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Volker Wachenfeld

Die Fremde

 

Roman

 

 

 

 

 

 

ars vivendi

 

Vollständige E-Book-Ausgabe der im ars vivendi verlag erschienenen Originalausgabe (1. Auflage September 2013)

© 2013 by ars vivendi verlag

GmbH & Co. KG, Cadolzburg

Alle Rechte vorbehalten

www.arsvivendi.com

 

Lektorat: Dr. Felicitas Igel

Korrektorat: Eva Elisabeth Wagner, Margit Schwab

Umschlaggestaltung: Philipp Starke, Hamburg

unter Verwendung eines Fotos von plainpicture/Anja Lubitz

Datenkonvertierung eBook: ars vivendi verlag

 

eISBN 978-3-86913-296-9

 

1. Berlin, Ende der Neunziger; Verfolgung; Bleibtreustraße; das metaphysische Pferd

Es ist nicht einfach, eine Vespa im Gleichgewicht zu halten, wenn man mitten auf dem Kurfürstendamm eine Vollbremsung hinlegen muss. Ich stemme mich gegen den Lenker, um nicht kopfüber von der Maschine zu fliegen, schleife mit dem linken Fuß über den Asphalt, während ich mit dem rechten die Bremse trete, halte mit dem Oberkörper den Roller im Gleichgewicht, der sich auf die linke Seite legen will, und komme vor der ockergelben Wand des Busses zum Stehen. Nr. 119.

Der Fahrer schaut mit seiner Froschaugensonnenbrille durchs Seitenfenster und dankt mir, indem er drei Finger in die Höhe hebt. Ich bin versucht, ihm nur einen zu zeigen. Aber der ganze Damm steckt heute wieder voller Bullen. Und eine Auseinandersetzung, die meine Anwesenheit hier bezeugt, kann ich nicht gebrauchen. Ich lasse den Bus von der Haltestelle ablegen. Kurfürstendamm Ecke Leibnizstraße.

Ich drücke mir den Helm auf den Kopf, den ich wie eine Baseballcap getragen hatte, sodass ich unter dem Kinnschutz hindurchsehen konnte, und schließe das Visier.

Vollgas.

Die Geräusche der Stadt jetzt gedämpft. Die röhrenden Motoren der Elfer, die Diesel der Lieferwagen, das Meckern der Mopeds. Ich atme in den Kinnschutz, in dem sich der Sommergeruch Berlins festgesetzt hat. Lindenblüten, Abgase und eine undeutliche Spur Gucci Rush No. 1, durchsetzt von meinem Schweiß.

Ich wechsle erneut auf die Busspur, biege bei Gelb rechts ab, dann links, Lietzenburger Straße, Bleibtreustraße, Pariser Straße. Jeden Tag ändere ich meine Fluchtroute, fahre Umwege, nehme Abkürzungen, unberechenbar für meinen Verfolger.

In der Pariser Straße fahre ich im Zickzack um die Wagen in zweiter Spur, wedele noch immer im Slalom, als die Fahrbahn schon längst wieder frei ist. Ein schwarzer Audi taucht im Rückspiegel auf. Die gleiche tief gezogene Autoschnauze, die mich aus unserer Garage angrinst. Ein Mann mit Sonnenbrille am Steuer. Auf den ersten Blick nicht als Victor auszumachen, auf den zweiten nicht auszuschließen, dass er es ist. Victor ist der Mann für den zweiten Blick. Das sagt jede Frau, die ihn kennt. Durch das Stottern des Zweitakters vibriert der Rückspiegel so stark, dass ich das Nummernschild nicht eindeutig entziffern kann. Auf jeden Fall eine Berliner Zulassung. Ich gebe Gas, lege mich in die Kurve, dass der Asphalt auf mich zuzukippen scheint, überfahre ein Stoppschild und biege in die Uhlandstraße ein.

Zwei Wagenlängen liegen zwischen mir und meinem Verfolger. Die Lücke wird jetzt von einem roten Honda geschlossen. Zwei Studenten hinter der Windschutzscheibe diskutieren und wedeln hektisch mit Zigarettenpapier. TU-Junkies. Ich verringere mein Tempo, lasse mich rechts von dem Honda überholen und fahre jetzt auf der Markierung in der Straßenmitte. Gut sichtbar für jeden Jäger, den ich aber hier mit lässigen Schwüngen allemal abschütteln könnte.

Insgeheim wünsche ich mir, dass Victor mich verfolgt, mein Mann, der nichts von meinem Tagesablauf weiß. Andererseits fürchte ich natürlich, auf dem Weg zu meinem Liebhaber erwischt zu werden. Aber eine geheime Sehnsucht ist in mir erwacht, dass eines Tages alles auffliegt und Victor mich des Betrugs überführt, der Täuschung und des Verrats.

Eines Tages, ja. Heute jedoch nicht.

Der schwarze Audi hat sein Tempo verringert und auf der Suche nach einem Parkplatz den Blinker gesetzt. Der Wagen rollt am rechten Fahrbahnrand aus und ist aus dem Spiel.

Die Hitze unter dem Helm ist jetzt, Anfang Juli, unerträglich. Genauso wie die Stille im Haus, vor der ich auf der Flucht bin. Wie das Gefühl der Leere, das ich nicht abschütteln kann. Ich lache unter dem Helm, was niemand sieht, was niemand hört, und schaue mich um. Der schwarze Audi ist nicht mehr zu entdecken. Mein Lachen wird von der Polsterung des Helms zurückgeworfen und hallt in meinem Kopf wider, als könne es meinen Körper nicht verlassen. Ich gebe Gas und gewinne Zeit. Sonst nichts.

Ich warte auf Felix im Einunddreißig, einem Café in der Bleibtreustraße, das ansonsten keinen Namen trägt, einunddreißig, nichts weiter. Eine Hausnummer, mein Alter. Ich sehe aus wie Mitte zwanzig und werde höflichkeitshalber meistens auf zweiundzwanzig geschätzt. Ein Irrtum, den ich in den seltensten Fällen aufkläre. Warum auch? Mein Leben ist bislang bedeutungslos verlaufen. So bedeutungslos wie das einer Zweiundzwanzigjährigen. Und genauso wenig wie so ein Mädchen habe ich auch zu erzählen. Ein paar Erlebnisse, nicht wirklich bemerkenswert, kaum Anekdoten, die sich für Geschichten eignen. Also genieße ich die vermeintliche Unschuld, die mein Gegenüber fasziniert, und kokettiere etwas altklug herum. Ich entspanne mich in der Belanglosigkeit, die ein Vorrecht der Jugend ist und die man mir daher nie vorwirft. Ich habe keine Kinder, da ich ihnen nichts zu erzählen oder beizubringen wüsste.

Vor dem Café auf dem Pflaster stehen vier Holztische von Ikea, alle leer, bis auf meinen. Der Platz neben mir belegt von meinem Helm für die Vespa, die am Bordstein steht und in der Hitze metallisch tickt. Ein Geschenk von Victor zu meinem dreißigsten Geburtstag, rot wie ein Gummiband, das mich von ihm wegschnellen lässt und mich doch immer wieder zu ihm zurückkatapultiert. Ich habe den Tank noch nie bis zum letzten Tropfen leer gefahren und frage mich, wie weit ich kommen würde von hier aus und ob ich von dort wieder nach Hause käme und wenn ja, wie und warum. Ich kann keine einzige Frage beantworten. Ich weiß nichts, gar nichts. Seltsamerweise fühlt sich das wie ein noch nie erlebtes Glück an. Ganz kurz.

Ich trinke einen Latte macchiato und beobachte abwechselnd das Aderngeflecht der Milch, das an der Innenseite des Glases zurückbleibt, und die Einfahrt zur Parkpalette des Solariums gegenüber. Es ist kurz vor zwölf, und die Frauen, die im Sommer nicht aussehen wollen, als hätten sie ihn nur im Büro verbracht, verlassen in italienischen Cabrios oder Kleinwagen den Parkplatz. Der Kellner in seiner bodenlangen weißen Schürze mustert abwechselnd mich und einen Lieferanten, der Plastik­eimer in den Blumenladen nebenan trägt. Zwei Windhunde schnüffeln zwischen den Beinen des Arbeiters, offensichtlich die Tiere der Inhaberin. Gladiolen, Dahlien, Sonnenblumen.

Eine entspannte Zeit im Einunddreißig, die ich durch meine wilde Flucht gewonnen habe: die von keinem beachtete halbe Stunde vor der Mittagspause. Einfach ideal, um sich darin zu verstecken. Vor Victor, der in der Kanzlei Mandanten empfängt oder Verträge aufsetzt und jede Sekunde zu Geld macht. Und auch vor Felix, der nur die Minuten zählt in der Werbeagentur, zwei Blocks entfernt. Ungeduldig, mich zu sehen, läuft er in seinem viel zu großen Büro mit weißen, bildlosen Wänden und schwarzen Möbeln hin und her, lässt das Telefon klingeln und lehnt jedes spontane Meeting ab. Von Arbeit will er jetzt nichts wissen. Er ist überzeugt, ich hätte mir mühsam ein Stündchen von Victor ergaunert.

Ich bin eine Frau mit Tagesfreizeit, die nichts anderes zu tun hätte, als sich um ihr Haus zu kümmern, aus dem die Leere sie jedoch immer häufiger vertreibt. Ich kann es nicht füllen, das Haus, nicht mit meinen Gedanken, die fast ausschließlich um die beiden Männer kreisen. Nicht mit meinen Gefühlen, schon gar nicht mit denen. Also meditiere ich, so, wie Syamasundara und ihre Meister es mich gelehrt haben, denke noch mehr Leere herbei, fühle die Leere, strebe sie an, gehe in der Leere auf, bis ich sie schließlich ganz ausfülle und sie eigentlich nicht mehr leer sein dürfte. Doch was dann? Von der Erleuchtung bin ich wohl noch ein ganzes Stück entfernt. Das dürften auch Syamasundara und die Meister so sehen.

Also fliehe ich, so wie heute. Aus dem Hexenhaus, wie ich es in Gedanken nenne, obgleich es sich um eine Villa im toskanischen Landhausstil handelt. In Lankwitz. Wirklich beneidenswert.

Von Zeit zu Zeit helfe ich Victor in der Kanzlei mit einfachen Botendiensten. Von meinen abendlichen repräsentativen Pflichten als Gattin eines Erfolgsanwalts einmal abgesehen. Ich versorge Mandanten mit überfälligen Formularen und mache ein wenig Small Talk. Oder ich bringe Akten bei Gerichten, Baubehörden oder Grundbuchämtern vorbei und lasse mir ihren Eingang bestätigen.

Selbstverständlich hat Victor einen Arbeitsvertrag zwischen uns aufgesetzt. Selbstverständlich aus steuerlichen Gründen.

Die Wahrheit über mein Leben erfährt man in den Werbeblöcken des Vorabendprogramms. Ich bin eine Erfindung der Kreativen aus den Agenturen: eine Zahnarztfrau. Die bessere Hälfte von Dr. Best, bestens informiert über Karies und dessen Vermeidung, da sie mit ihrem Jawort nicht allein ihrem Mann ein Versprechen gegeben, sondern sich auch für eine Nebenrolle in einem Gesellschaftsspiel entschieden hat, das er seinen Beruf nennt. Aber das ist mir herzlich einerlei.

Victor und Felix, ich kenne die beiden seit sieben Jahren. Felix fing in derselben Werbeagentur an, in der auch ich damals arbeitete. Victor bin ich nur wenige Tage darauf begegnet. Zufällig, wenn man eine gemeinsame Freundin und eine Partyeinladung so bezeichnen kann. Aber wer glaubt schon an Zufälle? Ein paar Monate später haben wir geheiratet, Victor und ich.

Um Abstand von mir zu gewinnen, ging Felix nach Düsseldorf. Wir haben uns für mehr als vier Jahre aus den Augen verloren. Seit 1997 ist er wieder zurück in Berlin. Anfangs sahen wir uns nur alle drei oder vier Monate zum Essen in der Osteria No. 1 oder im Parlamento. Als ich begann, vegetarisch zu leben wie alle, die Svarat Yoga praktizieren, trafen wir uns auf Mineralwasser oder Kaffee in der Goltzstraße. Zwei Bekannte mit derselben unheilbaren Krankheit, die sie einst ihre Liebe nannten und für die sie kein neues Wort gefunden hatten. Wozu auch?

Ohne dass etwas passiert ist – oder da noch immer nichts passiert ist –, sind wir seit einer Woche jeden Mittag im Einunddreißig verabredet. Ohne Versprechen, ohne Zukunft und ohne Gefühle, die nach Worten verlangten. Über unheilbare Krankheiten spricht man nicht.

Auch wenn Felix meine Ehe mit Victor noch immer als den Fehler meines Lebens ansieht, war es doch Felix’ Schuld, dass ich Victor überhaupt geheiratet habe. Die Folge einer ungeschehenen Tat vor sieben Jahren, einer Tat, die Felix hätte vollbringen müssen. Um den Nebenbuhler auszustechen und dem wahren Gefühl zum Sieg zu verhelfen. So ist sie der Grund, warum wir uns heute treffen und morgen treffen werden wie Illegale, unterwegs, immer auf dem Sprung, mit überwachen Sinnen und unruhigen Augen. Der endlose Widerhall seines Versagens.

Es war Felix’ Unvermögen, das mich den Fehler meiner Ehe begehen ließ. Er hätte sich seinen Fehler nicht leisten dürfen. Eine Einschätzung, die er natürlich nicht teilt. Ich kann ihm heute nicht mehr bieten als eine Mittagspause im Einunddreißig.

»Du kannst so viele Fehler machen, wie du willst?«, beginnt Felix gerne unsere sinnlose Diskussion. »Deine Ehe ist jedenfalls einer zu viel, so viel ist sicher. Aber offensichtlich ist das ein Luxus, den du dir gerne leistest. Wie sieht’s denn mit mir aus? Bin ich vielleicht dein größter Fehler? Was meinst du?«

»Willst du nicht mehr mein Fehler sein?«, frage ich, obwohl ich die Antwort kenne.

»Richtig!«, ruft Felix. »Ich will dein Mann sein.«

»Gut«, gebe ich zu, »in diesem Fall bist du ein Fehler. Einer, den ich mir leisten könnte. Aber nicht alles, was man sich leisten kann, muss man sich auch zulegen. Es sei denn ...«

»Es sei denn was?«

»Es sei denn, man würde eine Menge Fehler vermeiden, indem man einen einzigen begeht«, überlege ich.

»Zwei Männer verlassen wegen eines dritten? Mit mir kannst du dir diesen Fehler nicht leisten.«

»Wir sind nur zum Lunch verabredet, mein Lieber«, schmunzle ich, »alle Fehler, die dabei passieren, gehen auf dein Konto. Der Ober bringt dir nachher die Rechnung. Du solltest sie dir genau ansehen.«

»Ruf mich nicht mehr an!«

»Verabrede dich nicht mehr mit mir!«

Und so weiter, und so fort.

Es ist zehn nach zwölf. Meine ideale halbe Stunde geht allmählich zu Ende. Felix zieht sich jetzt in der Agentur sein Jackett an wie jeden Tag um diese Zeit. Eine endgültige Geste, die keinen Aufschub duldet und eine Entschlossenheit zeigt, die er sonst selten an den Tag legt.

Zwei Tische neben mir sind bereits besetzt. Eine blonde Mittfünfzigerin mit Augenbrauen-Piercing in einem Jil-Sander-Kostüm und zwei Männer Anfang vierzig in dunkelgrauen Hosen und Hahnentrittjacketts, einer von ihnen mit Laptoptasche.

Der Kellner kümmert sich um die Bestellungen. Die Männer lassen ihre Blicke zwischen dem Blumenladen, vor dem jetzt eine sehr große rothaarige Frau in einem grünen Hosenanzug steht, und mir hin- und herwandern, was mir völlig einerlei ist.

Ich habe ein kurzes hellbraunes Sommerkleid von Mango an, das an Ärmeln, Saum und Hals weiß abgesetzt und eigentlich für kühlere Tage gemacht ist. Dazu weiße Ledermokassins, die meine Beine nicht zu attraktiv wirken lassen. Eher knabenhaft, als wäre ich mir des sexuellen Reizes nicht bewusst. Was natürlich eine schwerwiegende Fehleinschätzung ist.

Um den Hals trage ich ein silbernes, schmuckloses Medaillon, in dem sich das Foto einer lächelnden, etwa vierzig Jahre alten Frau befindet, einer Inderin mit dunklem Teint, schwarzen Augen und einer schlanken, tropfenförmigen Nase: Guru Syamasundara. Auf ihrer Stirn erkennt man einen hellroten Schminkfleck, das traditionelle Mal verheirateter Hindufrauen. Doch weder hat Syamasundara einen Mann noch bekennt sie sich zum Hinduismus. Sie wird als Göttin ihrer eigenen Religion verehrt. Das Mal auf der Stirn nur modische Kosmetik. Jede tiefere Bedeutung dürfte Syamasundara lediglich ein Lächeln wert sein.

Seit ich vierzehn bin, habe ich einen Pagenkopf. Glatte braune Haare bis zum Kinn. Mein Pony wächst mir bis in die Augenbrauen und wird daher vom oberen Rand meiner Gucci-Sonnenbrille ein Stück weit verdeckt, von diesem Accessoire, das als einziges noch meinen früheren Hang zu modischer Prahlerei verrät. Ich habe ihn längst abgelegt, da er mir zu anstrengend wurde und außerdem den Regeln meiner Religion widerspricht.

»Pleased to meet you«, höre ich eine Stimme in meinem Rücken.

Ich muss lächeln. Er ist es! Ich freue mich wie beim ersten Mal, obgleich ich mich daran gar nicht mehr erinnern kann, und frage mich, wie viele erste Male es noch geben muss, bis ich mich daran gewöhnt habe. Bis es mir einerlei ist wie alles andere auch.

»Hope you guess my name«, grüße ich zurück.

Wir küssen uns auf die Wangen. Felix, der sich zu mir hinunterbeugt. Vier kaum hörbare Küsse in die Luft, die nichts verheißen und daher völlig sorglos und routiniert ausgetauscht werden.

»Komm, lass uns reingehen«, sagt er in seinem Agenturtonfall, der kompromisslos klingen soll, »es ist noch frisch draußen. Außerdem könnte man uns sehen.«

»Setz dich«, sage ich. »Die Sonne kommt rum, es wird gleich richtig heiß, das wollen wir nicht verpassen.«

»Los«, Felix berührt mit seinen Fingerspitzen den Tisch, jedoch nur, um sich abzustoßen, »es ist gefährlich hier. Für dich.«

Ich stehe auf, da ich weiß, dass Felix eine Affäre in der Agentur angefangen hat und nicht will, dass ihn jemand aus dem Büro mit einer anderen Frau in der Mittagspause sieht. Offensichtlich will er das seiner neuen Freundin nicht zumuten, einer jungen Grafikerin, deren Namen er einmal beiläufig erwähnt hat, ohne dass ich darauf eingegangen wäre. Warum sollte ich mich in seine Liebesabenteuer einmischen?

»Hab gesagt, ich bin ein paar Besorgungen machen im KaDeWe«, murmelt er.

»Schon gut«, sage ich, »du kannst machen, was du willst. Ich bin nicht eifersüchtig.«

»Und warum wäre es mir anders lieber?«

Ich bin ganz ruhig und balanciere das Latte-macchiato-Glas auf der kleinen Untertasse ins Café. Wider Erwarten erreiche ich die Bar, ohne Scherben zu hinterlassen. Wir setzen uns auf Hocker, die auf einem Podest im Schaufenster stehen, und haben so das Gegenteil von dem erreicht, was Felix angestrebt hatte. Wie auf einem Präsentierteller sitzen wir hinter der Glasfront des Einunddreißig, in die jeder Passant unwillkürlich einen Blick wirft. Etwas affektiert schlage ich meine Beine übereinander und sorge so für ein paar verdrehte Hälse. Felix bekommt davon nichts mit, nimmt seine Sonnenbrille ab und lächelt mich an. Wie stets zu Beginn unserer Treffen erwartet niemand Worte.

Wir lassen die dünnen Speisekarten unbeachtet, und Felix bestellt ein Pastramisandwich und ein Schweppes, ich einen Salat mit Putenbruststreifen ohne Putenbruststreifen.

»Und?«, fragt Felix, als müsste ich wissen, worauf er hinauswill. »Bekommst du den Wagen am Wochenende?«

»Nein. Victor muss am Samstag nach Potsdam, um mit einem Kollegen einen Vertrag fertig zu machen.«

»Hast du ihm gesagt, dass wir aufs Land fahren wollen?«

»Natürlich nicht!«, antworte ich.

»Gut«, erwidert Felix, »dann kommst du mit der Vespa zu mir, und wir fahren mit meinem Wagen. Kein Problem.«

Wir schweigen und schauen dorthin, wo unsere Finger die Gläser berühren, ein nichtssagender Punkt, der eigentlich keinerlei Aufmerksamkeit verdient. Doch was bedeutet dieser Ausflug für Felix? Was die Fahrzeuge, die wir nehmen, und die Routen, die wir einschlagen werden?

Für Felix scheint jede Einzelheit ein Sinnbild unserer Beziehung darzustellen. Mir ist es ziemlich gleichgültig, wie wir aufs Land fahren, denn Victor schöpft sowieso keinen Verdacht, dass ich vorsätzlich in eine Affäre schlittere. Er hat lediglich das Wohl seiner Mandanten im Kopf und denkt nicht an die Fantasien seiner Frau. Meine Fantasien, in denen seit sieben Jahren eine Liebe merkwürdig unerledigt geblieben ist. Wofür ich nichts kann. Was mir auch herzlich einerlei ist. Soll Felix doch sehen, wie weit er diesmal kommt.

Um seine Liebe muss ich nicht kämpfen. Um Victors Eifersucht hingegen schon. Mit meinen Manövern, meinen Fluchten durch die Stadt, meinem Vertuschen, Verbergen und Verleugnen mache ich mir nur selbst etwas vor: Victor schon betrogen, die ungeschehene Tat schon vollbracht zu haben. Ja, Victors Eifersucht wäre ein erster Schritt, und ich bin enttäuscht, dass er mich um dieses Gefühl betrügt.

Ich beschließe, nach unserem Ausflug meine Stiefel im Windfang stehen zu lassen und meine Reithosen ins Duschbecken zu werfen, damit Victor von meinem Ausflug erfährt. Er weiß, dass es viel zu weit ist, um mit der Vespa raus aufs Land zu fahren, und er kennt meine Abneigung gegen Bahnfahrten in Vorortzügen. Alles weitere ist eine Kette logischer Schlussfolgerungen, die unweigerlich zu einem Verdacht führen muss.

»Was macht das metaphysische Pferd?«, fragt Felix, sichtlich erleichtert, dass ich gegen den Plan, mit seinem Wagen zu fahren, keine Einwände erhebe. »Freut es sich, uns zu sehen? Oder ist es aufgeregt, dass du mit mir kommst und nicht allein oder mit Victor?«

»Du weißt genau, dass Victor noch nie bei Fukur war. Im Moment hat er übrigens ganz was anderes im Kopf, als ein halbes Wochenende auf dem Land zu vertrödeln.«

»Glaube ich sofort«, gibt Felix zurück.

Ich sage nichts. Felix weiß über Victors finanzielle Probleme Bescheid. Ein Fehler, ihm davon erzählt zu haben, denn seine zynischen Bemerkungen lassen eher ihn eifersüchtig und verletzlich erscheinen, als dass sie Victor treffen. Ich gehe so oder so nie darauf ein. Eine Form der Neutralität ohne Moral, da Felix’ Anspielungen in mir weder die Empörung der Ehefrau hervorrufen noch Spott über Victor.

»Fukur«, sagt Felix gespielt nachdenklich und dreht den Teller mit seinem Pastramisandwich, das da auf einer fettabweisenden Serviette liegt, »norwegisch ›der Sommer‹.«

»Sanskrit ›der Wind‹«, sage ich.

»Vietnamesisch ›die Erleuchtung‹«, sagt Felix.

»Chinesisch ›die schlechte Angewohnheit‹«, sage ich.

»Auf Thai ›die große Liebe‹«, sagt Felix.

»Indisch ›ein dummer Witz‹«, sage ich.

»Im Buddhismus ›das Gefährt Gottes‹«, sagt Felix.

»Darüber macht man keine Witze«, sage ich.

»Schon gut, schon gut«, lenkt Felix ein, »ein dummer Witz von mir. Auf Indisch.«

Er küsst mich flüchtig auf die Schläfe, während seine Hand kurz mein Knie berührt, um sich abzustützen. Eine zweckmäßige Geste.

»›Fukur‹ heißt auch ›die Wandlung‹, ›das Verschwinden‹«, ergänze ich noch.

»Metaphysisches Pferd«, sagt Felix. »Hoffentlich verschwindet es nicht aus Angst vor mir.«

Später stehen wir bei der Vespa am Bordstein. Für die meisten Paare ein abenteuerlicher Moment der Liebe, für uns nur ein nüchterner des Abschieds. Zumindest, was mich betrifft. Bei Felix bin ich mir nicht so sicher. Daher auch ein Augenblick der Gefahr. Zu viele Gefühle sind in dieser knappen Minute am Straßenrand möglich, für Felix jederzeit aus Romanen, Filmen oder kitschigen Versionen unserer Zukunft herbeizuzitieren. Mir einerlei, aber für ihn ein unsicheres Gelände.

Ich zerre meinen Nierengurt aus dem Helm und lege ihn um, den Helm zwischen die Beine geklemmt.

»Geht es Victor besser?«, fragt Felix.

»Wenn du die Geldsorgen meinst, nein.«

»Wie kann man bei einem Mann mit zwei Millionen Schulden bleiben, wenn man ihn nur wegen des Geldes geheiratet hat«, sagt Felix, ohne den Satz wie eine Frage klingen zu lassen.

Ein schreiender Zweifel an meiner Zurechnungsfähigkeit.

»Sei doch nicht albern!«, rufe ich. »Du führst kein anderes Leben bei zwei Millionen Schulden, wenn du einmal zwei Millionen auf dem Konto hattest. Du machst einfach so weiter, als sei nichts geschehen. Denkst du, wir verkaufen unser Haus und rennen nur noch zu Aldi? Du merkst nichts davon. Ich merke nichts davon! Victor trinkt am Abend jetzt eine Flasche Rotwein und macht vielleicht noch eine zweite auf, das ist alles. Ich führe kein anderes Leben, keins, das deine Aussichten verbessern würde. Du kannst deine Chancen nicht vergrößern!«

Und ich will weitermachen: »Du hast deine Chance gehabt! Du bist schuld daran, dass ich Victor geheiratet habe, schuld an meinem Leben, schuld an der endlosen Zeit und der Leere im Haus, der Leere aus Stein und Holz und Licht, schuld an Victors Schulden. Also sei ruhig und spiel das Spiel zu dritt oder steig aus, wirf die Karten auf den Tisch und hau ab!«

Aber ich ziehe mir den Helm über den Kopf, sage nichts mehr und lächle in den Kinnschutz.

Was sind die Folgen einer ungeschehenen Tat? Ich habe mich mit ihnen arrangiert, eingesperrt in die Unausweichlichkeit meines Lebens. In die Folge der Augenblicke, die nicht abreißt, solange ich bin. Eine Tatsache, solange ich atme, und solange ich dies tue und diese Tatsache annehmen kann, halte ich dieses Leben aus. Bin ich stärker als Victor oder Felix oder beide zusammen.

»Wenn ihr euer Leben bei zwei Millionen Miesen nicht infrage stellt, was führt ihr dann für eine Ehe«, sagt Felix, aber ich weiß, dass er keine Antwort mehr erwartet.

»Wir sehen uns Samstag«, sage ich und steige auf die Vespa.

Wie immer küssen wir uns nicht zum Abschied. Auch wenn wir verabredet sind und wissen, dass jeder die Verabredung einhalten wird, kann der Abschied endgültig sein und ein Kuss schon zu viel versprechen. Eine Vorsichtsmaßnahme, um spätere Missverständnisse oder Vorwürfe zu vermeiden.

Außerdem trage ich bereits den Helm. Ich stoße die Maschine vom Bordstein ab und reiße das Gas auf. Meine Füße fliegen durch die Beschleunigung nach hinten gegen die Kotflügel. Dann ziehe ich sie nach vorne auf das Trittbrett, stoppe kurz an der Ecke und schieße auf die Lietzenburger Straße. Die Mittagshitze dringt durch die Lüftung des Helms.

Ich muss weg, weg.

 

2. Berlin, Anfang der Neunziger; Wodka und Werbung; das Koan unseres Lebens

Ich lernte Felix im Frühsommer 1992 in Berlin kennen. Er irrte durch die Gänge der Werbeagentur auf der Suche nach dem Chefbüro, in dem sein Vorstellungsgespräch stattfinden sollte. Ich war vierundzwanzig, hatte im Wintersemester mein Diplom in Betriebswirtschaft gemacht und arbeitete bereits ein paar Monate dort. Abteilung Marktforschung und Strategie, zwei Gebiete, die mich an der Uni herzlich wenig interessiert hatten und von denen ich nicht sehr viel begriff, die mir jedoch mit ihren Zahlen, Statistiken und Diagrammen Sicherheit gaben. Im Gegensatz zum Marketing mit seinen Interpretationen, Ideen und emotionalen Fallstricken.

Die Agentur residierte im zwölften Stock des seinerzeit einzigen Bürohochhauses im Zentrum der Weststadt, einem Siebzigerjahrebau mit dreieckigem Grundriss, weswegen jeder, der sich nicht auskannte, überrascht nach drei Fluren wieder an seinem Ausgangspunkt stand. Es fehlte der vierte Gang.

Ein Büro im spitzen Winkel war noch frei. Es blickte auf den Wittenbergplatz, die Urania und weit die Martin-Luther-Straße hinauf. Ich weiß noch, dass wir eines Samstagabends, als wir unseren Wettbewerbspräsentationen mal wieder ein Wochenende opferten, die paar Wagen der ersten Love Parade von dort aus beobachteten. Und das Häuflein Raver, zu denen wir auf eine gewisse Weise auch gehörten.

Ich lief Felix voraus, der eine schwarze A1-Präsenta­tionsmappe schleppte. Ich wusste, dass er auf meinen Hintern und meine Beine starrte, denn ich trug eine enge, verwaschene Caprihose und ein weißes Tanktop von Benetton. Meine Haare hatte ich hinten zusammengebunden, aber trotzdem lief mir Schweiß den Nacken hinab. Eine Klimaanlage gab es nur im Büro des kaufmännischen Geschäftsführers, eines neureichen Schnösels, der am liebsten Polo spielte und Porsche fuhr, als müsse er irgendeinem Klischee seines Berufsstandes genügen. Er kümmerte sich kaum um die Kunden, was aus seiner Sicht auch nicht nötig war, denn wirtschaftlich gesehen hatte er es bereits geschafft. Und das im selben Alter wie ich. Merkwürdigerweise empfand ich keinen Respekt für ihn, sondern nur eine milde Herablassung. Einerlei.

Felix ergatterte den Job nach einer halben Stunde und fing schon am nächsten Tag als Texter an. Bei der Einarbeitung begegneten wir uns mit professioneller Gleichgültigkeit, und auch während der ersten Projekte wechselten wir kaum ein privates Wort. Als wollte Felix auf den geeigneten Augenblick warten, in dem wir unsere Berufsrollen – wenn auch nur für ein paar Augenblicke – ablegen konnten. Er wählte dazu ausgerechnet eines der wichtigsten Meetings in dieser Zeit.

»Das ist das Produkt«, sagte ich in der Sitzung und stellte eine Wodkaflasche auf den Konferenztisch, um den sich die beiden Geschäftsführer, zwei Grafiker, Felix und ich versammelt hatten.

Eine Brennerei aus der ehemaligen DDR wollte den Schnaps bundesweit vertreiben, natürlich bei jungen, kaufkräftigen Zielgruppen. Wir sollten das Unternehmen mit einer Werbekampagne zum Markterfolg führen. Es war früher Abend, und der Wolkenkratzer hatte sich in der Nachmittagssonne aufgeheizt, bis die Aluminiumfassade zu glühen schien. Der Kreativgeschäftsführer schwitzte so stark, dass sich seine Frisur auflöste und ihm lange, grau-schwarze Strähnen in die Stirn fielen. Das nasse Hemd spannte über seinem Bauch.

»Das Design der Flasche stammt aus dem Jahr 1926, als der Großvater des jetzigen Unternehmenschefs vor den Rotgardisten nach Berlin floh«, fuhr ich fort, »das Etikett wurde 1956 das letzte Mal überarbeitet. Wir haben sowohl eine quantitative als auch eine qualitative Marktforschung durchgeführt, gestützt durch freie Tiefeninterviews.«

»Welche Zielgruppe?«, unterbrach mich Felix.

»Dazu komme ich gerade. Es sollen junge Besserverdienende zwischen 22 und 35 angesprochen werden, frei verfügbares Haushaltsnettoeinkommen über dreitausendfünfhundert Mark im Monat, Verteilung zwischen Männern und Frauen sechzig zu vierzig, innovativer Lebensstil, ungebunden, aufgeschlossen, erlebnisorientiert, kulturinteressiert, mobil, reiselustig, gehobenes Bildungsniveau, eben das hedonistische Milieu.«

»Menschen wie du und ich«, sagte Felix und schraubte die Flasche auf, die eiskalt und beschlagen war, als solle sie sofort in dem Fernsehspot auftreten, den wir schon alle im Kopf hatten.

Ich hielt den Atem an und schaute in die Runde, ob nicht jemand den Neuen stoppen würde. Wir bewahrten den Wodka zwar im Eisschrank der Agentur auf, bei optimaler Trinktemperatur, doch die Flasche diente nur als Anschauungsobjekt für die Marktforschung und die Designer. Wir besaßen auch nur diese eine, als hätte der Kunde Angst, uns mit der Lieferung von mehr und mehr Alkohol von der Arbeit abzuhalten. Vermutlich ahnten die DDRler, dass ihre westdeutschen Werber selbst dem hedonistischen Milieu zuzurechnen waren. Wir hatten uns jedoch im Griff gehabt – bis jetzt zumindest – und verehrten die Flasche mit einer Art distanzierter Hochachtung, ohne ihren Inhalt anzurühren.

»Leicht, sich in diese Zielgruppe hineinzuversetzen«, philosophierte Felix.

»Die Ergebnisse sprechen eine eindeutige Sprache«, nahm ich den Faden wieder auf. »Die Flasche wird von 89% aller Befragten nicht mit den Begriffen ›modern, hochwertig, exklusiv‹ assoziiert. Lediglich 17% der Probanden konnten die Erlebniswelten ›Genuss, Jugend, sexuelle Attraktivität‹ mit dem Design verbinden. Die Schlussfolgerung lautet: Überarbeitung von Etikett und Flasche, wenn wir die Marke im Premiumsegment positionieren wollen.«

Als ich in die Runde blickte, bemerkte ich, dass ich die Aufmerksamkeit meiner Zuhörer verloren hatte. Aller Augen waren auf Felix gerichtet. Er schraubte gerade seinen Montblanc-Füller auf, legte den Stift beiseite, führte die Flasche an den goldenen Rand der Kappe und goss einen zähflüssigen Schluck eiskalten Wodkas hinein. Was wollte er damit beweisen, außer dass wir keine passenden Gläser besaßen? Dass russischer Schnaps und deutscher Luxus eine verführerische Symbiose eingehen konnten? Das stand wohl außer Frage. Ich glaube, ich war die Einzige, die sich bei dem Anblick nicht mit der Zunge über die ausgetrockneten Lippen fuhr.

»Nicht repräsentativ, aber trotzdem zu Forschungszwecken«, sagte Felix und reichte mir vorsichtig die Kappe. »Trink einen Schluck!«

Und er setzte meinen Namen hinzu.

Jeder im Raum blickte mich erwartungsvoll an. Die Augenbrauen des jungen Geschäftsführers waren so weit in die Höhe gezogen, dass sie wie Vogelschwingen über den oberen Rändern seiner Fensterglasbrille von Armani schwebten. Die beiden Designer kicherten. Einer von ihnen war schwul, der andere wusste es noch nicht.

Felix schaute mir ebenfalls in die Augen. Gespannt, herausfordernd und siegessicher. Um ihm einen würdigen Kampf zu liefern, nahm ich die Kappe, führte den Wodka an meine Lippen, senkte die Lider und kippte den Schnaps entschlossen hinunter, was meinen bedingungslosen Glauben an das Produkt und dessen Marktpotenzial unterstreichen sollte. Na ja, so geht das Agenturspiel eben.

Die Flüssigkeit fuhr wie eine Klinge in meinen Rachen, schnitt mir die Kehle auf und explodierte in meinem Magen. Ich würgte, röchelte und prustete einen Regen aus Wodka und Spucke auf meine Papiere, die nach diesem Experiment sowieso nichts mehr wert waren. Was für ein Fusel!

Nachdem die Geschäftsführer sich die Lachtränen aus den Augen gewischt und die Designer sich von dem Schreck erholt hatten, war das Meeting beendet.

In den nächsten Wochen stellten wir eine Kampagne für preisbewusste Trinker ab fünfundvierzig auf die Beine. Felix’ Headlines, die sich über die Zielgruppe lustig machten, ohne dass sie es merkte, kamen hervorragend an. Der Feldzug wurde ein Erfolg, und der Kunde zeigte sich mit den Absatzzahlen mehr als zufrieden. Vor dem Team war es eine Niederlage für mich gewesen, jedoch eine bedeutungslose, da unser Auftraggeber glücklich war und jetzt den Gesamtetat für sein Spirituosensortiment bei uns platzierte.

Ich fragte Felix später, woher er wusste, dass der Wodka ein richtiger Rachenputzer sei.

»Ich hab es an der Flasche gesehen«, sagte er mit einem Achselzucken.

»Aber das ist es ja!«, rief ich. »Deshalb wollte ich doch das Etikett überarbeiten lassen, das gesamte Design der Flasche. Das muss alles frischer und jünger rüberkommen.«