Lima, G.S. Writers in New York

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© 2019 Piper Verlag GmbH, München
Redaktion: Theresa Schmidt-Dendorfer
Covergestaltung: Vercodesign Unna
Covermotiv: unter Verwendung von Bildmaterialien von kmiragaya und tomertu / www.clipdealer.com; pingpao und spaskov / stock.adobe.com

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Playlist

Mattafix – Big City Life
All Time Low – Dirty Laundry
Halsey – Now or Never
Halsey – Devil in me
The Killers – Human
Harry Styles – Ever since New York
Harry Styles – Sweet Creature
Ryan Adams – Out of the Woods
Ryan Adams – How You Get the Girl
Ryan Adams – This Love
Vance Joy – Mess Is Mine
Vance Joy – Call If You Need Me
Lorde – Liability
Lorde – Perfect Places
Lorde – Hard Feelings/Loveless
Brandon Skeie – So Bad
The Neighbourhood – Daddy Issues
The Killers – Mr. Brightside
Halsey – 100 Letters
Halsey – Heaven in Hiding
Halsey – Strangers
AnnenMayKantereit – Wohin du gehst
Niall Horan – Slow Hands

 

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Widmung

Für das Schreiben, das ich liebe
Für Worte, weil sie heilen
Für jeden, dessen Schreiben und Worte ihn selbst retten

 

There is nothing to writing.
All you have to do is sit down at a typewriter and bleed.

Ernest Hemingway

Kapitel 1

»She´s the tear in my heart,
she´s a carve,
she´s a butcher with a smile,
cut me farther than I´ve ever been.«

Tear in my Heart, Twenty One Pilots

 

Alec

Indiana Thomson riss mich aus dem Schlaf, bevor ich ihr das erste Mal begegnete. Sie hatte sich so leise in mein Leben geschlichen, dass ich es gar nicht bemerken konnte.

Zu Beginn sollten meine Augen eine Sekunde zu lang an ihren Lippen hängen, mein Herz würde ein paar Schläge aussetzen, wenn ich sie ansähe. Doch ich würde all diese Gefühle ignorieren, nur damit sie Wochen später wie ein Tsunami über mich hereinbrechen würden; brausende Wellen aus grünen Augen, Worte, die so schön waren, dass sie schmerzten. Indiana Thomson sollte meinem Leben Farbe einhauchen, indem sie mir von Worten erzählte, die ich noch nie gehört hatte, obwohl ich ein verdammter Experte in Sachen Worte war.

Doch davon hatte ich an diesem alles verändernden Septembersonntag noch keinen blassen Schimmer.

 

Ich hasste meine Klingel und ihr verdammtes Geräusch. Sie riss mich aus dem Schlaf – und das an einem Sonntag. Mit einem Gähnen rollte ich mich auf die linke Seite und starrte meinen Wecker an. 8:32 Uhr. Meine Augen fielen wieder zu. Die letzte Nacht war lang gewesen, mit viel besoffenem Gelächter, gierigen Händen und meinem nüchternen Herzen, das nie betrunken wurde, egal, wie viel Whiskey ich runterkippte.

Ring. Ring. Ring. Ring. Ring.

Mir blieb nichts anderes übrig, als widerwillig die Augen aufzuschlagen. Mein Fenster war geöffnet und der höllische Straßenlärm verhinderte, dass ich wieder wegdämmerte. New York war nie ruhig, weil New York niemals schlief. Es war stets laut mit den gehetzten Einwohnern, den neugierigen Touristen und den ratternden Taxis, deren Motoren an einigen Tagen sogar in meinem siebten Stockwerk brummten. Ich torkelte aus dem Bett. Meine nackten Füße berührten den kalten Boden und ich schwor, denjenigen, der es wagte, an einem verfickten Sonntagmorgen bei mir zu läuten, eigenhändig umzubringen.

Die Dielen knirschten unter meinen Fußballen, ich stolperte in Richtung Tür und rutschte dabei fast auf Notizblättern mit Charakterskizzen und Romanideen aus. Die Geräusche der Stadt vermischten sich mit dem meines müden Gähnens, als ich die Türklinke herunterdrückte und kurz darauf blinzelte.

Ich hatte vieles auf meiner Fußmatte erwartet: einen meiner zwei besten Freunde, die es letzte Nacht mehr als ich übertrieben hatten – so wie sie es ständig mit Alkohol, Frauen und noch mehr Alkohol übertrieben –, eines der Nachbarskinder, die nur zu gern an meine Tür klopften, um mich darum zu bitten, dieses und jenes rauf- und runterzutragen, oder vielleicht sogar eines meiner Dates, das die Bedeutung eines One-Night-Stands nicht verstand; von Letzteren gab es leider einige.

Doch ich lag falsch, denn ich sah in das Gesicht einer jungen Frau, die ich nicht kannte.

Sie war einen guten Kopf kleiner als ich, trug zerrissene Jeans und ein graues Shirt, dessen Saum sie knapp über dem Hosenbund zu einem Knoten gebunden hatte. Ihre Füße steckten in weinroten Dr. Martens, während sie nervös von einem Fuß auf den anderen trat.

Ich musterte sie von Kopf bis Fuß, bis meine Augen zuletzt an ihren Fingernägeln verharrten. Sie waren ordentlich geschnitten, perfekt manikürt in diesem modischen French-Nail-Style, an dem sich meine Schwester ständig versuchte, bevor sie sagte: »Mein Leben ist ein Desaster! In der letzten Matheklausur habe ich die letzte Aufgabe nicht geschafft und jetzt kriege ich es nicht einmal gebacken, mir meine Nägel im French-Nail-Style zu lackieren.« Meine Schwester seufzte dabei stets theatralisch, was ich nicht verstand, weil ich diesen komischen Nageltrend noch nie gemocht hatte. Trotzdem verzogen sich meine Lippen jetzt zu einem Lächeln, denn ich mochte, dass die Fingernägel der Fremden nicht zum Rest ihrer sonstigen Erscheinung passten: grüne Augen, umrandet von verschmierten Make-up-Resten, helle Haut, eine Spur zu blass, klobige Boots und die zerknitterte Kleidung.

Ihre Wangen brannten rot, als sie sich räusperte, und ich wusste, mein Blick machte sie nervös.

Doch das war nichts Neues.

Ich war Alec Carter, konnte jedes Mädchen binnen von Sekunden in Verlegenheit bringen und jegliche Frauen in weniger als einer Minute auf die Knie zwingen, während ich meine Hose öffnete.

Doch darum ging es mir gerade nicht.

Die Frau vor mir war interessant.

Das Grinsen auf meinen Lippen wurde breiter, denn der Schriftsteller in mir mochte interessant.

Okay, vielleicht war ich kein bekannter und erfolgreicher Schriftsteller. Noch nicht. Aber dass ich ein Schriftsteller war, ließ sich nicht leugnen, wenn auch kein gescheiter. Doch Himmel, ich versuchte es. Verdammt noch mal, ich gab in meinem Studium und an meinem PC wirklich alles, was ich hatte. Aber das Problem eines jeden Schreibenden, vielleicht auch das jeden Träumers, war, dass er mit seinen Gedanken stets woanders war, sich so penibel in den Details seiner Gedankenwelt verhedderte, dass er den Bezug zur Realität verlor.

So wie ich in diesem Moment.

Ich konnte nichts dafür, dass ich mir vorstellte, wie es sich anfühlen würde, wenn die Fremde ihre perfekten Nägel in meinen Rücken krallen und aufschreien würde. Meine Fingerspitzen würden auf ihrer Haut brennen, und ich würde sie fragen, was sie hinter ihrer Rebellenfassade wohl versteckte.

»An was denken Sie?«

Die Stimme der Fremden riss mich aus meinen Gedanken, bevor ich mich räusperte und ihr schamlos in die Augen starrte.

»Tut mir leid.« Ich täuschte ein Gähnen vor. »Bin noch etwas verschlafen.«

»Das war nicht die Antwort auf meine Frage.« Sie steckte die Hand in ihre Hosentasche; ihre Jeans waren so knalleng, dass ich die Abdrücke ihrer Fingerknöchel sah. »Aber die ist jetzt auch egal«, murmelte sie. »Sind Sie Alec Carter?«

Ich nickte, wobei ich mich gleichzeitig fragte, wieso die Fremde meinen Namen kannte. Vielleicht war sie eine Auftragskillerin und hatte mit der Mission, mich zu töten, an meine Tür geklopft? In Gedanken malte ich mir oft Horrorszenarien aus; das gab mir außergewöhnliche Ideen für Kurzgeschichten.

»Alec Carter wie der Hausmeister Alec Carter?« Sie richtete ihre grünen Augen bestimmt auf mich, sichtlich bemüht, ihren Blick nicht auf meine Boxershorts zu senken, die alles war, was meinen Körper bedeckte; Menschen, die Geld für Pyjamas ausgaben, hatte ich noch nie verstanden.

»Der bin ich«, sagte ich und dachte an den Werkzeugkasten neben meiner Badezimmertür.

Die Fremde atmete erleichtert aus. »Mein Name ist Indiana Thomson. Mr. Kahn hat mir am Telefon gesagt, dass Sie mir die Schlüssel zu meiner Wohnung übergeben würden. Also …« Sie bemühte sich um ein Lächeln, doch es zitterte.

Ich hingegen seufzte, weil ich wusste, dass dieser Hausmeisterjob in keinem Universum beneidenswert gewesen wäre. Die Familie Rojas verstopfte jede Woche aufs Neue ihre Rohre, während ich ihnen abermals erklärte, dass sie aufhören müssten, die Reste ihres Mittagessens in den Abfluss zu schütten. Die Kinder der Garcias dachten, dass Hausmeister ein Synonym für Mädchen für alles sei, und hatten erst gestern an meine Tür geklingelt, weil sie wollten, dass ich ihre Fahrräder nach unten schleppte. Lange hatte ich sie kopfschüttelnd angestarrt. Ich meine, wer zum Teufel fuhr in New York überhaupt mit dem Fahrrad?

»Natürlich.« Ich erinnerte mich an den Kalender, den ich mir besorgen musste, um Termine und nicht hypothetische Namen für Protagonisten zu notieren. »Mr. Kahn hat mich darüber informiert. Ihr Apartment ist das direkt neben meinem.«

Mit einer kurzen Kopfbewegung deutete ich nach links und sah Indiana wieder an. Ihre Augen schimmerten hell und grün, während sie sich an den Muskeln meines Bauchs bis zum Bund meiner Boxershorts entlangschlängelten.

Ich grinste.

»Ich hole dann mal die Schlüssel, einen Augenblick.« Ich verschwand hinter meiner Tür, hüpfte hastig in die Jeans, die über meinem Sessel lag und schlüpfte ohne Socken in die schwarzen Boots, bevor ich auf der Kommode neben meiner Tür nach den Schlüsseln für die Wohnung 708 griff. Als ich wieder vor der Türschwelle stand, studierte Indiana mit gesenkten Blick meine Fußmatte.

»Betreten auf eigene Gefahr?«, lachte sie und hob den Blick.

Ihre Lippen zogen sich leicht auseinander, ihre Zähne waren strahlend weiß. Meine Augen klebten auf ihrem Mund, und ich wusste, ich fand ihr Lächeln samt ihren Lippen schön.

»Ein Geschenk meiner Schwester«, erwiderte ich. »Es würde ihr das Herz brechen, wenn sie mich besuchen und feststellen würde, dass ihre Fußmatte fehlt.«

»Verstehe. Dann hoffen wir mal, dass ich Ihre Baustelle nie betreten muss.«

Ich zuckte darauf nur die Schultern und verschwieg Indiana Thomson, dass ich nichts dagegen gehabt hätte, sie auf mein zerwühltes Bett zu schmeißen, um mit ihrem Körper ein heißes Durcheinander anzustellen, das sie bis auf jedes verwuschelte Haar geliebt hätte. Als der Schlüssel in meiner Hand klirrte, schob ich den Gedanken beiseite und ging auf die Wohnung meiner neuen Nachbarin zu.

»Steht die Eingangstür im Erdgeschoss eigentlich immer offen?«, fragte sie, während ich den Schlüssel in das Schloss steckte.

»Wenn man sie schließen würde, nein. Aber –«

Ich sprach meinen Satz nicht zu Ende, weil drei Kinder gerade die Treppen hinunterliefen und mit ihrem kreischenden Gelächter meine Stimme um Längen übertönten. Das kleinste von ihnen, ein Junge mit einer zu großen Brille, rutschte fast auf seinen Flip-Flops aus und seine ältere Schwester rief ihm etwas auf Spanisch zu.

»Aber wie Sie sehen, vergessen einige unserer Nachbarn, dass man Türen schließen sollte.« Ich zuckte die Schultern.

Indiana schloss seufzend die Augen, bevor ich ihre geschlossenen Lider, die makellose Haut, die zierliche Stupsnase und ihre Lippen musterte.

»Sie sehen besorgt aus, Indiana. Haben Sie etwa einen Stalker, vor dem Sie sich fürchten?« Ich lachte und hob eine meiner dichten Augenbrauen.

Als ihr Gesicht so weiß wurde, wie die Wände meines Schlafzimmers es einmal gewesen sein mussten, wusste ich, ich hatte einen Volltreffer gelandet.

»Nein. Wie kommen Sie darauf?« Sie stemmte die Hände in ihre Hüften und funkelte mich aus ihren leuchtenden Augen an, sichtlich aufgebracht, weil ich sie durchschaut hatte.

Tja, so war das halt mit Schriftstellern. Sie konnten Menschen lesen wie niemand sonst.

»Könnten … Könnten Sie mir bitte einfach nur die Tür aufschließen? Die Fahrt von Alabama nach New York war nicht gerade erholsam. Ich möchte einfach nur ins Bett. Wäre das möglich?«

Den verstrubbelten Haaren und ihren müden Augen nach zu urteilen, glaubte ich das sofort. Also murmelte ich ein »Natürlich« und öffnete die Tür. Binnen von Sekunden stieß mir der muffige Geruch entgegen, den ich nur zu gut von meiner eigenen Wohnung kannte. Ich brauchte meinen Blick nicht durch das 1,5-Zimmerapartment schweifen zu lassen, um zu wissen, dass es genauso aussah wie meines:

Dunkle, zerkratzte Möbel, die eher uralt als retro aussahen. Ein Bett aus Eichenholz mit alter Matratze, die ich mangels Gelds bei mir immer noch nicht ausgetauscht hatte. Der gleiche grüne Sessel, nur dass ihrer einen Kaffeefleck hatte, meiner einen roten von einer Flüssigkeit, über die meine Freunde und ich rätselten; Jamie tippte jedes Mal auf Tomatensoße; Maxton, unser Dramatiker, bestand darauf, dass es Blut wäre, und dachte sich eine neue Horrorgeschichte aus.

»Willkommen in Ihrem neuen Zuhause.« Ich legte den Schlüssel auf die Kommode und beobachtete Indiana, wie sie tief Luft holte, den Blick durch die Wohnung wandern ließ und die leicht gräulichen Wände so ansah, als wäre sie Besseres gewohnt. Sie schwieg, während sie den Rucksack auf ihrem Rücken zu Boden gleiten ließ und schnurstracks in Richtung Fenster lief, um es zu öffnen. Die verlebte Wohnung schien vergessen, als ihre Augen wie hypnotisiert an der Glasscheibe klebten. Ich konnte es ihr nicht verdenken. Ich lebte schon seit über drei Jahren in Manhattan und hatte mich immer noch nicht an die Aussicht gewöhnt.

»Die Aussicht ist fantastisch.« Ich wusste, dass meine neue Nachbarin lächelte, ohne dass sie sich umdrehte.

»Das ist sie.« Ich räusperte mich, meine Augen lagen auf ihrem Hintern, der in der engen Jeans mehr als gut zur Geltung kam. »Wenn Sie irgendetwas brauchen, klopfen Sie einfach bei mir an«, sagte ich und bot damit das an, was jeder normale Hausmeister angesprochen hätte.

Doch eigentlich war ich kein normaler Hausmeister und wunderte mich über mich selbst. Vielleicht könnte ich eine Kurzgeschichte über einen vernünftigen Hausmeister und eine frisch eingezogene Mieterin schreiben. Ich legte den Kopf schräg, meine Gedanken überschlugen sich und meine Finger begannen zu prickeln. Das war mein Stichwort, zu gehen, aber ich hielt inne, als ich an dem überfüllten Rucksack meiner neuen Nachbarin vorbeiging.

»Haben Sie keinen Koffer dabei?«, fragte ich.

Indiana drehte sich um und schüttelte den Kopf. Eine Haarsträhne fiel ihr dabei ins Gesicht, die sie sich sofort hinter das Ohr strich.

»Nein, nur den Rucksack.«

Ich legte leicht verwirrt den Kopf schief, doch nickte trotzdem. »Also dann, Indiana –«

»Tun Sie mir einen Gefallen, Alec?«, unterbrach sie mich und schaute mich aus ihren grünen Augen an. Ich war mir sicher, dass sie vor lauter Farbe vibrierten.

»Klar.«

»Nennen Sie mich India. Schließlich sind wir Nachbarn.«

Ein Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht, und ich war versucht, so lange in der abgekommenen Wohnung zu verharren, bis ich mir jede Rille ihrer Lippen eingeprägt hätte. Doch ich widerstand dem Drang, denn das Feuer unter meinen Nägeln brannte heißer und ich sagte: »Bis dann, India.«

»Bis dann, Alec«, erwiderte sie, immer noch grinsend, und wandte sich wieder der Skyline von Manhattan zu.

Als ich Sekunden später meine eigene Wohnung betrat, fuhr ich meinen Laptop hoch und öffnete das Schreibprogramm.

Kapitel 2

»Coming out of my cage,
and I´ve been doing just fine.«

Mr. Brightside, The Killers

 

India

Sobald die Tür ins Schloss fiel, drehte ich mich um und ließ den Blick durch meine erste eigene Wohnung wandern. Meine Augen verharrten an dem befleckten Sessel, dem verrosteten Herd in der Kochnische, dem viel zu kleinen Esstisch und zuletzt an dem Bett, das wahrscheinlich älter als meine Granny India sein musste.

Richtig, ich war nach meiner Großmutter Indiana benannt worden. Was für meinen Vater mehr als inakzeptabel gewesen war: Wenn man ihm zuhörte, wie er von seinen Vorfahren redete, könnte man meinen, sein Ururururgroßvater hätte Alabama und die Welt gleich mit dazu entdeckt. Es war für ihn also ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, dass seine einzige Tochter auf den Namen eines anderen Bundesstaates getauft wurde. Also bestand der große, vom Volk geliebte Bürgermeister Ronald Bo Thomson darauf, mir meinen zweiten Vornamen zu geben: Alabama. Ich war immer etwas verlegen, wenn ich jemandem meinen Ausweis reichen musste und dieser jemand über meinen Namen schmunzelte. Aber ich verübelte es den Menschen nie. Ich meine, Indiana Alabama? Ernsthaft? Selbst mein Vater sah ein, dass er mit meinem Namen einen kleinen Fauxpas, so wie er es ausdrückte, begangen hatte und nannte mich seit meiner Einschulung nicht mehr Alabama; es verwirrte meine Mitschüler und Lehrer, wenn meine Eltern mich bei unterschiedlichen Namen nannten, niemand wusste so, wer ich war, und Jahre später wusste ich das immer noch nicht so genau. Was ich aber ganz sicher wusste, war, dass mein Vater nie diesen leicht säuerlichen Gesichtsausdruck ablegen würde, wann immer er meinen Namen aussprach.

Und dieser Blick begegnete mir überall in unserem Haus. Der erste Bürgermeister unserer Stadt war der große Ed Bo Thomson gewesen. Es war nicht nur eine Tradition, sondern auch ein ungeschriebenes Gesetz, dass die Thomsons unsere Stadt regierten. Und niemand schien sich daran zu stören, denn mein Vater hatte mit nahezu einstimmigem Ergebnis die Wahl vor drei Jahren gewonnen. Und die davor. Und die davor und so weiter … Es hingen so viele Porträts von Ed Bo Thomson in unserem Haus, dass ich das Gefühl hatte, ich sähe sein Gesicht öfter als das meines Vaters. Wenn ich ehrlich war, fragte ich mich manchmal, ob dieser Ed Bo Thomson nicht derselbe Thomson war wie mein Vater. Sie hatten dasselbe blonde Haar und denselben Blick, der mich schlucken ließ.

Wir hatten ein Bild von Ed Bo Thomson im Wohnzimmer hängen, wie etwas Heiliges direkt über dem Kamin, in einem Bilderrahmen, der wahrscheinlich wertvoller als alle Schuhe meiner Mutter war. Ed Bo Thomson sah ich jedes Mal, wenn meine Mutter mich zu einem Gespräch ins Wohnzimmer bat, in dem sie mit mir über meinen letzten Fehler reden wollte. Gefolgt von einer Predigt über meine Zukunft. Sie schwärmte mir dabei von einem strahlenden Bilderbuchleben vor, das so langweilig klang, dass ich nicht einmal wissen wollte, wie es nach der ersten Seite weiterging. Und diese Monologe führte sie täglich. Also sah ich Ed Bo Thomson täglich. Meinen Vater hingegen sah ich meistens nur ein paar Abende im Monat. Wenn ich es dann wagte, von meinem neuesten Text zu erzählen, auf den ich stolz war, weil ich wochenlang an ihm gearbeitet hatte, gab es von meinem Vater nur diese Ed-Bo-Thomson-Blicke, dir mir sagten: »Hör auf mit dem Quatsch, India. Benimm dich wie eine Thomson.« Obwohl ich neben ihm saß, kam er mir an diesen Abenden so weit weg vor wie die Ära von Ed Bo auf den Bildern.

Doch das war schon okay. Alles würde okay sein, wenn nicht, dann wäre es nicht das Ende. Das hatte meine Granny auch stets gesagt.

 

Ich schloss die Augen und dachte an meine Großmutter, die vor fünf Jahren verstorben war. Altersschwäche, hatten die Ärzte gemeint, doch meine Granny hätte ihnen widersprochen, wenn sie gekonnt hätte. »Ich bitte Sie, meine Herrschaften! Ich bin gestorben, weil ich es so wollte. Nicht wegen einer Krankheit oder dieser verdammten Altersschwäche. Was haben mich schon der Rollator, die Schmerzen und die Falten in meinem Gesicht gestört? Ich konnte doch lächeln und leben und atmen. Also wagen Sie es ja nicht, mir zu sagen, ich wäre nicht freiwillig gegangen.«

Doch dann öffnete ich die Augen wieder, ließ meinen Blick durch mein leeres Apartment wandern und rieb mir über die Arme. Mir war plötzlich kalt, meine erste eigene Wohnung war nicht nur leer, sondern auch einsam, und ich fragte mich, ob leer und einsam jetzt auch Worte waren, die mich beschrieben. Ich wollte nicht genauer über diese Antwort nachdenken, also ließ ich meinen Blick zum Fenster wandern – riesige Hochhäuser, eine brennende Sonne und Straßenlärm, der selbst sieben Stockwerke höher zu hören war, kurz: New York, die Stadt der Träume.

Es hätte mich nicht wundern sollen, dass meine Granny mir weder Schmuck noch andere wertvolle Habseligkeiten vermacht hatte. Ich hätte wissen müssen, dass sie Größeres für mich bereithielt. Ein New Yorker Apartment, von dem meine Eltern nichts wussten, hätte ich mir jedoch niemals erträumt. Am allerwenigsten kurz nach ihrem Tod, als ich mich über das Notizbuch gewundert hatte, das mir der Notar gab; es war unbeschrieben gewesen, bis auf die erste Seite, auf der groß ein einziges Wort geprangt hatte: SCHREIB!

Es waren nicht nur unsere Namen gewesen, die uns miteinander verbunden hatten, sondern auch das Schreiben.

Wenn ich an meine Großmutter dachte, dachte ich nicht an verstaubte Keksdosen und gemütliche Nachmittage mit warmen Kakaos. Ich dachte an ihre persönliche Bibliothek, an einen Raum, in dem so viele Bücher standen, dass ich sie niemals zählen konnte. Die meisten Buchrücken trugen Rillen, die Seiten waren leicht vergilbt und die Regale so groß, dass meine Granny nur mit einer Leiter an die obersten Fächer kommen konnte. Ich erinnerte mich noch genau an den Geruch der alten Bücher, die für mich immer nach Träumen gerochen hatten. Als Kind hatte ich es geliebt, mich in ihren Sessel zu kuscheln und ihr dabei zuzuhören, wie sie mir aus einem ihrer Lieblingsromane vorlas, für die ich wahrscheinlich viel zu jung gewesen war. Wenn meine Granny mir mit ihrer angenehmen Stimme vorlas, versank ich so in die Geschichte, dass ich dachte, es wäre meine eigene. Ich verliebte mich in diese Illusion, tausend andere Leben zu leben, ohne sein eigenes zu verlassen, sich in einer Geschichte zu verlieren und sich gleichzeitig dabei zu finden.

Es war meine Granny, die meine allererste Geschichte las. Ich schrieb sie mit neun Jahren und meinem Lieblingsstift, der lila glitzerte. Ich lochte sogar die Seiten und band sie wie ein richtiges Buch zusammen. Es war das Geburtstagsgeschenk für meine Großmutter, und als sie das Geschenkpapier aufriss, kamen ihr fast die Tränen. Es ging um ein Mädchen, das ihre Großmutter besuchte und mit ihr in die fremden Welten ihrer Lieblingsbücher eintauchte; es gab sogar ein Bild, das ich dazu gemalt hatte und auf dem wir in ein Buch sprangen. Als ich meiner Granny das Buch gab, erklärte ich ihr, dass ich diese Geschichte geschrieben hätte, weil ich mir wünschte, wir könnten wirklich in einem ihrer Bücher leben.

Sie hatte geantwortet: »Oh, India. Bücher sind toll, aber unsere eigene Welt ist genauso großartig. Du musst nur weiter rausgehen. Da warten genauso viele Geschichten auf dich wie in meiner Bibliothek. Eines Tages wirst du das verstehen.«

Meine Granny hatte recht, zehn Jahre später verstand ich das, was aber nicht hieß, dass meine Eltern das auch taten. »Indiana, versteh doch, dass ich nur das Beste für dich möchte«, hatte mein Vater mir oft zwischen seinen wichtigen Telefonaten mit dem Stadtrat, seinen Angestellten oder sonst wem zu verstehen gegeben, wenn er mich dabei erwischt hatte, wie ich Gedichte in Notizbücher geschrieben hatte. Ich hatte ihm antworten wollen, dass ich auch nur das Beste für mich wollte. Und das schließlich nur ich wissen konnte, was das Beste für mich war. Doch mein Vater hörte mir nie zu.

Ich wollte schreiben.

Romane, Kurzgeschichten, Gedichte.

Meine Eltern wollten, dass ich studierte.

Wirtschaft, Politikwissenschaft, Management.

Der Klingelton meines Handys riss mich aus meinen Gedanken. Ich nahm einen tiefen Atemzug und kramte das iPhone aus der Hosentasche. Ich musste nicht auf das Display schauen, um zu wissen, wer mich anrief. Mit zittrigen Fingern schob ich den Hörer zur Seite.

»Indiana, wo zum Teufel bist du?« Es war meine Mutter, die auf ein Hallo verzichtete, was mich aber nicht überraschte; in unserer Familie sparte man sich die Höflichkeitsfloskeln für Gäste auf, über die meine Mutter herzog, sobald sie unser Grundstück verließen. Ihre Stimme war laut und so hysterisch, dass ich wusste, sie saß vor der Mittagszeit mit einem Margarita in der Küche, weil sie hoffte, sich damit beruhigen zu können. Es kam nicht alle Tage vor, dass die Tochter einer der einflussreichsten Familien Alabamas spurlos verschwand.

»In New York. Das habe ich euch doch geschrieben. Habt ihr den Zettel nicht gefunden? Er liegt auf dem Küchentisch.« Ich studierte die Oberflächen der Wolkenkratzer, die Sonne schien hoch und so stark, dass ich blinzeln musste.

»Red keinen Schwachsinn, mein Kind. Natürlich hat Marabella ihn nicht übersehen. Wegen all der Aufregung konnten dein Vater und ich nicht einmal zum Gottesdienst gehen. Du musst wahnsinnig geworden sein! Du kannst doch nicht mir nichts, dir nichts mitten in der Nacht nach New York reisen. Hast du etwa vergessen, dass dein Studium in zwei Tagen beginnt? Dass du einen Freund hast, der sich um dich sorgen wird, weil du ihn ohne ein Wort verlassen hast?«

»Mom«, seufzte ich. »Haben du und Dad mir wirklich nie zugehört? Ich muss mich ausprobieren, bevor ich mich bereit dazu fühle, meinem Leben den Pflichten einer Thomson zu widmen.« Ich setzte Pflichten einer Thomson gestisch in Anführungszeichen, auch wenn meine Mutter es nicht sah. Das war eine Angewohnheit, die ich von Andy übernommen hatte, wenn sie mir sagte, dass ich aufhören sollte, daran zu glauben, dass es nur die Pflichten einer Thomson für mich gäbe. Es gäbe nämlich mehr als unsere Kleinstadt in Alabama und zwar die Welt. Und die wollte ich jetzt sehen. »I-Ich habe in den letzten neunzehn Jahren alles gemacht, was ihr von mir verlangt habt. Kein Abendempfang war zu viel, auf jedem Foto habe ich gelächelt, nicht einmal über die Unterwäsche, die dein Assistent mir immer passend zu all den Abendkleidern gekauft hat, habe ich das Gesicht verzogen. Aber jetzt habe ich meinen Abschluss in der Tasche und möchte wenigstens einmal in meinem Leben wissen, wie es sich anfühlt, frei zu sein. Ich brauche die paar Monate mit einem Studiengang, der mich wirklich interessiert. Wie ich euch geschrieben habe: Ich nehme mir bis zum Ende des Jahres eine Auszeit. Ich verspreche euch, dass ich dann zurückkomme. In jedem Fall. Außerdem bin ich es leid, ständig so zu tun, als könnten Jared und ich irgendwann doch das Paar sein, von dem du und seine Mutter träumt. Das ist nicht mein Traum, Mom. Meiner ist Freiheit.«

Ich blies die Luft aus, stolz auf mich, weil ich die Sätze souverän aneinandergereiht hatte, so wie ich sie mir im Bus nach Manhattan zusammengelegt hatte. Am anderen Ende der Leitung hörte ich, wie meine Mutter Worte murmelte, die ich nicht verstand. Im Hintergrund hörte ich meinen Vater so laut fluchen, wie er es niemals vor seinem Volk gewagt hätte.

»Das ist eine Katastrophe, eine Schande für die Familie! Wie sollen wir der Stadt dein plötzliches Verschwinden nur erklären? Den Wählern, unseren Freunden, der Presse und vor allen Dingen Jared und den Erins.« Meine Mutter hielt einen Moment inne und ich stellte mir vor, wie sie in ihrem elfenbeinfarbenen Morgenmantel aus Seide resigniert den Kopf schüttelte und überlegte, wie sie den Eltern ihres Traumschwiegersohnes erklären könnte, dass es vielleicht nie zu gemeinsamen Enkelkindern kommen könnte. »Das liegt alles nur an deinen Geschichten. Wie oft habe ich dir gesagt, dass du aufhören sollst, dir alles in deiner komischen Fantasie zurechtzuspinnen!«

Ich presste die Lippen aufeinander und schluckte die brennenden Anschuldigungen auf meiner Zunge hinunter. Das hier war der erste Tag meiner Freiheit, und er würde nicht damit beginnen, wie ich meiner Mutter jeden ihrer Fehler aufzählen würde.

»Gott, Indiana.« Meine Mutter seufzte, ihre Stimme wurde weicher und ich wusste, sie würde es nun mit der Mitleidsnummer versuchen. »Darling, denk doch daran, wie das unserem Ansehen in der Stadt schaden würde. Was sollen denn die Leute denken? Dass wir dich womöglich weggeschickt haben? In ein Heim für … besondere Mädchen? Was das für deine Zukunft bedeuten würde! Für deine Karriere, die dir hier, zu Hause und bei uns, so sicher wie nirgends ist. Für deine Ehe mit Jared!«

Ich schüttelte den Kopf. Ich wollte keine Sicherheit. Ich wollte Freiheit. »Es sind nur ein paar Monate, Mom. Ich bin mir sicher, dass dir eine Ausrede einfällt.«

»Das ist ein Ding der Unmöglichkeit und das –«

Ein Rascheln, ein Rütteln, ein Protestieren. Dann: »Indiana Alabama Thomson. Du setzt deinen Hintern sofort in ein Flugzeug nach Hause und schlägst dir diesen Schwachsinn aus dem Kopf! Dieses unreife Gerede von Freiheit, der Traum vom Schreiben … Du bist unsere Tochter, eine Thomson verdammt noch mal! Du kommst nach Hause. Keine Diskussionen!«

Ich unterdrückte ein Seufzen. Ich hasste, wie mein Vater mit mir redete, als wäre ich sechs und nicht neunzehn, dass er dachte, er könnte über mich bestimmen und mich vor vollendete Tatsachen stellen. Wieso verstand er mich nicht? Alles, was ich wollte, war, zu atmen und mich dabei frei zu fühlen. Das Gefühl zu haben, alles machen zu können, wonach mir war, weil ich so frei war, wie ein Mensch frei sein sollte.

Mein Vater redete weiter auf mich ein, doch ich hörte ihm nicht mehr zu und wusste trotzdem, dass er von Pflichten und Geld, Macht und Geld, Familienimperien und Geld und noch mehr Geld sprach. So wie er es immer tat. Während er also mit seiner Schimpftirade fortfuhr, musterte ich die Schimmelflecken an der Decke. Den schmutzigen Boden unter meinen Füßen. Spürte die Leere meiner Wohnung unter meiner Haut. Atmete die allgegenwärtige Einsamkeit tief in meine Lungen.

Und dann sagte ich: »Spar dir die Luft, Daddy. Meine Entscheidung ist gefallen. Wenn du sie genauer erläutert haben möchtest, lies den Brief so lange, bis du meine Worte verstehst. Ich habe sogar extra ordentlich geschrieben – in Schreibschrift, die Mutter mir so penibel eingetrichtert hat. Wir sehen uns nächstes Jahr.«

Ich legte auf und wollte aufstehen, endlich in das Leben schreiten, für das ich von Alabama weggerannt war. Doch ich konnte nicht. Meine Beine fühlten sich zu schwer an, um aufzustehen. Meine Augen starrten auf den verdreckten Boden, helle Macken und schwarze Fußabdrücke, und ich konnte nicht anders, als mich zu fragen, ob ich nicht in Alabama hätte bleiben sollen. Mein Kopf begann zu pochen, meine Gedanken überschlugen sich und meine Finger zitterten. Hätte ich zu Hause bleiben sollen? Hatten meine Eltern recht? Was hatte ich mir dabei gedacht? Ich war India. Indiana Alabama. Eine Thomson, die nur das Thomson-Leben kannte. Hier kannte ich nichts, wahrscheinlich nicht einmal mich selbst. Aber war es mir nicht darum gegangen? Mich neu zu erfinden, die Person kennenzulernen, die ich vielleicht sein könnte? War das nicht der Grund, wieso mir meine Granny dieses Apartment überhaupt vermacht hatte? Ich nahm einen tiefen Atemzug und versuchte, mich daran zu erinnern, dass ich das so gewollt hatte. Freiheit, das Gefühl, auf eigenen Beinen zu stehen, auch wenn die zitterten und ich das Gefühl hatte, ich würde umkippen. Ich wollte trotzdem weiterlaufen, und zwar durch New York mit einem Herzen, das frei war.

Und wenn ich erkannte, dass mein Herz sich zu schwer anfühlte, wenn es frei war, dann war das eben so. Nächstes Jahr wäre ich wieder zu Hause, weil ich wusste, was es bedeutete, eine Thomson zu sein, auch wenn ich meine Pflichten in Anführungszeichen setzte. Ich flüchtete nicht vor meiner Familie und meiner Heimat. Ich lief nur weg. Auf Zeit. Für eine Weile.

Meine Finger zitterten immer noch, als ich die SIM-Karte aus meinem Handy zog und sie zerschnitt.

 

Bettwäsche, Spülmittel, Kehrblech, Besen und Eimer. Mein Blick wanderte von meinen Handynotizen zu meinem Einkaufskorb, bevor ich zufrieden in die Abteilung mit den Haarprodukten einbog. Ich ließ einen Atemzug aus und stand ratlos im Walgreens nebenan. Meine Augen wanderten Ewigkeiten über die Verpackungen der verschiedensten Marken, bis ich es aufgab und mir die erstbeste Tube schnappte. Die Farbe hieß Fire Red und ich seufzte. Immer noch unschlüssig, ob ich meine Haare so belassen wollte, wie sie waren oder eine Veränderung wagen sollte. Ich erinnerte mich daran, wie meine beste Freundin Andy vor Jahren ihre wilden Locken zu einem Bob geschnitten und ganz klischeehaft »Neue Haare, neues Leben!« gelacht hatte.

»Also, neue Haare, neues Leben«, murmelte ich genauso klischeehaft und kam mir wie Dobby vor, weil ich Selbstgespräche führte. Meine Finger strichen über die glatte Verpackung und für den Bruchteil einer Sekunde wünschte ich mir, ich wäre wirklich Dobby und ein Hauself, dann könnte ich zaubern und hätte eine neue Haarfarbe innerhalb von Sekunden gehabt. Nur dass Dobby eigentlich gar keine Haare hatte und ich mitten im Muggel-New York war.

»Wenn ich du wäre, würde ich die hier nehmen.«

Eine fremde Stimme riss mich aus meinem Selbstgespräch, meine Wangen wurden heiß und ich hob den Blick. Die Stimme gehörte einem Mädchen. Es sah so alt aus wie ich, ihre Augen waren so braun und groß, dass sie ihr fast aus dem hübschen Gesicht fielen. Sie hatte hohe Wangenknochen, gebräunte Haut und volle Lippen, die präzise in Rot bemalt waren. Ich musterte die Blondine im Ganzen. Sie war komplett in Schwarz gekleidet, ihre Bluse hatte Falten und an ihren Handgelenken klimperten Unmengen von Armbändern. Die Riemen ihrer Tasche waren fransig und sahen so aus, als würden sie gleich reißen. Als meine Augen wieder zu ihrem Gesicht wanderten, lächelte sie schief und ehrlich. Das Grinsen erinnerte mich an meine Mitschüler aus Alabama. An die, mit denen ich nie etwas zu tun gehabt hatte, weil meine Eltern mir sonst die Hölle heiß gemacht hätten. Die Sorte von Mitschülern, die sich einen Dreck um das Vermögen ihrer Eltern scherten, die die letzte Stunde am Freitag schwänzten, sich in ihr Auto setzten und losfuhren. Wohin, war ihnen egal. Hauptsache weg von dem heuchlerischen Kleinstadtleben, das die meisten bei mir zu Hause als heilig betrachteten.

Mit einem Räuspern nahm ich die Haarfarbe von der Blondine entgegen. »Danke?«

»Kein Problem. Ich habe mal in einem Friseursalon gearbeitet und würde behaupten, dass ein bisschen davon hängengeblieben ist.« Sie legte den Kopf schief und musterte meine langen Haare. »Willst du sie dir komplett färben?«

Ich strich mir durch die Strähnen.

Wollte ich? Ja.

Wollte ich wirklich? Nein.

Wollte ich? Keine Ahnung.

Wollte ich ein neues Leben? Mit den Freiheiten, alles zu tun, wonach mir war?

»Ja.«

Die Blondine kräuselte die Augenbrauen zusammen. »Hast du sie dir überhaupt schon einmal gefärbt?«

Ich schüttelte den Kopf.

»Du brauchst einen Imagewechsel, stimmt’s?«

»So ähnlich«, seufzte ich.

»Hm.« Sie legte den Kopf schief. »Färb dir doch nur die Spitzen. Wenn dir das Rot wirklich gefällt, kannst du deine Haare immer noch komplett färben.« Sie griff in einem der Regale nach einer anderen Verpackung, und tauschte sie mit der in meiner Hand.

»Die eignet sich besser für einen Ombré-Look«, sagte sie.

»Dankeschön, das ist –«

»Avaaaaaaaaaa?« Eine tiefe Stimme unterbrach mich. Sie tönte in der kompletten Shampoo-Abteilung.

Die Blondine seufzte und verdrehte die Augen. »Ich sollte wohl gehen. Der Typ, den ich mehr als Haarfarbe und Mascara zusammen liebe, mich aber stetig friendzoned, ruft nach mir.«

Sie winkte mir zum Abschied zu, bevor sie durch die Abteilung voller Conditioner verschwand.

Als ich in Richtung Kasse ging, fragte ich mich, ob alle New Yorker ihr Herz auf der Zunge trugen.

Fünfzehn Minuten später schritt ich mit vollbepackten Tüten in die frische Luft und hätte mir am liebsten die Ohren zugehalten. Manhattan war zu laut: hupende Autos, exotische Touristen mit Fragen an genervte Einheimische, Sänger, die Musik machten und dabei nichts außer Farbe an ihrem Körper trugen. New York schüchterte mich mit den hohen Wolkenkratzern und den unzähligen Menschen ein. Ich fühlte mich so klein, dass ich das Gefühl hatte, ich würde in der Masse ertrinken, und als ich den Blick zu Boden senkte und auf den Spitzen meiner Schuhe nach Luft und mehr Mut suchte, fand ich keins von beidem.

Der Weg durch das Treppenhaus in meine Wohnung glich einer Expedition durch einen wilden Dschungel; alles konnte mich im nächsten Stockwerk erwarten. In der dritten Etage schlängelte ich mich unbemerkt an einer verschlungenen Twister-Partie vorbei. Im fünften Stockwerk erwischte ich ein Paar von über sechzig Jahren, wie sie einander so gierig an der Wäsche fummelten, dass sie perfekt in das neuste Becky-G-Musikvideo gepasst hätten. Ich betrat die letzte Stufe zur siebten Etage und atmete erleichtert aus, nur damit mein Herz beim Anblick der Tür neben meiner merkwürdig laut schlug.

So wie Alec Carter hatte ich mir einen Hausmeister definitiv nicht vorgestellt. Mir wurde heiß, als ich an den heutigen Morgen dachte. Wie er mir in nichts weiter als einer engen Boxershorts die Tür geöffnet hatte. Wie zerzaust seine rotbraunen Haare gewesen waren, so als wäre er gerade erst aufgestanden. Ich dachte an die definierten Muskeln seiner Brust und seines Bauchs. Wie ich mir über die Lippen geleckt hatte und am liebsten jeden einzelnen Strich mit meinen Fingern nachgefahren wäre. Und dann an seine Augen. Sie waren das Schönste in seinem perfekten Gesicht: dunkel und tief, mysteriös mit ihrem braunen Schwarz, bei dem ich das Gefühl hatte, es würde mich verschlingen.

Es stand außer Frage, dass Alec Carter wusste, wie gut er aussah; er hatte sich keine Sekunde vor mir geschämt, obwohl er halb nackt gewesen war, und mir stattdessen ein Lächeln geschenkt, das Frauen mit Sicherheit alle Dinge tun ließ, die er sich wünschte.

Angekommen in meiner Wohnung, verbannte ich die Gedanken an meinen sexy Nachbarn aus meinem Kopf. Stattdessen füllte ich den neugekauften Eimer mit Wasser und putzte den Boden, die Schränke und die Fenster so lange, bis der Geruch nach Alkohol den muffigen Gestank überdeckte. Als ich fertig war, glänzte meine Wohnung nicht so blitzblank wie die Fliesen in unserer Küche, nachdem Marabella sie poliert hatte, doch wenigstens hatte ich jetzt nicht mehr den Drang, jede Sekunde in Desinfektionsmittel zu baden. Ich legte den Putzlappen zum Trocknen auf die Heizung, ging zu meinem Rucksack und leerte ihn aus. Mein Kulturbeutel, Unterwäsche, ein Pullover, zwei Shirts, ein Pyjama und meine drei Lieblingsbücher. Eigentlich hatte ich nur einen Roman mitnehmen wollen. Aber ich hatte mich nicht entscheiden können. Ich hatte vor meinem Regenbogen-Bücherregal gestanden und alle meine Babys mitnehmen wollen.

Bücher waren mir heilig, nicht die Kirche meiner Eltern. Ich liebte es, mich in den Geschichten zu verlieren, den Protagonisten bis auf sein sexy schelmisches Grinsen zu hassen, nur um mich schließlich auf Seite 231 doch in ihn zu verlieben. Stumm den Kopf über die Heldin und ihre Entscheidungen zu schütteln, nur um ihr kurz vor Ende mit tränennassen Augen zu sagen, dass sie nicht sterben könnte, dass ich ihre Entscheidungen nur so bemängelt hatte, weil sie mich an meine eigenen erinnerten und sie unbedingt ein Happy End haben müsste, damit ich ebenfalls an mein eigenes glauben könnte.

Also hatte ich mich dazu entschlossen, die Jeans und den zweiten Pullover auszupacken, um dafür weitere Bücher mitnehmen zu können.

Ich musterte meine drei Auserwählten. Die Seiten von allen waren leicht vergilbt, die Rücken so gebrochen, als hätte ich die Geschichten schon viel zu oft gelesen. Vor mir lagen Harry Potter und Co; was für eine Überraschung. Nicht der erste Teil, sondern der letzte, weil Happy Ends meine größte Schwäche waren. Sturmhöhe, nicht weil ich es abgrundtief liebte, sondern auch nach mehrmaligem Lesen immer noch nicht verstanden hatte. Diese komische Geschichte zwischen Cathy und Heathcliff, über die ich die meiste Zeit nur das Gesicht verzogen hatte, weil keiner der beiden mir sympathisch gewesen war. Doch ich wollte diese Geschichte verstehen, denn sie beinhaltete mein Lieblingszitat, das ich mit pinkfarbenem Leuchtstift angestrichen hatte. Ich hatte sogar Post-its an die Seite geklebt, und ich fand, dass es sich für dieses Zitat allein lohnte, die Geschichte verstehen zu wollen. Woraus auch immer unsere Seelen gemacht sind, seine und meine sind dieselben.

Und dann war da noch After Passion, das ich versteckt in der hintersten Ecke meines Zimmers gelesen hatte, weil ich Angst hatte, jemand könnte über meinen hochroten Kopf einen Blick auf all die Erotikszenen erhaschen. Zugegeben, Hardin Scott war ein Horrortyp. Doch irgendwie war er mein Horrortyp, von dem ich nicht genug bekommen und vor allen Dingen nicht genug lesen konnte; egal, ob es sich dabei um die Erotikszenen handelte, bei denen meine Wangen so heiß brannten, dass die Hitze bis zum Abendessen mit meinen Eltern anhielt, oder um Dialoge, in denen deutlich wurde, wie verletzt er eigentlich war.

Ich schloss die Bücher in meine Arme, drückte sie an mein Herz, versprach ihnen, mich bald um ein Regal zu kümmern, und flehte stumm darum, dass meine Charaktere mir Mut geben würden, wann immer ich ihn brauchen würde. Dann schnappte ich mir die Haarfarbe aus meiner Einkaufstüte und marschierte ins Badezimmer. Ein letztes Mal starrte ich meine noch nie gefärbten hellbraunen Haare im Spiegel an und öffnete die Verpackung. Das Geräusch der Pappe kratzte in meinen Ohren, und ich erinnerte mich daran, dass ich das gewollt hatte: rote Farbe in meinen Haaren, meine erste eigene Wohnung, New York.

Und Freiheit.

Meine Finger fuhren die Buchstaben auf der Gebrauchsanweisung nach, als ich plötzlich die ersten Zeilen meines Lieblingssongs ausmachte: Human von The Killers. Anscheinend hatten mein Nachbar und ich denselben Musikgeschmack. Ich konnte nicht anders, als zu lächeln, weil der Song mich daran erinnerte, dass ich keine Marionette mehr war. Dass ich nicht mehr Indiana Alabama Thomson, sondern einfach nur India sein wollte.

Und Nur-India war frei.

Kapitel 3

»The monsters were never under my bed,
because the monsters were inside my head.
I fear no monsters, for no monsters I see.
Because all this time the monster has been me.«

Nikita Gill

 

Alec

Ich hätte das Internet hassen müssen.

Das Internet war schuld daran, dass niemand mehr Bücher las und Kinder verblödeten, dass sich Jugendliche mit perfekten Instagram-Models verglichen, in Depressionen verfielen und sich nur noch in ihren Betten verstecken wollten.

Doch trotzdem mochte ich es.

Dank des Internets saß gerade eine besonders attraktive Brünette auf meinem Bett und lachte über etwas, das ich gesagt hatte. Auf ihren Hüften klebte ein Jeansrock, während sich um ihre prallen Brüste ein knappes Shirt spannte, dessen Saum ein Bauchnabelpiercing in Silber entblößte, wann immer Janet sich streckte.

Janet war nicht dünn, nicht dick. Sie hatte ihre Fußnägel in einem knalligen Pink lackiert und wenn sie lächelte, war ihr Gesicht fast zu schön, um wahr zu sein. Sie war genauso, wie ich die Frauen mochte, die unter mir meinen Namen stöhnten. Oder auf mir. Oder vor mir. Oder neben mir.

Aber heute stand der Sex nicht im Mittelpunkt.

Heute hatte ich Janet gefragt, ob sie sich mit mir treffen wollte, weil heute Arbeitstag war. Ja, Schriftsteller arbeiteten auch sonntags, denn es gab immer etwas zu schreiben.

Ich hatte Janet eine Cola angeboten, aber sie wollte lieber Wasser trinken. Als sie den letzten Schluck nahm, räusperte ich mich. Jetzt würde die Arbeit beginnen. Und so sagte ich: »Erzähl mir drei Dinge, die niemand über dich weiß.«

Ich zwang meine Lippen zu einem schiefen Lächeln und rückte ein Stück näher an sie heran.

»Was?« Sie versuchte, ihre Verwirrung mit einem Lachen zu überspielen.

Das war die häufigste Reaktion. Die meisten meiner Dates dachten, ich meinte diese Frage nicht ernst. Doch die Antwort auf diese Frage war alles, was ich wollte. Ich brauchte die drei Geheimnisse dringender, als dass ich den Sex jemals wollen könnte.

»Ich meine es ernst.«

Ihr Lächeln schwand und sie rückte ein Stück von mir ab.

Ich seufzte.

Ihre Augen waren zu stark geschminkt und ihr Rock war zu kurz. Sie suchte keine Beziehung; sie wollte Sex.

»Janet«, sagte ich, legte meine Hand auf ihren Oberschenkel und strich über die nackte Haut. »Wir beide wissen, dass wir es uns gleich gegenseitig besorgen werden. Aber ich schlafe nicht mit irgendwelchen Leuten. Ich muss wissen, wer du bist. Ich nenne dir drei Dinge, die ich niemandem jemals verraten habe, und du machst dasselbe. So kommen wir uns näher. Es ist Fakt, dass Nähe den Sex besser macht. Und großartiger Sex ist doch das, was wir beide wollen, oder?«

Janet biss sich auf die Lippen, und ich wusste, ich würde sie gleich ficken, aber zuerst würde sie mir die Antworten verraten.

»Okay, wir werden uns sowieso niemals wiedersehen«, stellte sie fest und hatte damit recht. Sie kicherte, während sie ihre Hand auf meine legte. »Als ich sechs war, habe ich aus Versehen in einer Parfümerie ein Stück Seife in meine Jackentasche gesteckt und es erst bemerkt, als ich im Bus nach Hause saß. Meine beste Freundin und ich haben uns vor Monaten bei einem Partyspiel geküsst und nun ja, es hat mich richtig angemacht. Aber wir haben darüber nie geredet.« Ihr Blick senkte sich auf das Armband, das an ihrem Handgelenk baumelte. »Und einmal wollte ich meinen Vater unangekündigt in seinem Büro besuchen. Die Tür hatte offen gestanden und ich hörte ein Stöhnen. Ich linste durch den kleinen Spalt und sah, wie er mit seiner Geschäftspartnerin Sex hatte. Doch das habe ich meiner Mutter nie gesagt.« Janet atmete tief aus; das machten sie alle nach ihren Beichten. Als sie dann den Blick hob, schauten mich ihre Augen zugleich glasig und drängend an.

Ich spürte, wie Janet mich stumm anbettelte, ihr zu sagen, dass ihre Fehler nicht schlimm seien. Sie wollte Verzeihung von mir, einem Fremden. Doch ich war nicht in der Position, über Janet oder sonst wen zu urteilen. Alles, was ich konnte, war über diese Dinge zu schreiben.

Es vergingen Momente, in denen mein Mund sich zu keiner Antwort öffnete, das tat er nie, bis sie schließlich ihre Lippen auf meine legte. Janet schmeckte wie der Blick ihrer Augen. Nach salziger Schuld und dem Drang zu vergessen.

Ich öffnete den Mund, sie drang mit ihrer Zunge ein. Dann kletterte sie auf meinen Schoß und schlang die Arme um meinen Nacken. Sie presste ihre Brüste so fest an meinen Oberkörper, dass ich ihre harten Nippel an meinen spürte. Sie bewegte sich auf mir. Erregt, voller Lust und Verlangen. Sie stöhnte an meinen Lippen, ihre Bewegungen wurden schneller und mein Atem ging flacher. Ich konnte nicht anders, als meine Hände auf ihre Hüften zu legen und mit meinen Lippen einer unsichtbaren Spur auf ihrem Hals zu folgen.

Es stimmte, die Beichten machten den Sex besser. Einen seelischen Striptease hinzulegen, war viel intimer als ein normaler. Es machte einen viel verletzlicher, sodass sich die Kleidung vom Leibe zu reißen, wie das Einfachste der Welt anfühlte.

Also zerrte Janet an meinem Shirt, bevor sie auf meiner nackten Haut Verständnis für ihre Taten suchte.

Als wir fertig waren und sie mit geröteten Wangen befriedigt durch meine Türe ging, hatte sie längst vergessen, dass ich ihr auch drei Dinge von mir erzählen wollte, die niemand wusste.

Aber das machte mir nichts aus. Menschen waren einfach so: von Natur aus egoistisch.

Sie verabschiedete sich, indem sie sagte: »Ich schreib dir. Wir müssen das unbedingt wiederholen.« Doch sie würde mir nicht schreiben, und ich schloss die Tür, bevor sie die erste Treppenstufe erreicht hatte.

Manche der Frauen schrieben wirklich, aber Janet schämte sich zu sehr für das, was sie getan hatte. Ich wusste, ich war verrückt, nicht normal und für die Mehrheit der Menschen ein mürrisches Arschloch. Doch trotzdem urteilte ich nie über meine One-Night-Stands.

Mit immer noch geröteten Wangen ließ ich mir ein Glas Wasser ein, fuhr meinen Laptop hoch und öffnete das Dokument, in dem alle Geheimnisse, die mir je verraten wurden, notiert waren; es waren über achtzig Normseiten.

Ich traf mich nicht mit den Frauen, damit ich an Sex kam. Ich war wie ein Drogensüchtiger, der süchtig nach Crack war, nur dass meine Sucht Inspiration war. Ich war nichts weiter als ein verzweifelter Möchtegern-Schriftsteller, der wirklich alles auf der Welt tat, um mit seinen Geschichten erfolgreich zu werden. Das Schreiben war nämlich alles, was ich hatte.

Ich drehte den Lautsprecher auf die höchste Stufe auf, keine Sekunde später hallte mein Lieblingssong von The Killers in meiner Wohnung, und ich begann zu schreiben.

Kapitel 4

»She was trouble
Chaos really
But her smile
Her Smile
Dared me to fall in love.«

Atticus

 

India

Mein erstes Seminar war der Horror.

Es trug den Titel Schreibwerkstatt: Schreiben lernenExposé