Cover

Über dieses Buch:

Auf den ersten Blick haben sie nichts gemeinsam – der Mann, der seit langer Zeit eine heimliche Fantasie hegt. Die Frau, die genug hat von der Sexsucht ihres Gatten. Das Mädchen, das sich nach all den plumpen Annäherungsversuchen ihrer Teenagerfreunde nach einem erfahrenen Liebhaber sehnt. Und der Sportler, dem unter der Dusche seines Fitnessclub Unglaubliches wiederfährt. Sie alle besuchen ein kleines, romantisches Hotel am Fuß der Berge – und erleben dort, wie ihre geheimsten Wünsche lustvolle Realität werden … Welches Zimmer dürfen wir jetzt für Sie reservieren?

Die Serie Aimées Hotel von Shayla K. Fields umfasst die Romane Verborgene Lust, Verborgene Leidenschaft und Verborgene Wünsche; alle Bände können unabhängig voneinander gelesen werden.

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eBook-Neuausgabe April 2015

Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Dieses Buch aus der Serie Aimées Hotel trug ursprünglich den Untertitel Vom Wesen der Lust.

Copyright © der Originalausgabe 2011 Edition Combes im Verlag Frank de la Porte, 96328 Küps

Copyright © der eBook-Neuausgabe 2015 venusbooks GmbH, München

Copyright © der aktuellen eBook-Neuausgabe 2020 venusbooks Verlag. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design, München, unter Verwendung eines Bildmotivs von shutterstock/Pawel Sierakowsky

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-96898-055-3

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Im realen Leben dürfen Erotik, Sinnlichkeit und sexuelle Handlungen jeder Art ausschließlich zwischen gleichberechtigten Partnern im gegenseitigen Einvernehmen stattfinden. In diesem eBook werden erotische Phantasien geschildert, die vielleicht nicht jeder Leserin und jedem Leser gefallen und in einigen Fällen weder den allgemeinen Moralvorstellungen noch den Gesetzen der Realität folgen. Es handelt sich dabei um rein fiktive Geschichten; sämtliche Figuren und Begebenheiten sind frei erfunden. Der Inhalt dieses eBooks ist für Minderjährige nicht geeignet und das Lesen nur gestattet, wenn Sie mindestens 18 Jahre alt sind.

Shayla K. Fields

AIMÉES HOTEL

Verborgene Lust

Erotischer Roman



venusbooks

Prolog

»Geister?« Aimée Barnes lachte und schüttelte den Kopf. »Aber lieber John, wie kommen Sie denn auf so etwas? Nein, ich versichere Ihnen, mein Haus ist weder verflucht, noch spukt es hier. Wer immer Ihnen diese Schauermärchen erzählt hat, er wollte Sie wohl in den April schicken. Oder um den Schlaf bringen. Möchten Sie noch etwas Wein?«

»Danke, sehr gerne«, sagte Luise.

Aimée schenkte die Gläser ihrer beiden Gäste noch einmal voll.

Sie saßen zu dritt im Kaminzimmer des Romantikhotels, das den Namen der Besitzerin trug, und warteten darauf, dass der Rest der Gruppe eintraf, mit der John und Luise einen Ausflug geplant hatten. Sie wollten zur Sternwarte auf dem Berg.

Ein Komet kreuzte in diesen Tagen die Umlaufbahn der Erde, und in dieser wolkenlosen Neumondnacht war er in voller Schönheit zu bewundern. Dummerweise schienen sich die übrigen Gäste zu verspäten. Niemand wusste, wo sie blieben, und wann sie eintreffen würden. So vertrieben sie sich mit der Hotelbesitzerin die Zeit bei Rotwein und ein wenig Konversation. Diese nahm allerdings eine Richtung, die mit oberflächlichem Smalltalk nur wenig zu tun hatte.

»Sie werden zugeben, dass die bewegte Vorgeschichte Ihres Hotels die Phantasie enorm beflügelt«, versuchte Luise noch einmal, das Thema anzuschneiden. »Sonst gäbe es ja nicht diese vielen Legenden. Sie wissen doch, wo Rauch ist …«

»Ist auch Feuer«, ergänzte Aimée.

Eigentlich hatte sie keine Lust, lange um den Kern der Sache drumherumzureden. Doch sie musste vorsichtig sein. Manche Gäste vertrugen die Wahrheit nur in homöopathischen Dosen. Das Ehepaar Luise und John gehörte zweifellos zu ihnen. Sie ahnten nicht, was sich alles innerhalb der folgenden Stunden für sie ändern würde. Aimée überlegte. Ob sie es lieber lassen sollte? Die beiden hinauskomplimentieren, sich höflich verabschieden und es gut sein lassen? Nein, entschied sie. Es war immer dasselbe. Manchmal tat es weh, manchmal sorgte es für Gelächter, Termine beim Scheidungsanwalt oder auch Heiratsanträge. Aber es gab stets ein gutes Ende. Es würde auch diesmal so sein. Nur dass John und Luise das noch nicht wussten.

»Dieses Haus war einst der Schauplatz eines opulenten Rachedramas, das fast zwanzig Jahre lang von der ehemaligen Besitzerin minutiös vorbereitet wurde. Mit Erfolg, wie man sich erzählte.«

»Was ist passiert?«, fragte John neugierig.

»Gab es Tote?«, wollte Luise wissen. »Wurde jemand ermordet?«

»Diese Wände haben kein Blut gesehen, falls Sie darauf anspielen«, erklärte Aimée nachdrücklich. Innerlich schauderte sie. Warum dachten so viele Menschen zuerst an physische Gewalt, wenn von starken Emotionen die Rede war? Ich sollte aufhören, Schwarz zu tragen, wenn ich diese Art Gespräche führe, nahm sie sich vor. Die Farbe schien einen morbiden Zug an ihr zu vermitteln, über den sie gar nicht verfügte.

»Keine Gewalt«, wiederholte sie. »Die gab es schließlich zwanzig Jahre zuvor schon reichlich. Aber die Rache war dennoch schmerzhaft. Die ehemalige Besitzerin erwarb dieses Haus, als es nicht viel mehr als ein Haufen Steine war. Sie restaurierte es in mühevoller Kleinarbeit, legte Wege und die beiden Gärten an, baute die Pferdeställe, einen Bootssteg, den Wintergarten mit einem Pool und eröffnete das Hotel. Dann lockte sie all diejenigen hierher, mit denen sie eine Rechnung zu begleichen hatte und konfrontierte sie unvermutet mit ihren Taten. Das brachte die Täter nicht nur um ihre Existenz, sondern in einigen Fällen auch um den Verstand. Es ist durchaus möglich, dass diese intensive Geschichte den Charakter des Hauses geprägt hat.«

In der Ferne zuckten Lichter am Himmel. Wetterleuchten erhellte die Nacht und flackerte fast dreißig Sekunden lang. Offenbar braute sich gerade ein Gewitter zusammen. Der Donner blieb aus, es befand sich demnach noch in weiter Ferne.

»Oh, es könnte sein, dass Sie Ihren geplanten Besuch bei der Sternwarte verschieben müssen«, sagte Aimée. »Bei Gewitter wäre es dort oben am Teleskop lebensgefährlich.«

»Ist mir recht«, sagte John. »Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, Sie würden uns gerne etwas erzählen, Aimée. Ist es so?«

»Nun, wenn es Sie denn interessiert …«

Beinahe hätte sie laut gelacht. So gespannt, wie John und Luise sie ansahen, war die Frage nach ihrem Interesse völlig überflüssig.

»Die Geschichten, die sich um dieses Haus ranken, sind unglaublich«, begann sie. »Einige habe ich selbst erlebt, andere wurden mir zugetragen, und manche, nun, von denen weiß ich selbst nicht, was ich davon halten soll. Aber allen ist gemeinsam, dass ihre Hauptakteure danach nicht mehr dieselben waren wie zu Beginn.«

»Wie müssen wir uns das vorstellen?«, fragte Luise.

»Ihr Leben hatte sich verändert. Bei einigen nur im Detail, bei anderen von Grund auf. Nicht von selbst, sondern weil sie hier etwas erlebten, was ihnen die Augen öffnete.«

»Wie in dieser alten Fernsehserie«, sagte John. »Wie hieß sie doch gleich? Fantasy Island oder so ähnlich? Wo sich Menschen an einen Wasserfall setzen, in Trance fallen und anschließend ihr Leben umkrempeln?«

Aimée lächelte milde.

»Solchen Hokuspokus erleben Sie hier nicht, da können Sie ganz beruhigt sein. Nun, womöglich werden Sie es ja selbst erfahren, die Nacht ist ja noch jung.«

Ein langgezogenes Miauen begleitete Aimées letzte Worte. In der offenen Tür stand eine große dreifarbige Katze, betrachtete die Anwesenden, rieb sich ausgiebig am Türrahmen und entschied dann, es sich auf dem roten Samtsofa gemütlich zu machen, auf dem John und Luise saßen.

Wieder blitzte es. Diesmal war ein leises Grollen zu hören.

»Ja, ich denke, Ihr Ausflug heute Nacht fällt definitiv ins Wasser. Tut mir leid, dass Sie umsonst gewartet haben.«

»Na, ganz umsonst ja wohl nicht«, entgegnete Luise. »Ich brenne darauf, noch etwas über dieses Haus zu erfahren!«

»Der Komet ist morgen auch noch da«, sagte John und kraulte die Katze, die sich zwischen ihnen zusammenringelte. »Man sieht ihn während der nächsten zwei Wochen jede Nacht. Ich hoffe, das ist nicht zu indiskret, aber es geht mir nicht anders als meiner Frau. Ich wüsste auch gerne, was hier passiert ist. Möchten Sie uns ein wenig mehr darüber erzählen?«

Aimée stand auf, ging zum Kamin, schob eines der dicken Holzscheite tiefer in die Glut und öffnete die Abzugsklappe weiter. Das Feuer loderte auf und erhellte den Raum. Dann drehte sie sich um.

»Sind Sie sicher, dass Sie das wissen möchten?«, fragte sie. »Es könnte sein, dass sich dadurch Ihr Leben verändert, genau wie bei einigen vor Ihnen. Das ist nicht ohne, wissen Sie.«

»Huuuh, meine liebe Aimée, wollen Sie uns etwa Angst machen?«, fragte Luise aufgekratzt. Ihre Wangen glühten, was nicht nur am Wein lag. »Natürlich wollen wir das wissen!«

»Wirklich?«, fragte Aimée noch einmal. Der geheimnisvolle Unterton war unüberhörbar. Sie hoffte, dass sie nicht eine Spur zu theatralisch wirkte.

»Sie machen es aber mächtig spannend«, sagte John. »Sind diese Geschichten wirklich so schlimm?«

»Im Gegenteil«, sagte Aimée, und der Widerschein der Flammen funkelte in ihren Augen. »Ich finde sie ganz wunderbar! Jede hat ein Happy End. Aber eben keines von der Sorte, die Sie im Vorabendprogramm finden würden. Ich muss sie vorwarnen. Manches davon ist mit unseren konventionellen Naturgesetzen nicht zu erklären. Und das meiste ist, nun ja, nicht gerade jugendfrei, um es mal schonend auszudrücken.«

»Umso besser«, warf Luise ein, kuschelte sich in Johns Arm und wartete.

»Na schön«, sagte Aimée und setzte sich wieder. »Eine Geschichte spielte sich just in diesem Raum ab. Einiges davon trug sich sogar auf dem Sofa zu, auf dem Sie beide gerade sitzen …«

Episode 1
SPERRSTUNDE

Aus dem Funkgerät quoll nur noch atmosphärisches Rauschen. Worüber hätte man sich um diese Zeit auch unterhalten sollen? Seit zwei Stunden galt das generelle Nachtfahrverbot für LKW und Sattelschlepper. Pete wusste, dass es teuer werden konnte, wenn er in eine Polizeikontrolle geriet. Doch das war es ihm wert. Er musste weiter. Denn diese Nacht würde er nicht wie üblich in der Schlafkoje des Führerhauses verbringen, sondern sich ein bequemes Hotelbett gönnen. Und noch einiges mehr, wenn er Glück hatte.

Er warf einen kurzen Seitenblick auf den Beifahrersitz. Virginie hatte sich unter der Fleecedecke zusammengerollt und schlief tief und fest. Gut so. Dann brauchte er ihr nicht zu erklären, warum er nicht vorschriftsmäßig den Rastplatz angesteuert hatte, sondern noch ein paar Kilometer weiterfuhr, zu einem Ziel, das er bisher nur vom Hörensagen kannte.

Ein Jahr waren sie nun zusammen, und dies war die erste Tour, bei der sie ihn begleitete. Eigentlich ein Grund zur Freude. Ausgerechnet diese eine Nacht hätte er jedoch gerne ohne sie verbracht. Nur, wie sollte er das erklären? Er wusste ja selbst nicht genau, was er von den Geschichten halten sollte, die man sich in Fernfahrerkreisen über das Romantikhotel erzählte, zu dem sie unterwegs waren. Einige klangen wie wahr gewordene Männerträume, andere wie unheimliche Schauermärchen. Dass es mit dem Hotel eine besondere Bewandtnis haben musste, war klar. Er hatte lange genug zugehört. Nun war er neugierig. Wenn dies wirklich ein Ort war, an dem die geilsten, lustvollsten Phantasien wahr wurden, zu denen er fähig war, dann wollte er es herausfinden.

Der Kompressor gab ein lautes Seufzen von sich, als Pete den Vierzigtonner parkte und den Motor abstellte. Virginie erwachte und blinzelte schlaftrunken.

»Oh, sind wir endlich da?«, fragte sie gähnend. Pete bemühte sich um einen gleichgültigen Gesichtsausdruck.

»Sind wir, meine Süße. Vor uns liegen jetzt nur noch eine heiße Dusche, ein paar Chips und ein gemütliches Bett.« Sie sah auf die Uhr, dann aus dem Fenster.

»Ein Hotel? Es ist zwei Uhr früh. Meinst du, um die Zeit checken sie uns überhaupt noch ein?«

»Ich hab Bescheid gesagt, die erwarten uns, keine Sorge.« Eine glatte Lüge. Wie überhaupt dieser Abend eine Lüge war.

»Na, dann hoffe ich, der Koch ist auch noch wach. Ich habe einen Bärenhunger.«

Pete nahm einen letzten Schluck aus der Colaflasche, langte an Virginie vorbei und öffnete die schwere Beifahrertür, damit sie aussteigen konnte.

Hand in Hand gingen sie über den Parkplatz. Das Haus sah wirklich einladend aus, war eleganter als die meisten Waldhotels, hatte aber trotz der Größe etwas von einem Puppenhaus. Es war von hohen alten Bäumen umringt, weiter hinten sah man die schwarze glatte Wasseroberfläche eines Sees glitzern, in dem sich einige Lichter und der Mond spiegelten.

»Das ist ja bezaubernd«, stellte Virginie fest. »Wie bist du darauf gekommen, hier zu übernachten?«

»Das war ein Tipp von einem Kollegen«, wich Pete aus. Es widerstrebte ihm, Virginie im Unklaren zu lassen, aber es musste sein. Glücklicherweise fragte sie nicht weiter nach.

Hinter der monströsen Holztheke mit dem Schildchen »Rezeption« saß eine junge Frau und schien ganz in ein Strickmuster vertieft zu sein. In ihren Händen hielt sie das halbfertige Vorderteil eines roten Pullovers. Als Pete und Virginie eintraten, legte sie die Nadeln weg, stand auf und strahlte die beiden Gäste an, als hätte sie den ganzen Abend nur auf sie gewartet.

»Herzlich willkommen, wie schön, dass Sie da sind«, sagte die junge Dame. »Ihr Zimmer ist fertig. Haben Sie noch Hunger? Wir hatten heute ein phantastisches Gulasch mit Bratkartoffeln als Tagesgericht. Wenn Sie mögen, zaubert Ihnen unser Koch das im Handumdrehen.« Sie schob den Zimmerschlüssel über die Theke und legte einen Formularblock dazu. Virginie warf Pete einen staunenden Blick zu, während er den Meldezettel ausfüllte.

»Kennen sie dich hier? Bist du etwa mit dem Besitzer verwandt, oder warum wirst du hier wie ein Staatsgast empfangen?«

***

Das Gulasch schmeckte so köstlich, wie es duftete. Obwohl sie die einzigen Gäste waren, die um diese Zeit hier aßen, brannte im Kamin ein gemütliches Feuer, und es lief leise Musik.

Während sie genussvoll aßen, dachte Pete angestrengt nach. Der Empfang, das Haus, die beiden Nachtschwärmer, die eben zurückgekommen und auf ihr Zimmer gegangen waren, alles wirkte zwar ein wenig übertrieben, aber doch recht normal für ein Hotel. Zu normal? Waren es am Ende doch nur Fernfahrerlegenden? Solange Virginie neben ihm saß, würde er es nicht herausfinden.

Als er nach dem Essen einen Kaffee bestellen wollte, murmelte sie müde:

»Muss das sein? Mir fallen gleich die Augen zu, und wir wollten doch noch zusammen duschen …«

Pete jubelte innerlich.

»Kein Problem, spring du ruhig schon mal unter die Dusche, ich hole noch eben den Laptop aus dem Truck und komme gleich nach.«

»Mach ich. Wenn du dich nicht beeilst, verdusche ich das ganze warme Wasser.« Sie stand auf, küsste ihn und wuschelte sein Haar durcheinander. »Und lass dich nicht von fremden Frauen ansprechen«, flachste sie, zog sich den Pulli um die Schultern und ging nach oben.

Treffer, dachte Pete schuldbewusst. Für Sekunden spürte er tatsächlich so etwas wie Gewissensbisse.

Der Kellner kam, räumte den Tisch leer, und Pete ging unschlüssig an die Bar. Über der Theke brannte kein Licht, auch machte der Kellner keine Anstalten, ihn zu bedienen. Klar, auch das war normal für die Uhrzeit. Was nun? Sollte er nach oben gehen und die Sache vergessen?

Eine schwarz gekleidete, dunkelhaarige Frau kam zur Tür herein, warf einen prüfenden Blick ins Speisezimmer, schloss die Klappe am Kamin und ließ das Feuer herunterbrennen. Dann ging sie zur Bar.

»Guten Abend, vielmehr: Guten Morgen. Mein Name ist Aimée Barnes. Haben Sie noch einen Wunsch?«, fragte sie. Pete ahnte, dass es sich nur um die Eigentümerin handeln konnte.

»Nein danke, ich glaube, ich …«

Stammel hier nicht rum wie ein Idiot, sag was, schalt er sich.

»Gibt es hier vielleicht die Möglichkeit, sich ein wenig, ähm, zu amüsieren?«

Die Frau lächelte.

»Nachtleben haben wir keines, falls Sie das meinen. Aber vielleicht tröstet Sie das hier über die Wartezeit hinweg.«

Sie ging hinter die Bar, nahm eine Flasche aus dem Regal, schenkte ein aufwendig geschliffenes Absinthglas halbvoll und schob es ihm rüber.

»Ein kleiner Absacker, geht aufs Haus. Gute Nacht, viel Spaß, und träumen Sie süß.«

Mit diesen Worten ließ sie ihn stehen. Pete sah ihr verdattert nach. Was bitte meinte sie mit viel Spaß und Wartezeit? Er nahm das Glas und trank einen Schluck. Das Zeug schmeckte eigenartig, nach Ananas, Sekt, Vodka und einer Frucht. Aber nicht schlecht. Ein komischer Laden war das. Er sollte hinaufgehen zu Virginie, sie hatte bestimmt schon fertig geduscht, lag appetitlich duftend im Bett und wartete auf ihn. Er stürzte den restlichen Drink hinunter, wandte sich um – und blieb wie angewurzelt stehen.

»Oh, hallo Pete, wir wollten Sie nicht erschrecken! Schön, dass Sie gekommen sind, bitte entschuldigen Sie die Verspätung.«

Direkt vor ihm stand ein Mann vom Typ Jeff Bridges, ungefähr Mitte vierzig, seinen Arm um eine gleichaltrige Frau gelegt, neben sich ein zierliches blondes Mädchen, das sichtlich nervös mit seiner Halskette spielte und der älteren Frau wie aus dem Gesicht geschnitten ähnelte. Alle drei sahen ihn erwartungsvoll an. Er runzelte die Stirn.

»Wie bitte?«

»Sie sind doch Pete, oder?«, fragte die Frau.

Er nickte.

»Ja schon, aber was, warum sind Sie …«

»Fein. Ich heiße Sandra, das ist mein Mann Jeff, und dieses bezaubernde Wesen hier ist unsere Tochter Lara.«

»Meine Stieftochter«, ergänzte Jeff.

Beinahe wäre Pete vor Lachen geplatzt. Der Bridges-Doppelgänger hieß wirklich Jeff? Schade, dass Virginie das verpasste. Sie würde dem Mann vermutlich zuerst um den Hals fallen und dann jede Menge Fotos knipsen. Sie war ein wahnsinnig großer Fan des Schauspielers.

»Guten Abend«, sagte er zögerlich. »Warum sind Sie so spät noch unterwegs? Sind Sie auch eben erst angekommen?«

Statt zu antworten, gab Jeff dem Mädchen einen sanften Schubs.

»Na komm, Liebes, sag deinem Date doch mal Hallo. Nur nicht so schüchtern.«

Sie strich sich das lange blonde Haar aus dem Gesicht und reichte Pete die Hand. Pete war so verblüfft, dass er sie ergriff. Date, wieso Date?

Der Blick, mit dem dieser bildhübsche Teenager ihn ansah, ging ihm durch und durch. Diese Mischung aus Schüchternheit und jugendlicher Neugier, wow. In ihren engen Jeans und dem dünnen schwarzen T-Shirt, das ihre straffen Brüste umspielte, sah sie umwerfend aus. Er hatte zwar keine Ahnung, warum diese wildfremden Leute hier mitten in der Nacht mit ihm eine Unterhaltung anfingen, aber gegen die Reize des Mädchens war er keineswegs immun. Sandra schien das genau zu spüren.

»Sie ist noch schöner als auf den Fotos, nicht wahr?«, sagte sie nicht ohne Stolz. »Das gilt aber auch für Sie, Pete, wenn ich das mal so direkt sagen darf. Ich glaube, Sie beide werden sich prächtig verstehen. Und wenn Ihnen der Sinn zwischendurch nach etwas reiferen Früchten steht, nur keine falsche Zurückhaltung.« Sie schob mit ihrer rechten Hand lässig das Revers ihres Jäckchens zurück und gab den Blick auf ein prall gefülltes Dekolleté frei. Pete fühlte, wie sich sein Puls beschleunigte. Was immer hier vorging, die drei schienen zu glauben, er habe sich mit ihnen hier verabredet! Wozu denn? Etwa für Sex? Das konnte doch nur eine Verwechslung sein. Und von welchen Fotos war die Rede?

»Nur damit ich das klarkriege«, versuchte er, Licht ins Dunkel zu bringen. »Sie kennen mich?«

»Noch nicht persönlich«, sagte Jeff und grinste. »Aber deswegen sind wir ja hier. Ihre Bilder waren sehr vielversprechend. Lara konnte es kaum fassen, als sie sie gesehen hat. Und Sie können mir glauben, unsere Kleine ist äußerst anspruchsvoll. Es gab einige Kandidaten, die ich ganz proper fand, doch Lara war keiner gut genug. Erst bei Ihnen fing sie Feuer.« Er strich ihr liebevoll über das glänzende Haar. »Sie weiß eben schon ganz genau, was sie will.«

Irgendwo muss eine versteckte Kamera sein, dachte Pete und suchte hektisch mit den Augen den Raum ab. Jemand verarscht mich, anders kann es nicht sein. So etwas passiert nicht. Ausgeschlossen, unmöglich. Ich kenne diese Leute nicht. Und was denn für Bilder? Außer diesem einen Profilfoto bei Facebook gibt’s keine Bilder von mir, auf denen man mich erkennen könnte.

»Es ist aber auch ein Jammer«, fuhr Jeff fort. »Die jungen Leute wissen einfach nicht mehr, wie man sich gegenseitig verwöhnt. Ob das an der einfallslosen Musik liegt, die sie hören? Alles so künstlich, mehr Computer als Instrumente, vermutlich bleibt da der Sinn fürs Lustvolle auf der Strecke.«

»Möglich«, sagte Pete abwartend. Worauf wollte Jeff hinaus?

»Unser Engelchen hier ist scharf wie eine Rasierklinge«, warf Sandra ein, »aber die Jungs in ihrem Alter sind scheinbar allesamt Loser. Ihr letzter Freund war ein Idiot mit einem Minischwanz, der vorletzte ein Schnellspritzer, ihr aktueller ist ganz okay, hat aber kein Körpergefühl. Und Lara hat völlig recht, wenn sie sagt, dass sie keine Lust hat, für solche Bürschelchen die Entwicklungshelferin zu spielen.«

»Umso begeisterter war sie, als sie Ihr Video entdeckte«, ergriff Jeff wieder das Wort. »Und meine Frau erst! Sie ist beinahe ausgelaufen, als sie es sich angesehen hat.« Nun verstand Pete gar nichts mehr.

»Video?«, fragte er. »Was denn für ein Video? Wo denn, von was denn?« Langsam wurde ihm diese Sache unheimlich. Er war kurz davor, aus dem Raum zu rennen, wollte nur noch nach oben zu Virginie unter die Decke krabbeln und diese Begegnung schnellstmöglich vergessen.

»Nur nicht so bescheiden«, gab Jeff zurück. »Eines muss man Ihnen lassen, Pete, die Natur hat Sie ordentlich beschenkt. Und dass Sie mit Ihrem Equipment umgehen können, ist ebenfalls deutlich zu erkennen. Ich denke, Sie können unserer Kleinen genau das geben, was sie sich so sehr wünscht.«

Sandra und Lara kicherten so wissend, als hätte Jeff einen Insiderwitz erzählt. Pete wusste nicht, ob er mitlachen oder sich verdrücken sollte. Wovon redete dieser Mann?

Während er nach einer Ausrede suchte, mit der er sich verabschieden konnte, verselbständigte sich sein Körper. Vielleicht war es die Müdigkeit, vielleicht lag es an dem guten Essen und dem Drink, jedenfalls blieben die ständigen sexuellen Anspielungen und der intensive Blick des Mädchens nicht ohne Wirkung. Virginie, komm und rette mich, dachte er nervös. In was geriet er hier hinein?

»Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz. Was meinen Sie?«

»Na kommen Sie, mein Lieber«, sagte Jeff. »Lassen Sie Ihre Phantasie spielen. Sie scheinen mir nicht der Typ Mann zu sein, der eine Gebrauchsanweisung benötigt. Nach allem, was ich von Ihnen gesehen habe, wissen Sie doch ganz genau, wie Sie es einem Mädchen besorgen müssen, damit Sie beide auf Ihre Kosten kommen.«

Pete klappte der Unterkiefer herunter.

»Ich soll sie … was?«

»Sie entjungfern«, erklärte Jeff. »Ihr zeigen, wie man fickt, ihr den ersten Stoß versetzen, sie richtig schön kommen lassen, am besten ein paarmal. Ihre drei Löcher nach allen Regeln der Kunst beglücken. Wie auch immer Sie es nennen wollen. Sie wissen doch, wie’s geht. Glauben Sie mir, sie brennt darauf. Ist das nicht genau das, was Sie wollten? Deswegen sind wir doch hier. Oder haben Sie es sich inzwischen anders überlegt?«

Pete hatte das Gefühl, der Boden unter seinen Füßen verwandelte sich in Kuchenteig. Hilfesuchend hielt er sich an dem Barhocker hinter sich fest. Wie um alles in der Welt konnten diese drei Fremden von dieser speziellen Phantasie wissen? Natürlich war es das, was er wollte, und wie. Aber er wusste genau, er hatte noch niemals einer Menschenseele von diesen Gedanken erzählt.

Die lustvollen Szenen spielten sich ausschließlich in seinem Kopf ab, waren seine ganz private Sexphantasie. Die Vorstellung, ein so unerfahrenes, schönes und bis in die Haarspitzen naturgeiles Mädchen wie Lara in die hohe Kunst des Fickens einzuweihen, während ihre Eltern zusahen und sich womöglich an dem Liebesspiel beteiligten, Himmel, das war mit Abstand das Aufregendste, was er sich vorstellen konnte. Doch es war eine Phantasie. Nicht einmal Virginie wusste davon. Wie kam es, dass hier nun plötzlich Menschen vor ihm standen, die allen Ernstes erwarteten, dass er diesen Wunschtraum verwirklichte? Ihn sogar ausdrücklich dazu aufforderten?

»Vielleicht geht das alles ein bisschen zu schnell«, sagte Sandra und legte Pete die Hand auf die Schulter. »Warum unterhaltet ihr euch nicht erstmal in Ruhe und lernt euch kennen? Wir trinken solange etwas. Lasst euch Zeit, wir haben ja schließlich die ganze Nacht für uns.« Sie nahm Jeff am Arm und ging mit ihm hinter die Theke, wo sie beide unverzüglich damit begannen, die einladend aufgereihten Flaschen vor der verspiegelten Wand zu inspizieren.

Lara und Pete sahen sich an.

»Ja, also …«

»Ja.«

Sie lachte.

Etwas unsicher, aber auch unverkennbar neugierig und zu allem entschlossen. Ein Mauerblümchen war sie bei aller Zurückhaltung gewiss nicht. Das kann ja heiter werden, dachte Pete.

»Komm, da drüben ist es gemütlicher«, schlug er vor und deutete auf das breite rote Sofa, das am anderen Ende des Raumes stand. Außerdem sehen uns hier deine Eltern nicht, fügte er in Gedanken hinzu. »Willst du etwas trinken?«

»Nein, gar nichts, danke.«

Sie gingen zur Sitzecke und nahmen auf dem Sofa Platz. Er setzte sich neben sie und studierte seine Schuhspitzen. Dann gab er sich einen Ruck.

»Das ist doch verrückt«, sagte er. »Du willst wirklich mit mir, ich meine, du willst, dass wir beide …« Er brachte es nicht fertig. So schön, so unschuldig wirkte sie, wie sie da neben ihm saß. Ein F-Wort in ihrem Zusammenhang wirkte zu derb, zu schmutzig.

»Ficken«, sagte sie gleich darauf so leichthin, als sei es das Normalste der Welt.

»Ja. Willst du das? Ich meine, wir kennen uns überhaupt nicht.«

Sie zuckte die Schultern und lächelte.

»Du hast gehört, was Jeff gesagt hat. Er hat völlig recht. Mein Ex war ein gefühlloser Schnellspritzer. Wir haben es ein paarmal versucht, aber er schaffte es gerade mal, sich den Gummi überzuziehen und anzuklopfen, schon verschoss er sein Pulver. Der, mit dem ich jetzt zusammen bin, ist ein netter Kerl, aber wenn er mich anfasst, möchte ich ihn am liebsten fragen, ob ich ihm eine Zeichnung machen soll. Mann, so kompliziert ist das doch nun wirklich nicht …« Sie schüttelte belustigt den Kopf. Pete musste sich ein Lachen verbeißen. Die Kleine nahm wirklich kein Blatt vor den Mund.

»Jungs sind als Teenager meistens noch nicht so weit wie ihr Mädchen«, versuchte Pete, die Ehre seiner offenbar tölpelhaften jugendlichen Geschlechtsgenossen zu verteidigen.

»Das mag ja sein, aber nach dem, was ich gehört habe, verbringen sie den halben Tag damit, sich den Schwanz zu rubbeln und Taschentücher vollzuspritzen. Sie wissen demnach, wie sie ihr Ding benutzen müssen. Warum kriegen sie es dann bei uns nicht hin?«

Oha, dachte Pete und musste grinsen, das kann ich dir ganz genau sagen, meine Süße. Weil ihr uns wahnsinnig macht. Weil wir fünfmal hintereinander abspritzen können allein beim Gedanken an eure zarte kleine Mädchenfotze, die so unerreichbar scheint wie der Mars. Weil wir vor Glück und Geilheit platzen, wenn wir dann tatsächlich das erste Mal eure herrlichen Jungmädchentitten in der Hand haben und uns nicht mehr beherrschen können. Weil wir keine Ahnung haben, wie ihr funktioniert. Und weil wir den Verstand verlieren, wenn wir das erste Mal eine Muschi streicheln dürfen und feststellen, dass sie dabei klitschnass wird.

Er hätte noch eine Menge Gründe aufzählen können. Nur zu deutlich erinnerte er sich an seine eigenen unbeholfenen Versuche, als Teenager mit gleichaltrigen Mädchen so etwas wie erste sexuelle Erfahrungen zu sammeln. Rhythmische Sportgymnastik wäre wohl die passendere Bezeichnung dafür. Damals war ihm die Funktionsweise der weiblichen Genitalien so mysteriös wie die des Antimaterie-Reaktors in Cern erschienen. Wenn es Laras Freunden ebenso erging, dann war es kein Wunder, dass sie sich nach einem Mann sehnte, der wusste, was er zu tun hatte. Und er sollte das nun sein?

Großartig, nichts wie ran, jubelte der Teil seines männlichen Egos, der für seine Körperfunktionen zuständig war. Plötzlich fiel ihm siedendheiß etwas ein.

»Wie alt bist du, Lara?«

»Sechzehn. Ich werde morgen siebzehn. Korrektur, heute.«