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JAMES BOND

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SCORPIUS

von

JOHN GARDNER

Ins Deutsche übertragen
von Anika Klüver und Stephanie Pannen

Die deutsche Ausgabe von JAMES BOND – SCORPIUS

wird herausgegeben von Amigo Grafik, Teinacher Straße 72, 71634 Ludwigsburg.

Herausgeber: Andreas Mergenthaler und Hardy Hellstern,

Übersetzung: Anika Klüver und Stephanie Pannen;

verantwortlicher Redakteur und Lektorat: Markus Rohde;

Lektorat: Katrin Aust und Gisela Schell; Satz: Rowan Rüster/Amigo Grafik;

Cover Artwork: Michael Gillette. Printausgabe gedruckt von

CPI Morvia Books s.r.o., CZ-69123 Pohorelice.

Titel der Originalausgabe: JAMES BOND – SCORPIUS

German translation copyright © 2015, by Amigo Grafik GbR.

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Copyright © Ian Fleming Publications Limited 1988

The moral rights of the author have been asserted.

Die Persönlichkeitsrechte des Autors wurden gewahrt.

Ian Fleming and the Ian Fleming logo are both trademarks owned by the Ian Fleming Estate, used under licence by Ian Fleming Publications Ltd.

JAMES BOND and 007 are registered trademarks of Danjaq LLC,

used under license by Ian Fleming Publications Limited. All Rights Reseved.

Print ISBN 978-3-86425-773-5 (Januar 2016)

E-Book ISBN 978-3-86425-469-7 (Januar 2016)

WWW.CROSS-CULT.DE · WWW.IANFLEMING.COM

ÜBER DEN AUTOR

John Gardner war ein britischer Spionageroman- und Krimiautor. 1979 erhielt er von Glidrose Publications (heute Ian Fleming Publications) offiziell den Auftrag, Ian Flemings Vermächtnis weiterzuführen und neue James-Bond-Abenteuer zu schreiben. Zwischen 1981 und 1996 schrieb Gardner vierzehn eigene James-Bond-Romane und die Bücher zu zwei James-Bond-Filmen.

Bevor er in den frühen 1960ern eine Karriere als Romanschriftsteller begann, war John Gardner als Zauberkünstler, Offizier der königlichen Marine, Journalist und für kurze Zeit auch als Priester der Anglikanischen Kirche tätig. Gardner erschuf viele beliebte Figuren wie zum Beispiel Boysie Oakes und Herbie Kruger und verfasste insgesamt fünfundfünfzig Romane – darunter zahlreiche Bestseller –, bevor er im August 2007 verstarb.

Weitere Informationen finden sich auf www.john-gardner.com oder der Webseite für Ian Fleming: www.ianfleming.com.

Dieses Buch ist
Alexis &John
Simon &Miranda
gewidmet

INHALT

1. Die längste Meile

2. Treibgut

3. Der Zwischenfall an der Kreuzung

4. Avante Carte

5. Die Sanftmütigen werden erben

6. Zwei vom gleichen Schlag

7. Mr Hathaway &Company

8. Das Blut der Väter

9. Der Trostpreis

10. Finden Sie die Teufel

11. Nenn mich Harry

12. Todesname

13. Scatter

14. Lockvögel und Smart Cards

15. Jung und töricht

16. Eine kleine Nachtmusik

17. Die Gebetshalle

18. Mrs Scorpius

19. Warum nicht heute Abend?

20. Die Vergangenheit ist ein Eimer voll Asche

21. Tödliches Vermächtnis

22. Der letzte Feind

1

DIE LÄNGSTE MEILE

Um genau zehn Minuten nach Mitternacht trat die junge Frau aus dem Zug, hielt für einen Augenblick inne und betrachtete überrascht die Schlagzeile der Zeitung vor dem geschlossenen Kiosk: PREMIERMINISTERIN RUFT UNTERHAUSWAHLEN AUS – 11. JUNI. Nun wusste sie, warum sie ihre Befehle erhalten hatte und warum sie sich instinktiv geweigert hatte, zu bleiben.

Erst als sie aus dem Hauptgebäude des Waterloo-Bahnhofs trat, bemerkte sie, dass es regnete. Da sie dringend Hilfe brauchte, ging sie wieder in den Bahnhof hinein und probierte drei öffentliche Münztelefone aus, bevor sie eins fand, das nicht mutwillig beschädigt worden war. Sie wählte die Nummer für 376 Chelsea und wartete, während es immer wieder tutete. Geistesabwesend las sie das Graffiti – gekritzelte Telefonnummern neben Frauennamen, die nicht genauer spezifizierte Dienste anboten, und hin und wieder ein geschmackloser Witz. Schließlich erkannte sie, dass am anderen Ende der Leitung niemand drangehen würde, also legte die den Hörer wieder auf. Er war nicht zu Hause oder weit weg von London. Sie glaubte, sie würde in Ohnmacht fallen oder weinen. Er hätte ihr niemals Vorhaltungen gemacht. Er hätte sie verstanden und ihr geholfen – ihr einen Rat gegeben. Doch nun gab es nur noch eine Möglichkeit. Nach Hause zu gehen.

Ihr Zuhause war der letzte Ort, an den sie gehen wollte, aber es gab keine wirklich sichere Alternative.

Draußen standen keine Taxis, und der Regen hatte sich in den für Mai typischen feinen Sprühnebel verwandelt. Zum Glück hatte sie es zu Fuß nicht weit. Die längste Meile. Warum musste sie jetzt daran denken? Das stammte aus einem Lied – »Die längste Meile ist die letzte Meile bis nach Hause.«

Sie eilte vom Bahnhof in die York Road, dann hinüber auf die Westminster Bridge. Als sie sie überquerte, sah sie, dass die County Hall noch hell erleuchtet war. Das Gebäude sah dadurch eher wie ein Luxushotel als wie ein Schlachtfeld der politischen Angelegenheiten der Hauptstadt aus. Um diese Uhrzeit waren nur wenige Autos und Fußgänger unterwegs. Drei Taxis mit ausgeschalteten Schildern fuhren an ihr vorbei. Seltsam, dachte sie, dass die Taxis in London entweder nach Hause zu fahren oder von sehr kleinen Leuten besetzt zu sein schienen, sobald es regnete.

Sie erreichte das andere Ende der Brücke und bog nach rechts zum Victoria Embankment ab. Auf der anderen Straßenseite erhob sich hinter ihr triumphierend der Big Ben, während die unheimliche schwarze Statue von Boadicea in ihrem Streitwagen hinter ihrer rechten Schulter aufragte wie ein dunkler Fleck vor dem Himmel.

Die Wohnung war zu Fuß weniger als zehn Minuten entfernt, und nun fragte sie sich, wie ihre Eltern auf ihre unerwartete Ankunft reagieren würden. Der Teil von ihr, der stur blieb, rebellierte gegen die Rückkehr nach Hause. Gegenseitige Anschuldigungen waren unvermeidlich, aber da sie mit allen Tricks versucht hatten, sie zurückzubekommen, würden sie zumindest ein wenig erleichtert und glücklich sein. Ihr Problem bestand darin, zugeben zu müssen, dass sie von Anfang an recht gehabt hatten.

Als sie am Victoria Embankment entlangging, versetzte sie plötzlich etwas in Alarmbereitschaft. Für einen Augenblick wurde ihr klar, dass sie beim Überqueren der Brücke nicht wachsam genug gewesen war. Immerhin suchte man nach ihr. Dessen war sie sich absolut sicher. Bislang hatte sie Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Sie hatten zweifellos Leute am Bahnhof in Paddington stationiert, denn das war ihr wahrscheinlichster Ankunftsort. Die Reise hatte einige Stunden länger gedauert als nötig. Sie hatte die Züge gewechselt und einen Bus genommen, damit sie in Waterloo und nicht in Paddington in London eintraf. Aber sie würden auch das Gebäude beobachten, in dem ihre Eltern wohnen, daran hegte sie keinen Zweifel.

In dem Moment, in dem ihr das alles durch den Kopf ging, traten zwei Gestalten aus den Schatten in den Lichtkegel, den eine der Straßenlampen ihr gegenüber warf.

»Na, was haben wir denn hier?« Die Stimme des ersten Mannes klang undeutlich, als wäre er betrunken. Sie wickelte den dünnen weißen Regenmantel fester um sich, als könnte er ihr Schutz bieten.

Als sie näher kamen, erkannte sie, dass dies nicht die Sorte Männer war, die man ihr hinterhergeschickt hätte. Diese beiden trugen Jeans, Bomberjacken voller Nieten und Ketten, und ihr Haar war stachelig und gefärbt – bei dem einen rot und orange, bei dem anderen pink und blau.

»Bist du ganz allein, Schätzchen?«, fragte der größere der beiden.

Sie wich einen Schritt zurück und berührte mit einer Hand die Mauer hinter ihr. Irgendwo, das wusste sie, gab es eine Öffnung mit Stufen, die zu einem kleinen Anlegesteg hinunterführten. Sie wurde im Sommer für Touristenboote benutzt, die die Themse auf und ab schipperten.

Es war irrational, aber sie hoffte, dass sie auf diesem Weg entkommen könnte.

»Komm schon, Schätzchen. Du musst keine Angst vor uns haben.« Ihre Stimmen klangen sehr ähnlich, beide waren rau vom Alkohol.

»Ein nettes Mädchen wie du würde doch zwei so hübsche Jungs wie uns nicht abweisen, oder?«

Langsam kamen sie näher. Sie glaubte sogar, den Alkohol in ihrem Atem riechen zu können. Sie war fast in Sicherheit gewesen, und dann musste das passieren – Straßenräuber oder Schlimmeres.

Dieser letzte Gedanke wurde sofort bestätigt.

»Du machst doch für uns die Beine breit, oder?« Das wölfische Grinsen war in dem indirekten Licht sehr deutlich.

Der andere ließ ein unangenehmes betrunkenes Lachen vernehmen. »Sie wird die Beine breitmachen, selbst wenn wir sie dazu zwingen müssen.«

Als sie sich auf sie stürzten, fand sie die Öffnung in der Mauer. Sie drehte sich um, fiel fast die Stufen hinunter Richtung Fluss und umklammerte mit einer Hand den Schulterriemen ihrer Stofftasche. Angst flammte wie ein helles Licht in ihrem Kopf auf, schien ihr das Atmen zu erschweren und drehte ihr den Magen um.

Sie folgten ihr. Ihre Stiefel hallten laut und schwer auf den breiten Stufen wider. Dann roch sie das Wasser, und aus der Angst wurde Panik. Es gab kein Entkommen. Nicht über das Wasser, denn sie konnte nicht schwimmen. Nirgendwo war ein Privatboot, auf dem sie sich hätte verstecken können. Da waren nur die kurzen Metallpfosten, die durch Ketten verbunden waren.

Die Männer hatten sie fast erreicht, und sie drehte sich wieder um, fest entschlossen, sich zu wehren, wenn sie es konnte. Reinheit. Reinheit war wichtig. Das sagten alle. Pater Valentine sagte das. Sie musste um jeden Preis ihre Reinheit bewahren.

Sie wich zurück, und die Kette berührte ihre Kniekehlen. Daraufhin schrie sie auf, stolperte und zuckte hektisch zurück. In diesem Augenblick verlor sie das Gleichgewicht. Ihre Schuhe rutschten auf den feuchten Steinen ab, und ihre Beine verhedderten sich für einen Moment in der baumelnden Sicherheitskette, sodass sie kopfüber zu hängen schien. Dann fiel sie, und das Wasser war überall. Es war schwarz, strömte in ihren Mund, ihre Nase und ihre Kleidung und blähte ihren Regenmantel um sie herum auf. Das Gewicht ihrer Kleidung und der Tasche zog sie nach unten. Sie konnte jemanden schreien hören, dann erkannte sie, dass sie es war. Sie hustete, keuchte und spuckte Wasser, während sie wild herumzappelte. Ihre Hände schlugen auf das Wasser, ihr ganzer Körper war in Panik.

Aus weiter Ferne hörte sie die Stimme ihres alten Sportlehrers. Dieser sadistische Mensch hatte versucht, ihr das Schwimmen beizubringen, indem er sie kurzerhand ins Becken geworfen hatte. »Komm schon, Mädchen, zappel nicht so rum! Du führst dich auf wie ein schwangerer Pelikan! Reiß dich zusammen! Komm schon, du dummes Mädchen … Mädchen … Mädchen … Mädchen … Mädch…!«

Die Dunkelheit umfing sie. Sie verspürte eine schreckliche und doch irgendwie beruhigende Schwäche. Panik wich einer Art Gelassenheit. Sie hörte auf zu kämpfen, als hätte man ihr ein Betäubungsmittel verabreicht. Dann fiel sie in einen endlosen Schlaf.

2

TREIBGUT

M hatte wirklich zu viel um die Ohren, um den Mann von der Spezialabteilung zu empfangen, und die treue Miss Moneypenny wusste das. Im Hauptquartier am Regent’s Park fand gerade eine unangenehm komplizierte und zeitaufwendige Hausputz- und Aufräumaktion statt. Die Wirtschaftsprüfer waren eine Woche lang im Haus gewesen und hatten lästigerweise dringend benötigten Büroraum für sich beansprucht. Sie hatten die Buchhaltungsunterlagen jeder Abteilung wieder und wieder geprüft und die Arbeitszeit einiger leitender Offiziere stark beansprucht.

Die Wirtschaftsprüfung war eine ernsthafte Störung, die alle zwei oder drei Jahre stattfand. Irgendwann kehrten die Wirtschaftsprüfer dann schließlich dorthin zurück, von woher sie gekommen waren – unter Steine in der Nähe von The Long Water in Kensington Gardens, wenn man M glauben wollte. Aber damit war ihre Arbeit nicht beendet.

Innerhalb von drei Monaten würden ausgewählte Leute die Wirtschaftsprüfung begutachten, darunter der Finanz- und der Außenminister, die die Zahl zur Billigung dem Kabinett präsentieren würden, bevor sie dann ans Finanzministerium weitergeleitet wurde. Diese Billigung war lebenswichtig für M – die finanzielle Zuweisung, mit der er seinen Service führen musste. Es war das Geld, mit dem er alles bezahlen musste, von den Gehältern der Offiziere unter seinem Kommando, über die Finanzierung der Agenten im Einsatz, die Satellitenkosten, die Recherche und zahllose andere Dinge, bis hin zu den Büroklammern und Tackernadeln hier im neunten Stock, in dem M sein Büro hatte.

Die Zeit der Wirtschaftsprüfung war eine anstrengende Zeit, und nun war durch die Ausrufung der Unterhauswahlen noch eine weitere Belastung hinzugekommen. Auch in weniger als einem Monat würde M noch für dieselben Vorgesetzten im Außenministerium arbeiten – denn Regierungen kamen und gingen, aber die ranghohen Bürokraten in Whitehall blieben auf ewig erhalten. Und doch mochte sich der Schwerpunkt der Arbeit, die Ms Service ausführte, drastisch verändern, wenn eine andere politische Partei an die Macht kam. Regierungswechsel, selbst mögliche Regierungswechsel, machten den Leiter des Secret Service extrem nervös. An diesem Tag hatte er einen übervollen Terminplan, einschließlich fünf wichtiger Besprechungen und eines Mittagessens – im Blades – mit dem Vorsitzenden des Vereinigten Geheimdienstkomitees.

Der Offizier der Spezialabteilung hatte gesagt, es sei dringend: ausschließlich für Ms Ohren bestimmt. Moneypenny warf einen Blick auf ihre Armbanduhr und stellte fest, dass der Polizist bereits seit einer Stunde wartete. Er war ohne Vorwarnung eingetroffen, nur zehn Minuten nachdem M vom Mittagessen zurückgekehrt war. Moneypenny holte tief Luft und rief M über die bürointerne Leitung an.

»Ja?«, knurrte M.

»Sie haben doch nicht vergessen, dass Chief Superintendent Bailey immer noch wartet, oder, Sir?« Sie bemühte sich, lebhaft und effizient zu klingen.

»Wer?« In letzter Zeit war M zu seiner alten Angewohnheit zurückgekehrt, gewisse Themen zu umgehen, indem er so tat, als hätte er ein lückenhaftes Gedächtnis.

»Der Offizier von der Spezialabteilung«, erinnerte Moneypenny ihn taktvoll.

»Der hat keinen Termin«, schnauzte M zurück.

»Nein, Sir, aber ich habe das Memo vom Leiter der Spezialabteilung auf Ihren Schreibtisch gelegt, bevor Sie vom Mittagessen zurückkamen. Seine Anfrage ist recht dringend.«

Eine Pause entstand. Moneypenny hörte das Rascheln von Papier, während M das Memo las.

»Der Leiter der Spezialabteilung kann selbst nicht weg, also schickt er einen Laufburschen«, brummte M. »Warum wir? Normalerweise belästigen sie doch unsere Brüder vom MI5. Warum trottet er nicht rüber zur Curzon Street oder wo auch immer sich der Security Service heutzutage befindet?«

Obwohl die Spezialabteilung oft mit dem MI5 zusammenarbeitete – auf Anfrage des Letzteren –, erledigte sie nicht die Drecksarbeit des Security Service. Es hatte sogar Gelegenheiten gegeben, bei denen die Verantwortlichen der Spezialabteilung eine Anfrage des MI5 abgelehnt hatten, denn sie handelten stets mit Vorsicht. Sie unterstanden nicht irgendwelchen gesichtslosen Männern in Whitehall, sondern dem Commissioner der Londoner Polizei. Die Spezialabteilung wandte sich nur selten an den Secret Intelligence Service, der Ms Revier war.

»Ich weiß nicht, warum er zu uns gekommen ist, Sir. Aber der Leiter der Spezialabteilung will, dass Sie diesen Offizier empfangen, und zwar so schnell wie möglich.«

M ließ einen seltsam ungehaltenen Laut vernehmen. »So schnell wie möglich, was? Wie, sagten Sie, war sein Name?«

»Bailey, Sir. Chief Superintendent Bailey.«

»Na gut.« Er seufzte. »Dann bringen Sie ihn besser mal rein.«

Bailey war ein großer, gepflegt wirkender Mann Mitte dreißig. Sein Anzug war teuer und konservativ geschnitten, und M kam nicht umhin, zu bemerken, dass er die Krawatte eines hoch angesehenen Colleges in Cambridge trug. Baileys Art war recht angenehm. Er hätte leicht als junger Arzt oder Anwalt durchgehen können. Auch beim MI5 wäre er nicht fehl am Platz, dachte M.

»Wir kennen uns noch nicht, Sir. Mein Name ist Bailey.« Der Polizist kam direkt zum Punkt und streckte eine Hand aus. »Der Leiter der Spezialabteilung lässt sich entschuldigen, aber er hat den ganzen Tag über Termine mit den Leitern von A11 und C13.«

A11 war besser bekannt als Diplomatenschutzgruppe, Leibwächter für Politiker oder Mitglieder des Königshauses – aus dem In- und Ausland. C13 war die Antiterroreinheit der Polizei, die starke Verbindungen zum MI5 und dem Secret Intelligence Service hatte. Außerdem arbeiteten die Leute dort eng mit C7 zusammen, ihrer eigenen Abteilung für die technische Unterstützung, sowie mit D11, den »Blue Berets«, Scotland Yards Schusswaffenabteilung, in der ein Team aus Elitespezialisten stets für den Notfall bereit war.

»Seit die Premierministerin aufs Land gefahren ist, steht er ein wenig unter Druck, Sir.« Bailey lächelte.

»Gilt das nicht für uns alle?« M lächelte nicht. »Das hier ist nicht Ihr übliches Jagdrevier, nicht wahr, Chief Super?«

»Normalerweise nicht, Sir. Nein. Aber dieser Fall ist ein wenig speziell. Der Leiter der Spezialabteilung hielt es für das Beste, sich persönlich an Sie zu wenden.«

M hielt inne und schaute zu dem jungen Mann hoch. Sein Gesicht verriet nichts. Schließlich deutete er auf einen Stuhl.

Bailey nahm Platz.

»Dann legen Sie mal los«, sagte M leise. »Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit, und Sie sicher auch nicht. Worum geht es?«

Bailey räusperte sich. Selbst erfahrene Polizisten legten diese Angewohnheit nur selten ab, was damit zusammenhing, dass sie schon in vielen Gerichtssälen Aussagen hatten machen müssen. »Früh an diesem Morgen entdeckten wir etwas, das wir zu meinen Anfangszeiten bei der Polizei als ›Treibgut‹ bezeichneten.«

»Eine Wasserleiche«, murmelte M.

»Genau, Sir. Sie wurde in der Nähe von Cleopatra’s Needle von der Flusspatrouille rausgefischt. Noch wurde nichts an die Presse herausgegeben, aber wir arbeiten schon den ganzen Morgen an dem Fall. Es geht um eine wichtige Person. Der Leiter der Spezialabteilung informierte die Familie persönlich. Die Tote ist eine junge Frau, Sir. Dreiundzwanzig Jahre alt. Eine Miss Emma Dupré, die Tochter von Mr und Mrs Peter Dupré.«

»Der Finanzier? Der Handelsbankier?« Ms Augen blitzten, als wäre erst jetzt sein Interesse geweckt worden.

Bailey nickte. »Genau der, Sir. Der Vorsitzende von Gomme-Keogh. Tadellose Handelsbank, über alle Kritik erhaben. Soweit ich weiß, borgt sich das Außenministerium dort manchmal sehr erfahrene Mitarbeiter aus, um besondere Wirtschaftsprüfungen durchzuführen.«

»Ja, das tun sie.« M fragte sich, ob dieser junge Mann wusste, dass ein Mitglied des Gomme-Keogh-Gremiums genau in diesem Augenblick im Gebäude war und eine Wirtschaftsprüfung durchführte. »Selbstmord?«, fragte er. Sein Gesicht war vollkommen ausdruckslos. Nicht einmal der erfahrenste Verhörmeister oder Polizeiermittler hätte ahnen können, was in seinem Kopf vorging.

»Ich denke nicht, Sir. Man hat eine Autopsie durchgeführt. Sie ist ertrunken. Die Leiche war nicht lange im Wasser – sechs, sieben Stunden höchstens. Es scheint sich um einen Unfall zu handeln. Ich habe den Bericht gesehen. Aber es gibt zwei interessante Details. Die Frau war erst kürzlich von Heroin entwöhnt worden. Freunden der Familie zufolge innerhalb der letzten paar Monate, wenn Sie verstehen, was ich meine. Wir haben die Mutter und den Vater noch nicht damit konfrontiert.«

M nickte und wartete darauf, dass der Polizist fortfuhr.

»Haben Sie schon mal von einer – etwas verschrobenen – religiösen Gruppe gehört, die sich selbst als die Sanftmütigen bezeichnet, Sir?«

»Flüchtig, ja. So was wie die Vereinigungskirche, richtig?«

»Nicht ganz. Sie haben eine religiöse Philosophie, aber die unterscheidet sich grundlegend von denen solcher Sekten wie der Vereinigungskirche. Die Sanftmütigen haben sie beispielsweise von den Drogen weggebracht – die Verstorbene, meine ich –, daran besteht kaum ein Zweifel. Bei ihnen gilt Moral als das höchste Gut. Innerhalb ihrer Gemeinde dürfen Menschen nicht einfach so zusammenleben. Sie müssen eine Art Eheschließung vollziehen, auf die eine Zeremonie beim Standesamt folgt. Sie halten viel von alten Werten, haben aber ein paar sehr seltsame Vorstellungen, sobald es um Moral geht.«

»Hören Sie, Chief Super, was hat das mit mir und meinem Service zu tun? Komische religiöse Gruppen fallen nicht wirklich in unseren Aufgabenbereich.«

Bailey hob eine Hand und wollte etwas sagen. Doch er zögerte kurz, bevor er schließlich sprach: »Die junge Frau, Sir. Miss Dupré. Wir haben mindestens zwei ungewöhnliche Gegenstände bei ihr gefunden. Als man sie aus der Themse zog, hielt sie immer noch eine dieser Stofftaschen umklammert, die Frauen mit sich herumtragen und in denen sich allerlei Krimskrams befindet. Es war eine robuste Tasche, fest verschlossen und nicht vom Wasser beschädigt.«

»Und Sie haben ›ungewöhnliche‹ Gegenstände in der Tasche gefunden?«

Der Mann von der Spezialabteilung nickte. »Den Terminkalender zum Beispiel. Alle Seiten mit Adressen und Telefonnummern waren entfernt worden, bis auf eine – eine Telefonnummer war quer über die Seite für die aktuelle Woche gekritzelt. Ich hatte den Eindruck, dass sie aus dem Gedächtnis niedergeschrieben worden war. Eine Zahl war durchgestrichen und dann durch die korrekte ersetzt worden.«

»Und?«

»Die Nummer gehört zu einem Ihrer Offiziere, Sir.«

»Ist das so?«

»Ein Commander Bond, Sir. Commander James Bond.«

»Ah.« Diverse Möglichkeiten gingen M durch den Kopf. »Bond befindet sich momentan nicht in London.« Er hielt inne. »Ich kann ihn zurückrufen, wenn Sie mit ihm sprechen wollen. Falls Sie denken, dass er Ihnen bei Ihren Ermittlungen behilflich sein kann – wie es in der Presse heißt.«

»Er könnte uns durchaus behilflich sein, Sir. Allerdings gibt es da auch noch ein paar andere Dinge. Zum Beispiel glaube ich, dass Lord Shrivenham – ebenfalls ein Mitglied von Gomme-Keogh – vorübergehend in diesem Gebäude arbeitet. Ich würde gerne mit ihm sprechen.« Er sah, wie Ms Augenbraue leicht zuckte. »Sehen Sie, seine Tochter – Trilby Shrivenham – war eine von Miss Duprés engsten Freundinnen. Sie hat ein ähnliches Drogenproblem und ist ebenfalls ein Mitglied der Sanftmütigen. Ich vermute, Lord Shrivenham ist deswegen sehr niedergeschlagen.«

»Sie wollen Shrivenham hier treffen? In diesem Gebäude?«, fragte M, während sein reger Geist bereits überlegte, wie er Basil Shrivenham möglicherweise behilflich sein könnte. Ein kleiner Gefallen mochte sich als nützlich erweisen, wenn die Billigung anstand.

»Ich würde lieber zuerst mit Commander Bond reden.«Baileys Gesicht war ausdruckslos. »Je nachdem, was er zu sagen hat, gibt es vielleicht noch eine andere Angelegenheit, über die wir sprechen müssen – in Anwesenheit von Lord Shrivenham.«

M nickte und griff nach dem Telefon. »Moneypenny, holen Sie Bond so schnell wie möglich zurück nach London, ja? Und geben Sie mir seine geschätzte Ankunftszeit durch, sobald Sie sie kennen. Ich werde im Büro warten, bis er eintrifft. Selbst wenn das bedeutet, dass ich bis in die frühen Morgenstunden hier sitzen muss.«

Er legte den Hörer auf und runzelte leicht die Stirn. Bonds Lebensstil hatte sich im Verlauf der letzten paar Monate drastisch verändert. Und jede Veränderung in 007s Leben machte M ein wenig nervös – selbst wenn die Veränderungen zum Besten zu sein schienen.

Im Vorzimmer hob Miss Moneypenny das rote Verzerrertelefon ab und wählte eine nicht registrierte Nummer. Die Ortsvorwahl war 0432 – die Nummer für Hereford.

3

DER ZWISCHENFALL AN DER KREUZUNG

James Bond konnte sich nicht erinnern, wann er sich das letzte Mal so vollkommen erschöpft gefühlt hatte. Jeder einzelne Muskel schmerzte, Müdigkeit kroch in seine Knochen wie ein schädliches Gift und seine Beine fühlten sich wie Bleiklumpen an, sodass jeder Schritt eine bewusste Anstrengung war, während seine Füße in den normalerweise bequemen Armeestiefeln zu brennen schienen. Seine Augenlider hingen schlaff herunter, und es fiel ihm schwer, sich gleichzeitig auf mehr als eine Sache zu konzentrieren. Und zu alldem kam hinzu, dass er sich aufgrund des Schweißes, der sich unter seiner Kleidung angesammelt hatte, dort getrocknet war und sich erneut angesammelt hatte, schmutzig fühlte. Der Anblick des Bedford RL Vier-Tonnen-Lasters, der unter ihm an der Straße parkte, war wie eine Oase für einen Mann, der Tage in der Wüste verbracht und dabei wenig Nahrung und noch weniger Wasser gehabt hatte. Doch Bond war in keiner Wüste gewesen, ganz im Gegenteil. In den vergangenen zehn Tagen hatte er an einem Überlebens- und Ausdauertraining mit dem »Regiment« – wie jene, die mit dem Special Air Service vertraut waren, es nannten – teilgenommen. Dafür war er zur Basis des Regiments 22 des SAS gefahren, die sich in den Bradbury-Lines-Baracken in Hereford befand. M hatte es als »netten kleinen Auffrischungskurs« bezeichnet.

An neun dieser zehn Tage war er vor vier Uhr aufgestanden und hatte um fünf in voller Kampfmontur im Laster gesessen. Auf seinem Rücken hatte er einen schweren Militärrucksack getragen, die restliche Ausrüstung war mit Gurten an seinem Körper befestigt, und mit einer Hand hatte er ein Gewehr umklammert – das sogenannte IW (individuelle Waffe) XL65E5.

Jeden Tag war er zusammen mit sieben anderen Offizieren aus diversen Abteilungen der bewaffneten Streitkräfte irgendwo am Rand der wilden und schroffen Landschaft rund um die Brecon Beacons von der Ladefläche des Lasters geschubst worden. Dann hatte man ihnen einen Kartenorientierungspunkt zugerufen und sie allein gelassen. Jeden Abend hatte man ihn, genau wie die anderen, über die Aufgabe des folgenden Tages informiert.

Manchmal bedeutete dieser Kartenorientierungspunkt einfach nur, dass er gegen die Uhr antreten und innerhalb einer bestimmten Zeit an einer festgelegten Stelle eintreffen musste. Bei anderen Gelegenheiten musste er vermeiden, auf dem Weg von SAS-Offizieren, Unteroffizieren und einfachen Soldaten entdeckt zu werden – ebenfalls innerhalb eines strengen Zeitlimits. Wenn man ihn schnappte, musste er sich einer intensiven und demütigenden Befragung unterziehen.

Bond war bei beiden Gelegenheiten, als er diese Übung ausführen musste, nicht erwischt worden. Aber zwei Mal war es ihm nicht gelungen, die Uhr zu besiegen – und beide Male war es der vierte Kartenorientierungspunkt des Tages gewesen, denn bei diesen Operationen war es selten damit getan, einen genannten Punkt zu erreichen. Der Überlebenskurs verlangte seinen Teilnehmern sehr viel mehr ab – weitere Kartenorientierungspunkte, die man erreichen musste, während man verborgene Ziele entdeckte und »tötete«, oder das Bergen einer besonders schweren Ladung, die an einer zuvor bestimmten Stelle versteckt worden war.

Nach der abendlichen Rückkehr nach Bradbury Lines mussten Ausrüstung und Waffen gereinigt werden, bevor eine Sitzung stattfand, die normalerweise eine gewaltige Kritik der Arbeit des Tages beinhaltete, bevor man dann die Befehle für den nächsten Morgen erhielt. Nun, am zehnten Tag, hatte Bond gerade an der zermürbendsten und anstrengendsten Übung teilgenommen, die zu den regulären Auswahl- und Trainingsmethoden des SAS gehörte. Dabei handelte es sich um einen Ausdauermarsch über siebzig Kilometer, den man in einem Zeitraum von vierundzwanzig Stunden absolvieren musste. Dabei trug man einen gut zwanzig Kilo schweren Rucksack sowie fast fünfeinhalb Kilo sonstiger Ausrüstung und ein acht Kilo schweres Gewehr bei sich. Letzteres musste man die ganze Zeit über in den Händen halten, denn SAS-Waffen waren nicht mit Tragegurten ausgestattet.

Der Marsch folgte einer Route quer durch die Brecon Beacons – wildes, felsiges Gebirgsterrain. Die Prüfung selbst nötigte sogar den härtesten und besten Mitgliedern des Special Air Service Respekt ab. Bei schlechtem Wetter waren bei dem Ausdauermarsch sogar schon erfahrene Männer ums Leben gekommen, und selbst angesichts der relativ guten Bedingungen in diesem späten Mai – flache Windböen und durchnässender Nieselregen – war die Übung, um einen Großteil der Männer zu zitieren, die daran teilgenommen hatten, »ein wahres Mistding« gewesen.

Nun, da er den letzten Orientierungspunkt erreicht hatte, wollte Bond nur mit dem Laster zurück nach Hereford gebracht werden, duschen, etwas essen und dann vierundzwanzig Stunden lang schlafen, bevor er sich in London zurückmeldete. Aber es sollte nicht sein. Er spürte es bereits, als er den Adjutanten sah, der von dem geparkten Laster auf ihn zukam.

»Ihr Vorgesetzter hat angerufen.« Der Adjutant war ein großer, braun gebrannter SAS-Captain – ein sachlicher Soldat, der vor langer Zeit gelernt hatte, dass der sparsame Einsatz von Worten unangenehme Neuigkeiten nachdrücklicher vermittelte als eine ausführliche Erklärung. »Man braucht Sie in London, so schnell wie möglich.«

Bond fluchte. »Treiben Sie schon wieder Spielchen mit mir, Herr Adjutant?« Er versuchte sich an einem Grinsen.

»Tut mir leid.« Der Adjutant erwiderte das Lächeln nicht. »Dieses Mal ist es echt. Wie es scheint, haben Ihre Leute ein Problem. Ich fahre Sie zu den Baracken zurück.«

Erst da sah Bond den Wagen des Adjutanten, der hinter dem Laster parkte, und erkannte, dass es sich hier tatsächlich nicht um einen weiteren der manchmal fast sadistischen Tricks handelte, von denen es in den SAS-Auffrischungskursen nur so wimmelte.

Auf der Fahrt zurück nach Bradbury Lines gab ihm der Adjutant zu verstehen – ein wenig zu nachdrücklich, fand Bond –, dass es wohl für niemanden, der gerade einen Ausdauermarsch hinter sich hatte, gut wäre, selbst von Hereford nach London zu fahren, eine Reise, die etwa zwei Stunden dauerte. »Sergeant Pearlman hat gerade nicht viel zu tun. Er ist ein guter Fahrer. Er wird Sie schnell und in einem Stück ans Ziel bringen.«

Bond war zu müde, um zu widersprechen. »Was immer Sie sagen.« Er zuckte mit den Schultern. »Sergeant Pearlman kann das verdammte Ding fahren, aber er wird selbst sehen müssen, wie er wieder zurückkommt.«

»Sie würden ihm einen Gefallen tun. Er hat ab heute Abend Urlaub und will ohnehin nach London.«

Als er wieder in seinem Quartier war, duschte Bond, holte seine persönliche Handfeuerwaffe – die ASP 9 mm – aus ihren Versteck in einem Geheimfach seines Koffers, zog sich eine Freizeithose, weiche Ledermokassins, ein bequemes Hemd und ein Jackett aus Rohseide an, das seine Lieblingsschneiderei in Hongkong – Bel Homme ‒ für ihn angefertigt hatte. Dann brachte er die Militärausrüstung ins Lager des Quartiermeisters zurück, nahm seinen Koffer und machte sich auf den Weg zur Offiziersmesse, vor der sein in makellosem British Racing Green lackierter Bentley Mulsanne Turbo stand.

Sergeant »Pearly« Pearlman wartete bereits auf ihn. Er trug ebenfalls Zivilkleidung. Er war ein breitschultriger, großer, fast schon aggressiv wirkender Mann mit dunklem Haar, das er länger trug, als es die meisten britischen Regimenter erlaubten. »Bereit für die Abfahrt, Boss?« Sein Tonfall war zwanglos – ein weiterer Grundsatz des SAS.

Bond nickte. »Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich mich auf dem Rücksitz zusammenrolle, Pearly? Ich bin ein wenig kaputt, um ehrlich zu sein.«

Der Sergeant grinste. »Der Ausdauermarsch ist eine Drecksau. Ich selbst habe nicht viel für ihn übrig. Schlafen Sie ruhig, Boss. Ich wecke Sie, wenn wir uns London nähern.«

Bond machte es sich auf den weichen Lederpolstern der Rückbank bequem, während Pearlman den Wagen anließ und am berühmten SAS-Gedenkglockenturm vorbeifuhr. Am Sockel des Turms erinnerte eine große Plakette an die Namen der SAS-Offiziere, die es nicht geschafft hatten »die Uhr zu besiegen« – das SAS-Synonym für »im Einsatz oder im Training gefallen«. Der Glockenturm ließ sich zusammenklappen und transportieren, was einiges über die flexible Einstellung des »Regiments« aussagte.

Als sie durch Hereford rauschten, um der Hauptstraße auf die M5-Autobahn zu folgen – die sie wiederrum auf die M4 nach London führen würde –, schloss James Bond die Augen und fiel in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Er hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, als Pearlman ihn weckte, indem er laut rief: »Boss? Na los, Boss! Aufwachen!«

Bond kämpfte sich durch die ohnmächtige Dunkelheit wie ein Mann, der am Ertrinken war und sich nach dem Licht an der Oberfläche ausstreckte. Zuerst dachte er, sie hätten London erreicht. »Wa…? Wo?«

»Sind Sie wach?«, fragte Pearlman laut.

»J… Ja. Halbwegs.« Bond schüttelte den Kopf, als könnte er dadurch den Nebel aus seinem Hirn vertreiben.

»Sie sind wieder im Land der Lebenden, ja?«

»Was ist los?« Stück für Stück gewöhnte er sich an das Auto und seine Umgebung.

»Haben Sie es je mit Überwachung zu tun?«

»Warum?« Nun war er deutlich aufmerksamer.

»Beantworten Sie einfach die Frage. Ich kenne mich in Ihrer Branche nicht aus, Boss. Ich will nicht die Pferde scheu machen, aber haben Sie es in Ihrer Branche je mit Überwachung zu tun?«

»Manchmal.« Bond hatte sich auf der geräumigen Rückbank des Autos ausgestreckt und lehnte sich nun so vor, dass sein Kopf dicht an Pearlmans linkem Ohr war. »Warum?«

»Vielleicht ist es nichts, aber ich habe das deutliche Gefühl, dass wir uns in einer ›fahrenden Kiste‹ befinden.«

»Wie lange schon?« Bond war nun hellwach.

»Ich schätze, schon seit Hereford.«

»Und wo sind wir jetzt?«

»Wir haben gerade die M5 verlassen und sind auf die M4 aufgefahren. Nordwestlich von Bristol.«

»Und?«

»Seit Hereford fährt uns ein grauer Saab hinterher. Ein 900 Turbo. Ich habe ihn erst nicht weiter beachtet, aber er wollte einfach nicht verschwinden. Dann übernahm ein heller BMW – ein 735i, glaube ich. Und kurz bevor wir Gloucester umfuhren, war der Saab wieder da, dieses Mal vor uns. Jetzt ist er zwei Autos hinter uns. Der BMW befindet sich ein ganzes Stück vor uns.«

»Ein Zufall?«, schlug Bond vor.

»Daran habe ich auch schon gedacht. Deswegen habe ich es mit der üblichen Vorgehensweise versucht. Ich habe plötzlich verlangsamt, den BMW überholen lassen und mit diesem Schrotthaufen ordentlich Gummi gegeben. Doch beide Autos sind brav auf ihren Positionen geblieben. Ich bin sogar an Abzweigung 13 abgebogen und eine Runde um den Block gefahren, aber sie sind immer noch da. Sieht wie eine volle Kiste aus – da sind auch noch ein hellblauer Audi und ein scheußlicher kleiner roter Lotus Esprit. Das sind Profis, da bin ich sicher. Sie haben allerdings schlechte Mittelsmänner. Das sind alles Yuppieautos.«

»Sind Sie sicher, dass das kein Zufall ist?«, murmelte Bond.

»Sieht für mich nicht danach aus. Ich habe alles versucht, und sie folgen uns immer noch. Bedeutet das irgendwas?«

Bond antwortete nicht sofort. Eine mobile »Überwachungskiste« war eine bewährte Methode: einer vorne, einer hinten, einer rechts, einer links – in Orten und Städten auf Parallelstraßen, auf offenen Strecken und Autobahnen immer in der Nähe, um jederzeit eingreifen zu können. Alle hielten Funkkontakt, taten vermutlich so, als wären sie Taxis, und benutzten Codeausdrücke, die für die Polizei oder sonstige Mithörer harmlos klingen würden. In Wahrheit gaben sie jedoch präzise Anweisungen bezüglich ihres Ziels weiter, einer an den anderen. Aber warum? Warum er? Warum jetzt? Führte M mit ein paar der Probezeitagenten einen kleinen Überwachungstest durch? Unwahrscheinlich.

Pearly fuhr sicher und voller Selbstvertrauen. Schnell und sehr genau glitt er von der Mittel- auf die Außenspur und bewegte sich durch den Verkehr wie ein Tänzer.

»Fahren wir mit ihnen noch mal eine Runde um den Block. Was ist die nächste Ausfahrt?«, fragte Bond.

»Die Siebzehn, Boss. Rechts nach Chippenham, links nach Malmesbury.«

»Kennen Sie die Straßen?«

»Die auf der Chippenham-Seite kenne ich besser. Da gibt es jede Menge nette schmale Landstraßen. Die sind nicht leicht zu befahren.«

»Dann wollen wir denen mal was bieten. Wir werden sie aufhalten, wenn es sein muss.«

Der Verkehr auf der Autobahn war dicht, aber als Bond einen Blick zurückwarf, konnte er im Scheinwerferlicht der anderen Fahrzeuge deutlich die Form des grauen Saabs sehen. Er blieb ein paar Autos hinter ihnen auf Position. »Sind Sie bewaffnet?«, fragte er Pearlman.

»Nicht wirklich. Sie?«

»Ja. Im Handschuhfach ist eine Reservewaffe – eine Ruger P85: solide und zuverlässige Mannstoppwirkung. Ich habe sie für Freunde in Ihrer Schießanlage getestet. Sie hat ein volles Magazin und eine Kugel im Lauf. Sie werden die Ersatzschlüssel brauchen.« Er reichte sie ihm.

»Wie sieht die Sache rechtlich aus?« Pearlmans Tonfall klang nichts sonderlich besorgt, aber er war auch nicht vollkommen desinteressiert.

»Das weiß ich ehrlich gesagt nicht«, erwiderte Bond. Sein Hirn war immer noch mit den Möglichkeiten beschäftigt. Nur drei Personen im Hauptquartier am Regent’s Park wussten, wo er sich aufgehalten hatte – M, sein Stabschef Bill Tanner und die treue Moneypenny. Wenn hinter der Überwachung eine echte feindliche Operation gegen ihn steckte, konnte die Information nur aus den inneren Reihen von Bradbury Lines gekommen sein, und die Leute dort waren normalerweise so verschwiegen wie Taubstumme, denn sie wussten, wie wichtig Geheimhaltung in dieser Branche war. Oft hingen ihre Leben davon ab, dass sie diskret waren und den Mund hielten.

Vor ihnen kam die Abzweigung in Sicht, und Bond stellte zufrieden fest, dass der BMW – der ebenfalls seine Position gehalten hatte, allerdings drei Autos vor ihnen – an der Ausfahrt vorbeibrauste. Pearlman blinkte in letzter Sekunde, beschleunigte auf die Ausfahrtsrampe und gelangte schließlich in den großen ovalen Kreisverkehr. Dort drängelte er sich vor zwei langsam fahrende Autos und bog auf die Straße nach Chippenham ab. Gut anderthalb Kilometer später verließ er die Hauptstraße. Schon bald verlangsamten sie auf eine etwas sicherere Geschwindigkeit, mit der sie auf den dunklen Landstraßen navigieren konnten. Die Bäume und Hecken wirkten im starken Scheinwerferlicht schwarz.

»Haben wir sie abgeschüttelt?« Pearlman murmelte die Frage und trat auf die Bremse, um eine scharfe Kurve zu nehmen.

»Keine Ahnung.« Bond drehte sich herum, um nach hinten in die Dunkelheit zu starren. »Ich sehe zwar keine Scheinwerfer, aber das heißt gar nichts.« Er hatte selbst schon Überwachungsroutinen wie diese durchgeführt und wusste, dass man als Verfolger die Scheinwerfer ausschalten musste, sobald man die Nebenstraßen auf dem Land erreichte. Von diesem Moment an musste man sich auf sein Glück und seinen sechsten Sinn verlassen – oder ein Nachtsichtgerät benutzen –, um sich sicher an die Fersen seines Ziels zu heften. Hinter ihnen waren keine Lichter, doch er verspürte das kalte Gefühl der Besorgnis.

Mittlerweile hatten sie zehn oder elf Kilometer zurückgelegt. Wenn ihnen die Überwachungsfahrzeuge noch auf den Fersen waren, sollte er zumindest in der Lage sein, irgendetwas zu sehen.

Bond warf einen Blick nach vorn, während sie durch ein Dorf brausten. Kurz sah er das erschrockene weiße Gesicht eines Einwohners am Straßenrand – nur ein plötzlich aufblitzendes Gesicht, das aufgrund ihrer Geschwindigkeit vor Schreck oder Wut verzerrt war. Es war für einen Augenblick da, dann war es wieder verschwunden. Ein Pub. Dann eine Kirche. Eine scharfe Rechtskurve, und dann ließen sie das Dorf hinter sich und fuhren einen langen geraden Hügel hinunter.

Plötzlich fluchte Pearly, und das Auto ruckelte heftig, als er mit Gewalt auf die Bremse trat.

Vor ihnen waren zwei Scheinwerferpaare – sie kamen nicht auf sie zu, sondern strahlten auf beiden Seiten der Straße.

Im Rausch der Geschwindigkeit erkannte Bond mehrere Dinge. Die Scheinwerfer fluteten von rechts und links eine Kreuzung, die sich etwa zwanzig Meter vor ihnen befand. Doch noch während diese Erkenntnis durch seinen Geist huschte, verringerten sich die zwanzig Meter auf fast null. Zwei Autos kamen von rechts und links herangefahren. Pearlman schaltete die Hauptscheinwerfer des Bentleys ein, und das Licht fiel auf beide Wagen. Sie standen Motorhaube an Motorhaube in einer klassischen Straßenblockaden da – ein roter Lotus Esprit und ein blauer Audi.

Pearlman hatte den Fuß immer noch auf der Bremse und scherte nach links aus, während die Autos in der Windschutzscheibe immer größer wurden. Der Bentley berührte den grasigen Straßenrand, schaukelte leicht, und sie waren auf einer Höhe mit den Autos.

Von Bonds Position aus wirkte es so, als wäre nur sehr wenig Platz zwischen der Straßenblockade und der Neunziggradkurve links von ihnen. Doch Pearlman lenkte das große Fahrzeug wie ein Rallyefahrer. Er bewegte sich auf seinem Sitz, um die Handbremse zu benutzen, während seine Füße über das Gas- und das Bremspedal tanzten.

Die Reifen des Bentleys protestierten und kreischten, als das gesamte Fahrzeug zur Seite schlitterte, dann wieder gerade stand und Fahrt aufnahm. Sie streiften die Büsche auf der linken Seite, schafften es aber gerade so, am Heck des Esprits vorbeizukommen.

Die Straße, auf die sie abgebogen waren, war von überhängenden Bäumen gesäumt, die nach dem Winter noch fast kahl waren. Doch im Licht der Scheinwerfer waren bereits die ersten Knospen und Blätter des Frühlings zu erkennen. Es war, als würde man durch einen Tunnel fahren, an dessen Decke ein Gerüst hing. Die Straße war kaum breit genug, um zwei Autos problemlos aneinander vorbeizulassen.

Als er einen Blick in Richtung der kleiner werdenden Rücklichter des Esprits und der Frontscheinwerfer des Audis warf, duckte sich Bond automatisch. Eine Reihe winziger blauer Blitze zuckte kurz in der Dunkelheit auf, und über dem Motorgeräusch des Bentleys fühlte er die Kugeln, die um sie herumsausten, eher, als dass er sie hörte.

»Herrgott!«, murmelte Pearlman. Er beschleunigte und lenkte den Wagen um die Rechtskurve herum, sodass die Autos der Straßenblockade außer Sicht gerieten. »Was ist Ihr richtiger Beruf, Boss? Versuchskaninchen für den nationalen Gesundheitsdienst?«

»Der Audi wird uns verfolgen, Pearly. Sie geben jetzt besser Gas.«

»Was glauben Sie, was ich hier mache – einen Sonntagsspaziergang?«

Sie schienen sich nun auf dem offenen Land zu befinden, und Bond erwartete, dass die fernen Scheinwerfer des Audis jede Sekunde hinter ihnen auftauchen würden. Er hatte die ASP gezogen und die Hand am Fensterheber, bereit für den Versuch, die Verfolger auszuschalten, falls sie plötzlich aus der Dunkelheit kommen sollten.

»Irgendeine Ahnung, wo wir sind?« Er starrte in die Schwärze und wünschte, er hätte ein Nachtsichtgerät dabei.

»Ich kann uns nach London bringen, falls Ihnen das Sorgen bereitet.« Pearlmans Stimme war vor Konzentration ganz angespannt. »Aber ich nehme die landschaftlich reizvolle Strecke. Am besten halten wir uns von allen Autobahnen fern.«blendend

»Gut … Verdammt!« Bond betätigte den Schalter, um das rechte hintere Fenster herunterzulassen. Mit einem blendend hellen Scheinwerferstrahlen schien der Saab, der ihnen auf der Autobahn gefolgt war, plötzlich aus dem Nichts zu kommen und heftete sich an ihre Fersen. »Treten Sie das Gaspedal durch, Pearly!«, rief er, während er sich dicht an die Tür kauerte, die ASP hob und den kalten Fahrtwind auf seinem Gesicht und seinen Händen spürte.

Der Saab war noch immer an ihnen dran, als er in der Hoffnung, einen Reifen zu treffen, zwei schnelle, tiefe Schüsse abgab. Pearlman steuerte den Wagen mit etwa hundertdreißig Kilometern pro Stunde über die schmale Straße und näherte sich der noch unsichereren Geschwindigkeit von hundertfünfundvierzig Kilometern pro Stunde. Auf dem Rücksitz wankte und taumelte Bond mit der großen Maschine, klammerte sich an der Tür fest und versuchte, einen gezielten Schuss abzugeben. Dabei kniff er die Augen zusammen, um in dem aggressiven gleißenden Scheinwerferlicht überhaupt etwas sehen zu können.

Er schoss erneut, und ein Scheinwerfer des Saabs erlosch. Gleichzeitig scherte der Wagen scharf aus, als hätte der Fahrer für einen Augenblick die Kontrolle verloren. Er schlingerte nach rechts, dann hart nach links und landete schließlich direkt in Bonds Sichtfeld. Er schoss zwei Mal, zwei schnelle Doppelschüsse, und sah, wie die Windschutzscheibe zersplitterte. Er glaubte auch, einen Schrei zu hören, aber das war wahrscheinlich nur der vorbeirauschende Fahrtwind, der kalt und schnell in den Bentley fegte.

Der Saab schien noch für einen Moment an ihrer Stoßstange zu hängen, dann fiel er zurück, schwankte kurz und scherte schließlich heftig nach links aus. Bond hatte einen perfekten Blick auf das Auto, das nun die Böschung hochfuhr. Für eine Sekunde schien es fast in der Luft zu hängen, bevor es in der Dunkelheit verschwand. Einen Augenblick später schoss ein Flammenball hoch. Das Krachen ertönte nur einen Wimpernschlag darauf.

»Ich denke, wir sollten einen großen Abstand zwischen uns und dieses Wrack bringen«, murmelte Bond.

»Was für ein Wrack?« Im Rückspiegel konnte Bond gerade so das Lächeln in Pearlmans Gesicht erkennen.

Sofort fragte er, ob es Pearlman gelungen sei, die anderen Autos genauer zu erkennen. Der SAS-Mann sagte ruhig die Nummernschilder aller vier Fahrzeuge auf und fügte dann erneut die Marken und Farben hinzu, damit Bond sie in seinem Gedächtnis abspeichern konnte.

»Sie haben nicht zufällig bemerkt, was für Kleidung die Fahrer trugen?« Bond trug ein düsteres Lächeln zur Schau.

»So genau habe ich nicht hingesehen.« Er wusste, dass Pearlman ebenfalls lächelte, aber sie wussten nach wie vor nicht, warum man sie überwacht hatte und wer dahintersteckte.

Bond grübelte noch darüber nach, als sie Knightsbridge erreichten und die Plätze tauschten. Pearlman holte seine Ausrüstung aus dem Kofferraum und dankte Bond für, wie er es formulierte, »eine interessante Heimfahrt«.

»Soll ich Ihnen meine Telefonnummer geben, Boss? Nur für alle Fälle?«

Bond nickte vom Fahrersitz aus, und der Sergeant nannte ihm die Nummer. »Wann immer ich behilflich sein kann, wäre es mir eine Freude.« Pearlman nickte, und Bond schloss das Fenster, startete den Wagen und fuhr von der Bordsteinkante weg in Richtung Regent’s Park zum Hauptquartier seines Service.

4

AVANTE CARTE

»Schön, dass Sie es so schnell einrichten konnten.« Ms Sarkasmus schien Chief Superintendent Bailey gar nicht aufzufallen, als er und Bond sich einander vorstellten.

»Der Verkehr, Sir. Auf den Autobahnen ist er absolut mörderisch.« Bond war mehr als ein wenig verärgert. Er hatte erwartet, M allein anzutreffen. Selbst Moneypenny hatte ihn nicht vorgewarnt, dass sich ein Polizist im Büro seines Vorgesetzten befand – eine Tatsache, die er entschieden beunruhigend fand.

M schnaubte und wies Bond einen Stuhl zu. »Vermutlich ist es das Beste, wenn Bailey Sie auf den neuesten Stand bringt.« Er schaute beiden Männern direkt in die Augen, bevor er hinzufügte: »Vor allem weil wir teilweise Ihretwegen in die Sache verwickelt sind, Bond.«

Bailey gab ihm eine grobe Zusammenfassung der Ereignisse – eine Frauenleiche war in den frühen Morgenstunden aus der Themse gezogen worden. Ihren Namen erwähnte er erst am Ende seiner Ausführungen. »Die Verstorbene war dreiundzwanzig Jahre alt, und Ihre Telefonnummer stand in ihrem Terminkalender.« Er hielt kurz inne, bevor er hinzufügte: »Tatsächlich war es die einzige Telefonnummer, die sie bei sich hatte.«

Bonds Körper schmerzte von dem anstrengenden Marsch über die Brecon Beacons und den Ereignissen während der Fahrt nach London. Ihm war klar, dass er sich so schnell wie möglich alle wichtigen Fakten beschaffen musste, sonst war es sehr wahrscheinlich, dass sein Verstand anfangen würde, von den grundlegenden Tatsachen dieses Falls wegzudriften. Abgesehen davon kämpfte ein ganzer Bereich seines müden Hirns noch mit der Frage, wie und warum die Überwachung und der Angriff stattgefunden hatten. Er brauchte Zeit mit M, um ihm Bericht erstatten zu können. Endlich dämmerte ihm die Ernsthaftigkeit dessen, was der Polizist gerade gesagt hatte. »Meine Telefonnummer?«, hakte er nach. »Wer ist sie? Wer ist das Opfer?«

»Wir stufen sie nicht als Opfer ein«, erklärte Bailey ihm. »Aber der Name der Frau lautet Emma Dupré.« Sowohl der Polizist als auch M beobachteten, ob Bond darauf irgendwie bekümmert reagierte. Doch er schüttelte nur ungläubig den Kopf. »Die junge Emma«, sagte er leise. Dann: »Emma Dupré. Das arme Mädchen. Warum in Gottes Namen …?«

»Dann kannten Sie sie?«, fragte Bailey.

»Oh, nur sehr flüchtig.« Er saß ruhig und aufrecht auf seinem Stuhl. »Ich habe sie seit Jahren nicht mehr gesehen. Allerdings erhielt ich im vergangenen November einen seltsamen Anruf von ihr.«

»Was meinen Sie mit ›flüchtig‹?« Wie viele Polizisten hatte auch Bailey diesen direkten, misstrauischen Tonfall, selbst wenn er scheinbar harmlose Fragen stellte.

»Sehr