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RICHARD

CASTLE

A BREWING

STORM

EIN STURM ZIEHT AUF

ÜBERSETZUNG

SABINE ELBERS

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CASTLE © ABC Studios. All rights reserved

Originally published in the United States and Canada as A BREWING STORM by Richard Castle.
Copyright © 2012 by ABC Studios, Inc. This translated edition published by arrangement with Hyperion, an imprint of Buena Vista Books, Inc.

German translation copyright © 2012 by Amigo Grafik GbR.

E-Book ISBN 978-3-86425-062-0 (Juni 2012)

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KAPITEL EINS

Der heutige Tag
Silver Creek, Montana

Noch bevor er sie hörte, fühlte er, dass sie kamen. Ihm lief es kalt den Rücken herunter und die kleinen Härchen in seinem Nacken stellten sich auf. Es war ein Urinstinkt und doch entsprang er jahrelanger Erfahrung. Er vermutete, so mussten sich Hunde in diesem ruhigen Moment vor einem Erdbeben fühlen, wenn nur sie allein die drohende Gefahr witterten. Wenn nur sie allein wussten, dass sich alles ändern würde.

Für den Bruchteil einer Sekunde dachte er an einen strategischen Rückzug, doch hier draußen zwischen den Pinien und den Wacholderbüschen der Rocky Mountains war das keine besonders gute Idee. Wie weit würde er schon kommen? Vielleicht kam er bis zum Flussufer, bevor sie eintrafen, vielleicht auch bis zum Waldrand, wenn er Glück hatte. Und was dann? Er war mindestens fünfzig Meilen von der nächsten Stadt entfernt, nur mit dem ausgestattet, was sich in seinem Rucksack befand.

Aber spielte das überhaupt noch eine Rolle? Sie hatten ihn doch schon gefunden. Und wenn sie ihn gefunden hatten, bedeutete das, dass sie Bescheid wussten.

Während er in seiner Anglerhose so dastand und auf das sprudelnde Wasser des Bergflusses hinaussah, spürte er, wie seine Anspannung stieg. Wie viel Zeit blieb ihm wohl noch? Eine Minute? Vielleicht zwei? Er kratzte sich an der abgetragenen Militärkappe, die sein dunkelbraunes Haar bedeckte, und sein Blick fiel auf eine Regenbogenforelle, die dicht unter der Wasseroberfläche vorbeischwamm. Sie stierte auf den schwarzroten Angelköder, der auf dem Wasser tanzte. Die letzte Stunde hatte er damit verbracht, die Forelle aus den Schatten zu locken. Vielleicht blieb ihm noch genug Zeit. Wenn es etwas gab, das er abgrundtief hasste, dann waren es unerledigte Geschäfte.

„Komm schon. Komm zu Papa“, flüsterte der Mann. Die Forelle kam näher, hypnotisiert vom tanzenden Köder.

Doch gerade als der Fisch anbeißen wollte, wurde das Wasser um ihn herum aufgewirbelt, begleitet von einem apokalyptischen Getöse.

Es war zu spät. Sie waren hier.

Hoch oben verdeckten die Rotorblätter der monströsen Maschine die Sonne, bevor sie über den Waldrand auf ihn zukam und über ihm schwebte. Wassertropfen spritzten ihm entgegen und benetzten die Bartstoppeln an seinem Kinn.

Niemand, der jemals im Kampfeinsatz gewesen ist, vergisst den Klang eines Bell-UH-1Y-Venom-Helikopters. Diesen Klang hört man, wenn man in die Schlacht zieht und auch, wenn der Kampf vorüber ist – vorausgesetzt man ist noch am Leben.

Der Pilot landete den Helikopter auf einer Lichtung am Flussufer und ein Kerl Mitte zwanzig in einem billigen Anzug von der Stange sprang heraus, noch während die Rotorblätter die klare Luft durchschnitten.

„Derrick Storm?“, rief er. „Sind Sie das?“

Der Helikopter hatte die Forelle verscheucht. Sein Abendessen war davongeschwommen. Der Angler schaute den Burschen abschätzig an.

„Nie von dem gehört“, grummelte er.

Der junge Mann war sich nicht sicher, was er nun tun sollte, und schaute zurück zum Helikopter. Eine Seitentür öffnete sich, und ein älterer, untersetzter Mann stieg aus. Über den feuchten Boden ging er langsam zum Ufer hinüber, formte mit den Händen einen Trichter vor seinem Mund und rief: „Jedidiah schickt mich.“

„Kenn ich nicht.“

„Jedidiah sagte mir, dass Sie das sagen würden.“ Der Mann rief weiter: „Er sagte auch, ich soll Sie an Tanger erinnern.“

Tanger. Tanger war schrecklich gewesen. Wann immer der Angler an Tanger dachte, konnte er, selbst nach all diesen Jahren, noch immer das kalte Linoleum an seiner Wange spüren, klebrig und nass von seinem eigenen Blut. Er konnte noch immer die entstellten Körper sehen und die verzweifelten Hilfeschreie hören. Wenn Jedidiah nicht gewesen wäre …

Der Mann holte seine Angelrute ein und ging auf das Ufer zu. Er sprach kein Wort zu den beiden Fremden, die dort auf ihn warteten. Er nahm einfach nur sein Zeug und stieg in den Helikopter.

Tanger. Es war ein verdammt großer Gefallen, der da eingefordert wurde. Jedidiah wusste, wie schwierig es für ihn gewesen war, zu verschwinden. In der Wildnis abzutauchen. Zu sterben, oder zumindest einer Welt als tot zu gelten, die er einst gekannt hatte. Eine Welt, die versucht hatte, ihn zu töten. Nicht nur ein Mal, sondern viele, viele Male. Jedidiah verstand, wieso es so wichtig für ihn war, nicht länger zu existieren. Doch nun verlangte Jedidiah nach ihm, zerrte ihn förmlich in diese Welt zurück, von der er sich mühsam freigekämpft hatte.

Vom Helikopter aus schaute der Mann zurück auf den Fluss, die Uferwiese, den blauen Himmel. Er ließ all das hinter sich.

„Los geht’s“, sagte der Angler zu ihnen.

„Dann sind Sie also doch Derrick Storm!“, staunte der jüngere Mann. „Sie sind gar nicht tot, wie alle behaupten.“

Der ältere der beiden Boten gab das Okay, und der Helikopter stieg auf.

„Wie lange ist es jetzt her, Storm?“, fragte der ältere Mann. „Wie viele Jahre lang waren Sie tot?“

Es waren fast vier Jahre. Vier Jahre voller Abgeschiedenheit. Voller Frieden. Voller Selbstbetrachtung. Voller Rückbesinnung und Reflexion. Jedidiah wusste besser als jeder andere, dass Storm noch am Leben war. Und er wusste, dass Storm zurückkehren würde, wenn er die Trumpfkarte ausspielte. Jedidiah hatte sie ausgespielt. Tanger. Derrick Storm beglich stets seine Schulden.

Sogar im Tod.

KAPITEL ZWEI

Eine schwarze Stretchlimousine wartete bereits nahe der Rollbahn auf der Joint Base Andrews, einem Militärflugplatz im Staate Maryland, als der C-21A-Learjet der Air Force zur Landung ansetzte. Storm war nun rasiert und trug einen maßgeschneiderten Caraceni-Anzug und schwarze Schuhe von Testoni. Er ging vom Flugzeug direkt auf eine der hinteren Türen des Wagens zu. Ein Officer des Security Protective Service (SPS), des internen Sicherheitsdienstes der CIA, öffnete die Tür für ihn.

Als Storm sich auf die lederne Rückbank gleiten ließ, fand er sich Jedidiah Jones gegenüber, dem Leiter des National Clandestine Service – ein hochtrabender Name für die Abteilung der CIA, die neue Spione anwarb und die schlimmste Drecksarbeit in Übersee verrichtete.

Jones inspizierte Storm über seine schmale Brille hinweg, die auf einer Nase saß, die so oft gebrochen worden war, dass es den Chirurgen nicht gelungen war, sie vollständig wiederherzustellen. Obwohl Jones alt genug war, Storms Vater sein zu können, war der Leiter des NCS noch gut in Form, gebaut wie ein Pitbull, mit geschorenem Kopf und einer rauchigen Stimme, die selbst dann grimmig klang, wenn er jemandem ein Kompliment machte – was nur äußerst selten vorkam.

„Du siehst ein ganzes Stück besser aus als bei unserer letzten Begegnung“, sagte Jones.

„Da hätte ich wohl kaum schlimmer aussehen können“, entgegnete Storm, während die Limo sich in Richtung Washington D. C. auf den Weg machte. Storm kannte die Strecke nur zu gut.

Jones knurrte. „Tanger war eine verdammt schwierige Sache. Hat nicht so geklappt, wie wir es geplant hatten. So ’ne Scheiße passiert nun mal. Aber egal, ich bin froh, dass du wieder da bist.“

„Ich nicht.“

„Das nehme ich dir nicht ab, Storm“, sagte Jones. „Ein Typ wie du braucht doch den Adrenalinrausch. Ein Typ wie du wird doch erst lebendig, wenn Gefahr in der Luft liegt. Du warst nicht wirklich glücklich in Montana. Und tief in deinem Innern weißt du das auch. Genau wie ich. Du wusstest doch auch, dass dieser Tag kommen würde.“

„Da liegst du falsch. Ich hatte meinen Frieden gefunden.“

„Erzähl keinen Mist! Du lügst dir doch nur selbst in die Tasche!“

„Hör zu, ich bin hier“, sagte Storm. „Aber wenn ich erledigt habe, was immer du von mir willst, dann gehe ich zurück. Ich hab’s satt. Wir sind quitt.“

Jones zog eine dicke Zigarre aus seiner Manteltasche, biss das Ende ab, warf einen fast schon liebevollen Blick darauf und zündete sie an.

„Was ist mit Clara Strike?“, fragte er. „Willst du mir etwa weiß machen, dass sie dich nicht mehr interessiert?“

Storm war immer gut darin gewesen, seine Gefühle unter Verschluss zu halten. In seinem Beruf war das eine Notwendigkeit. Deshalb würde er Jones jetzt nicht die Genugtuung geben, eine Reaktion zu zeigen. Niemals. Doch Jones hatte einen Nerv getroffen. Storm und Clara hatten zusammengearbeitet. In ihren Einsätzen waren sie die perfekten Partner gewesen – und auch im Bett. Sie war einer der Gründe für seinen Entschluss, zu verschwinden. Sie war einer der Gründe dafür, dass er sich noch immer wünschte, ein Geist zu sein.

Es war irgendwie ironisch. Auch Clara war schon mal für tot erklärt worden. In Richmond gab es sogar eine Sterbeurkunde, die bestätigte, dass sie getötet worden war. Er hatte es geglaubt, als Jones es ihm erzählte. Er war am Boden zerstört gewesen. Sie war aus seinem Leben gerissen worden, und er hatte zum ersten Mal getrauert. Tatsächlich hatte er einen schrecklichen und überwältigenden Verlust gespürt, als er sie für tot hielt.

Dann fand er heraus, dass es eine Lüge war. Jones hatte das Ganze eingefädelt. Ihr Tod war zum Wohle der Firma arrangiert worden. Zum Wohle des Landes. Doch nicht zu seinem Wohl. Es hatte sehr lange gedauert, bis er akzeptieren konnte, dass Clara nicht tot war, dass sie irgendwo anders atmete, aß, vielleicht mit jemand anderem Sex hatte, während er um sie trauerte. Bis jetzt hatte sie nie Kontakt zu ihm aufgenommen. Sie ließ ihn in dem Glauben, dass sie getötet worden war. Warum? Tot zu sein war Berufsrisiko, wenn man für Jones arbeitete, doch ihr Tod hatte ihn tief getroffen.

Storm fragte sich, ob sein vermeintlicher Tod dasselbe in ihr ausgelöst hatte.

„Mach dir mal keine Sorgen“, sagte Jones. „Clara ist nicht im Lande.“

„Tu mir einen Gefallen“, bat Storm. „Sag ihr nicht, dass ich noch am Leben bin. Es würde die Dinge … verkomplizieren.“

Jones grinste und entblößte zwei Reihen perfekt überkronter Zähne.

Hatte Jones überhaupt ein Herz? Oder war er der ultimative skrupellose Diener der Firma? Eiskalt. Selbst nach all diesen Jahren, die er für ihn gearbeitet hatte, war sich Storm nicht sicher.

„Wie du willst, Derrick“, sagte Jones und atmete tief ein.

„Ich verlange noch etwas von dir“, begann Storm. „Wenn ich hier fertig bin, wenn ich getan habe, was du von mir verlangst, dann gehe ich zurück nach Montana. Ich bleibe tot. Ich verschwinde – aber diesmal für immer.“

Jones lehnte sich vor und streckte ihm seine rechte Hand entgegen.

„Ich gebe dir mein Wort“, sagte er.

„Meine Schuld ist beglichen?“

„Vollständig. Nach diesem letzten Auftrag bist du mich los.“ Und dann fügte Jones hinzu: „Außerdem wirst du eh zu alt und weich für das hier.“

Storm lächelte zurück. „Was ist so wichtig, dass du Tanger ins Spiel bringst?“

„Es gab eine Entführung hier in Washington D. C.“

„Du forderst meine Schuld aus Tanger wegen einer Entführung ein?“, wiederholte Storm ungläubig.

„Es steckt noch mehr dahinter.“

Wenn Jones darin verwickelt war, steckte mit Sicherheit noch mehr dahinter. Seine Gedanken überschlugen sich bereits. Er wusste, dass Jones ihn niemals wegen einer einfachen Entführungsgeschichte aus seinem selbstgewählten Ruhestand zurückholen würde. Das ergab einfach keinen Sinn. Der CIA war es nicht gestattet, innerhalb der Vereinigten Staaten zu operieren. Entführungen fielen in die Zuständigkeit des FBI, und obwohl sich CIA und FBI in der Öffentlichkeit stets als geeinte Front präsentierten, wusste Storm, dass eine große Rivalität zwischen den beiden Organisationen herrschte. Und das war nur milde ausgedrückt. Jones verachtete den gegenwärtigen Leiter des FBI, Roosevelt Jackson, zutiefst.

„Wer ist denn entführt worden?“, wollte Storm wissen.

„Der Stiefsohn eines US-Senators“, antwortete Jones. „Sein Name ist Matthew Dull, und sein Stiefvater ist Senator Thurston Windslow aus Texas.

Thurston Windslow. Er war also der erste Spieler in diesem Kabuki-Theaterstück, das bald beginnen würde. Windslow war einer der einflussreichsten Senatoren im Regierungsviertel und Vorsitzender des U.S. Select Committee on Intelligence – des Ausschusses, der ein wachsames Auge auf die CIA und Jedidiah Jones haben sollte. Also war es kein Wunder, dass Jones sich für diese Sache interessierte. Aber es musste noch andere Spieler geben und noch mehr dahinterstecken als eine einfache Entführungsgeschichte.

„Wer hat seinen Stiefsohn entführt?“, fragte Storm.

Jones wedelte mit der Zigarre in der Hand, und mit nur einer Handbewegung vertrieb er den Rauch aus seinem Gesichtsfeld und winkte Storms Frage ab. „Wir sind auf dem Weg zu Windslows Büro. Er kann dich über alles informieren. So gehst du unbefangen an die Sache ran.“

Das war typisch für Jedidiah Jones. Storm hatte es schon oft erlebt. Jones bevorzugte es, wenn sich seine Agenten einen eigenen Eindruck verschafften – und sich eine eigene Meinung bildeten. Er wollte sehen, was sie herausfinden würden. Er wollte sehen, ob sie vielleicht etwas entdeckten, was ihm entgangen war. Jones gab ihnen stets nur ein paar grundlegende Informationen und weitere, wenn er der Meinung war, dass sie sie benötigten, falls er der Meinung war, dass sie sie benötigten. Jones hielt sich stets bedeckt, und selbst nachdem man einen Job erledigt hatte, konnte man nie sicher sein, wie das Ganze in einen größeren Plan hineinpasste. Nur Jones allein kannte den Masterplan. Er operierte in einer Welt aus Schall und Rauch, in der nichts so war, wie es schien, und man nichts für bare Münze nehmen konnte. Selbst diejenigen, die ihm am nächsten standen, wussten meist nicht, was Jones gerade wieder einfädelte.

Storm sagte: „Was ist mit dem FBI?“

Jones zuckte die Achseln. „Was soll mit denen sein? Sie sind an dem Fall dran. Die verantwortliche Agentin heißt April Showers.“

Und ein weiterer Spieler betritt die Bühne.

„April Showers? Ist das ihr echter Name?“

„Ja, ist er. Ihre Familie hat anscheinend einen seltsamen Sinn für Humor. Oder sie waren Hippies aus den Sechzigern. Ist ja auch egal, jedenfalls wird sie gleich auch im Büro des Senators sein.“

„Und als was werde ich dort auftreten?“

„Du bist ein Berater. Dein Name ist Steve Mason. So kann Derrick Storm tot bleiben.“

„Und wenn irgendwas schiefgeht, dann verschwindet Steve Mason einfach von der Bildfläche.“

„Ganz genau“, bestätigte Jones.

„Ist ja ein ganz schöner Aufwand – mich zurückzuholen und mir eine falsche Identität zu verpassen – nur wegen eines Entführungsfalls.“

Jones blies eine Reihe perfekt geformter Rauchringe in die Luft. „Es ist wirklich schade“, sagte er. „Rauchringe. Da man das Rauchen überall verbietet, werden sie bald zu einer aussterbenden Kunst.“

KAPITEL DREI

Durch die kugelsicheren Fenster der schwarzen Limousine erkannte Storm das Kapitol, das hoch vor ihm aufragte, während sie die Constitution Avenue entlangfuhren. Es war ein eindrucksvoller Anblick, besonders bei Nacht, wenn das Kapitol hell erleuchtet war.

Der Wagen passierte das Russell Senate Office Building (SOB), das erste der drei reich verzierten Bürogebäude, das von den einhundert gewählten US-Senatoren genutzt wurde.

Das Dirksen-SOB folgte als Nächstes. Man hatte es im Jahr 1958 eingeweiht, und fast zwanzig Jahre lang war es einfach nur als SOB Nummer zwei bekannt gewesen. Dann war entschieden worden, es nach dem verstorbenen republikanischen Senator Everett M. Dirksen aus Illinois zu benennen, einem so berühmten Redner, dass er für ein Album mit seinen patriotischen Reden, das den Titel Gallant Men trug, mit einem Grammy ausgezeichnet worden war.

Die Senatoren liebten es, Gebäude nach ihresgleichen zu benennen.

Der Sicherheitsbeamte des SPS, der vorne gesessen hatte, sprang aus der Limo, als diese vor dem Westeingang des Dirksen-SOB zum Stehen kam. Er sprintete hinein, um den diensthabenden Polizisten des Regierungsbezirks Bescheid zu geben, dass zwei VIPs angekommen waren. Jones und Storm sollten nicht durch einen Sicherheitscheck aufgehalten werden. Sie würden nicht durch den Metalldetektor gehen müssen, niemand würde ihre Aktentaschen durchsuchen oder sie ihre Taschen leeren lassen. Stattdessen eskortierte man die beiden Männer so schnell wie möglich zum Büro von Senator Windslow, wo die Sekretärin sie augenblicklich ins Büro hineinführte.

Wie die meiste Dinge im Regierungsbezirk, waren auch die Büros der Senatoren gemäß ihrer Amtslaufzeit und ihres Einflusses ausgestattet. Je größer das Büro, desto einflussreicher der Senator. Windslow hatte man das größte Büro im Dirksen-SOB zugeteilt. Seine Privaträume verfügten über vier Meter fünfzig hohe Decken, kunstvoll verzierte hölzerne Bücherregale und einen dicken Teppichboden. Teure braune Ledersofas und dick gepolsterte Lehnstühle standen einem eindrucksvollen Schreibtisch aus poliertem Mahagoni gegenüber. Eine Wand war mit Fotos übersät, die den Senator mit ausländischen Präsidenten und anderen Würdenträgern zeigten. Dies war der Beweis dafür, dass Windslow seinen Einfluss gern zur Schau stellte und mit Sicherheit auch aus Steuermitteln finanzierten Vergnügungsreisen an exotische Orte nicht abgeneigt war. An einer weiteren Wand hing das Staatssiegel von Texas, und daneben waren die Hörner eines texanischen Stiers angebracht.

Der Senator erhob sich hinter seinem Schreibtisch, machte jedoch keine Anstalten, ihnen entgegenzukommen und sie zu begrüßen. Stattdessen erwartete er sie mit ausgestreckten Händen.

„Es wird auch langsam Zeit, dass Sie hier auftauchen, Jedidiah“, schnappte Windslow, während er die Hand des CIA-Mannes schüttelte. „Sie haben mich zehn Minuten warten lassen.“

Windslows Blick fiel auf Storm, und die beiden Männer taxierten sich gegenseitig. Sie wirkten fast wie zwei Schuljungen, die sich in der Pause auf dem Schulhof belauern.