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Über dieses Buch:

Maria hat gesündigt! Von der Gesellschaft für ihre hemmungslose Natur geächtet, kann sie nur noch ins Kloster fliehen. Doch wer hätte gedacht, dass ihre Dauergeilheit gerade hier befriedigt wird? Denn die junge Nonne Agneta ist unschuldig in jedem Sinne – nimmt aber gierig alles an, was Maria ihr gibt. Bald schon beginnen die beiden, sich nach harten Schwänzen zu sehnen. Maria beschließt daher, Agneta mitzunehmen – auf eine Reise jenseits aller Tabus. Dabei hat Maria schon einen ganz besonderen Mann für Agneta im Auge …

Nicolas Dinard veröffentlicht bei venusbooks außerdem die folgenden Romane:

Tabulose Liebesschule
Drei geile Frauen wollen’s wissen
Mein verbotener Liebhaber
Sünde pur – Meine Tante, das Luder

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eBook-Lizenzausgabe November 2017

Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Dieses Buch erschien bereits 2016 unter dem Titel Süß wie Honigtau bei Edition Combes.

Copyright © der Originalausgabe 2016 Edition Combes im Verlag Frank de la Porte, 96328 Küps

Copyright © der eBook-Lizenzausgabe 2017 venusbooks GmbH, München

Copyright © der aktuellen eBook-Lizenzausgabe 2020 venusbooks Verlag. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/evgeny varlamov

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)

ISBN 978-3-95885-845-9

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Nicolas Dinard

Reife Lust – Sie weiß, was Männer wollen

Erotischer Roman

venusbooks

Kapitel 1

Hatte sie sich das wirklich gut überlegt? Ein Kloster für den Rest des Lebens? Und wie sollte ihr Leben darin aussehen? Früher hätte sie sich bei dem Gedanken geschüttelt. Meterdicke Steinmauern, eine verschwiegene Gesellschaft von Nonnen, Glaubenshuldigungen, die mit ihrer Einstellung zur Religion nicht in Einklang zu bringen waren, die Aufgabe des Berufes und vor allem der Abschied von ihren Kindern auf immer. Was tat Maria Theissen da nur?

Ein Sabbatical, ein Jahr der Ruhe und Besonnenheit, in dem man Sorgen und Probleme bewältigte, um hinterher gestärkt ins Leben zurückzukehren – das war ihre ursprüngliche Vorstellung gewesen, um mit sich und ihren beiden Kindern Max und Rebecca wieder ins Reine zu kommen. Aber jetzt plötzlich der Wandel. Kutte für immer hatten ihre Bekannten gespottet, und am Arbeitsplatz begriff man die Welt nicht mehr. Wie konnte sich eine so attraktive, lebensfrohe, selbständige, starke Frau zu so einem Schwachsinn hinreißen lassen! Ja, wie konnte sie ihr Leben mit einundvierzig Jahren so wegwerfen? Wenn sie wenigstens noch gläubig gewesen wäre! Aber sie war alles andere als das. Ihr letzter Kirchgang war vor zehn Jahren gewesen, als sie die Kinder zur Weihnachtsmesse begleitet hatte. Danach fanden weder Glauben noch Kirche statt. Sie wusste ja nicht einmal, wie der Pfarrer ihrer Gemeinde hieß.

***

Sie fühlte sich wie am Eingang zur Hölle, als sie das Seil betätigte, das die schwere Glocke an der Eingangstür zum Kloster Eschenbach in Bewegung setzte. Aber sie fühlte auch eine Art Befreiung, als sie auf die massive Eichenholztür starrte, hinter der sie ein Leben vorfinden würde, das ihr all das ersparte, was sie in den letzten Monaten mitgemacht hatte. Endlich Sicherheit, dachte sie. Endlich kein Gericht mehr, keine Presse, kein Gerede, keine Scham, keine Peinlichkeiten für sie und ihre Kinder, keine Nachbarn, die mit dem Finger auf sie zeigten. Niemand, der über ihre Vergangenheit reden würde, es sei denn, sie selbst tat es.

Wie in Zeitlupe öffnete sich die schwere Tür. Sie hatte erwartet, dass sich das kleine Fenster in Augenhöhe öffnen würde, aber es blieb verschlossen. Man wusste ja, dass sie es war, die man erwartete.

»Sie sind gewiss Maria?«, fragte eine ältere Ordensschwester und bat sie mit einem Handzeichen herein.

Maria nickte, schürzte ihren Rock und stieg über die Schwelle. Dann drehte sie sich um und griff nach ihrem Köfferchen. Er enthielt ein paar Habseligkeiten und einfachste Baumwollunterwäsche, die sie sich noch hatte kaufen müssen. Die seidenen Höschen und alle Wäsche mit Spitze oder in auffälligen Farben waren ihr ausdrücklich verboten worden, was sie leicht akzeptieren konnte. Schließlich hatte sie sich genau informiert, was sie für den Rest ihres Lebens zu erwarten hatte. In der Seitentasche hatte sie noch schnell eine Fotografie von ihren Kindern Max und Rebecca verstaut. Max war siebzehn und ging auf die achtzehn zu, Rebecca ein Jahr jünger. Beide besuchten das Gymnasium.

Alle hatten sich gefragt, wie sie als Mutter es nur fertigbringen konnte, ihre beiden minderjährigen Kinder zu verlassen beziehungsweise in die Obhut der Großeltern zu geben und ins Kloster zu gehen.

Es war zwar nichts Ungewöhnliches, aber nach dem, was vorgefallen war, hätte der mütterliche Beistand den beiden mit Abstand besser getan.

In der festen Überzeugung, nie wieder über den schicksalsschweren Vorgang, der ihr Leben so sehr verändert hatte, zu reden, ließ sie die eichene Tür hinter sich ins Schloss fallen.

***

Die ersten Tage im Kloster waren für Maria schwer. Alles war ungewohnt, die frühe Weckzeit, die stündlichen Gebete, die Art und Weise, wie das Essen zubereitet wurde, der Verzicht auf Kaffee und Süßigkeiten. Doch in einer solchen Einrichtung, das war ihr von Anfang an klar, würde man eine Zeit brauchen, um sich einzugewöhnen, und dann lebte man genauso gut und zufrieden, wie sie es früher mit all den kleinen Luxusgütern getan hatte. Entbehrung, das lernte sie schnell, war eine Sache der Einstellung, und wer die richtige gefunden hatte, fand schnell zu seinem Glück.

Die Schwestern des Ordens galten, rechnerisch gesehen, demografisch als überaltert wie in beinahe jedem Kloster im Lande. Und tatsächlich war es so, dass Schwester Agneta die einzige unter fünfzig Jahren war. Dazu sie als Novizin. Alle anderen gingen eher auf die sechzig, drei sogar auf die siebzig zu.

So war es nicht verwunderlich, dass sich Maria schnell mit Agneta anfreundete. Gleich und Gleich gesellt sich gern, heißt ein berühmtes Sprichwort. Es traf auch hier hinter den dicken Sandsteinmauern zu. Obwohl eine Gemeinschaft von Ordensschwestern, wie Maria sie hier angetroffen hatte, wahrlich andere Daseinsschwerpunkte hatte als Neid untereinander und Cliquenbildung, fanden sich die beiden, als hätte eine auf die andere gewartet.

Kapitel 2

»Willst du wirklich nicht darüber sprechen, Maria?«

»Nein, Agneta. Schön, dass du dich so sehr um mich sorgst, aber ich muss allein damit fertig werden.«

»Geteiltes Leid ist halbes Leid«, wandelte Agneta das berühmte Sprichwort ab. »Du kannst das nicht für alle Zeiten in dich hineinfressen, Maria. Letzten Endes landest du noch in der Registratur, und das will ich auf gar keinen Fall.«

Die Registratur war der Ort im Kloster Eschenbach, der von allen Schwestern gemieden wurde. Er bestand aus einem verliesartigen riesigen Gewölberaum, der sehr trocken war und deshalb die Dokumente und die alten Folianten des Klosters beherbergte, die zu benutzen einer Sondererlaubnis bedurfte. Eichenholzregale, die wahrscheinlich gleich nach der Fertigstellung des Hauptgebäudes im 14. Jahrhundert installiert worden waren, zierten die Wände. Sie maßen um die hundert laufende Meter, und dort, wo die Wände nicht ausreichten, waren die Regale Rücken an Rücken in die Mitte des Raumes gestellt worden.

Der Raum war deshalb so trocken und für die Lagerung so gut geeignet, weil er keine Außenmauern hatte. So war er stets vor Witterungseinflüssen von draußen geschützt, so schlimm sie auch sein mochten. Allerdings gelangte auch kein einziger Sonnenstrahl in das Innere, was zweifellos damals gewollt war, denn Licht ist bekanntermaßen der Feind von Papier. Altersbeständige, UV-sichere Papiervarianten gab es ja erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Die Registratur machte auch aus den leidensfähigen Klosterbewohnerinnen angeschlagene Menschen. Wer nach einer längeren Arbeitszeit von dort unten wieder ans Tageslicht kam, scheute die Helligkeit wie eine Fledermaus, obwohl die Sehnsucht nach Tageslicht groß war. Und manche, die nach Wochen intensivster Dokumentenpflege wieder nach oben kam und ihren Dienst in normal beleuchteten Räumen versah, hatte man sogar nachgesagt, dass sie sich einen Knacks geholt hatte. Kein Wunder, denn die Arbeit in diesen heiligen Katakomben wurde von der obersten Klosterleitung als Trainings- und Disziplinarmaßnahme verordnet. Hinter vorgehaltener Hand wurde sogar von einem hausinternen Straflager gesprochen, beides freilich nicht in diesen Tagen, sondern in den ersten dreihundert Jahren nach seiner Gründung. Sein Ruf war so gefestigt, dass eine Nonne bei einer Verletzung der Klosterordnung alles in Kauf nahm, um die Arbeit in der Registratur zu verhindern. Dem Aufenthalt in dem steinernen Verlies war nämlich noch eigen, dass die verbannte Nonne keinerlei Gesellschaft hatte, sondern ihre Arbeit allein verrichten musste. Einzige Abwechslung waren die gemeinsamen Gebetsstunden und das Essen.

»Wer möchte da schon hin. Mir wird schon Angst, wenn ich nur etwas da hinunterbringen und abstellen muss. Vielleicht reden wir später einmal darüber, Agneta, ich werde dir eines Tages alles erzählen, aber ich glaube, ich brauche vorerst noch ein bisschen Zeit für mich.«

»Wie du willst, aber warte nicht zu lange. Ich mag dich so sehr, dass ich dich nicht leiden sehen kann. Es bricht mir das Herz.«

»Sei unbesorgt, ich überstehe das schon. Woher weißt du eigentlich, dass ich ein so großes Problem mit mir herumtrage?«

»Ich weiß es eben«, gab sie kurz zur Antwort.

»Das wundert mich. Ich habe keinem Menschen dar­über auch nur ein Wort gesagt. Auch nicht bei der Aufnahme.«

»Ich habe auch keinerlei Ahnung, was dich umtreibt. Ich weiß nur, dass da etwas ist. Aus den Umständen lese ich aber heraus, dass du nicht ganz freiwillig hier bist. Es muss etwas passiert sein.«

»Es gibt immer einen Grund, sich für diese heilige Stätte zu entscheiden. Ihr fühlt euch berufen, weil euer Glaube so stark ist und ihr die Klostergemeinschaft sucht, bei mir ist es nicht ganz so. Da kommt noch etwas anderes hinzu. Etwas Weltliches, dem ich entfliehen will. So viel will ich dir verraten, aber bitte behalt auch das für dich.«

»Ist schon in Ordnung, Maria, ich will ja nichts aus dir herausquetschen.«

»Danke für deine Fürsorge. Das ist sehr lieb von dir.«

Sie lächelten sich zu. Agneta wäre außerhalb der Klostermauern eine attraktive Frau, fand Maria. Hier, wo man ein Gesicht ohne jegliche Schminke sah, konnte man die natürliche Schönheit und die wahren Züge eines Menschen am besten beurteilen.

Als Agneta aufstand und zur Tür ging, drehte sie sich noch einmal um, ohne etwas zu sagen, dann verließ sie den Raum. Maria war im Moment ganz verwirrt. Agnetas Auftreten stand so ganz und gar nicht auf ihrem Plan. Schließlich war sie hierher gekommen, weil sie ihre Vergangenheit aufarbeiten und sich von ihr befreien wollte. Jetzt drängte sie dieser liebenswürdige Mensch dazu, an ihren Problemen teilzuhaben. Dann hätte sie gleich zu einem Psychiater gehen können, schloss sie.

Die Frage, ob es klug war, sich gegenüber Agneta zu outen, wenn auch nur mit einer Andeutung, beschäftigte sie die ganze Nacht. Eigentlich konnte sie sich glücklich schätzen, jemanden gefunden zu haben, der sich anbot, ihr zu helfen. Andererseits barg die Vertrautheit zu einer anderen Nonne ohne Rücksicht, ob es sich um Agneta oder eine andere Schwester handelte, immer ein Risiko. Und das bezog sich nicht nur darauf, dass ihre Geschichte bekannt wurde, was ihr zutiefst peinlich sein würde. Nein, die größere Gefahr lag darin, dass man äußerlich Verständnis zeigte und mitfühlte, im Inneren aber eine Abneigung gegen sie entwickelte, die sich dann im täglichen Umgang zeigen würde. Das käme einem nimmer endenden Spießrutenlauf gleich. Schließlich war sie kein »Eigengewächs« des Klosters, das als junge Frau eingetreten und über Dekaden hinweg mustergültige Nonne gewesen war. Sie war das, was man in der Wirtschaft als Quereinsteigerin bezeichnen würde. Solche Menschen wurden nur in Ausnahmefällen aufgenommen, wenn nämlich das menschliche Schicksal so erdrückend war, dass wirklich nur noch die Klostermauern halfen. Zudem benötigte sie die Empfehlung eines Kirchenmannes, der sozusagen als Bürge für die moralische Qualität der Bewerberin auftrat. Diesen Mann hatte sie in einem ehemaligen Schulfreund gefunden, der in der Landessynode seinen Dienst an hoher Stelle tat.

Agneta!

Wäre ihr diese Frau in ihrem Leben außerhalb der Klostermauern begegnet, sie wären die dicksten Freundinnen geworden. Agneta war eine von diesen Personen, die man anschaut und bei der man sofort weiß, dass die Chemie stimmt. Für ihre sechsunddreißig Jahre kam sie Maria sehr reif und vernünftig vor, nicht vorlaut, eher zurückhaltend, nicht aufdringlich und unglaublich sensibel, ehrlich und vertrauenerweckend. Sie hätte im nichtkirchlichen Leben den Prototyp einer gutaussehenden, liebenden Ehefrau abgegeben, die nur für ihren Mann und die Kinder da war.

Komisch, dachte Maria, dass man sich auf Anhieb ein solches Bild von einem Gegenüber bildet, und bei anderen kriegt man nach zwanzig Jahren nicht einmal die Hälfte davon hin. So war es ihr bei manchen Kollegen an der Arbeit gegangen. Man hatte sie jeden Tag vor Augen gehabt, mit ihnen geredet, gelacht, bisweilen einen mit ihnen getrunken und Witze gemacht, und wenn sie dann abends nach Hause ging, waren sie ihr so fremd wie zuvor. Was hatte Agneta nur, dass bei ihr alles so anders war?

***

Es gehörte zu den festgeschriebenen Ritualen, dass morgens nach dem Frühstück die täglich anfallenden Arbeiten im Kloster besprochen und an die Schwestern delegiert wurden. So auch an diesem Sommertag, der sehr heiß zu werden versprach. Natürlich war an Tagen wie diesem stets Gartenarbeit angesagt. Diese konnte auf der Südseite im klösterlichen Garten anfallen, sie konnte aber auch in der Nähe des benachbarten Dorfes Eschen zu erledigen sein. Dort hatte das Kloster eine Fläche von vier Hektar angepachtet, auf der Gemüse angebaut wurde. Was dort geerntet wurde, gelangte in den Verkauf an die Öffentlichkeit, und die Erlöse wiederum dienten als Deckungsbeitrag für die Kosten, die das Kloster verursachte. Das waren in ersten Linie Ausgaben für Wasser, Strom und Heizung, aber auch für Arztkosten und Baustoffe für Reparaturen am Gebäude, sofern die Nonnen sie selbst verarbeiten konnten.

Eschenbach gehörte zu den kleineren Klöstern, die von der Kirche mehr oder weniger geduldet wurden. Die Belegung von dreizehn Nonnen war viel zu unrentabel, ja, wirtschaftlich unsinnig. Dafür konnte man normalerweise kein Kloster unterhalten. Aber es war nun einmal da, die Nonnen wollten es nicht aufgeben, und so entschied sich die Kirche dafür, es solange zu dulden, wie es – salopp gesagt – kein Brot fraß. Und solange die Nonnen soviel Geld mit ihrer Gartenarbeit einfuhren, dass sie der Kirche nicht auf der Tasche lagen, hegte niemand auch nur einen Gedanken, die Pforte für immer zu schließen. Aber die Nordseite des Dachgebälks zeigte deutliche Altersschwäche. Es verformte sich, was auf die abnehmende Traglast des faulenden Holzes zurückzuführen war, und wenn hier tatsächlich einmal das große Loch entstehen sollte, das die Kirche nicht stopfen wollte, dann gingen in den Räumen die Lichter aus. Keine wollte sich das vorstellen, aber jede Bewohnerin kannte das Problem.

Der Zufall wollte es, dass Maria und Agneta für die Arbeit außerhalb des Klosters eingeteilt wurden. Es war das erste Mal seit einem Jahr, dass Maria soviel Vertrauen genoss, dass man sie außerhalb der Klostermauern ihren Dienst verrichten ließ. Und wie heilfroh sie war, dass ihr Agneta zugeteilt worden war. Sie fühlte sich augenblicklich wie im Urlaub. Endlich einmal andere Menschen sehen, Straßen, Autos, Farben. Lärm empfinden, Kinder lachen hören. Sie wusste nicht, dass der angepachtete Garten nicht am Rande des Dorfes lag, sondern einen ganzen Kilometer außerhalb. Ja, sie würden mit ihrem Handwägelchen nicht bis ins Dorf gehen müssen, sondern auf dreiviertel der Strecke abbiegen, mitten hinein in die Flur.

Nach der Morgenandacht brachen sie auf.

»Wie weit ist es bis zu diesem Feld?«, fragte Maria. »Wir sind schon fast eine Stunde unterwegs.«

»Insgesamt vielleicht vier Kilometer. Sei nicht ungeduldig. Es wird dir gefallen, wenn wir dort sind. Natur pur, nebenan ein glasklarer Bach und weit und breit keine Menschenseele.«

»Also so einsam wie im Klostergarten. Ich meine, nur ohne all die Schwestern?«

»Sei nicht so bissig, Maria. Du wirst schon sehen, wie schön es dort ist. Wir sollten zusehen, dass wir mit der Arbeit fertig werden, dann können wir …«

»Was können wir?«

»Lass dich überraschen. Du musst aber alles für dich behalten, versprich mir das!«

»Agneta! Was denkst du denn von mir! Ich kann schweigen wie ein Grab. Aber vielleicht solltest du mir mal verraten, was du überhaupt meinst.«

»Du wirst es schon früh genug erfahren. Lass uns den Wagen vollladen mit Zucchini und Zwiebeln und die zwei Beete saubermachen, dann haben wir ein bisschen Zeit für uns. Mehr verrate ich nicht.«

»Grundgütiger, was hast du nur für Geheimnisse?«, beschwerte sich Maria. »Du tust ja gerade so, als würden wir zwischen all den Feldfrüchten eine Party feiern! Oh, entschuldige, Agneta. Es war dumm von mir, so etwas zu sagen. Entschuldige.«

»Schon gut!«, kam es kurz zurück. Und nach kurzer Zeit fragte Agneta: »Hast du viele Partys gefeiert, als du noch nicht bei uns warst?«

»Na, ja, ein paar schon, aber sooo wild war es nun wieder auch nicht. Es sind ja hauptsächlich die Partys, auf denen man die jungen Männer kennenlernt. Du weißt ja, dass ich verheiratet war.«

»Jetzt, wo du es sagst.«

»Was? Du hast das nicht gewusst?«

»Nicht die Spur. Woher sollte ich es wissen? Kein Mensch weiß was von dir. Vielleicht die Äbtissin oder der Bischof, keine Ahnung.«

Maria atmete innerlich auf. Bei den Vorgesprächen für ihren Eintritt ins Kloster hatte man ihr zugesichert, dass ihre Vergangenheit quasi ausgelöscht sein würde. Es würden keine Akten angelegt, die ihre Vorgeschichte dokumentierten, und außer den an der Einstellung Beteiligten würde niemand jemals etwas erfahren. Es sein denn, es kam von ihr selbst.

***

In der Ferne sahen sie das Dorf Eschen und bogen ab in Richtung ihres Gemüsefeldes. Der Feldweg war kaum befestigt und bestand aus zwei von landwirtschaftlichen Fahrzeugen festgefahrener Spuren, die zu weit auseinander verliefen für ihren Handwagen, so dass zwei Räder über den Mittelstreifen hoppelten, der von Gras bewachsen war und unglaublich bremste. Maria fragte sich, wie sie einen voll beladenen Wagen über diese Buckelpiste zerren sollten. Jetzt, da der Wagen leer war, ging es mit viel Holterdiepolter, aber später auf dem Rückweg?

»Noch zweihundert Meter. Dann sind wir da.«

»Unter der Sonne ist es jetzt schon so heiß wie in einem Backofen. Haben wir dort wenigstens ein bisschen Schatten?«, wollte Maria wissen und schaute auf ihre schwarze Kleidung.

»Mehr als das!« Agneta lachte. »Du wirst schon sehen. Dass wir hier sind, ist eine Gnade.«

»Du machst mich wirklich neugierig, Agneta.«

Endlich hatten sie das Feld erreicht. Es lag an der Seite einer Reihe dicht stehender Büsche und Bäume, war umzäunt wie ein Garten und wies neben einigen Obstbäumen etwa zwanzig Beete auf, jedes von einer kleinen Mauer aus angehäuften Steinen umgeben. Soweit die Saat schon aufgegangen war, konnte Maria alles finden, was sie aus ihrer eigenen Küche kannte: Mohrrüben, verschiedene Kohlsorten, Zucchini, Erbsen, Bohnen, Tomaten, Paprika, Mangold und Fenchel. Daneben boten vier Beete Kräuter wie Petersilie, Koriander, Thymian, Bohnenkraut und Oregano.

»Der ist toll angelegt«, begeisterte sich Maria. »Ich habe gar nicht bemerkt, wann das alles angelegt wurde.«

»Dafür ist im Frühjahr ein Gärtner beauftragt worden. Aber für die Pflege und Ernte sind wir dann zuständig. Maria, lass uns gleich den Wagen vollmachen, dann haben wir den Rest der Zeit für uns.«

»Wie du willst. Aber mir ist jetzt schon verdammt heiß.«

»Mir auch, aber lass uns trotzdem erst die Arbeit erledigen.«

Es dauerte keine zwei Stunden, da hatten sie den kleinen Leiterhandwagen voller Feldfrüchte beladen und die Beete soweit gesäubert, dass neue Pflanzen gesetzt werden konnten. Inzwischen war es kurz nach Mittag geworden, und die Sonne sandte ihre glühend heißen Strahlen aus einem wolkenlosen Himmel nach unten auf die Erde.

»Komm!«, forderte Agneta sie auf. »Ich will dir was zeigen, da können wir uns ein bisschen ausruhen. Es ist mein Lieblingsplatz, der schönste Teil des Feldes und wie ein paradiesisches Stück Erde.«

»Oh, jetzt bin ich aber überrascht. Du bist also öfters hier draußen?«

»Ja, wann immer es geht, melde ich mich für diese Arbeit, auch wenn sie viel beschwerlicher ist als die im Klostergarten.«

Sie schoben den vollbeladenen Wagen in den Schatten eines hochgewachsenen Kirschbaumes mit dichtem Blattwerk und stapften zwischen den Beeten zum Hauptweg des Gartens. Nach wenigen Minuten erreichten Sie eine Gruppe von Holunderbüschen, so groß wie Bäume, die einen riesigen Komposthaufen beschatteten. Sie blieben stehen.

»Hörst du etwas?«, fragte Agneta.

Maria hielt den Kopf still und lauschte. »Wasser? Nein, das glaub ich jetzt nicht. Sag nur, hier ist tatsächlich …«

»Ja, ein Bach. Ich sagte es bereits. Komm.«

Der Bach war ein Rinnsal von gut einem Meter Breite, aber in ihm strömte klares, kaltes sauberes Wasser. Er war breit genug, um sich an sein Ufer zu setzen, die nackten Füße hineinzuhalten und sich abkühlen zu lassen.

»Diese Überraschung ist dir gelungen.« Maria lachte und machte sich daran, ihre Schuhe auszuziehen. »Kommt hier jemand her? Der Bauer vielleicht?«

»Der hat um diese Jahreszeit auf seinen Feldern zu tun. Nein, hier sind wir allein. Ich habe noch nie jemanden hier gesehen. Hier sind wir allein im Paradies wie Adam und Eva.«

»Komm, zieh dir auch die Schuhe aus. Die geschwollenen Füße können ein bisschen Abkühlung vertragen.« Mit zwei Handgriffen hatte Maria ihre Schuhe ausgezogen und setzte sich auf eine kurze Bohle, die vom Ufer über den Bach ragte und im gegenüberliegenden Erdreich verschwand. Offensichtlich war das die Wasserstelle, wo man mühelos seine Kannen zum Gießen füllen konnte. Sie schaute unmittelbar vor sich ins Wasser. »Wie tief es hier ist! Bestimmt über einen Meter. Alles ist wie ausgespült«, sagte sie. Damit ihre Kleidung nicht nass wurde, streifte sie ihre Kutte bis über die Knie.

Agneta tat es ihr gleich und schob ihren Rock hoch bis zu den Hüften. Maria sah ihr Baumwollhöschen blitzen und wagte einen Blick in ihren Schritt. Wie ein junges Mädchen!, dachte sie, als sie den ausgeprägten Venushügel sah. Was ist dieser lebenslustigen Frau nur alles entgangen. Von einer Sekunde auf die andere war sie alles andere als eine Ordensschwester. Ihre Gedanken waren blitzschnell ins weltliche Leben zurückgekehrt. Wie in einem Film sah sie sich als die Büßerin, die ins Kloster ging, um sich von ihren Sünden reinzuwaschen. Sünden?, schoss es ihr in den Kopf. Das, was sie getan hatte, war für sie alles andere als eine Sünde. Es war die Liebe zu ihren Kindern, aber das konnte sie den Menschen in ihrer Umgebung nicht vermitteln. Die hatten es ganz anders gesehen. Ohne Ausnahme. Vielleicht mit kleinen Einschränkungen.

Maria blickte zu ihrer Linken. »Was für schöne schlanke Beine du hast, Agneta«, sagte sie. »Hast in deiner Kindheit viel Sport getrieben, was?«

»Ach woher!«, kam es kurz zurück. »Mit meiner Figur hatte ich noch nie ein Problem. Die anderen haben nur eines daraus gemacht.«

»Wie darf ich das verstehen?«

»Ach, da müsste ich dir meine ganze Lebensgeschichte erzählen. Soviel Zeit haben wir gar nicht, Maria.«

»Dann erzähl die Kurzfassung. Los, trau dich.«

»Willst du sie wirklich wissen?«

»Ja, unbedingt.«

»Gut, dann erzählst du mir aber auch von dir.«

»Das wollte ich heute sowieso. Aber erst du.«