Über Agatha Christie

Agatha Christie begründete den modernen britischen Kriminalroman und avancierte im Laufe ihres Lebens zur bekanntesten Krimiautorin aller Zeiten. Ihren ersten Krimi veröffentlichte sie 1920, zweiundsiebzig weitere folgten. Darüber hinaus erschienen zahlreiche Kurzgeschichten, Theaterstücke, ein Gedichtband und – unter ihrem Pseudonym Mary Westmacott – sechs Romanzen. Ihre beliebten Krimihelden Hercule Poirot und Miss Marple sind – auch durch die Romanverfilmungen – einem Millionenpublikum bekannt. Psychologischer Feinsinn, skurriler Humor und Ironie verleihen ihren Krimis die besondere Note. Sie gilt als die meistgelesene Schriftstellerin überhaupt. 1971 wurde sie in den Adelsstand erhoben. Christie starb im Alter von 85 Jahren am 12. Januar 1976.

Erstes Kapitel Ein Mord wird angekündigt

I

Jeden Morgen, außer sonntags, fuhr Johnnie Butt zwischen halb acht und halb neun seine Runde durch das Dorf Chipping Cleghorn. Dabei pfiff er auf dem Fahrrad laut durch die Zähne und hielt an jedem Haus oder Cottage, um die Morgenzeitungen durch den Briefkastenschlitz zu schieben, welche die jeweiligen Hausbewohner vom Zeitungshändler Mr Totman an der Hauptstraße bestellt hatten. So lieferte er dem Colonel und Mrs Easterbrook die Times und den Daily Graphic aus, Mrs Swettenham bekam die Times und den Daily Worker, Miss Hinchcliffe und Miss Murgatroyd den Daily Telegraph und den New Chronicle und Miss Blacklock erhielt den Telegraph, die Times und die Daily Mail.

All diesen Leuten, ja im Grunde allen Bewohnern von Chipping Cleghorn stellte er freitags ein Exemplar der North Benham News and Chipping Cleghorn Gazette zu, auch einfach die Gazette genannt.

Nach einem raschen Blick auf die Überschriften in der Tageszeitung (Internationale Situation kritisch! Heute Treffen der UNO! Polizei sucht Killer der blonden Sekretärin! Drei Kohlebergwerke stillgelegt! 23 Personen sterben an den Folgen einer Lebensmittelvergiftung in einem Strandhotel! und so weiter), öffneten die meisten Einwohner von Chipping Cleghorn eifrig die Gazette und vertieften sich in die Lokalnachrichten. Nach einem flüchtigen Blick auf die Seite mit den Leserzuschriften – in denen die Antipathien und Auseinandersetzungen des Landlebens leidenschaftlichen Ausdruck fanden – wandten sich neun von zehn Abonnenten den Kleinanzeigen zu. Hier drängten sich Gesuche und Angebote bunt durcheinander: dringende Gesuche nach einer Haushaltshilfe, zahllose Hundeinserate und Meldungen, die Geflügel und Gartengeräte betrafen, sowie verschiedene weitere Nachrichten, die für die Bewohner der kleinen Gemeinde Chipping Cleghorn von Interesse waren.

Der Freitag, der 29. Oktober … bildete darin keine Ausnahme.

II

Mrs Swettenham strich die hübschen, kleinen grauen Locken aus der Stirn, öffnete die Times, überflog lustlos die Mitte der linken Seite und befand, dass es der Times wie üblich gelungen war, alle interessanten Nachrichten in perfekter Manier unkenntlich zu machen. Sie las die Geburten, Heiraten und Todesfälle, vor allem Letztere, und nachdem sie damit ihre Pflicht getan hatte, legte sie die Times zur Seite und griff bereitwillig zur Chipping Cleghorn Gazette.

Als ihr Sohn Edmund einen Augenblick später den Raum betrat, war sie bereits in die Kleinanzeigen vertieft.

»Guten Morgen, Liebes«, sagte Mrs Swettenham. »Die Smedleys verkaufen ihren Daimler. Baujahr 1935 – das ist auch schon eine Weile her, nicht wahr?«

Ihr Sohn räusperte sich, schenkte sich eine Tasse Kaffee ein und nahm sich ein paar Heringe. Dann setzte er sich an den Tisch und öffnete den Daily Worker, den er gegen den Toasthalter lehnte.

»Junge Doggen zu vergeben«, las Mrs Swettenham. »Ich weiß wirklich nicht, wie es Leute heutzutage schaffen, so große Hunde durchzufüttern, also … Hm, Seline Lawrence sucht schon wieder einen Koch. Ich könnte ihr sagen, dass es reine Zeitverschwendung ist, dieser Tage Gesuche aufzugeben. Sie hat keine Adresse angegeben, nur eine Chiffre. Das ist meiner Meinung nach völlig aussichtslos, Dienstboten wollen unbedingt wissen, für wen sie arbeiten. Sie wollen eine gute Adresse … Falsche Zähne, ich verstehe nicht, warum sich falsche Zähne einer derartigen Beliebtheit erfreuen. Preisgünstig … wunderschöne Blumenzwiebeln, unser Spezialangebot. Die klingen recht billig … Hier sucht ein Mädchen eine interessante Anstellung – auch gerne Reisetätigkeit. Da schau her! Wer würde nicht gerne reisen! … Dackel – also, ich mag Dackel nicht besonders – nicht, weil es eine deutsche Rasse ist, darüber sind wir hinweg – ich mag sie einfach nicht besonders, das ist alles. – Ja, Mrs Finch?«

Die Tür hatte sich geöffnet, und es erschienen der Kopf und Oberkörper einer übellaunigen Frau, die eine abgetragene Samtkappe trug.

»Guten Morgen, Madam«, sagte Mrs Finch. »Kann ich abräumen?«

»Noch nicht. Wir sind noch nicht fertig«, antwortete Mrs Swettenham. »Noch nicht ganz«, ergänzte sie entgegenkommend.

Mrs Finch warf einen Blick auf Edmund und seine Zeitung, schnaufte kurz und verschwand.

»Ich habe gerade erst angefangen«, sagte Edmund genau in jenem Augenblick, als seine Mutter bemerkte: »Ich wünschte, du würdest dieses furchtbare Blatt nicht lesen, Edmund. Mrs Finch sieht das überhaupt nicht gerne.«

»Ich verstehe nicht, was meine politische Einstellung mit Mrs Finch zu tun haben sollte.«

»Und es ist nicht so«, fuhr Mrs Swettenham fort, »als ob du ein richtiger Arbeiter wärest. Du arbeitest ja gar nicht.«

»Das stimmt überhaupt nicht«, empörte sich Edmund. »Ich schreibe an einem Buch.«

»Ich meine richtige Arbeit«, erwiderte Mrs Swettenham. »Und Mrs Finch spielt sehr wohl eine Rolle. Wie sollen wir jemanden finden, wenn sie nicht mehr für uns arbeiten will?«

»Gib eine Anzeige in der Gazette auf«, schlug Edmund mit einem Grinsen vor.

»Ich habe dir gerade erklärt, dass das völlig sinnlos ist. Weiß Gott, wenn man heutzutage keine alte Nanny im Haus hat, die in der Küche steht und alles macht, ist man wirklich verloren.«

»Na, und warum haben dann wir keine alte Nanny? Wie nachlässig von dir, keine für mich einzustellen. Was hast du dir nur dabei gedacht?«

»Du hattest eine Amme, Liebes.«

»Ohne dir Gedanken um die Zukunft zu machen«, murmelte Edmund.

Mrs Swettenham war wieder in die Kleinanzeigen vertieft.

»Motor-Rasenmäher gebraucht zu verkaufen. Also ich frage mich … Großer Gott, was für ein Preis! … Mehr Dackel … ›Schreib mir unbedingt, oder setze Dich mit mir in Verbindung, Dein verzweifelter Kuschelhase.‹ Was für alberne Kosenamen die Leute heutzutage haben … Cockerspaniel … Erinnerst du dich noch an unsere kleine Susie, Edmund? Sie war fast wie ein Mensch. Verstand jedes Wort, das man ihr sagte … Sheraton-Anrichte zu verkaufen. Echte Antiquität. Mrs Lucas, Dayas Hall … Eine Schwindlerin, diese Frau! Kein Gedanke an Sheraton …!«

Mrs Swettenham zog die Nase hoch und las dann weiter: »›Alles ein Versehen, Kleines. Unsterblich verliebt. Wie immer Freitag. – J.‹ … Ich nehme an, da haben zwei Verliebte miteinander gestritten – oder meinst du, es könnte eine versteckte Nachricht an Einbrecher sein? … Noch mehr Dackel. Also, ich finde die Leute übertreiben es ein wenig mit der Dackelzüchtung. Es gibt doch auch noch andere Hunderassen. Dein Onkel Simon züchtete Manchester-Terrier. Solche hübschen, kleinen Hündchen. Außerdem mag ich Hunde, die auch Beine haben … Dame verkauft wegen Umzug ins Ausland zweiteiliges Kostüm in Marineblau … ohne Angabe von Größe und Preis … Hier wird eine Hochzeit angekündigt – nein, ein Mord. Wie bitte? Also, so was habe ich noch nie – … Edmund, Edmund, hör mir zu: ›Ein Mord wird angekündigt, der am Freitag, den 29. Oktober in Little Paddocks um 18.30 Uhr stattfinden wird. Freunde werden gebeten, diesen Hinweis als Einladung aufzufassen.‹ Höchst ungewöhnlich! Edmund!«

»Wie bitte?« Edmund sah von seiner Zeitung auf.

»Freitag, der 29. Oktober … ach Gott, das ist ja schon heute.«

»Lass mich sehen.« Ihr Sohn nahm ihr die Zeitung aus der Hand.

»Was soll das bedeuten?«, fragte Mrs Swettenham mit lebhafter Neugier.

Edmund rieb sich zweifelnd die Nase.

»Irgendeine Party, nehme ich an. So eine Art Mörderspiel.«

»Na«, erwiderte Mrs Swettenham zweifelnd. »Das ist aber eine komische Art und Weise, das zu spielen. Einfach so eine Anzeige in die Zeitung zu setzen. Das sieht Letitia Blacklock gar nicht ähnlich, das ist doch normalerweise eine vernünftige Frau.«

»Wahrscheinlich hat sich das einer der jungen Mitbewohner ausgedacht, die sie derzeit beherbergt.«

»Der Termin ist sehr knapp. Heute schon. Denkst du, wir sind eingeladen, dort hinzugehen?«

»In der Anzeige steht, Freunde werden gebeten, diesen Hinweis als Einladung aufzufassen«, vermerkte ihr Sohn.

»Also ich finde diese neumodische Art Einladungen auszusprechen, schon etwas ärgerlich«, sagte Mrs Swettenham entschieden.

»Schon gut, Mutter, du musst nicht hingehen.«

»Genau«, pflichtete Mrs Swettenham ihm bei.

Eine Pause entstand.

»Möchtest du dieses letzte Stück Toast noch essen, Edmund?«

»Ich würde meinen, dass meine Ernährung wichtiger ist, als dass diese alte Schreckschraube den Tisch abräumen kann.«

»Schhh, sie kann dich hören … Edmund, wie geht das Mörderspiel?«

»Ich weiß es nicht genau … Man heftet dir Zettel an, oder so was … Nein, ich glaube, die muss man ziehen. Und einer ist der Mörder und ein anderer der Kommissar – und dann machen alle das Licht aus, und jemand berührt dich an der Schulter. Und dann musst du schreien, dich auf den Boden legen und tot stellen.«

»Das klingt ganz schön aufregend.«

»Wahrscheinlich ist das Ganze todlangweilig. Ich gehe da nicht hin.«

»Unsinn, Edmund«, sagte Mrs Swettenham entschieden. »Ich gehe da hin, und du wirst mitkommen. Das ist beschlossene Sache.«

III

»Archie«, wandte sich Mrs Easterbrook an ihren Mann, »hör mir mal zu.«

Colonel Easterbrook dachte nicht daran, denn er war gerade damit beschäftigt, die Lektüre eines Artikels in der Times mit ungeduldigem Schnauben zu kommentieren.

»Das Problem an diesen Leuten ist«, sagte er, »dass sie keine Ahnung von Indien haben! Absolut keine Ahnung!«

»Ich weiß, mein Lieber. Ich weiß.«

»Wenn sie welche hätten, würden sie nicht so einen Schwachsinn zusammenschreiben.«

»Ja, ich weiß, Archie, trotzdem, hör mir mal zu: Ein Mord wird angekündigt, der am Freitag, den 29. Oktober um 18.30 in Little Paddocks stattfinden wird. Freunde werden gebeten, diesen Hinweis als Einladung aufzufassen.«

Sie legte eine auffordernde Pause ein. Colonel Easterbrook blickte sie nachsichtig, aber ohne großes Interesse an.

»Ein Mörderspiel«, sagte er.

»Ach was!«

»Das ist alles. Nun gut«, räumte er etwas freundlicher ein, »dieses Spiel kann sehr unterhaltend sein, wenn man es gut vorbereitet. Aber es muss von jemandem organisiert werden, der Ahnung hat. Man zieht ein Los. Einer der Spieler ist der Mörder, keiner weiß, wer. Das Licht geht aus. Der Mörder wählt sein Opfer. Dann übernimmt der Spieler, der den Kommissar macht. Befragt alle Mitspieler. Wo sie waren, was sie gerade getan haben und versucht dann, den Täter zu überführen. Doch, das Spiel ist gar nicht so schlecht, wenn der Kommissar etwas von Polizeiarbeit versteht.«

»Wie du, Archie. Mit all den interessanten Fällen damals in deinem Verwaltungsbezirk.«

Colonel Easterbrook lächelte nachsichtig und zwirbelte selbstgefällig an seinem Schnurrbart.

»Ja, das stimmt, Laura«, erwiderte er. »Ich glaube schon, dass ich denen ein paar Hinweise für das Spiel geben könnte.«

Und er richtete sich gerade auf.

»Miss Blacklock hätte dich bei den Vorbereitungen um Rat fragen sollen.«

Der Colonel schnaubte.

»Na, sie hat diesen Jungen, der bei ihr wohnt. Das ist auf seinem Mist gewachsen. Ein Neffe oder so was. Trotzdem eine komische Idee, das Ganze in die Zeitung zu setzen.«

»Es steht in den Kleinanzeigen. Wir hätten es vielleicht gar nicht bemerkt. Ich nehme an, es handelt sich um eine Einladung, nicht wahr Archie?«

»Komische Einladung. Ich kann dir nur eines sagen, auf mich können die nicht zählen.«

»Oh, Archie!« Mrs Easterbrooks Stimme erhob sich in einem schrillen Klageton.

»Zu kurzfristig. Ich könnte zum Beispiel schon was vorhaben.«

»Aber du hast doch noch nichts vor, oder, mein Liebling?« Mrs Easterbrooks Stimme senkte sich einschmeichelnd. »Und ich denke, du solltest auf jeden Fall dort hingehen, Archie – und wenn auch nur, um der armen Miss Blacklock beizustehen. Ich bin sicher, dass sie für den Erfolg des Spieles auf dich zählt. Ich meine, wo du so viel von Polizeiarbeit und Verfahrensregeln verstehst. Du wirst sehen, aus dem Spiel wird nichts, wenn du nicht mithilfst. Und schließlich soll man sich auch nachbarschaftlich verhalten.«

Mrs Easterbrook neigte den platinblonden Kopf auf eine Seite und riss die blauen Augen auf.

»Wenn man das natürlich von dieser Seite betrachtet, Laura …« Colonel Easterbrook zwirbelte noch einmal mit wichtiger Miene an seinem ergrauten Schnurrbart und blickte nachsichtig auf seine kleine, niedliche Gattin. Mrs Easterbrook war mindestens dreißig Jahre jünger als ihr Ehemann.

»Wenn man das so betrachtet, Laura«, wiederholte er.

»Ich denke wirklich, dass es deine Pflicht ist, Archie«, verkündete Mrs Easterbrook feierlich.

IV

Die Chipping Cleghorn Gazette war auch den drei malerischen Cottages mit dem Namen Boulders zugestellt worden. Man hatte die drei Häuser zu einem Gebäude umgebaut und nun wohnten dort Miss Hinchcliffe und Miss Murgatroyd.

»Hinch?«

»Was gibt’s, Murgatroyd?«

»Wo bist du?«

»Im Hühnerstall.«

»Ah.«

Miss Amy Murgatroyd bahnte sich vorsichtig ihren Weg durch das hohe, nasse Gras und ging auf ihre Freundin zu. Letztere war mit Cordhosen und einer einfach geschnittenen Tunika bekleidet und rührte Kraftfutter in eine Schüssel, aus der unangenehme Dünste von gekochten Kartoffelschalen und Kohlstrünken aufstiegen.

Sie drehte den Kopf mit dem kurzen Männerhaarschnitt und dem wettergegerbten Gesicht und blickte ihre Freundin an.

Miss Murgatroyd, eine rundliche und liebenswerte Frau, trug einen karierten Tweedrock und einen ausgeleierten Pullover in knalligem Blau. Ihre grauen Löckchen, die wie ein Nest auf ihrem Kopf saßen, wirkten recht zerzaust, und sie war etwas außer Atem.

»In der Gazette«, keuchte sie. »Hör zu – was kann das nur bedeuten? Ein Mord wird angekündigt, der am Freitag, den 29. Oktober, um 18.30 in Little Paddocks stattfinden wird. Freunde werden gebeten, diesen Hinweis als Einladung aufzufassen.«

Nach dem Vorlesen legte sie eine Pause ein, weil sie total außer Atem war, und wartete auf ein abschließendes Urteil.

»So ein Unsinn«, sagte Miss Hinchcliffe.

»Ja gut, aber was glaubst du, hat das zu bedeuten?«

»Auf jeden Fall einen Drink«, meinte Miss Hinchcliffe.

»Glaubst du, das ist eine Art Einladung?«

»Wir werden herausfinden, was das zu bedeuten hat, wenn wir dort sind«, antwortete Miss Hinchcliffe. »Wahrscheinlich gibt es schlechten Sherry. Und du trittst besser mal aus dem Gras heraus, Murgatroyd. Hast noch deine Hausschuhe an, die sind jetzt ganz durchgeweicht.«

»Oh je.« Miss Murgatroyd blickte schuldbewusst auf ihre Füße. »Wie viele Eier sind es heute?«

»Sieben. Diese blöde Henne will immer noch brüten. Ich muss sie in ihr Haus kriegen.«

»Findest du nicht, dass das eine komische Formulierung ist?«, fragte Miss Murgatroyd gedankenverloren, während sie die Meldung in der Gazette betrachtete.

Ihre Freundin war jedoch von härterem und entschlossenerem Temperament. Ihre Gedanken drehten sich um das widerspenstige Federvieh, und keine noch so rätselhafte Meldung in einer Zeitung konnte sie davon ablenken.

Mit schweren Schritten stapfte sie durch den Matsch und nahm mit einem Griff eine Henne hoch. Lautes, empörtes Gegackere war zu hören.

»Ich habe Enten lieber«, sagte Miss Hinchcliffe. »Die sind viel einfacher …«

V

»Oh, wie wundervoll«, wandte sich Mrs Harmon über den Frühstückstisch an ihren Mann, dem Reverend Julian Harmon, »im Hause von Miss Blacklock wird ein Mord stattfinden.«

»Ein Mord?«, fragte ihr Mann etwas überrascht zurück. »Wann?«

»Heute Nachmittag … na ja, heute Abend um halb sieben. O wie schade, Liebling, da hältst du gerade deine Konfirmandenstunde. Das ist wirklich schade. Und das, wo du Mordfälle so magst!«

»Ich weiß nicht genau, wovon du redest, Bunch.«

Mrs Harmon reichte ihm die Zeitung über den Tisch. Ihr Kosename »Bunch« verdankte sich ihren rundlichen Formen und dem runden Gesicht und hatte ihren wahren Vornamen Diana schon lange verdrängt.

»Hier. Zwischen den gebrauchten Klavieren und dem Zahnersatz.«

»Was für eine ungewöhnliche Meldung.«

»Nicht wahr?«, sagte Bunch fröhlich. »Keiner würde annehmen, dass Miss Blacklock etwas auf Mord und Mörderspiele oder Ähnliches gibt. Wahrscheinlich haben die jungen Simmons sie auf die Idee gebracht, obwohl ich eigentlich glaube, dass Julia Simmons Mord etwas geschmacklos findet. Trotzdem, hier ist sie, die Meldung, und ich finde es wirklich schade, Liebling, dass du nicht dabei sein kannst. Wie auch immer, ich geh hin, und hinterher erzähle ich dir, wie es war, obwohl ich das nicht richtig genießen werde, weil ich Spiele im Dunkeln eigentlich nicht mag. Sie machen mir Angst, und ich hoffe wirklich, dass ich nicht das Opfer bin. Wenn mir jemand plötzlich eine Hand auf die Schulter legt und flüstert ›Du bist tot‹, wird mein Herz einen solchen Satz machen, dass ich vielleicht wirklich auf der Stelle tot umfalle. Glaubst du, das könnte passieren?«

»Nein, Bunch. Ich glaube, dass du noch sehr alt wirst – mit mir.«

»Und dann sterbe ich am selben Tag wie du und werde im selben Grab beigesetzt. Das wäre wunderbar.«

Bunch strahlte bei dieser Aussicht über das ganze Gesicht.

»Du scheinst in sehr froher Stimmung zu sein, Bunch«, sagte ihr Mann lächelnd.

»Wer an meiner Stelle wäre nicht froh?«, fragte Bunch etwas verwirrt zurück. »Mit dir und Susan und Edward, und alle habt ihr mich gern, und es interessiert euch nicht, dass ich ein wenig schusselig bin … Und die Sonne scheint! Und dann dieses hübsche große Haus, in dem wir wohnen!«

Reverend Harmon ließ seinen Blick durch das geräumige, leere Esszimmer schweifen und stimmte ihr halbherzig zu.

»Für manche wäre es das Letzte, in diesem riesigen, zugigen Haus leben zu müssen.«

»Also ich mag große Räume. Von draußen kommt schöne Luft herein und erfüllt die Zimmer. Und man muss nicht immer ordentlich sein und kann alles herumliegen lassen, und trotzdem wird es nicht eng.«

»Keine Haushaltsgeräte, die dir Arbeit abnehmen und keine Zentralheizung? Für dich bedeutet das viel Arbeit, Bunch.«

»O Julian, das stimmt nicht. Ich stehe um halb sieben auf und mache den Boiler an und wetze durchs Haus wie eine Dampflok, und um acht ist alles fertig. Und ich halte doch alles schön in Ordnung, oder? Mit Bienenwachs und Politur und großen Gefäßen mit bunten Herbstblättern. Es ist wirklich nicht schwieriger, ein großes Haus sauber zu halten als ein kleines. Ich bin mit dem Mopp und allem viel schneller durch, weil ich nicht dauernd mit dem Hintern irgendwo hängen bleibe, so wie in einem kleinen Zimmer. Und ich schlafe gern in einem großen, kalten Zimmer, es ist so gemütlich, sich in die Decken zu kuscheln, und nur die Nasenspitze schaut heraus und daran merkst du, wie kalt oder warm es über der Decke ist. Und außerdem ist es egal, wie groß oder klein das Haus ist, man schält immer die gleiche Menge Kartoffeln und hat die gleiche Menge an Abwasch und alles. Und denk doch nur daran, wie schön es für Edward und Susan ist, in einem großen leeren Zimmer zu spielen, wo sie die Eisenbahn und das Puppengeschirr über den ganzen Boden verstreuen können, ohne aufräumen zu müssen. Und es ist schön, extra Räume zu haben, wo man Leute aufnehmen kann. Jimmy Symes und Johnnie Finch zum Beispiel, die müssten sonst mit ihren Schwiegereltern leben. Und weißt du, Julian, es ist nicht schön, wenn du mit deinen Schwiegereltern unter einem Dach wohnen musst. Du liebst deine Mutter, aber du hättest sicher nicht gerne gleich nach der Hochzeit mit ihr und deinem Vater zusammenleben wollen. Und ich hätte das auch nicht gewollt. Ich hätte mich weiter wie ein kleines Mädchen gefühlt.«

Julian lächelte sie an.

»Du bist immer noch ein bisschen wie ein kleines Mädchen, Bunch.«

Mit Julian Harmon hingegen hatte die Natur das Modell eines sechzigjährigen Mannes erschaffen. Er hatte indes noch fünfundzwanzig Jahre Lebenszeit vor sich, bis er seinen naturhaften Zweck erfüllen konnte.

»Ich weiß, ich bin naiv …«

»Du bist nicht naiv, Bunch. Du bist sehr klug.«

»Nein, bin ich nicht. Ich bin kein bisschen intellektuell. Obwohl ich mir Mühe gebe … Und ich mag es, wenn du über Bücher und Geschichte und so was redest. Ich habe überlegt, dass es vielleicht keine so gute Idee war, mir abends aus Gibbon vorzulesen, denn wenn es draußen kalt ist und drinnen am Feuer gemütlich und warm, dann fallen mir bei Gibbon einfach die Augen zu.«

Julian lachte.

»Aber ich höre dir gerne zu, Julian. Erzähl mir noch mal die Geschichte von dem Priester, der über Ahasuerus predigte.«

»Die kennst du auswendig, Bunch.«

»Erzähl sie mir einfach noch mal. Bitte.«

Ihr Mann gab nach.

»Da gab es den alten Scrymgour. Eines Tages schaute einer bei ihm in der Kirche vorbei. Scrymgour lehnte sich gerade über seine Kanzel und hielt einigen alten Putzfrauen eine feurige Predigt. Er erhob den Zeigefinger vor ihnen und sagte: ›Ah! Ich weiß, was ihr denkt. Ihr denkt, dass der große Ahasuerus der ersten Lektion Artaxerxes der Zweite war. Aber das stimmt nicht!‹ Und dann schloss er mit einem triumphalen ›Es war Artaxerxes, der Dritte‹.«

Julian Harmon war diese Geschichte niemals besonders amüsant erschienen, aber sie brachte Bunch unfehlbar zum Lachen.

Ihr klares Gelächter erklang.

»Der alte Esel«, rief sie aus. »Ich glaube, du wirst eines Tages genau so sein, Julian.«

Julian wirkte unangenehm berührt.

»Ich weiß«, räumte er dann bereitwillig ein. »Es ist mir durchaus bewusst, dass ich nicht immer einen einfachen und direkten Zugang zu den Leuten finde.«

»Ich würde mir keine Sorgen machen«, sagte Bunch und erhob sich, um die Teller vom Frühstück auf ein Tablett zu stapeln. »Mrs Butt erzählte mir gestern, dass ihr Mann, der nie die Kirche besuchte und praktisch so etwas wie der Atheist des Ortes war, jetzt jeden Sonntag kommt, um deine Predigt zu hören.«

Und sie fuhr fort, indem sie sehr gekonnt Mrs Butts gekünstelte Stimme nachahmte:

»Stellen Sie sich vor, Madam, Butt sagte erst kürzlich zu Mr Timkins aus Little Worsdale, dass wir hier in Chipping Cleghorn jetzt echte Kultur haben. Nicht wie Mr Gross in Little Worsdale, der zu seiner Gemeinde spricht, als ob eine Horde von Kindsköpfen vor ihm sitzt. Echte Kultur haben wir jetzt, sagte Butt. Unser Priester ist ein hochgebildeter Mann, Oxford anstatt Milchester, und er bringt uns in den Genuss seiner Bildung. Er weiß alles über die alten Römer und Griechen, und über die Babylonier und die Assyrer. Und die Pfarrerskatze ist nach einem alten König der Assyrer benannt! Man hält große Stücke auf dich«, schloss Bunch triumphierend. »O Gott, ich muss sehen, dass ich mit meiner Arbeit vorankomme, sonst kriege ich heute nichts geschafft. Komm her, Tiglath Pileser, du kriegst die Reste vom Hering.«

Sie öffnete die Tür und hielt sie geschickt mit einem Fuß offen, dann eilte sie mit dem beladenen Tablett hinaus und sang dabei mit lauter, wenn auch nicht besonders melodiöser Stimme ihre eigene Version eines lustigen Liedes:

»Heute ist ein schöner Tag zum Morden,

so frühlingszart wie im Mai,

die Detektive vom Ort sind weg.«

Das Geklapper von Besteck, das in die Spüle geworfen wurde, übertönte die nächsten Strophen, aber als Reverend Julian Harmon das Haus verließ, vernahm er den triumphierenden Schlussvers:

»Und wir gehen heute alle morden.«

Zweites Kapitel Frühstück im Hause Little Paddocks

I

Im Hause Little Paddocks war das Frühstück ebenfalls in vollem Gange.

Miss Blacklock, eine Frau von etwas über sechzig Jahren und die Besitzerin des Hauses, saß am Kopfende des Tisches. Sie trug ein schlichtes Kostüm aus Tweed und dazu recht unpassend eine enge Halskette aus großen falschen Perlen. Sie war dabei, einen Artikel von Lane Norcott in der Daily Mail zu lesen, während Julia Simmons gelangweilt den Telegraph durchblätterte. Patrick Simmons war mit einem Kreuzworträtsel in der Times beschäftigt und Miss Dora Bunner in die Lektüre der Lokalzeitung vertieft.

Miss Blacklock ließ ein unterdrücktes Lachen vernehmen und Patrick murmelte: »Selbsthaftend nicht selbstklebend, da steckt der Fehler.«

Plötzlich kam von Miss Bunner ein lautes Glucksen wie von einem aufgeschreckten Huhn:

»Letty, Letty, hast du das gesehen? Was hat das nur zu bedeuten?«

»Was ist los, Dora?«

»Eine sehr ungewöhnliche Anzeige, die sich ganz klar auf Little Paddocks bezieht. Doch was hat sie zu bedeuten?«

»Wenn du mich vielleicht einen Blick darauf werfen lässt, Dora …«

Gehorsam legte Miss Bunner die Zeitung in Miss Blacklocks ausgestreckte Hand und zeigte dabei mit zittrigem Finger auf den besagten Text:

»Schau da, Letty.«

Miss Blacklock überflog sie. Dann runzelte sie die Stirn und warf einen forschenden Blick in die Tischrunde. Schließlich las sie die Anzeige laut vor:

»Ein Mord wird angekündigt, der am Freitag, den 29. Oktober, um 18.30 in Little Paddocks stattfinden wird. Freunde werden gebeten, diesen Hinweis als Einladung aufzufassen.«

Daraufhin fragte sie scharf: »Patrick, war das deine Idee?«

Ihre Augen hefteten sich auf das gutaussehende, sorglose Gesicht des jungen Mannes am anderen Tischende.

Patrick Simmons verneinte umgehend. »Aber nein, Tante Letty. Wie kommst du darauf? Warum sollte ich davon wissen?«

»Es würde dir ähnlich sehen«, erwiderte Miss Blacklock. »Dir liegt doch diese Art von Streichen.«

»Ein Streich? Ganz bestimmt nicht.«

»Und du, Julia?«

»Selbstverständlich nicht«, antwortete Julia mit gelangweiltem Blick.

Miss Bunner murmelte: »Meinst du vielleicht, dass Mrs Haymes …«, und sie blickte dabei auf den leeren Platz, den jemand nach dem Frühstück verlassen hatte.

»Oh, ich glaube nicht, dass unsere Phillipa zu Streichen aufgelegt ist«, warf Patrick ein. »Sie ist eine ernsthafte Natur.«

»Aber was steckt dann dahinter?«, fragte Julia gähnend. »Was hat das Ganze zu bedeuten?«

Miss Blacklock antwortete langsam: »Ich denke, das Ganze ist ein übler Scherz.«

»Aber warum?«, rief Dora Bunner aus. »Was soll das? Ein sehr dummer Scherz, der überdies von schlechtem Geschmack zeugt.«

Ihre Wangen erzitterten empört, und Empörung flammte in ihren kurzsichtigen Augen.

Miss Blacklock lächelte sie an.

»Reg dich nicht auf, Bunny«, sagte sie. »Da hat jemand Lust gehabt, einen Streich zu spielen. Nur wüsste ich zu gern, wer das war.«

»Da steht heute«, erinnerte Miss Bunner. »Heute um halb sieben. Was glaubst du, ist geplant?«

»Tod«, sagte Patrick mit Grabesstimme. »Süßer Tod.«

»Halt den Mund«, fuhr Miss Blacklock ihn an, nachdem Miss Bunner erschreckt gequiekt hatte.

»Ich habe mich auf Mitzis Tortenspezialität bezogen«, antwortete Patrick entschuldigend. »Du weißt doch, dass wir ihr den Namen ›Süßer Tod‹ gegeben haben.«

Miss Blacklock lächelte ein wenig geistesabwesend.

Miss Bunner fuhr drängend fort: »Letty, was denkst du wirklich?«

Ihre Freundin schnitt ihr mit betonter Fröhlichkeit das Wort ab.

»Eines ist jedenfalls sicher«, sagte sie trocken. »Um halb sieben wird hier das halbe Dorf erscheinen und vor Neugier platzen. Ich muss dafür sorgen, dass Sherry im Hause ist.«

II

»Du machst dir Sorgen, nicht wahr Lotty?«

Miss Blacklock fuhr hoch. Sie hatte an ihrem Schreibtisch gesessen und geistesabwesend kleine Fische auf ein Stück Schmierpapier gezeichnet. Sie sah in das verängstigte Gesicht ihrer alten Freundin.

Sie war nicht sicher, was sie Dora Bunner antworten sollte. Sie wusste, dass man Bunny nicht in Aufregung und Sorge versetzen durfte. So schwieg sie einen Augenblick und überlegte.

Dora Bunner und sie waren gemeinsam zur Schule gegangen. Dora war damals ein hübsches blondes und nicht sehr intelligentes Mädchen mit blauen Augen gewesen. Ihr mangelnder Verstand hatte indes keine Rolle gespielt, denn ihre Fröhlichkeit, ihre immerwährende gute Laune und ihr hübsches Aussehen machten sie zu einer angenehmen Gesellschaft. Sie hätte einen freundlichen Armeeoffizier oder einen Landanwalt heiraten sollen, fuhr ihre Freundin in ihren Gedanken fort. Sie hatte so viele gute Eigenschaften – sie war freundlich, aufmerksam und loyal. Aber das Leben hatte es nicht gut mit Dora gemeint. Sie hatte ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, und in allem, was sie anfing, war sie zwar gewissenhaft, aber niemals kompetent.

Die zwei Freundinnen hatten einander aus den Augen verloren. Vor sechs Monaten hatte Miss Blacklock jedoch einen ausführlichen und mitleiderregenden Brief erhalten. Dora kränkelte. Sie lebte in einem Zimmer und musste mit ihrer Rente über die Runden kommen. Mit Näharbeiten versuchte sie etwas dazuzuverdienen, aber ihre Finger waren vom Rheuma steif geworden. Dora erinnerte an die lang zurückliegende gemeinsame Schulzeit – das Leben hatte sie voneinander getrennt, aber könnte ihr die alte Freundin vielleicht aushelfen?

Miss Blacklock reagierte umgehend. Die arme Dora, die hübsche, dumme, zerstreute arme Dora. Sie hatte Dora unter ihre Fittiche genommen und unter einem tröstenden Vorwand in Little Paddocks untergebracht: Die Hausarbeit werde zu viel für sie, hatte sie behauptet, und sie suche jemanden, der ihr dabei zur Hand gehe. Es würde nicht mehr lange Zeit dauern – das hatte ihr der Arzt versichert –, aber manchmal wurde ihr die gute alte Dora ein bisschen zu viel. Sie brachte alles durcheinander, verärgerte die temperamentvolle, ausländische Haushaltshilfe, verzählte sich bei der Wäsche, verlegte Rechnungen und Briefe und brachte so die kompetente Miss Blacklock mitunter an den Rand der Verzweiflung. Die arme, verwirrte Dora, so loyal, so hilfsbereit, so erfreut und stolz bei dem Gedanken, dass sie noch nützlich sein konnte – und doch so völlig unzuverlässig.

Sie antwortete scharf: »Lass es, Dora. Du weißt, ich habe dich gebeten …«

»Oh.« Miss Bunner blickte schuldbewusst. »Ich weiß, ich hab’s vergessen. Aber es stimmt, nicht wahr?«

»Ob ich mir Sorgen mache? Nein, ganz und gar nicht«, antwortete sie wahrheitsgemäß. »Nicht ernstlich. Du meinst wegen dieser Anzeige in der Gazette?«

»Ja, denn selbst wenn es nur ein Streich sein sollte, dann erscheint er mir doch ziemlich böswillig.«

»Böswillig?«

»Ja. Mir kommt es so vor, als stecke irgendwie ein böser Wille dahinter. Ich meine, das ist nicht einfach ein dummer Streich.«

Miss Blacklock sah ihre Freundin an. Die milden Augen, der langgezogene, trotzige Mund, die leicht nach oben gekrümmte Nase. Arme Dora, so entnervend, verwirrt, ergeben und solch ein Problem. Eine arme dusselige Alte, die aber auf eine sonderbare Art und Weise ein natürliches Urteilsvermögen besaß.

»Ich glaube, du hast recht, Dora«, sagte Miss Blacklock. »Das ist nicht einfach ein dummer Streich.«

»Das alles gefällt mir nicht und macht mir Angst«, sagte Dora Bunner mit überraschender Lebhaftigkeit. Und dann fügte sie unvermittelt an: »Er macht auch dir Angst, Letitia.«

»Unsinn«, sagte Miss Blacklock mit Entschiedenheit.

»Das ist gefährlich. Da bin ich mir sicher. Das ist wie bei den Leuten, die Bomben in Paketen verstecken.«

»Meine Liebe, hier handelt es sich um einen armen Irren, der versucht witzig zu sein.«

»Aber es ist nicht witzig.«

Das war die Wahrheit … Miss Blacklocks Gesicht verriet ihre wahren Gedanken, und Dora rief triumphierend aus: »Da siehst du. Du hast das gleiche Gefühl.«

Sie brach ab. Durch die Tür stürmte eine aufgeregte junge Frau herein, unter deren Pullover sich eine gut entwickelte Brust hob und senkte. Sie trug einen leuchtenden Dirndlrock und hatte ihre schwarzen fettigen Haare in Zöpfen um den Kopf geschlungen. Ihre Augen waren dunkel und sprühten.

Sie sagte heftig: »Ich kann mit Ihnen sprechen, bitte, oder?«

Miss Blacklock seufzte: »Natürlich, Mitzi. Was hast du auf dem Herzen?«

Manchmal kam ihr der Gedanke, dass es einfacher wäre, sich selbst um die gesamte Hausarbeit samt Kochen zu kümmern, als sich ständig mit den Nervenkrisen ihrer Haushaltshilfe, einem Flüchtling vom Kontinent, auseinanderzusetzen.

»Ich sagen gleich, das ist in Ordnung, ich hoffe? Ich kündigen und gehen, sofort!«

»Aber warum? Hat dich jemand geärgert?«

»Ja, ich mich ärgern«, verkündete Mitzi mit dramatischer Miene. »Ich nicht sterben wollen! Bin aus Europa geflohen. Meine Familie, alle tot, alle umgebracht, meine Mutter, meine kleine Bruder, meine kleine, süßen Nichte, alle tot. Aber ich geflohen, ich verstecken. Ich kommen nach England. Ich arbeiten, Arbeit, die ich nie, nie in meine Land machen, ich …«

»Das ist mir alles bekannt«, antwortete Miss Blacklock kurz angebunden. Das alles war in der Tat ein immer wiederkehrender Refrain. »Aber warum willst du denn auf der Stelle kündigen?«

»Weil sie kommen, um mir umzubringen.«

»Wer?«

»Meine Feinde. Nazis. Oder vielleicht jetzt Bolschewiken. Sie finden heraus, wo bin ich. Sie kommen, um mir umzubringen. Ich lesen in Zeitung.«

»Oh, du meinst die Gazette?«

»Hier, steht geschrieben, hier.« Mitzi förderte die Gazette zutage, die sie hinter ihrem Rücken versteckt gehalten hatte. »Schauen Sie, hier sagen ›Mord‹. In Little Paddocks. Ist hier, nicht? Heute Abend halb sieben. Oh, ich nicht wollen sterben.«

»Aber warum sollte sich das auf dich beziehen? Also, wir denken, es handelt sich um einen Scherz.«

»Eine Scherz? Jemand umbringen, keine Scherz.«

»Nein, natürlich nicht. Aber mein liebes Kind, wenn dich jemand umbringen wollte, warum sollte er das in die Zeitung setzen?«

»Nicht in Zeitung setzen?« Mitzi schien ein wenig unsicher. »Sie denken, niemand will jemand umbringen? Vielleicht wollen Sie umbringen, Miss Blacklock.«

»Ich denke nicht, dass jemand daran Interesse hat, mich umzubringen«, sagte Miss Blacklock leichthin. »Und im Ernst, Mitzi, ich sehe auch nicht, warum jemand dich umbringen sollte. Warum nur?«

»Weil es gibt bösen Leute … sehr bösen Leute. Ich Ihnen sagen, meine Mutter, meine kleine Bruder, meine kleine süßen Nichte …«

»Ja, ja«, dämmte Miss Blacklock den Wortschwall. »Aber ich kann wirklich nicht glauben, dass jemand dich umbringen will, Mitzi. Wenn du natürlich auf der Stelle kündigen willst, dann kann ich dich nicht aufhalten. Aber ich denke, das wäre sehr dumm von dir.«

Mitzis Miene drückte Zweifel aus, und daher fügte sie mit fester Stimme hinzu: »Zu Mittag essen wir das Rindfleisch, das der Metzger angeliefert hat. Du machst daraus einen Eintopf, das Fleisch scheint mir ziemlich zäh.«

»Ich machen Ihnen eine Gulasch. Eine spezielle Gulasch.«

»Wenn du diese Bezeichnung vorziehst, bitte. Und vielleicht kannst du aus diesem harten Stück Käse einige Käsestangen machen. Ich glaube, heute Abend werden einige Leute auf ein paar Drinks vorbeischauen.«

»Heute Abend? Was Sie meinen, heute Abend?«

»Um halb sieben.«

»Aber das ist Uhrzeit in Zeitung. Wer kommen dann? Und warum kommen?«

»Sie besuchen eine Beerdigung«, antwortete Miss Blacklock mit einem Augenzwinkern. »Das reicht für jetzt, Mitzi. Ich habe zu tun. Schließ die Türe hinter dir«, fügte sie mit fester Stimme hinzu.

»Vor ihr haben wir jetzt eine Weile Ruhe«, sagte sie, als sich die Tür hinter einer verwirrt dreinschauenden Mitzi schloss.

»Du bist so kompetent, Letty«, sagte Miss Bunner bewundernd.

Drittes Kapitel Um halb sieben

I

»Nun, alles ist vorbereitet«, sagte Miss Blacklock. Ihr Blick streifte mit Genugtuung durch das Wohnzimmer: Bezüge und Vorhänge waren im Rosenmuster gehalten, auf einem Tisch standen zwei mit Chrysanthemen gefüllte Vasen, auf einem anderen Tisch an der Wand befanden sich die kleine Vase mit den Veilchen und die silberne Zigarettendose, und das Tablett mit den Drinks war auf dem Haupttisch.

Little Paddocks war ein mittelgroßes Haus im frühviktorianischen Stil. Es hatte eine lange, niedrige Veranda und Fenster mit grün gestrichenen Läden. Das lange, schmale Wohnzimmer, in das wegen des Verandadachs recht wenig Licht fiel, hatte ursprünglich an einem Ende eine Tür mit zwei Flügeln gehabt, die in einen angrenzenden, kleinen Raum mit einem Erker führte. Frühere Bewohner des Hauses hatten diese Tür durch Samtvorhänge ersetzt. Miss Blacklock hatte diese Vorhänge abgehängt, und so bildeten die zwei Räume ein einziges großes Wohnzimmer. An jedem Ende gab es einen offenen Kamin. In keinem brannte ein Feuer, obwohl es in dem Raum angenehm warm war.

»Hast du die Zentralheizung anstellen lassen?«, fragte Patrick.

Miss Blacklock nickte.

»Es war in letzter Zeit so feucht und regnerisch. Alles im Haus fühlte sich klamm an. Ich habe Evans gebeten, die Heizung anzumachen, bevor er nach Hause ging.«

»Mit dem ach so wertvollen Koks?«, fragte Patrick, um sie auf den Arm zu nehmen.

»Genau, mit dem wertvollen Koks. Sonst wäre da die noch wertvollere Kohle gewesen. Wie du weißt, gesteht uns das Heizungsamt nicht einmal die kleine Menge zu, auf die wir jede Woche ein Anrecht haben, bis wir zweifelsfrei nachweisen können, dass wir sie unbedingt zum Kochen benötigen.«

»Ich nehme an, in der Vergangenheit gab es für jedermann Koks und Kohle im Überfluss«, meinte Julia mit der Neugier einer Person, die soeben von einem unbekannten Land erfahren hat.

»Ja, und billig war sie auch.«

»Und jedermann konnte davon kaufen, soviel er wollte, ohne irgendwelche Formulare auszufüllen, und es gab keine Rationierung? Es war ganz einfach viel da?«

»Alle möglichen Sorten und Qualitäten und nicht nur Steine und Schiefer, so wie heutzutage.«

»Das muss eine wundervolle Welt gewesen sein«, sagte Julia andächtig.

Miss Blacklock lächelte. »Im Rückblick würde ich das so sagen. Aber ich bin eine alte Frau. Es ist verständlich, dass ich die Vergangenheit der Gegenwart vorziehe. Aber ihr jungen Leute solltet anders denken.«

»Ich hätte keiner Arbeit nachzugehen brauchen«, sagte Julia. »Ich hätte einfach zu Hause bleiben können, um mich um die Blumen zu kümmern und kleine Briefchen zu verfassen … Warum machte man das und für wen waren sie bestimmt?«

»Für alle, die du jetzt anrufst«, antwortete Miss Blacklock mit einem Augenzwinkern. »Ich glaube gar, du kannst gar nicht schreiben, Julia.«

»Nicht in der Art dieses wundervollen ›Kompletten Ratgebers für das Verfassen von Briefen‹, den ich vor kurzem gefunden habe. Du liebe Güte! Der verrät einem, wie man den Heiratsantrag eines Witwers stilvoll ablehnt.«

»Ich bezweifle, dass es dir wirklich so gefallen hätte, deine Zeit zu Hause zu verbringen«, merkte Miss Blacklock an. »Man hatte auch Pflichten, weißt du?« Ihre Stimme war brüchig. »Wie auch immer, ich habe damit keine Erfahrung. Bunny und ich«, sie lächelte Dora Bunner liebevoll an, »haben schon in jungen Jahren gearbeitet.«

»O ja, das ist richtig, sehr richtig«, stimmte Miss Bunner zu. »Diese ungezogenen Kinder, die werde ich niemals vergessen. Letty war natürlich intelligent. Sie wurde eine Geschäftsfrau, die Sekretärin eines großen Finanziers.«

Die Tür öffnete sich, und Phillipa Haymes trat herein. Sie war hochgewachsen, blond und sehr ruhig. Überrascht sah sie sich um.

»Guten Abend«, sagte sie. »Findet hier eine Party statt? Keiner hat mir etwas gesagt.«

»Natürlich«, rief Patrick aus. »Unsere Phillipa hat keine Ahnung. Die einzige Frau in Chipping Cleghorn, die keine Ahnung hat, das wette ich.«

Phillipa sah ihn fragend an.

»Vor Ihren Augen liegt der Schauplatz eines Mordes«, sagte Patrick mit dramatischer Geste.

Phillipa Haymes blickte etwas verständnislos.

»Und das hier«, Patrick zeigte auf die beiden Vasen mit Chrysanthemen, »sind die Grabkränze, und das dort sind Teller mit Käsestangen und Oliven, die den Leichenschmaus darstellen sollen.«

Phillipa sah Miss Blacklock fragend an.

»Soll das ein Witz sein?«, fragte sie. »Ich bin immer etwas langsam von Begriff, wenn es um Witze geht.«

»Ein sehr schlechter Witz«, sagte Dora Bunner energisch. »Mir gefällt er überhaupt nicht.«

»Zeig ihr die Anzeige«, sagte Miss Blacklock. »Und ich muss jetzt die Enten einschließen. Es ist dunkel draußen, und sie werden jetzt im Stall sein.«

»Lassen Sie mich das machen«, erbot sich Phillipa.

»Ganz bestimmt nicht, meine Liebe. Sie haben den ganzen Tag gearbeitet.«

»Ich mach das«, bot Patrick an.

»Du ganz bestimmt nicht«, schnitt Miss Blacklock ihm das Wort ab. »Das letzte Mal hast du den Riegel nicht richtig vorgelegt.«

»Letty, ich gehe«, rief Miss Bunner aus. »Ich mach das wirklich gerne. Ich zieh nur schnell meine Überschuhe an – und was habe ich nur wieder mit meiner Strickjacke gemacht?«

Aber Miss Blacklock hatte bereits mit einem Lächeln den Raum verlassen.

»Das hat keinen Zweck«, sagte Patrick. »Tante Letty ist so gut organisiert, dass sie es nicht erträgt, wenn jemand anderes ihr etwas abnimmt. Sie möchte am liebsten alles selbst erledigen.«

»Sie geht darin auf«, kommentierte Julia.

»Ich habe gar nicht bemerkt, dass du ihr deine Hilfe angeboten hast«, merkte ihr Bruder an.

Julia lächelte träge.

»Du hast gerade selbst gesagt, dass Tante Letty am liebsten alles selbst erledigt«, erwiderte sie. »Und im übrigen«, und dabei hielt sie ein wohlgeformtes, bestrumpftes Bein in die Höhe, »trage ich gerade meine besten Strümpfe.«

»Tod in Seidenstrümpfen!«, deklamierte Patrick.

»Nicht Seide, Nylon, du Ignorant.«

»Das klingt als Titel nicht annähernd so gut.«

»Könnte mir bitte jemand erklären, was all dieses Gerede vom Tod soll?«, beklagte sich Phillipa laut.

Sofort versuchte jeder eine Antwort zu geben; niemand konnte die Gazette finden, denn Mitzi hatte sie mit in die Küche genommen.

Einige Minuten später kam Miss Blacklock wieder herein.

»So, das wäre erledigt«, sagte sie lebhaft. Sie sah auf die Uhr. »Zwanzig nach sechs. Bald werden die Ersten hier eintrudeln, es sei denn, ich habe mich völlig in meinen Nachbarn verschätzt.«

»Ich verstehe nicht, warum irgendjemand kommen sollte«, sagte Phillipa und blickte verwirrt.

»Ach nein, wirklich nicht? Na, Sie verstehen das vielleicht nicht, aber die meisten Menschen sind um einiges neugieriger als Sie.«

»Phillipa hat es zu ihrer Lebensphilosophie gemacht, niemals neugierig zu sein«, war Julias abfälliger Kommentar.

Phillipa erwiderte nichts darauf.

Miss Blacklock warf einen Blick durch den Raum. Mitzi hatte den Sherry und drei Schalen mit Oliven, Käsestangen und Gebäck auf den Tisch in der Raummitte gestellt.

»Könntest du bitte dieses Tablett, oder wenn du magst auch gleich den ganzen Tisch, um die Ecke in den Raum mit dem Erker tragen, Patrick, bitte sei so gut. Schließlich gebe ich keine Party! Ich habe niemanden eingeladen. Und es soll nicht so aussehen, als ob ich Gäste erwarte.«

»Tante Letty, hast du etwa die Absicht, deine kluge Voraussicht zu verbergen?«

»Das hast du sehr schön formuliert, Patrick. Vielen Dank, mein lieber Junge.«

»Jetzt können wir alle eine hübsche Darbietung von einem gemütlichen Abend zu Hause geben und so tun, als seien wir überrascht, dass jemand vorbeischaut«, sagte Julia.

Miss Blacklock nahm die Flasche mit dem Sherry hoch und hielt sie mit fragender Miene in der Hand. Patrick beruhigte sie.

»Das ist noch gut eine halbe Flasche. Das sollte reichen.«

»Doch, ja …«, zögerte sie. Dann fuhr sie leicht errötend fort: »Patrick, würde es dir etwas ausmachen … in dem Schrank in der Speisekammer ist noch eine volle Flasche. Bitte hol sie doch und auch einen Korkenzieher. Ich … wir können ja auch gleich eine neue Flasche öffnen. Die hier steht seit einiger Zeit offen.«

Patrick machte sich kommentarlos auf den Weg. Er kehrte mit der neuen Flasche zurück und entfernte den Korken. Während er den Sherry auf dem Tablett abstellte, blickte er Miss Blacklock aufmerksam an.

»Du beginnst das ernst zu nehmen, nicht wahr, liebe Tante«, fragte er sanft.

»Oh«, rief Dora Bunner bestürzt aus. »Wirklich, Letty, du kannst dir nicht vorstellen …«

»Sei still«, erwiderte Miss Blacklock schnell. »Es hat geläutet. Wie ihr seht, war meine intelligente Voraussicht gerechtfertigt.«

II

Mitzi öffnete die Wohnzimmertür, um Colonel und Mrs Easterbrook hereinzulassen. Sie hatte ihre eigene Art, Gäste anzukündigen.

»Colonel und Mrs Easterbrook wollen Sie besuchen«, sagte sie beiläufig.

Um seine leichte Verlegenheit zu überspielen, gab sich der Colonel forsch und gutgelaunt.

»Hoffe, unser Besuch kommt Ihnen nicht ungelegen«, sagte er. (Aus Julias Richtung war ein unterdrücktes Glucksen zu hören.) »Waren gerade in der Gegend. Milder Abend, heute. Merke gerade, dass Sie die Zentralheizung anhaben. Wir haben die noch nicht an.«

»Sind diese Chrysanthemen nicht einfach zauberhaft?«, stieß Mrs Easterbrook hervor. »So etwas Schönes.«

»Eigentlich schauen sie ziemlich armselig aus«, meinte Julia.

Mrs Easterbrook begrüßte Phillipa Haymes mit jener besonderen Höflichkeit, die zeigen sollte, dass sie sofort begriffen hatte, dass Phillipa mehr als eine bloße Landarbeiterin war.

»Wie geht es mit Mrs Lucas’ Garten voran?«, fragte sie. »Meinen Sie, der kommt jemals wieder in Ordnung? Während des Krieges ist er völlig vernachlässigt worden, und dann war da dieser furchtbare Alte, Ashe hieß er, der nichts weiter machte, als ein paar Blätter zusammenzufegen und ein bisschen Kohl einzupflanzen.«

»Er macht sich langsam«, antwortete Phillipa. »Aber es wird noch eine Weile dauern.«

Mitzi öffnete wieder die Tür und sagte:

»Hier sind Damen von Boulders.«

»Schönen Abend«, grüßte Miss Hinchcliffe und lief mit großen Schritten am Tisch vorbei, um Miss Blacklocks Hand in ihre Pranke zu nehmen. »Ich sag noch zu Murgatroyd: ›Lass uns doch mal in Little Paddocks vorbeischauen.‹ Wollte mal nachfragen, wie Ihre Enten dieser Tage so legen.«

»Die Abende werden jetzt so schnell kürzer, nicht wahr?«, wandte sich Miss Murgatroyd Patrick angeregt zu. »Was für hübsche Chrysanthemen.«

»Armselig!«, meinte Julia.

»Warum kannst du nicht ein bisschen freundlich sein?«, murmelte Patrick ihr vorwurfsvoll zu.

»Ich sehe, Sie haben die Zentralheizung an«, sagte Miss Hinchcliffe tadelnd. »Ganz schön früh.«

»Das Haus ist um diese Jahreszeit recht feucht«, erklärte Miss Blacklock.

Patrick deutete mit erhobenen Augenbrauen an: »Jetzt der Sherry?«, und Miss Blacklock signalisierte in derselben Manier: »Nein, noch nicht.«

Sie wandte sich an Colonel Easterbrook: »Bestellen Sie sich dieses Jahr Blumenzwiebeln aus Holland?«

Die Tür öffnete sich erneut, und herein kam Mrs Swettenham, die eine schuldbewusste Miene trug. Hinter ihr folgte – finster und ungemütlich dreinblickend – Edmund.

»Da sind wir«, verkündete Mrs Swettenham munter und blickte sich mit freimütiger Neugier um. Dann fühlte sie sich unvermittelt unwohl und fuhr fort: »Ich dachte nur, ich schaue für einen Augenblick herein, um zu fragen, ob Sie ein Kätzchen haben wollen, Miss Blacklock? Unsere Katze …«