarzes Notebook, in der sie sich über einen rücksichtlosen Buchgroßhändler beschwert, der ihrem winzigen Buchladen in Greenwich Village die Luft zum Atmen abschneidet (Hanks ist diese gewissenlose Kanaille selbst).

Mein Blick sank an dem makellosen Körperchen Jennifers hinunter, über die quergestreiften Rippenbündchen ihres Oberteils, verharrte für eine Weile auf ihrem Schoß, dann glitt er über ihre atemberaubend schönen, unbestrumpften Oberschenkel, und ich musste ein weiteres Mal trocken schlucken. Es stimmte haargenau, was meine Mutter immer sagte: Es gab in der Tat auf der ganzen Welt keine schöneren Mädchen als die amerikanischen. Jennifers Beine standen so fest beieinander, dass keine Rasierklinge zwischen ihnen Platz gefunden hätte. Ich merkte, dass meine Handflächen wieder zu schwitzen anfingen. (Dafür trocknete, wie immer, wenn ich aufgeregt bin, mein Mund aus.)

Wie es wohl ist, sie zu küssen?, schoss es mir plötzlich durch den Kopf.

Trotz meiner siebzehn Jahre war es mir bis zu diesem Augenblick nicht vergönnt gewesen, einem Mädchen den Hof zu machen. Niemand in Tottenville hatte mich je mit einer Freundin an der Hand über die Main Street unseres beschaulichen Vororts schlendern gesehen. Dabei, fand ich, sah ich für einen Jungen wirklich nicht schlecht aus, und ich interessierte mich auch konkret für das andere Geschlecht. (Ich bin nicht ganz einen Meter neunzig groß, und meine Mutter behauptet, ich sei von durchaus athletischer Statur.) Doch wie es bei jungen, unerfahrenen Männern so häufig der Fall ist, nahm ich damals die Blicke der Mädchen und jungen Frauen nicht wahr oder verstand es nicht, ihre getarnten erotischen Signale unmissverständlich zu deuten – diese berühmte Körpersprache der Sexualität, mit der eine Frau ihre Bereitschaft zu einem Kontakt bekundet: die scheinbar unbewusste Korrektur des Gürtels, der Länge ihres Rockes oder der Sitz ihrer Frisur, die Zurschaustellung ihrer Beine und ihres Busens, das zufällige Hantieren an den Ohrringen, um sich ins rechte Licht zu rücken.

Jennifer schien meine Gedanken erraten zu haben, denn plötzlich wandte sie mir ihr Gesicht zu und entblößte ihre schneeweißen Zähne zu einem kecken halben Lächeln. Mir stockte der Atem. Jennifer lächelte mich an … mich, den ewigen Verlierer, den Jungen, der den Lonesome Cowboy spielte, während die anderen Kinder unserer Straße gemeinsam im Swimmingpool ihrer Eltern planschten! Gleichzeitig schlug sie ihre Prachtschenkel übereinander und sandte mir auf diese Weise ein weiteres eindeutiges erotisches Signal zu – ohne dass ich damals dessen Bedeutung begriff.

***

Jennifer wohnte in einem viktorianisch anmutenden Backsteinhaus aus der Zeit um die Jahrhundertwende, das nur einen Katzensprung von unserer Wohnung entfernt die Zufahrt zum Parkplatz jenes Supermarktes bewachte, in dem meine Mutter acht Stunden am Tag und fünfmal in der Woche hinter der Kasse saß. Ganz gentlemanlike brachte ich die Siebzehnjährige nach der Vorstellung bis zu ihrem Hauseingang und stopfte mir vor der Treppe zu ihrer Haustür vor lauter Verlegenheit beide Hände in die Taschen meines Blazers. Links und rechts neben der Treppe standen zwei vollgestopfte, senkrecht gerillte amerikanische Mülltonnen mit Deckeln aus Blech. Aus irgendeinem offenen Fenster hämmerten die verzerrten Bässe eines Ghettoblasters einen Rap.

»Sehen wir uns morgen?«, wollte ich wissen.

»Das wird sich nicht vermeiden lassen, wenn du zum Training kommst«, meinte Jennifer und schenkte mir wieder ihr eigenartiges halbes Lächeln.

»Um drei im Ringraum?«

»Um drei, einverstanden.«

Mein Herz machte einen Satz. Ich kam mir unwahrscheinlich männlich vor. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich mich mit einem Mädchen zu einem Date verabredet – und das auch noch mit dem zauberhaftesten Geschöpf von ganz Greater New York!

»Vielleicht … vielleicht gehen wir nach dem Training noch in eines dieser kleinen Bistros und trinken eine Cola?«

»Aber nur, wenn ich bezahlen darf!«

»Einverstanden!«

Vielleicht sollte ich sie zum Abschied küssen, dachte ich, aber Jennifer kam mir zuvor. Auch jetzt schien sie wie eine Telepathin in meinen Gedanken lesen zu können. Sie machte einen Schritt auf mich zu, legte eine Hand auf meine Brust und schmatzte mir einen dicken Kuss auf die rechte Wange. Ich merkte, dass mein Blut in Wallung geriet, und ich spürte meinen Puls gegen meine Schläfen klopfen.

»Gute Nacht«, sagte sie noch. »Ich freue mich schon auf morgen.«

»Ich auch«, erwiderte ich noch ganz benommen.

Jennifer Winterset ging die Treppe hinauf und kramte ihren Hausschlüssel aus ihrem kleinen Pompadour, den sie als Handtasche benutzte. Nur einen Wimpernschlag später war sie im Haus verschwunden, und ich sah in den Leiterfenstern links und rechts neben der Tür, dass im Treppenhaus Licht gemacht wurde.

***

Ich befand mich gewissermaßen in einer Hochlaune und war ganz romantisch gestimmt, als ich zehn Minuten später unsere Wohnung betrat. Ich hätte die ganze Welt umarmen können, und wenn ich ein Mann wie Donald Trump gewesen wäre, hätte ich eine Milliarde Dollar für die hungernden Kinder in Afrika gespendet. Zum ersten Mal in meinem Leben erkannte ich, was es hieß, auf den schon sprichwörtlichen rosa Wolken zu schweben. Unablässig flatterte eine Wolke Zitronenfalter durch meinen Bauch. Es gab keinen Zweifel: Ich hatte mich verliebt.

Meine Mutter saß mit übereinandergeschlagenen Beinen und in Nachthemd und durchscheinendem Negligé auf der Wohnzimmercouch und las in einer Frauenillustrierten einen Artikel über Prinzessin Máxima und die Intrigen am niederländischen Königshaus. Im Fernseher lief ein Werbespot für ein italienisches Olivenöl, aber Mom hatte den Ton heruntergedreht, wohl, um ungestört lesen zu können, aber den Anfang der 23-Uhr-Nachrichten nicht zu verpassen. Vor ihr auf dem Wohnzimmertisch lag in griffbereiter Nähe die schwarze Fernbedienung.

Als ich das Zimmer betrat, blickte meine Mutter auf und zog erfreut ihre schlanken, schwarzen Augenbrauen hoch. »Du bist aber spät«, wunderte sie sich und lenkte ihren Blick wie unwillkürlich auf unsere schwere Standuhr aus Kentuckyahorn. »Es ist kurz vor elf. Komm und gib deiner alten Mutter einen Schmatz auf den Mund.«

Wie schon erwähnt, liebte ich meine Mutter wie keinen zweiten Menschen auf diesem Stern, aber im Grunde meines Herzens schämte ich mich, denn ich hielt mich schon für zu alt, um ihr jeden Abend einen Kuss auf den Mund geben zu müssen. Damals fand ich das einfach mädchenhaft. Doch an diesem Abend war ich einfach zu gut gelaunt, um ihr diesen Wunsch abschlagen zu können. Wie ein kleiner, gehorsamer Junge ging ich um den Tisch und beugte mich zu ihr hinunter. Mom hob ihr Gesicht, und unsere Lippen trafen sich wie gewohnt mit einem nassen Schmatzen.

»Wo bist du gewesen?«, wollte sie von mir wissen, während ihre warme Hand sanft über mein Gesicht fuhr.

»Im Kino.«

»Alleine?«

»Jennifer Winterset war dabei.«

»Jennifer Winterset von den Wintersets aus dem nächsten Block?«

»Richtig.«

»Das sind anständige Leute«, entwich es meiner Mutter voll Anerkennung. (Vera Winterset, Jennifers Mutter, war eine der ersten Frauen in unserer neuen Wohngegend gewesen, mit denen Mommy so eine Art Freundschaft geschlossen hatte.)

»Jenny ist auch ein anständiges Mädchen«, erwiderte ich empört.

»Ich weiß, sie ist sehr hübsch. Ich bin stolz auf dich, Liebling. Um ehrlich zu sein, ich hatte mir schon Sorgen um dich gemacht. Du weißt, wie Mütter sind. Ich habe dich noch nie mit einem Mädchen gesehen. Die Zeiten sind anders geworden. Ich hatte schon Angst, dass du nur auf … äh! … Jungen stehst …«

»Aber nein, Mommy«, beruhigte ich sie. »Mädchen sind mir schon lieber.«

»Das freut mich zu hören«, entgegnete Mom erleichtert. Sie schob ihren Kopf vor und küsste mich ein zweites Mal auf den erhitzten Mund – diesmal vollkommen überraschend und offenbar mit derselben Spontaneität, mit der Mütter ihre kleinen Babys unablässig auf den Mund oder auf die Wangen küssen müssen. Ich spürte, dass mir die glühende Hitze jäh ins Gesicht schoss. Meine Ohrmuscheln begannen zu glühen. Ihr lindgrünes Negligé, das haargenau zu ihren smaragdfarbenen Augen passte, stand offen. Aus meiner Perspektive konnte ich genau in ihr tiefes, hufeisenförmiges Dekolleté sehen, in dem sich Mommys nackte Riesenbrüste auf ruhigen Atemzügen hebend und senkend bewegten. Auf beiden Brüsten prangten mehrere stecknadelkopfgroße braune Pigmentmale und Linsenflecke. Mommy war eben keine Plastikschönheit aus dem Schaufenster, sondern eine Frau aus Fleisch und Blut.

»Halt dir Jennifer warm«, beschied sie mir. »Das wird mal eine prächtige Ehefrau und gute Mutter, wenn sie mal verheiratet ist!«

»Okay, Mom«, war alles, was mir in meiner Verlegenheit als Antwort einfiel. Es gelang mir einfach nicht, meinen Blick von den schneeweißen Brüsten meiner Mutter loszureißen. In den halb durchsichtigen Körbchen ihres knöchellangen, ebenfalls lindgrünen Nachthemdes glaubte ich ihre braunen Warzenmonde zu erkennen, und dieser heiße Anblick sandte ein angenehmes, leichtes Ziehen tief hinein in meinen Hodensack.

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